Dienstag, 25. Juli 2023

Gute Reise!

Diese Woche starten nun auch bei uns die Ferien. Was bedeutet, dass in vielen Gesprächen die Frage kommt: "Und, was macht ihr diesen Sommer? Fahrt ihr in den Urlaub?" 

Ich finde es immer spannend zu hören wohin Freunde und Bekannte reisen. Bei manchen Reisezielen packt mich direkt das Fernweh, bei manchen denke ich: Wie gut, dass ich Zuhause bleiben kann! Weil ich eigentlich auch ganz gern Zuhause bin.  Das erinnert mich an dieses lustige Zitat von Erich Kästner. In Als ich ein kleiner Junge war schreibt er:  

Wir Kästners leiden nicht an Fernweh, sondern an Heimweh... Wenn wir unser Bett und die Fenster in der Wohnstube mitnehmen könnten, dann ließe sich vielleicht darüber reden! Aber in die Fremde ziehen und das Zuhause daheim lassen? Nein, so hoch kann kein Berg  und so geheimnisvoll keine Oase sein..dass wir meinen wir müssten sie kennenlernen. Es ginge noch wenn wir in Buenos Aires aufwachten! Das Dortsein wäre vorübergehend zu ertragen, aber das Hinkommen? Niemals!

Ein wenig verstehe ich die Kästners. In meiner Herkunftsfamilie war das Heimweh auch meist ein wenig größer als das Fernweh. Heio lacht schon immer, wenn ich nach einer Woche Urlaub sage: "Ach, jetzt wäre ich gern wieder bei uns Zuhause!" (Bett und Wohnstube mitnehmen, wäre schon eine tolle Sache!) Und gleichzeitig mag ich die Welt! Die holländische Küste. Die sanften Hügel der Sussex Downs. Die rauhe Nordseeinseln. Die wilde Weite Nordamerikas. Schwedische Häuser und das Dänische Eis! Und dann gibt es ja SO VIELES was ich noch nie gesehen habe! Wie gerne würde ich mal nach Afrika! Gäbe es da bloß keine Schlangen. Oder nach Neuseeland! Das soll ja so wunderschön sein! Als ich mit Freundinnen, die gerade von dort zurückkamen, in Wales Urlaub gemacht habe, haben sie an jeder schönen Ecke geseufzt: "Das ist fast so schön wie Neuseeland!" (was zugegeben auch etwas genervt hat). Doch, Neuseeland wäre toll. Wenn da bloß der lange Flug nicht wäre! Da kann ich dem Kästner nur zustimmen: Das Dortsein wäre vorübergehend zu ertragen, aber das Hinkommen! ;-)

Aber wie Goethe es sagte: Reisen bildet! Und Reisen macht demütig: Man erkennt welch kleinen Platz man in der Welt besetzt! (Gustave Flaubert). Und mit der Weite der Welt und ihrer Menschen kann einem auch das Herz weiter werden. Das Fernweh ist uns eben auch in die Gene gelegt. Es belebt uns neue Orte zu entdecken! Und dafür muss man sich nicht unbedingt ins Flugzeug setzen. Schon im nächsten Tal, über den nächsten Hügel, gibt es ganz wunderbare Plätzchen, kleine Seen und Wäldchen, die man in diesem Sommer entdecken könnte. An denen man einfach nur still werden und schauen und staunen kann. Und nichts besitzen oder erobern will (Vielleicht hätte Putin auf diese Weise öfters einfach mal Urlaub machen sollen, um dann erholt und zufrieden wieder nach Hause zu fahren!).




 
 
 
In diesem Jahr machen wir nur eine kleine Reise ins Vorallgäu. Ehrlich gesagt erwarte ich nicht so viel von diesem Sommer. Unser Schwedenurlaub im letzten Jahr war einfach so ein  besonderer Höhepunkt! Wahrscheinlich werde ich an jeder schönen Stelle im Urlaub seufzen: "Ach, das ist ja fast so schön  wie in Schweden!" Aber von den glücklichen Dänen habe ich gelernt, dass eine niedrige Erwartungshaltung oft für die schönsten Erlebnisse sorgt. Weil wir so gar nicht damit rechnen. Und das unerwartet Gute ist immer noch das Beste, was einem passieren kann!
 
Und vielleicht hat es der eine oder ander von euch schon erwartet: In den nächsten Wochen wird es hier still. Ich mache, wie in fast jedem Jahr, eine sommerliche Blogpause. Und melde mich dann nach den Schulferien (das ist bei uns Mitte September) wieder. 
 
Ich wünsche Euch einen guten Sommer!  🎈
Gute Begegnungen und tolle Abenteuer wenn ihr in die Ferne schweift und viele kleine Glücksmomente wenn ihr das Naheliegende (neu) entdeckt. Und bei allen kleinen und größeren Herausforderungen, die dieser Sommer vielleicht auch mit sich bringt, die Erfahrung, dass so mancher vermuteter wilder Löwe am Ende doch nur ein etwas zu groß geratenes Wildschwein ist :-).
 







Wenn du ein Buch auf eine Reise mitnimmst“, hatte Mo gesagt, als er ihr das erste in die Kiste gelegt hatte, „dann geschieht etwas Seltsames: Das Buch wird anfangen, deine Erinnerungen zu sammeln. Du wirst es später nur aufschlagen müssen und schon wirst du wieder dort sein, wo du zuerst darin gelesen hast. Schon mit den ersten Wörtern wird alles zurückkommen: die Bilder, die Gerüche, das Eis, das du beim Lesen gegessen hast… Glaub mir, Bücher sind wie Fliegenpapier. An nichts haften Erinnerungen so gut wie an bedruckten Seiten.“ Vermutlich hatte er damit Recht. Doch Meggie nahm ihre Bücher noch aus einem anderen Grund auf jede Reise mit. Sie waren ihr Zuhause in der Fremde – vertraute Stimmen, Freunde, die sich nie mit ihr stritten, kluge, mächtige Freunde, verwegen und mit allen Wassern der Welt gewaschen, weit gereist, abenteuererprobt.

Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/1272331-cornelia-funke-wenn-du-ein-buch-auf-eine-reise-mitnimmst-ha
Wenn du ein Buch auf eine Reise mitnimmst“, hatte Mo gesagt, als er ihr das erste in die Kiste gelegt hatte, „dann geschieht etwas Seltsames: Das Buch wird anfangen, deine Erinnerungen zu sammeln. Du wirst es später nur aufschlagen müssen und schon wirst du wieder dort sein, wo du zuerst darin gelesen hast. Schon mit den ersten Wörtern wird alles zurückkommen: die Bilder, die Gerüche, das Eis, das du beim Lesen gegessen hast… Glaub mir, Bücher sind wie Fliegenpapier. An nichts haften Erinnerungen so gut wie an bedruckten Seiten.“ Vermutlich hatte er damit Recht. Doch Meggie nahm ihre Bücher noch aus einem anderen Grund auf jede Reise mit. Sie waren ihr Zuhause in der Fremde – vertraute Stimmen, Freunde, die sich nie mit ihr stritten, kluge, mächtige Freunde, verwegen und mit allen Wassern der Welt gewaschen, weit gereist, abenteuererprobt.

Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/1272331-cornelia-funke-wenn-du-ein-buch-auf-eine-reise-mitnimmst-hatte/

Mittwoch, 19. Juli 2023

Mein kleiner Beitrag

Fast hätte ich dieses kleine Jubiläum ungefeiert vorbeiziehen lassen. Jetzt habe ich es doch noch rechtzeitig bemerkt: In diesen Tagen wird mein Blog 10 Jahre alt! 

10 Jahre ist es her, dass ich mit einer Freundin in unserem Stuttgarter Hinterhof saß und sie mir mit ihrer technischen und grafischen Begabung geholfen hat diese Seite zu erstellen. (Danke Nicola! Und - ja meinetwegen auch: danke Google!). Bis heute ist diese Gestaltung unverändert. Weil ich den Spatz immer noch mag und ich noch nicht müde bin, meine Hand dem Wunder hinzuhalten.  Genau 444 Mal habe ich den Post veröffentlichen?- Button angeklickt. Dann wurden geschriebene Worte sichtbar. Und gelesen. So wie in diesem Moment von dir. Dafür mein großes, herzlichstes DANKE! Wie gerne würde ich mit jedem Einzelnen von euch darauf anstoßen. Danke, für eure Zeit die ihr mir hier schenkt, und danke auch für alle öffentlichen Kommentare und persönliche Rückmeldungen! Worte über Worte, die mir über die Jahre so viel Mut gemacht haben.

Mut brauche ich immer wieder. So wie am vergangenen Wochenende auf der Lesung (was nicht alles gewachsen ist, in diesen 10 Jahren!). Inzwischen bin ich ja schon ein bisschen routiniert darin. So wie andere eben ihren Job machen, ist das nun meiner. Sage ich mir. Aber wenn dann die Zuhörer kommen und in den Reihen Platz nehmen, in dieser gespannten Anfangserwartung, in der kurzen Stille bevor es losgeht, da überfällt mich für einen Moment die Panik. Ich denke: Was tue ich hier eigentlich? ich kann das doch gar nicht!!!
Das erinnert mich an die schrägen Gedanken, die mir manchmal kommen, wenn ich Leute beobachte, die etwas tun was ich überhaupt nicht kann. Ich überlege dann: Was würde passieren wenn ich jetzt plötzlich in ihrem Körper wäre?  Zum Beispiel in dem Skispringer Dawid Kubacki, kurz bevor er von der Schanze abhebt. Oder im Körper von Tomas Vingegaard der gerade die Berge auf der Tour der France hinauffliegt. Plötzlich wäre ICH das. Und alle würden sich wundern warum Kubacki sich panisch an die Schanze klammert oder warum Vingegaard schnaufend vom Rad absteigt und es langsam, mit knallrotem Kopf den Berg hochschiebt. Andererseits: hätte ich nicht vielleicht auch ihre Fähigkeiten, wenn ich in ihrem Körper wäre? Hmm... bin ich die einzige die so merkwürdige Gedanken hat? Egal. Was ich damit sagen will ist: Es ist genau dieses Gefühl. Ich denke panisch, ich bin im falschen Körper gelandet. Ich kann das doch gar nicht! Ich tu doch nur so. Aber anstatt rauszurennen greife ich innerlich nach der Hand von Jesus und dann zum Mikrofon. Ich fange an zu reden. Stolpernd zuerst. Und dann wird etwas leicht in mir und ich spüre: Ich bin im richtigen Körper. Gott sei Dank:-). 
 
Und so wie Kubacki nicht mit der Großschanze angefangen hat zu trainieren und wie Vingegaards erster Radausflug nicht 3000 km durch Frankreich führte, so habe ich auch hier ganz klein anfangen können. Mit der ersten Geschichte, im Juli 2013, von einem Reunion in Kopenhagen. Oder war es schon viel früher? Als ich  meine große Leidenschaft - das Lesen! - entdeckt habe? Oder als ich mein erstes Tagebuch gefüllt habe? Schreiben als inneres Sortieren. Und äußeres Wahrnehmen. Oder war es als immer mehr Kolleginnen auf mich zukamen, ob ich nicht die Trauerkarte schreiben könnte, oder diesen Brief, für den ihnen die Worte fehlten (vielleicht ist Cyrano von Bergerac in meinem Köper gelandet;-)). Das konnte ich ganz gut. Zumindest ein wenig besser als die Anderen; die viel bessere Krankenschwestern waren als ich! Worte finden. Und Geschichten entdecken. Und Worte von anderen sammeln. Darin bin ich wirklich richtig gut! Ich kann unter meinen vielen Bücher in kürzester Zeit ein gewünschtes Zitat nachschlagen! Das ist eigentlich meine absolute Hauptgabe (damit hätte ich mal zu "Wetten, dass?" gehen sollen). Eben habe ich sie wieder praktiziert. Ich habe ein Zitat von Tomas Sjödin gefunden. Eine Formulierung über sein Schreiben, das mich sehr berührt hat:
 
 Ich halte mein eigenes Schreiben, was seine Wirkung nach außen angeht, für nichts anderes als einen weiteren Beitrag zum Gespräch über den Glauben. Aber was es für mich selbst bedeutet, kann ich kaum in Worte fassen.
(Tomas Sjödin: Wo du richtig bist, SCM-Verlag).
Wenn ich seine Worte aufschreibe, spüre ich es wieder. Da ist eine Resonanz in mir. Ja, genau so empfinde ich das auch. Auch wenn ich mich natürlich nicht mit diesem wunderbaren Schrifsteller vergleichen kann! Das will ich nicht. Weil mich das Vergleichen so mutlos macht. Und es lässt mich verächtlich über meine Gabe denken. Und das will ich auch nicht.  Natürlich gibt es ganz viele Menschen die viel besser schreiben können als ich! (allerdings viele davon auch viel komplizierter ;-)) Aber ich will mir davon nicht die Freude an meiner Gabe nehmen lassen. Man kann schließlich auch dann fröhlich Fahrrad fahren, wenn man niemals die Tour de France bestreiten könnte!  Und ich will meinem Schöpfer für diese Gabe von Herzen danken. Dass ich Worte finden kann, die ab und zu bei anderen ein ähnliches Gefühl auslösen wie Sjödins Worte bei mir: Ja, genau so emfinde ich auch!  
Und ich will meinem Gott damit Freude machen. So wie ein Kind das den Papa glücklich macht wenn es jubelnd sein Geschenk auspackt. Die Sache ist nur die: Gott schenkt selten glitzernd große Dinge bei denen man nur die Batterie einlegen muss und dann spielt und blinkt es von ganz alleine. Seine Geschenke sind eher Samenpäckchen. Oder ein Baukasten und Werkzeuge dazu. Es braucht Zeit und ein wenig Geschick und viel Geduld und väterliche Mithilfe und dann staunen wir zusammen was daraus geworden ist. Und daran dürfen wir uns so richtig beim Ausprobieren und Benutzen freuen! 
Diese kindlich stolze Freude - das ist etwas was ich langsam lerne mir zuzugestehen. Ich bin in einem Elternhaus groß geworden, in dem man nicht freudig gesagt hat, was man gut kann. Wir wollen ja nicht stolz sein. Im Gegenteil: Man hat die Gabe lieber klein gemacht. Ach, ein anderer kann das doch noch viel besser. Da gehört nun wirklich nicht viel dazu - das könnte jeder! Kennt ihr das? 
Heute versuche ich das anders zu machen. Wenn mir jemand sagt, dass ich gute Worte gefunden habe, sage ich strahlend: Danke! Das ich mein Geschenk. Meine Gabe die ich ausgepackt habe, vor vielen Jahren. Die ich mit frohem Herzen und mit Gottes großer Hilfe zusammenbaue und einüber und benutze, wo immer ich kann. 
Es ist mein kleiner Beitrag zum Gespräch über den Glauben. Und ich kann kaum in Worte fassen was es für mich bedeutet!
 
 
Heutiger Tagebucheintrag. Worte aus Beautiful Jesus💓

 
 
schönster Arbeitsplatz der Welt!

 

 
Und was ist dein Geschenk? Was kannst du so richtig gut?  Oder: Was könnte so richtig gut werden, wenn du dem Samen den Wachstumsraum schenkst? Ich wünsche Dir Freude darüber. Und Mut! Und dass es den Menschen dient und dich ganz lebendig macht.

Donnerstag, 13. Juli 2023

Diesen Sommer, ganz günstig!

Gestern hatten wir wieder unserer wöchentliche Halbzeitpause - ein gemeinsames Abendessen mit unseren Freunden hier am Ort. Und weil ich gerade ein bisschen zu oft über die Hitze jammere (und meine Lieblingsjahreszeit noch ein paar Monate entfernt liegt!) habe ich vorgeschlagen, dass wir doch mal zusammen die schönen Seiten des Sommers aufschreiben könnten. Ganz nach dem Motto von Paulus: Erkennt die günstige Zeit! (nach Eph.5,16). Das scheint mit ein so guter Ratschlag.  Immer mal wieder innehalten und bewusst wahrnehmen:  Was ist gerade jetzt so richtig günstig? Tomaten im Supermarkt. Keine Frage. Aber es gibt ja noch viel mehr saisonale (und regionale) Dinge, die diese Jahreszeit im Angebot hat: 

 


Da kam so einiges zusammen! Und man kann natürlich nicht alles mitnehmen. Ans Meer schaffen wir es in diesem Jahr leider nicht, Zelten ist in meiner Lebensphase auch nicht mehr ganz so günstig, aber so einiges Andere würde ich gerne einpacken.

Von der Autorin Sarah Bessey weiß ich, dass sie als Familie am Anfang der Sommerferien immer eine Wunschliste machen. Jeder darf ein paar Dinge aufschreiben, die er gerne tun würde. Nicht als To-do-Liste, die man unbedingt abhaken muss, sondern als lockende Angebote die man, je nach Lust und Laune, einlösen kann. Und es stehen auch keine großen Dinge drauf, sondern eigentlich genau solchen Sachen wie wir sie gestern Abend gesammelt haben: 

  • Picknick am See. 
  • Draußen kochen, mit Gaskocher. 
  • Sterne kucken. 
  • Über Flohmärkte schlendern. 
  • Eine neue Stadt in der Umgebung entdecken. 
  • Lagerfeuer mit Aussicht auf einen Sonnenuntergang.
  • Abends mal lange weggehen und beim Heimlaufen auf dem warmen Asphalt tanzen. 
  • ...

Ich glaube ich fang schon mal an, mit meinem kleinen Sommer-Wunschzettel. Mal schauen was der Rest der Familie drauf schreibt. Und was es dann tatsächlich gibt. 

Wenn ich mir das genau überlege, dann mag ich den Sommer. Seine verschwenderische Großzügigkeit. Wie er mich angrinst und sagt: Schau mal: Alles ganz günstig! Bedien dich! Und die langen Abende, die gibt's  im Doppelpack dazu. 

 




Und falls ihr in der Nähe von Weissach/Flacht wohnt: Am Samstag wird es so richtig heiss! Eine günstige Zeit für einen langen Abend, mit Flammkuchen und Crepes und Cocktails unter dem Sternenhimmel, mit Summer-Night-singing, Musik zum Träumen, Gute-Nacht-Geschichten und noch vieles mehr. Es ist die  Nacht der offenen Türen. Vielleicht sehen wir uns?

Donnerstag, 6. Juli 2023

Das Kostbarste

Diese Woche sitze ich, trotz guten Wetter, viel an meinem Computer. Ich wollte noch einen Artikel fertig schreiben, und bereite zwei anstehende Lesungen vor. Immer mal wieder fällt dabei mein Blick auf einen kleinen Zettel der hier auf meinem Schreibtisch liegt. Darauf steht: 

Segne meiner Hände Werk.

Vor einigen Wochen, in unserem Gottesdienst, habe ich von einer Weggefährtin erfahren, dass ihre Oma diesen Satz jeden Morgen gebetet hat. Und die handwerklich sehr begabte Freundin hat es für sich übernommen, bevor sie sich an die Nähmaschine setzt. Ich fand das so schön, dass ich mir die Worte nun auch angeeignet habe. Auch wenn ich nicht nähen kann (zumindest nicht so, dass man es danach fröhlich anziehen könnte - wenn man älter als zwei Jahre ist!). Aber in gewisser Weise arbeite ich ja auch mit meinen Händen, die in diesem Moment über die Tasten fliegen.  Segne meiner Hände Werk. Das ist mein Anfangsgebet geworden, jeden Morgen. Ich bete es noch bevor ich den ersten Text schreibe, bevor ich Türen öffne, Menschen  in den Arm nehme oder ihnen die Hand reiche, bevor ich die Mülltonne vors Haus stelle, Essen koche, den Tisch decke, zu Telefon, Bücher oder Besen greife - ach, es geht ja so viel durch unsere Hände! 

An Gottes Segen ist alles gelegen! Noch so ein alter Satz, der mir gerade in den Sinn kommt. Den habe ich oft von meiner Mutter gehört. Und sie hat mich gesegnet. Jeden Morgen, bevor wir zur Schule gelaufen sind.  Ich stand im Hausgang auf dem quietschenden Linoleumboden, den schweren Schulranzen bereits auf dem Schultern, und ganz oft standen auch die Freundinnen,  die mich abgeholt haben, daneben. Das war mir manchmal ein bisschen peinlich. Aber meine Mutter hat ganz ungezwungen jede, die sich dazustellte, mitgesegnet. Und sie hat mir eine Ahnung mit auf den Weg gegeben, dass das Wichtigste nicht die Schulnoten sind und auch nicht wie ich mich selbst bewerte. Das Entscheidende liegt nicht in meinen Händen. Es liegt im Segen Gottes. 

Ich beschäftige mich gerade mit der biblischen Geschichte von Jakob - einer der wie kein anderer dafür gekämpft hat diesen Segen zu bekommen. Und heute lese ich davon wie er als alter Mann vor den Pharao trat. Man könnte denken, dass er da ganz eingeschüchtert war, von all der Pracht und dem Reichtum. Ein Bauer der außer hungrigen Viehherden und leerem Magen nichts mitgebracht hatte. Und dann heißt es:  

Und Jakob segnete den Pharao (1.Mose 47,7). 

Und beim Verabschieden segnet er ihn gleich nochmal.  Das beeindruckt mich. Vor dem Herrscher Ägyptens ging Jakob nicht mit einem erschrockenen "Wer bin ich denn?" in die Knie, sondern er stand aufrecht vor ihm und gab ihm das kostbarste was man geben kann: den Segen Gottes.  Er wusste: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein - eine Linsensuppe ist auch nur eine Linsensuppe! - sondern er lebt von dem guten Wort aus Gottes Mund. Das die Seele satt macht. Und Leben schenkt. Und unser erstarrtes Innneres zum Aufblühen bringen kann. An Gottes Segen ist alles gelegen.

Auch wenn ich noch so wenig davon begreife, was es in der Tiefe bedeutet: Ich will mich nach diesem Segen ausstrecken.  EIn Leben lang. Im Segen Gottes liegt das Kostbarste was ich habe und das Kostbarste, was ich geben kann. Gesegnet will ich segnen. In aller Zerbrochenheit meines kleinen Lebens. Mit meiner begrenzten Begabung und Kraft. Ich will meine Tage mit dem erleichterten Wissen beginnen: Es liegt ja nicht an mir.  Gott füllt meine leeren Hände. Jeden Morgen neu. Was für ein Segen!