Heute morgen wecke ich das raupenförmig in die Bettdecke gewickelte Kind mit den Worten: "Nur noch dreimal aufstehen - dann sind Sommerferien!" Ein wohliger Seufzer ist die Antwort. Dieses Jahr fühlt sich das alles irgendwie merkwürdig an. Hatten wir das nicht eben erst? Das Kind wochenlang Zuhause? Aber jetzt müssen wir kein Homeschooling machen und deshalb sind es eben doch ersehnte Ferien! Auch wenn man einen Termin fürs Schwimmbad ausmachen muß und der schönste und größte See in der Nähe wegen Überfüllung bereits dicht gemacht hat. Aber Gott sei Dank gibt es hier noch mehr kleine Seen, die wir nun alle, nacheinander, kennenlernen dürfen. Unsere längst geplante Hollandwoche Ende August steht auf wackligen Füßen - wer weiß wie sich die Lage bis dahin entwickelt - und wenn uns die Pandemie eines lehrt dann das: Unsere Pläne sind eben einfach nur Pläne. Laut Duden: Dinge die man sich für einen späteren Zeitpunkt vornimmt. Wie das dann, zu diesem späteren Zeitpunkt möglich ist, wird man sehen.
Deshalb macht es Sinn das HIER und HEUTE ein bisschen mehr zu feiern; alles was uns jetzt, in diesem Moment, in die Hände gelegt wird. Eine Blogleserin hat mich gebeten doch einmal zu schreiben warum dieser Blog der Spatzinderhand heisst. Dazu könnte ich seitenlang philosophieren. Aber ehrlich gesagt war es einfach dieser Gedanke: Ich will das ehren und wahrnehmen, was mir heute in die Hände gelegt wird.
Gestern abend, auf unserem Balkon sitzend, habe ich in meinem wunderbaren Sabbath-Buch von Wayne Muller folgendes gelesen (frei übersetzt):
In unserer gestressten Kultur nehmen wir so vieles als Selbstverständlich hin. Wir konsumieren Dinge, Menschen und Informationen. Wir haben weder Zeit das Leben zu kosten noch uns freundlich um uns selbst, unsere Liebsten und unsere Welt zu kümmern...Sich an den Sabbat zu erinnern bedeutet: Erinnere dich daran, dass alles was du in Händen hälts ein Segen ist! Erinnere dich daran, dich deines Lebens zu freuen und die Früchte deiner Arbeit zu genießen! Erinnere dich daran, innezuhalten und für dieses Wunder zu danken!
In diesem Sinn will ich die Sommerzeit ganz bewusst als eine Einladung zu einem Sabbat nehmen. Leben schmecken. Mich freundlich um mich, meine Liebsten und die Welt kümmern . Was heute ganz praktisch heisst: Ich verschiebe das MRT für mein schmerzendes Knie nicht länger. Ich lege den Unmut über meinen Mann beiseite (wegen ein paar Klitzekleinigkeiten) und beginne den Tag mit weniger Nörgeln sondern schiebe ein Dankgebet ein, dass wir einander haben. Und ich schließe gleich noch eine Bitte für die verfolgten Christen und für den wunderbaren Denis Mukwege und sein Team mit ein (dessen aufrüttelndes Buch ich gerade gelesen habe). Ach wir alle, mitsamt unserer geschundene Welt, brauchen viel Freundlichkeit!
Und wir brauchen Zeit, um aufzutanken! Die letzten Monate sind nicht einfach wegzustecken! Die müden Blicke über den Mundschutzmasken zeigen mir: Wir mussten uns an neues anpassen und es hat uns einiges an Kraft gekostet. Seien wir freundlich zu uns selbst und miteinander! Gott ist freundlich zu uns! Das spüre ich immer wieder, wenn ich müde bei ihm ankomme. Ich meine ihn so oft sagen zu hören: "Ich weiß. Ich weiß wie es dir geht. Komm, ruh dich ein bisschen bei mir aus." Lasst uns ein wenig ausruhen und diesen Sommer ein bisschen Zeit verschwenden. Wir alle können doch eine kleine Sommerfrische gebrauchen! Lasst uns an Blumen riechen und ins Wasser springen - und uns nicht darum scheren, was für eine Figur wir dabei machen! Lasst uns über unsere Kinder lachen - mindestens so viel wie wir uns über sie ärgern- und an Wassermelonen schlürfen, bis uns ihr süßer Saft übers Kinn tropft. Lasst uns Bücher verschlingen und Stockbrot übers Feuer halten und uns an den Segen erinnern, den wir in Händen halten. Dem Wunder leise die Hand hinhalten, wie es Hilde Domin so wunderbar geschrieben hat. Es braucht ein wenig Zeit und Aufmerksamkeit und Stillhalten, bis es zu dir kommt. Und dann kitzelt es und bringt dich zum Lachen, das kleine Wunder. Bis es fröhlich pfeiffend zum nächsten Ast fliegt. Man kann es nicht festhalten. Aber es kommt morgen wieder. Wenn wir ihm ruhig die Hände hinhalten.
Der Abschiedbrief für Ferdinand, die Babymaus (die leider bei uns nicht überlebt hat) |
Ein Anblick der mich heute morgen zum Lachen brachte |
Erinnere dich daran, dass alles was du in Händen hältst ein Segen ist!