Mittwoch, 26. November 2025

Bereit für den Advent?

Am Sonntag beginnt die Adventszeit. Jedes Jahr aufs Neue fühlt es sich so an wie mit einem Besuch, der sich schon lange angemeldet hat und dann doch gefühlt völlig überraschend und viel zu früh an der Tür steht. Allein der Gedanke an sein Erscheinen versetzt mich in Stress, weil mir so viele Dinge einfallen, die ich eigentlich erledigen wollte BEVOR er auftaucht: Geschenke besorgen, Weihnachtskarten schreiben oder den Keller aufräumen, damit ich an die Weihnachtsdeko komme. 

 Das ist der "aufgeräumte" Keller (wir haben 2 Räume, fragt nicht wie der andere aussieht!)

Dieses Jahr wollte ich mir die Adventszeit richtig freihalten,  aber beim Blick in den Kalender muß ich feststellen, dass sich schon wieder so viele Termine in die vier Wochen drängen, dass ich jetzt schon Schnappatmung bekomme. Das kann ja wohl nicht sein, sag ich mir. Ich freu mich doch eigentlich sehr auf den adventlichen Besuch!  Ich liebe diese Zeit vor Weihnachten! Vier Wochen in denen wir eine Kerze nach der anderen anzünden werden und uns daran erinnern, dass es an keinem Ort dieser Welt ewig Dunkel bleiben wird! 

Für mich ist es die Zeit, in der wir, die Jesusleute, die Hoffnung hochhalten. So trotzig und rebellisch wie der Teenager, den wir hier Zuhause haben.  Heute morgen bekam der Sohn eine Nachricht über WhatsApp  von seinem Freund. Darin stand: 

Ich hab Impuls, Trägheit und Kraft.  

Es ging vermutlich um die Aufschriebe für die Physikarbeit, aber ich finde es die passendste Beschreibung die ich jemals über einen pubertierenden Jungen gelesen habe - und das nur in drei Worten! :-)  Ich ahne jetzt schon, dass das mit der adventlichen Stimmung in diesem Jahr bei uns ein bisschen holprig wird. Aber es sind ja noch ein paar Tage bis zum 1.  Advent. Deshalb will ich mir jetzt und hier ein bisschen Zeit nehmen und überlegen  wie ich dem Besuch - der Heil und Segen für uns getriebene Menschenkinder im Gepäck hat! - in diesem Jahr angemessen Raum geben will: 

 

Ich will versuchen nicht alle Einträge in meinem Kalender als Termine zu sehen, die ich erledigen muß (schwäbisch gesagt: Wegschaffa!) 

Das ist ein Gedanke den ich auch bei dem Soziologen Hartmut Rosa gehört habe. Laut Rosa stehen wir in einem agressiven Verhältnis zur Welt, weil wir die meisten Ereignisse in unserem Alltag als "zu erledigen" einstufen. Auf unseren To-Do-Listen stehen Dinge, die Generationen vor uns niemals aufgeschrieben hätten. Selbstverständlichkeiten wie waschen oder putzen, oder auch schöne Dinge wie Weihnachtsessen, Spaziergang mit der Freundin oder der Eheabend (ich schreib manchmal sogar Zeit mit Jesus drauf). Die Folge ist, dass wir all diesen Dingen gegenüber das Empfinden haben: Wir müssen es abarbeiten. Einen Haken dahinter machen. Das hat mich sehr angesprochen und ich will das gerne ändern. Ich versuche es mal damit, indem ich die guten Dinge auf eine Extraliste schreibe, unter der Überschrift: Schön! 💛.  Und bei den Arbeiten im Haushalt will ich auch darauf achten, was ich mit Muße erledigen kann (s. letzter Blogeintrag). Ich merke: "Termine" sind einfach mein Leben. Kleine Aufgaben. Interessante Begegnungen. Schöne Gelegenheiten. Ruhiges Arbeiten. Und schon wirkt die Adventszeit ein bisschen lichter. 


Ich will Ausstecherle backen 

Wie in jedem Jahr sind das die einzigen Weihnachts-Bredle (so sagt der Schwarzwälder! Nicht Guatzle - das sind Bonbons!) die ich in den Ofen schieben werde. Weil sie mich an meine Mama erinnern und weil keine anderen in meinem Repertoire sind. Mit Muße will ich die Herzen und Sterne formen und ein ganzes Blech für den Freund verbrennen lassen, der nichts so sehr liebt wie verbrannte Bredle.


 

 

Ich will mir einen Adventskalender schenken 

Während unser Sohn seinen Schoko-Adventskalender wahrscheinlich wieder in den ersten Tagen plündern wird, will ich  jeden Morgen ein paar gute Worte lesen. In diesem Jahr freue ich mich sehr auf den digitalen Adventskalender der wunderbaren Autorin Annette Penno. Sie hat mir den link mit den Worten zugeschickt, dass sie besonders für alle diejenigen schreibt die müde, traurig, krank oder sonstwie vom Leben gebeutelt sind (und nach ihrer schweren Long-Covid-Erkrankung versteht sie eine ganze Menge von all dem!). Bei "müde" habe ich mich schon direkt angesprochen gefühlt und freue mich jetzt sehr darauf! Falls ihr auch gern die Adventspost von Annette in eurem Postfach haben wollt könnt ihr euch hier, ganz kostenlos, dafür anmelden: 

                             https://www.annettepenno.de/adventskalender/


 

 

Ich will so oft wie möglich eine Advents-Abendrunde gehen 

In meiner Kindheit haben wir das immer mit meinem Papa gemacht und dabei die Weihnachtsbäume in den Gärten gezählt. Mir Samuel zusammen bin ich in den letzten Jahren durch unseren Ort gelaufen und wir haben Noten für die schönsten Beleuchtungen verteilt. In diesem Jahr werde ich wohl alleine meine kleine Runde drehen, in ruhigem Tempo, und die Lichter in Gärten und Fenstern bewundern.(ganz ohne sie zu bewerten:-)). 



Ich will weniger Online sein 

Immer wieder wuchert meine Handynutzung und ich werde in das ständige hin- und her von NAchrichten und das Aufrufen von kleinen (oft unsinnigen) Filmchen reingezogen. Das sorgt für viel innere Unruhe. Also will ich mal wieder einen "Rückschnitt" machen. Während ich abends in die Fenster anderer Leute schaue will ich  Online die verlockenden Windows schließen, eine kleine Blogpause bis Weihnachten machen und das Handy öfters zur Seite legen (mit Gottes Hilfe!). Dazu könnte ich mir diesen tollen Digital-Detox-Kerzenständer bestellen, den meine Freundin heute Online entdeckt hat: 


OK, fällt wohl eher unter die Dinge, die man NICHT braucht ;-)

 

Ich will Kerzen anzünden! Hoffnungsvoll und trotzig. Jede Woche mehr 

Ich will  an all die Menschen denken, deren Tage gerade so wenig glitzern. Dabei möchte ich nicht so viele Worte machen sondern einfach flüstern:  Maranatha, Komm Herr Jesus.  Ich will keine gehetzten Gebete sprechen sondern den Gott anschauen, der mich in Liebe anschaut, wie es der Autor John Marc Comer so wunderbar ausdrückt. 

Prayer is relaxing into Gods goodness.(J.M.Comer)

 

 

Ich will Jahresrückblick halten und ein bisschen aussortieren

Gefühlt komme ich am Ende des Jahres mit übervollen Taschen an.  Ich nehme mir ein paar Tage nach Weihnachten frei (was für ein Luxus!) und fahre auf den Betberg.  Dort möchte ich alles mal in Ruhe vor Jesus ablegen und mit ihm zusammen anschauen was ich in diesem Jahr lieber zurücklasse und was ich einpacken will, fürs neue Jahr. 

Dieser schöne Druck ist von Silke Schmidt


Ich will adventliche Lieder und Worte hören, die mein Herz zum Klingen bringen

Siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der Herr und seine Herrlichkeit erscheint über dir. (Jesaja60,2)

Tochter Zion, freue dich sehr und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu Dir, ein Gerechter und ein Helfer. (Sacharja9,9)

Es erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes unseres Heilands, und machte uns selig. (TItus3,4)  

Mit Maria, der Mama von Jesus, will ich meine Hände öffnen und beten: 

Es geschehe mir - es geschehe uns allen! - nach deinem Wort. 

 


Ach, langsam wächst die Vorfreude auf die kommenden vier Wochen...

(noch vom letzten Jahr im Fenster :-)).
 

Ich wünsche euch allen von Herzen eine gesegnete Adventszeit!   

 

Ps: Falls ihr noch ein bisschen Lesezeit verschenken wollt: Ich schicke euch gern ein weihnachtliches Päckchen zu - alle Infos dazu hier.  In diesem Jahr gibt es auch ein Sonderangebot und zwar mein Buch: "Warum ich da noch hingehe. Die Kirche Jesus und ich". Eine unerschütterliche Liebeserklärung an Jesus und seine Kirche, steht auf der Rückseite und das trifft den Inhalt ziemlich gut. Eignet sich vielleicht auch als Geschenk für den Hauskreis oder die Mitarbeiter in der Gemeinde.  Das Buch gibt es jetzt für 5 Euro (anstatt für 12 Euro), und ab einer Bestellung von 5 Büchern für 4 Euro. Solange der Vorrat reicht. 



Freitag, 7. November 2025

Von Zeitersparnis und der Muße

Gestern saßen wir mit unseren Freunden hier am Ort bei unserer wöchentlichen  Halbzeitpause zusammen. Vor ein paar Jahren habe ich hier schonmal über diese wöchentliche Tradition darüber geschrieben. Als ich eben den Text von damals gelesen habe musste ich echt grinsen. Ich hatte mir überlegt wie das wohl aussieht, wenn unsere vier Jungs ins Teenageralter kommen. Und es ist genauso gekommen wie ich mir das vorgestellt habe: Sie hängen meist schweigsam und etwas peinlich berührt auf dem Sofa neben uns und verschwinden nach dem Essen zusammen in einem ihrer Zimmer. Dort machen sie Teenager-Sachen - von denen ich keine Ahnung habe - und tauchen nur dann auf, wenn sie Hunger haben (also sehr häufig). Dann lassen sie uns wieder ungestört weiterreden. 
Gestern haben wir uns über die Frage unterhalten: Warum sind unsere Leben gefühlt so voll? Warum haben wir so wenig Zeit - gerade auch für Dinge, die uns wirklich wichtig sind? Wenn wir an unsere Großeltern denken, dann muß man doch sagen: Wir haben unfassbar viel Zeitersparnis! Der Waschtag hat sich durch die Technik in ein paar Handgriffe reduziert. Auch Spülmaschine und elektrischer Ofen nehmen uns viel Arbeit ab (um nur mal ein paar Beispiele zu nennen). Eigentlich sollte uns das doch alles richtig viel Ruhe und Freiraum schenken. Aber, wie wir alle wissen: Es ist nicht so! Im Gegenteil. Nie zuvor in fühlten sich die Menschen so erschöpft und überfordert und klagen über ein viel zu volles Leben. Warum ist das so?
 
Neulich habe ich ein spannendes Interview mit dem Soziologen Hartmut Rosa gehört. Er schilderte das Problem so: Mit jeder zeitsparenden Erfindung, haben sich auch die Möglichkeiten erweitert. Natürliche Grenzen wurden ausgedehnt, z.B. mit der Erfindung der Glühbirne. Früher ging man einfach ins Bett wenn es dunkel wurde, heute kann man bis tief in die Nacht arbeiten. Mit der Erfindung des Autos - und dann später mit dem Flugzeug - konnten wir Alltagsstrecken schneller bewältigen. Gleichzeitig wurden wiederum die zurückgelegte Distanzen um ein vielfaches größer als die Zeitersparnis. Dank der digitalen Erfindung können wir viel effektiver kommunizieren aber die Anzahl der Kontaktmöglichkeiten wurden so erhöht, dass viele von uns auch mit schnell geschriebenen (oder aufgesprochenen )Antworten nicht gegen die Menge der Nachrichten ankommen. Und jeder der ein Smartphone besitzt weiß, dass diese Teile wahre Zeitfresser sind! 
Briefe schreiben, Rasenmähen, kochen, Lesen... alles wird immer effezienter und zeitsparender. Der Mähroboter fährt gemütlich durch den Garten, während wir im Haus gestresst vor den Diplays sitzen. Anstatt und mit einem Buch in Ruhe in die Sonne zu setzen, bietet die KI uns an,  eine Zusammenfassung zu liefern damit wir durch die Zeitersparnis noch mehr Termine in unseren Alltag packen können. Und wozu noch das tagelange Laubrechen, wenn wir mit einem Laubbläser in einer halben Stunde fertig sind? Und genau hier liegt - laut Hartmut Rosa - auch ein Teil vom Problem: Wir lassen uns die Dinge nehmen, die wir mit Muße erledingen können. Ruhige Arbeiten, bei denen wir uns über uns, über Gott und die Welt Gedanken machen können. Ich verstehe das so: Muße können wir bei allen Tätigkeiten im Alltag erleben, die wir nicht hektisch erledingen können. Das variiert auch je nach Persönlichkeitstyp (oder Lebensalter). Ich finde man kann nicht hektisch Geschirr abtrocknen oder die Wäsche bügeln. Diese Tätigkeiten sind wirklich beruhigend für mich. Aber Gartenarbeit bringt mich (im Gegensatz zu Heio!) oft eher ins Stress - besonders wenn ich die vielen unerldigten Aufgaben im Garten warhnehme. Nur das Laubrechen in der Herbstsonne - das ist wirklich Wellness für meine Seele! Ebenso die ruhigen Handgriffe in der Küche, wenn ich einen ganzen Vormittag am Bildschirm verbracht habe.  Wenn mir alles zu viel wird, dann hilft nicht die Fertigpizza, die ich schnell in den Ofen schiebe - ok, manchmal schon auch;-) - aber was ich eigentlich viel eher brauche ist dann: Ein langsames Gericht kochen. Schnittlauch und Kartoffeln aufs Schneidebrett legen. Wasser aufkochen. Karotten raspeln. Den Ofen vorwärmen....Alle diese kleinen Arbeitsschritte helfen mir dabei, innerlich ruhiger zu werden. Mein Menschsein anzuerkennen. Mich auch mit denen zu verbinden, die vor uns waren. Ich sehe meine Oma vor mir, wie sie die Kartoffen in Ruhe geschält hat,  in einem Leben das erfüllt von Arbeit und Mühe war. Von Schönheit und Schmerz. Beides hat sie tief wahrgenommen. Und wenn Abends die Gebetsglocke vom Kirchturm geläutet hat, hat sie alles aus der Hand gelegt und ist ganz still geworden, um ihre Hände Gott hinzuhalten.
 
 Ich bin wirklich froh über die Erfindungen, die meinen Alltag erleichtern! Jedes Mal, wenn die Halbzeitpause Zuende ist, räume ich dankbar das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine und lege mich ins Bett, während die Maschine den Abwasch erledigt. Aber ich will auch darauf achten, dass ich mir die Dinge nicht nehmen lasse, die mir Muße schenken. Die mich aus einem gestressten Zustand (in dem ich mich leider allzuoft befinde) in ein geerdetes und demütiges Leben zurückholen. Ich will die Wäsche aufhängen, den Boden fegen, Brotteig kneten und wenn draußen die Herbstsonne scheint das Laub unter den Walnussbaum zusammenrechen. Ich will meine Arbeit verrichten bis am Abend die Gebetsglocke läutet. Dann will ich meine Hände und mein Leben Gott hinhalten, seinen liebenden Blick wahrnehmen und mich daran erinnern: ER hat alle Zeit der Welt für mich.