Mittwoch, 21. Oktober 2015

Verschwende dein Leben.



Wir hatten Besuch von einer Freundin mit ihrem kleinen Sohn. Ich habe mich auf ein gemütliches Kaffeeetrinken gefreut, während die zwei Jungs nebenher friedlich zusammen spielen. HAH. Keine Ahnung welche Laus meinem Sohn über die Leber gelaufen ist- es muß eine sehr große gewesen sein. Um es kurz zu machen: Er war einfach unausstehlich! Er wollte nichts abgeben, war gemein und hat einfach nicht auf mich gehört. 
Die Freundin war verständnivoll (irgendwie ist man ja immer ein bisschen erleichtert, dass es nicht das eigene Kind ist, das gerade Streß macht- so geht es mir zumindest :)), aber nach dem Besuch war ICH unausstehlich. Ich habe Heio den quengelnden Sohn in den Arm gedrückt mit den Worten: "Hier, DEIN KIND. Ich muß an die frische Luft, sonst dreh ich durch." 
Und dann bin ich aufgebracht um die Häuser gelaufen. Klasse, dachte ich, was wenn wir einen kleinen Terroristen erziehen? Wenn alle Liebe und Mühe umsonst ist? Ich meine, ich habe meine Karriere aufgegeben für dieses Kind (ok, es war nicht wirklich eine Karriere- aber theoretisch hätte es eine große Karriere sein können;-)). 
Nachdem ich die Wut weggelaufen habe kommen die Schwermut. Hätte er bloß noch ein Geschwisterkind, dann würde er nicht zu einem verwöhnten Einzelkind. Und bei zwei Kindern würde es sich ja auch die ganze Erziehungssache mehr "lohnen". Ich meine, beim Ersten probiert man ja alles noch aus um dann die ganze Erfahrung dem zweiten Kind zugute kommen zu lassen. Was für eine Verschwendung- der ganze Aufwand für nur EIN Kind. Außerdem sind bei zwei Kindern die Chancen größer, dass zumindest aus einem Kind etwas wird....Oh weh, was für Gedanken! Und dann breitet sich ein warmer Satz leise in meinem Herz aus:

                       "Christina, es gibt keine Liebe ohne Verschwendung."

Nach dem Spaziergang (und der Versöhnung mit Samu) habe ich in meinem tollen Hekunftswörterbuch nachgeschaut- da steht unter Verschwendung: negativ: leichsinnig, nutzlos. Positiv: in reicher Fülle austeilen. Verschenken.
Wenn ich genau hinschaue sehe ich so viel Verschwendung:

Heio, der seine Predigt tagelang vorbereitet, viel Gebet, viel Mühe investiert, alles nochmal überarbeitet und am Ende hören eine handvoll müder Leute zu.

 Eine Mama, die ihr Essen mit viel Liebe kocht, das dann minutenschnell verschlungen wird.
  
Mönche, die ihr Leben damit verbringen ganz bei Gott zu sein und auf ihn zu hören- ohne anschließend ein Buch über ihre Erkenntnisse zu schreiben.

 Eine begabte Frau, die ein Missionswerk mitgeleitet hat und jetzt für ihren kleinen Sohn Zuhause bleibt und ihre Tage damit verbringt Windeln zu wechseln und Kleinkindgebrabbel anzuhören.

 Ein Blog, mit ganz viel Aufwand und Liebe gemacht, der nur ein paar Leser findet.

 Ein kluger Theologe in Harward, der seine Stelle aufgibt um den Rest seines Lebens in einer Lebensgemeinschaft mit geistig behinderten Menschen zu sein.

 Die junge Frau aus unserer Gemeinde, die den Kinderdienst mit so viel Hingabe vorbereitet für eine handvoll kleiner Kinder die ihren Eltern auf die Frage:“was habt ihr denn heute gemacht?“ Mit „Nichts!“ antworten (wenn sie reden können und wie mein Sohn sind).

 Der Freund der seine Arbeit richtig gut macht (ohne Anerkennung dafür zu bekommen) auch wenn ein bisschen weniger vielleicht auch genug wäre.

Eine wunderbare Lehrerin, die ihre ganze Energie und Kraft in eine kleine Schulkasse steckt.

 Die Zeit in der eine Hausfrau morgens auf die Knie gehen und Jesus anbetet-obwohl so viel zu tun wäre. 

Eine Frau die ihr kostbares Parfum, ihre ganze Lebensversicherung, Jesus auf die Füße kippt (und die Jünger irgendwie zu recht schimpfen: das hätte man doch besser den Armen gegeben!).

Man könnte zu all dem sagen:  Das rechnet sich doch nicht. Zeitvergeudung.  Arbeitskraft verschwendet...
Aber die Botschaft die unsere Welt braucht heisst: es geht um mehr als nur um die nützliche Dinge. Um Effektivität. Um die Kosten-Nutzen-Rechnung.  Es geht um Liebe. Um das was "nicht nötig gewesen wäre". Und es gibt keine Liebe ohne Verschwendung. 

ein Rosenherz von Heio am Hochzeitstag - wäre nicht nötig gewesen:-)
Du und ich - wo immer wie uns heute ein wenig verschwenden, wo immer der Einsatz vielleicht größer ist als das (sichtbare) Ergebnis, sagen wir etwas wahres und wunderschönes über unseren Schöpfer, der uns verschwenderisch liebt.

Das will ich mir merken wenn ich gleich EIN Kind abhole und den Nachmittag mit ihm verbringe ... (und meistens bin ich ja total dankbar für diese Zeit - wenn die Wutanfälle sich in Grenzen halten :-)).

Kneten (mal ne Abwechslung zum "Stau spielen")
Kaffetrinken mit dem kleinen Waschbär (DANKE BIRGIT!!!)
reiche Fülle! Wir finden noch Himbeeren im Garten

12 Kommentare:

  1. das hast du wieder mal sehr schön geschrieben, danke :-) lg Stefanie

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  2. was für ein schöner text! danke! könnte übrigens mein sohn sein, von dem du schreibst. und der ist kein einzelkind :-)

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    1. :-) Danke. Das tut gut zu hören. Grüße an den kleinen Sohn!

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  3. danke für deine worte, die mein herz berühren und meiner seele zuflüstern!

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    1. Das freut mich, liebe Kerstin! Grüße zu Dir, Segen und Kraft wo immer du dich heute verschwendest....

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  4. Ein wunderbarer Post! Vielen lieben Dank. Er hat mich zutiefst angesprochen!!!!
    Mach weiter so, glg Lena

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  5. danke, liebe Lena! liebste Grüße zurück zu Dir (und Segen für deinen ALltag und für alles wo du dich so liebevoll verschwendest!

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  6. Hallo!
    Vielen Dank, dass Sie Ihre Gedanken, Erlebnisse usw. teilen. Machen Sie sich keine Sorgen, auch Geschwisterkinder können derbe Wutanfälle kriegen, wenn Sie teilen sollen. Das ist kein Einzelkindphänomen!

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  7. So schön, dass Du wieder schreibst... :)
    Tut einfach so sehr der Seele gut, Deine Posts, ganz besonders dieser hier. Danke!

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  8. Danke Becky! Du hast sicher ein paar Leute erkannt:-)...und jetzt hast du erstmal auch deine Karriere unterbrochen um dich zu verschwenden. Viel Segen dabei. Liebste Grüße zu Dir!!!

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