Mittwoch, 28. Mai 2014

"Guerilla -gardening"




 Diese Woche bekam Heio Post.  Der Inhalt brachte ihn zum Lachen, mich hingegen versetzte er in leichte Panik.  Das Ordnungsamt schrieb uns folgendes:


 Zugegeben: Heios Gartenstück sieht ziemlich verwildert aus, aber es wachsen dort immer wunderbare Brombeeren, Sauerkirschen, Himbeeren und so manches Gemüse in dem kleinen Beet (das man auch als solches erkennen kann, wenn man genauer hinschaut!).
Irgendwie gefällt es mir auch, dass es so "natürlich" aussieht und ein bisschen verwunschen, wie ein geheimer Garten. Dumm ist nur, dass das Grundstück in einem Hinterhof in der Stadt Stuttgart liegt . Und von manchen Nachbarn wird misstrauisch beäugt, was der "Hippie -Mann" da so alles züchtet (und bisher war noch nichts dabei was wir geraucht hätten!).

Jetzt ist der Mann also ab und zu in der Wildnis unterwegs um wenigstens einen Zugang mit der Machete freizuhauen, damit der Ordnungshüter am 5. Juni sich einen Überblick über die Katastrophe verschaffen kann. 
Ich hoffe es gibt keine uns unbekannte EU- Richtlinie, nach denen wir den Garten bearbeiten müssen. In diesem Land ist es wirklich nicht einfach, keine Gesetze zu brechen.


Ich versuche NICHT herauszufinden welcher Nachbar uns da angezeigt hat - auch wenn ich einen starken Verdacht habe. 
Aber wir sollen ja unsere Feinde lieben, oder wie die Bibel sagt:
sie mit guten Taten überschütten, denn ....so wirst du feurige Kohlen auf seinem Haupt sammeln und du wirst ihn überwinden. Lass dich nicht vom Bösen besigen, sondern besiege das Böse durch das Gute. (Römer 12,20)
 Meine "Verdachtsperson" hat mich auch prompt um Hilfe gebeten. Ich werde sie die nächsten Wochen im Haushalt unterstützen, ich werde ihren Rasen mähen, ich werde sie segnen und Kohle auf ihrem Haupt sammeln. Danach wird sie mich und unseren Garten lieben:-).


Ich bin wirklich dankbar für unseren Garten und ich hoffe er wird uns nicht weggenommen  (bitte lieber Gott, mach den Mann vom Ordnungsamt blind oder großzügig -nur für einen kurzen Moment!).
Es ist einfach ein tolles Gefühl vor dem Mittagessen einen Salat zu ernten, ein paar Erdbeeren hinter dem Gebüsch zu entdecken und noch ein paar Ringelblumen zu pflücken die vor dem Komposthaufen blühen. Und in einem verwilderten Garten gibt es viel zu entdecken...die Leute mit den gepflegten Beeten wissen ja nicht was ihnen entgeht!






In diesem Sinne: einen Blumenstrauß auf das wilde, geheimnisvolle Leben, das es zu entdecken gibt.

Montag, 26. Mai 2014

Von Tyrannen und der Freundlichkeit

Der Wutanfall kam ganz plötzlich, kurz bevor wir an der Kasse waren.
Ich hatte den Wochenendeinkauf schon fast erledigt und der kleine Mann saß friedlich im Einkaufswagen, da entdeckte er ein GRÜNES Getränk! 
"HABEN!!!", ruft er verzweifelt und zeigt auf die gezuckerte, ungesunde Flüssignahrung. "Nein!", sage ich bestimmt und bin stolz so eine konsequente Mutter zu sein.
Ich schiebe den Wagen weiter. Aber ich habe die Leidenschaft und das Verlangen eines Dreijährigen unterschätzt. Er schreit, er tobt, er hängt mit dem Körper gefährlich in der Luft.
Ich versuche ruhig zu bleiben, lege meine Einkäufe auf``s Band und den Sohn auf den Boden daneben. 
Die wütenden Schreie und sein "Um-sich-schlagen" versuche ich verzweifelt zu ignorieren. In meinem Kopf rattert es: was tun? Was ist in dieser Situation das Richtige? Irgendwo ein Satz im Hintergrund aus irgendeinem Erziehungsbuch: "Das Kind aus der Situation rausnehmen". Aber ohne zu zahlen kann ich nicht gehen und den vollen Einkaufswagen will ich auch nicht stehen lassen. Also müssen wir da durch. Das Geschrei hält an bis wir im Auto sind. Mit rotem Gesicht drücke ich ihn, eine Spur zu heftig, in seinen Kindersitz.
WIr fahren los und siehe da - der kleine Mensch beruhigt sich augenblicklich. Ich bin fertig. Kindererziehung sah von außen immer so viel einfacher aus:-).

Nach dem letzten Kölner Tatort habe ich mir das Buch von M. Winterhoff: "Warum unsere Kinder Tyrannen werden" in der KiTa-Bücherei ausgeliehen. 
Der Tatort handelte von gefühlskalten Jugendlichen die, einfach so zum Spaß, Menschen in der U-Bahn zusammenschlagen und den Eltern völlig entglitten sind.
Ich denke: Wir müssen dringend etwas tun, damit Samu nicht so wird und das Buch scheint mir das Richtige.
Bei Lesen fällt mir so vieles auf wo ich denke: Oh, genau so ist es! Ich bin ganz seiner Meinung. Und ich merke wie viel ich falsch mache. Wie gut, dass ich gerade noch rechtzeitig dieses Buch gelesen habe. Mein Kind wäre zum Tyrann geworden.

Dann sehe ich ein anderes Buch, das sich gut und interessant anhört, von Gerhard Bergman: "Warum unsere Kinder ein Glück sind". 
Ich entdecke den kleinen Aufkleber auf der Titelseite erst später: Eine Antwort auf das Buch "Warum unsere Kinder Tyrannen werden". Hier lese ich nun fast das genaue Gegenteil von dem was Winterhoff behauptet. Und ich muss Herr Bergmann völlig zustimmen. Ich bin völlig seiner Meinung. Wie gut, dass ich dieses Buch noch gelesen habe. Welchen Schaden hätte ich sonst vielleicht bei Samu angerichtet.


Gestern bin ich völlig fertig aufgewacht. Samstag war ein anstrengender Tag, ich war bei einem Seelsorgeseminar und eigentlich wollte ich nur alleine im Bett liegen und ausruhen. 
Das habe ich meinem Mann so mitgeteilt, woraufhin er meinte: 
"Das ist völlig in Ordnung, bleib hier und ich gehe mit dem Kleinen in den Gottesdienst." Abgemacht.
Kurze Zeit später renne ich hektisch in`s Bad, vor den erstaunten Augen meines Mannes, und mache mich für den Gottesdienst fertig. Ich erkläre ihm ihm, dass es mir nicht gut tun wird hier zu bleiben und ich auf jeden Fall mitkommen werde.
Im Auto ist er dann etwas schweigsam. Auf mein Nachfragen was denn los ist antwortet er:
"Es ist anstrengend, dass du deine Meinung so schnell änderst. Ich weiß nicht was du eigentlich wirklich willst und brauchst." 
Meine hervorragende Antwort darauf war nur: "Heio, ich bin eine Frau! Ich kann meine Meinung sehr oft ändern."

Ich will meine Geschlechtsgenossinnen nicht beleidigen. Vielleicht ist es ja einfach nur mein Problem.
Wenn ich höre wie jemand über die Vorzüge des Landlebens redet, höre ich aufmerksam den Argumenten zu und denke: Ja, er hat recht. Und ich bin überzeugt davon, dass das Land der einzige Ort auf dieser Erde ist, an dem ich glücklich werden kann.
Kommt aber ein Freund vorbei, der die Vorzüge der Stadt preist und meint, dass er niemals auf dem Land leben könnte, dann kann ich ihm aus vollem Herzen zustimmen. Ich weiß es einfach, dass ich auf dem Land auf Dauer völig unglücklich wäre. 
So bin ich. Begeisterungsfähig, schnell zu überzeugen, hin und her gerissen und wankelmütig.

Deshalb ist das Lesen von Erziehungsbüchern vielleicht nicht so gut für mich. Ich schwanke von einem Extrem in`s andere und bin überzeugt, dass ich sowieso alles irgendwie falsch mache.

Aber es gibt ein paar Dinge bei denen schwanke ich nicht hin und her, von denen bin ich eigentlich immer überzeugt:

Liebe ist das Wichtigste.
Man kann nie genug ermutigt werden.
Schokolade ist manchmal eine gute, kurzfristige Lösung.
Deutschland ist eine Turniermannschaft (warum fällt mir das jetzt ein?!)
Die Wahrheit ist meistens ein Zusammenkommen von ganz verschiedenen Erkenntnissen.
Zähneputzen ist wichtig.
Wer sich verrückt machen will, ändert seine Meinung ständig.
Wer dazulernen will, muss bereit sein, seine Meinung zu ändern.
Man darf Fehler machen.
Es ist wichtig um Vergebung zu bitten und Vergebung anzunehmen.
Freundlichkeit ist völlig unterschätzt.
Auch die Freundlichkeit sich selbst gegenüber.

(vielleicht sollten wir doch auf`s Land ziehen...)

Donnerstag, 22. Mai 2014

Hilfe, kein Handy!





Mein Handy nimmt heute ein Reisbad - weil es gestern im Getränk von Saum lag.
Ich merke mal wieder wie wichtig dieses Teil für mich ist, wie unverzichtbar ich mich empfinde (was wenn mich Leute telefonisch nicht erreichen oder sie mir eine SMS schreiben und ich mich nicht zurückmelde?...).

Passend dazu habe ich dieses neueste Bild von Banksy  im Internet gefunden.
banksy
“MOBILE LOVERS” © Banksy, 2014

Wie vieles von diesem Künstler, gefällt es mir sehr gut und es macht mich nachdenklich.

Grundsätzlich bin ich ja total dankbar für mein Handy und die Möglichkeit der "sozialen Medien"!
Wieviel Stress habe ich mir schon erspart, weil ich vom Stau aus anrufen konnte, dass es später wird oder weil in einer fremden Stadt -dank Handy- meinen Urlaubspartner wiedergefunden habe. 
Wie schön ist es wenn ich mir auf YouTube einen FIlm über die Abenteuer meiner Nichte in Panama anschauen kann und wenn ich mit ihr kurz mal skypen kann.
Bei momastery hat es mich letzte Woche total begeistert wie es möglich ist über die Popularität eines Blogs einen "love-flash-mob" zu starten um Mütter, die an Krebs erkrankt sind,  zu unterstützen (es kamen innerhalb eines Tages über 160 000 Dollar für die 4 Familien zusammen! Whow!). 

Trotzdem- es macht mich nachdenklich wenn ich in der Straßenbahn sitze und sehe dass fast jeder, sobald er einen Platz gefunden hat, anfängt in sein Handy zu schauen. Wenn man nur dasitzt und ein wenig "vor sich hin denkelt" (wie Tuchowsky so schön sagt) oder einfach die Leute anschaut (oder sogar noch anlächelt!), dann ist man schon ein totaler Freak. Wann ist das denn passiert?
Wir kommunizeren ohne Ende und schauen uns nur noch selten dabei in die Augen. 

Heio und ich sind keine Technik- freaks, um es mal vorsichtig zu formulieren.
 
Heio sitzt im Garten und versucht den neuen Computer zu verstehen und ja- da ist ein Kabel dran!

Ich bin nicht bei facebook und auch nicht bei whats-App. Nicht weil ich es allgemein schlecht finde, sondern weil ich weiß dass es FÜR MICH schlecht ist! 
Ich kenne mich nun schon einige Jahre und das Ganze mit den "Likes" und "Tweeds" und was noch allem (ihr merkt, ich kenne mich nicht wirklich aus!), würde mich wahnsinnig machen.
Warum bekomme ich so wenig "likes" und warum bekommt der andere für diesen dummen EIntrag 1000 "Likes" ..und warum hat der mir von der Freundesliste gelöscht? Es ist peinlich das zuzugeben, aber genauso kann ich sein - so voll von mir selbst.

Und What`s APP: jeder versichert mir: das ist toll. es kostet nichts, man kann sich gut darüber austauschen. Das glaube ich wirklich. Aber ich weiß, dass es mich stressen wird ständig mit vielen Leuten zu kommunizieren und irgendwie ständig mit allen Kontakt zu haben.
Ob man das auf Dauer durchhalten kann und ob nicht die Qualität der Beziehungen dadurch leidet? 
 Eine Freundin hat mir einmal gesagt, dass in unserer Gesellschaft kaum jemand mehr sagt: "Leb wohl", sondern es heisst immer: "Wir bleiben in Kontakt!". 

Wie ich diesen Blog begonnen habe, hatte ich keine Ahnung davon, dass man die Anzahl der Seitenaufrufe sehen kann. GANZ SCHLECHT für mich. Wenn ich einen neuen Beitrag geschrieben habe schaue ich immer wieder auf den Computer: Wieviele Aufrufe, Kommentare? Wie kommt das an was ich schreibe? Es tut mir nicht gut. Ich drehe mich um mich selbst bis es mir schwindelig wird. 
Und dann gibt es so viele tolle andere Blogs zu entdecken! Ich hatte  ja keine Ahnung...

Es gibt einen Vers in der Bibel, in dem Gott seinem Volk sagt:
"Ich will dir, in deinen Grenzen, Frieden geben!".  

An diesen Satz denke ich immer wieder. 
Und ich merke, wenn mein Herz unruhig und angetrieben ist, dass ich ein paar Schritte zurückgehen muss und meine Grenzen neu stecken muss:
Wieviel Zeit will ich vor dem Computer verbringen? Was tut mir gut, was nicht?
Wie oft will ich auf meinem Blog schauen  -einmal (oder vielleicht zweimal!:-)) am Tag? 
Wo ist meine "Handy-freie-Zone"?
Welche Menschen sind mir "anvertraut"? Wo vernachlässige ich sie, weil ich mit zu vielen in Kontakt sein will.
Ich will DA sein wenn ich Zeit mit Samu verbringe und nicht ständig mit einem Blick auf mein Handy. Ich will nicht so oft auf ein totes Display oder einen flimmernden Bildschirm starren, sondern darauf achten wer gerade mein Nächster, mein Gegenüber ist.  
Mir Zeit nehmen. Hinhören. In die Augen schauen. Wahrnehmen. Verstehen. Leben teilen in 3 D, echt und in Farbe. 
Das will ich lernen...und heute mal einen Tag ohne Handy geniessen.

hier will ich dabei sein!

Dienstag, 20. Mai 2014

Schönheit

Diese Woche hat für mich mit einem Arztbesuch begonnen. 
Es ist nichts schlimmes, aber aus irgendeinem Grund fallen mir an einer Stelle auf dem Kopf die Haare aus. Langsam sorge ich mich, ob die zunehmend kahle Stelle schon für alle sichtbar wird. Es macht mir ein wenig Angst. Welche Frau verliert schon gerne die Haare (und- sorry-  ihr Männer wollt das sicher auch nicht).

Heute ist Hochsommerwetter in ganz Deutschland und - wie der kleine Sohn neulich betroffen feststellte - die Sonne macht unsere Fensterscheiben dreckig. Unverschämtheit!
Ich versuche ihr Treiben zu ignorieren und fange an meine Sommerkleider zu sortieren und stelle erschrocken fest: Irgendjemand muss meine Klamotten über den Winter enger genäht haben!
Von den Werbeflächen am Straßenrand strahlen dünne Models (mit wunderschönen vollen Haaren!) auf mich herunter. Auch wenn ich weiß, dass sie wahrscheinlich alle nichtmal volljährig sind und es keinen Grund gibt, warum ich mich mit ihnen vergleichen sollte, prägen sich die Bilder doch in mir ein. Sie geben mir das Gefühl, dass ich dringend etwas an mir ändern muss.
Wenn ich in so einer Stimmung bin, gehe ich manchmal los um mir was zu kaufen. Dann eile ich über die Königsstrasse in der Hoffnung irgendein Teil zu finden, das mich schön und schlank und glücklich macht. Mein Kleiderschrank ist voll von solchen Teilen -  der erwünschte Erfolg hält sich in Grenzen.

Also gehe ich jetzt nicht shoppen sondern ich denke lieber mit euch darüber nach was wahre Schönheit ist.
Im englischen heisst schön: beautiful. BEAUTY - FULL. Voll mit Schönheit. Das sagt doch etwas wunderbares. Gutaussehend sein ist eine Sache  aber voller Schönheit sein ist etwas ganz anderes.  Das sind Menschen die vielleicht nicht dem Schönheitsideal entsprechen, aber von denen ein Strahlen ausgeht, das jeden berührt und ergreift wenn man in ihrer Nähe ist. 

Meine Oma war so ein Mensch. 
Sie hat so viel schweres in ihrem Leben durchgemacht. Sie war eine junge Witwe und hat dann im Krieg noch einen Sohn verloren. Aber anstatt verbittert zu werden wurde sie ein Mensch voller Güte. Sie kümmerte sich nicht nur um ihre eigenen Kinder sonder auch noch um die Halbwaisen ihrer Schwester, die es sehr schwer getroffen hatte. Bis heute sind sie voller Dankbarkeit wenn sie über meine Oma reden. Sie war großzügig. Sie leihte Menschen in Not und forderte es oft nicht zurück (auch wenn sie es selbst nötig gehabt hätte). 
Und meine Oma liebte die schönen Dinge. Ihr Ausspruch, wenn sie bei einem Konzert oder auf einen Ausflug dabei war, war immer: "So etwas schönes habe ich noch nie gesehen!" Ich sehe ihr Gesicht vor mir, wie sie der Musik lauschte oder eine Landschaft betrachtete und wie sie die Schönheit tief in sich aufnahm.
Gegen Ende ihres Lebens wurde sie zunehmend verwirrt. Oft stand ich längere Zeit vor unserem Haus (in dem wir zusammen wohnten) und versuchte ihr genau zu erklären, wie sie den Türöffner bedienen musste. Ich wartete. Das Flurlicht ging an und aus und sie streckte den Kopf wieder zum Fenster raus. "Nein Oma, nicht der Lichtschalter, der Schalter darunter!" Der Kopf verschwand wieder und es dauerte wieder eine gefühlte Ewigkeit (für mein Teenagerempfinden) bis der richtige Schalter gedrückt wurde und ich in`s Haus konnte.
Der Platz am Fenster- das war bis zum Ende ihr Lieblingsplatz. Dort saß sie und schaute auf die Strasse. 
Am Tag ihrer Beerdigung war der Friedhof voller Menschen. 
Es kamen Nachbarn die sonst niemals auf eine christliche Beerdigung gehen würden. Sie sagten uns unter Tränen, dass sie meine Oma vermissen würden. Monaten später sprachen uns noch Kurgäste an wo denn die freundliche Frau hinter dem Fenster wäre. Ich vermisse sie bis heute.
Meine Oma war kein perfekter Mensch, sie war für mich nie gutaussehend (irgendwie ist sie in meiner Erinnerung schon immer eine Oma) aber sie war eine wunderschöne Frau. Sie war voller Güte, sie war dankbar, großzügig und sie genoss die schönen Momente und sie liebte die Menschen. Sie war voller Schönheit. Beauty -full!

  Wenn alles so läuft wie ich es glaube, dass es laufen wird, dann gibt es einen Himmel, einen Ort der hell und heil ist (ohne schmutzige Fensterscheiben und Magermodels als Schönheitsideale). EIn Ort der voller unvorstellbarer Schönheit ist.  Dort werde ich meine Oma wiedersehen.  Ich kann mir vorstellen wie sie dann auf mich zukommt und mich anstrahlt und sagt: "So etwas schönes hab ich noch nie gesehen!"  Und sie wird atemberaubend schön sein.  BEAUTY -FULL.

 Heute will ich an meine Oma denken und ich werde nicht shoppen gehen. Ich mache lieber eine kleine "Schönheitskur":
Ich will mir Zeit nehmen um mit meinem Herzen das Schönste anzuschauen was es für mich auf dieser Erde gibt - meinen Freund Jesus. 
Und ich will mich mit der Schönheit auffüllen, die mich umgibt - in unserem Garten, in dem Buch das ich gerade voll Begeisterung lese und in jedem Menschen dem ich heute begegne.
Das wird mich mehr erfüllen wie ein neues Kleidungsstück. Das weiß ich. 



schöne Dinge muss man manchmal lange anschauen!
der blühende Garten

das blühende Leben:-)
der schlafende Sohn auf dem Rücksitz und eine wunderschöne, vorbeifliegende Landschaft

und immer wieder: Schönheit  an Stellen, wo es nicht zu erwarten ist

Mittwoch, 14. Mai 2014

raus aus der "comfort -zone"

Gestern war ich mit Samu im Hallenbad.
Es war früher Nachmittag, der Sohn verweigert den (für die Mama so nötigen!) Mittagschlaf und die Zeit bis zum in`s-Bett-gehen ist noch in unendlich weiter Ferne. Da kommt mir die wunderbare Idee: wir könnten doch mal wieder schwimmen gehen.
Samu findet es klasse, bis das Hallenbad  in sichtweit kommt. "Ich will nicht!!!", ruft er. 
"Doch du willst", ist meine pädagogisch wertvolle Antwort und ich zerre ihn zur Kasse. Das Geschrei wird stärker. Enschuldigend sage ich zu der freundlichen Mitarbeiterin: "Er will eigentlich schon, aber er weiß es gerade nicht mehr." 
Sie lacht mich entspannt an und meint: "Ja, so Tage gibt es halt. Wir sind ja auch nicht immer gut drauf."
Danke Gott für freundliche Menschen
In den Umkleidekabinen bricht mir der Schweiß aus. Der kleine Sohn weint und weigert sich die Badehose anzuziehen. Ich versuche ihn festzhalten, mich gleichzeitig umzuziehen und ihn zu beschwichtigen.
"ICH WILL NICHT!" hallt es durch seinen persönlichen Vorraum zur Hölle. Ich spüre die Anwesenheit der anderen Badegäste die sich hinter den dünnen Wänden umziehen und wahrscheinlich den Kopf über diese Mutter schütteln, die ihr Kind zwingt in`s Wasser zu gehen. 
"Samu, dir wird es Spaß machen, ich weiß es!", versuche ich ihn, und mich, zu beruhigen. 
"Du wolltest doch hierher!", das war für die besorgten Mithörer hinter den Wänden. Nicht dass noch jemand das Jugendamt anruft.

Ich betrete den Badebereich (ohne vorher zu duschen!) und ziehe den widerstrebenden, wimmernden Sohn hinter mir her. Alle Augen sind, gefühlt, auf uns gerichtet (und das, wo ich mich eh schon unwohl fühle im Badeanzug!).
"Es gibt kein kleines Bädle!", ruft der verzweifelte Nichtschwimmer an meiner Hand. Mist. tatsächlich gibt es nur zwei Schwimmbecken, allerdings eins davon in dem ich stehen kann und das breite Stufen in`s Wasser hat.
Ich stelle seinen kleinen Eimer auf die oberste Stufe und setze mich daneben. 
Der Versuch ihn sanft in`s Wasser zu ziehen, scheitert erstmal kläglich. Er will einfach nicht. Jesus, hilf uns!
"Willst du erstmal einfach zuschauen?"; frage ich ihn. Samu nickt. Wir sitzen also auf den Stufen, das Wasser bedeckt gerade mal unsere Zehen und ich lasse ihm Zeit sich umzuschauen. Zur Not schauen wir einfach nur zu und gehen dann mit trockenen Badesachen wieder nach Hause, denke ich frustriert.
Aber, siehe da, ganz langsam fängt der Sohn an ein wenig mit dem Wasser zu spritzen. Er sieht einen kleinen Jungen und lacht ihn an. Er kommt eine Stufe tiefer in`s Wasser. Es macht ihm Spaß. Innerlich atme ich auf. Er lässt sich sogar vorsichtig ganz in`s Wasser ziehen. Auch wenn er sich an meinem Hals und dem Badeanzug festkrallt, dass ich fürchte zu ersticken oder mit zerissenen Stoffetzen am Leib aus dem Wasser zu kommen - es gefällt ihm.

Eine Stunde später plätschert ein fröhlich kreischender Junge mit seinen Schwimmfügeln (vor denen er sich bisher immer gefürchtet hat!) im Wasser neben mir.  
"Guck mal Mama, ganz alleine!", ruft er stolz.
Und ich bin auch stolz auf ihn.  Wir marschieren müde aber erfüllt wieder nach Hause (die Schreiattacke unter der Dusche will ich mal weglassen, das gehört halt einfach dazu). 
Am Abend schaffen wir es kaum noch das "Zugbüchle" anzuschauen. Beim Inter-Regio auf Seite 8 fallen ihm die Augen zu. Ich blicke auf den friedlich schlafenden Sohn und sehe noch einmal das Bild vor mir wie er fröhlich neben mir im Wasser rudert. 
Er hat seine Angst überwunden, Schritt für Schritt. Im englischen nennt man das die 
"comfort -zone" verlassen - die Zone wo wir uns wohlfühlen, die uns vertraut ist.  Und am Ende hat er etwas neues, tolles erlebt. Etwas was er vorher noch nicht konnte. Etwas was er morgen früh begeistert seinem Papa erzählen wird.

Ich frage mich, wann ich das letzte Mal meine "comfort -zone" verlassen habe? 
Wann habe ich meine Angst und meine Befürchtungen überwunden und habe dadurch neue Erfahrungen gemacht?  
Leider fällt mir spontan nicht so viel ein. ich muss etwas weiter zurückgehen: die Reise zu einem Reunion nach Kopenhagen etwa. Oder das ehrliche Gespräch mit einer Freundin, um etwas zu klären, was zwischen uns stand. Oder der Nachmittag im Garten, an dem ich herzklopfend meinem Mann etwas anvertraut habe was ich noch nie jemand erzählt habe, das aber jahrelang wie ein dunkler Schatten auf meiner Seele lag. Oder den Besuch bei einer Freundin die ich über ihren wunderbaren Blog kennenlernen konnte (sie berichtet hier darüber)
Ich bin tatsächlich ein paar Mal aus meiner "comfort zone" herausgetreten und in`s Wasser gehüpft. Und ich wurde jedes Mal reich beschenkt:
Ich habe wunderbare "alte Freunde" getroffen, eine Freundschaft wurde vertieft, eine lang getragene Last fiel von meiner Seele, eine neue Freundschaft wächst und mit ihr, viel unerwarteter Segen. 

Ich glaube ich bin nicht kein sehr mutiger Mensch. Ich möchte schon gerne neues erleben aber eigentlich will ich lieber da bleiben wo ich mich wohlfühle.
Aber ab und zu will ich meine sicheren Kreise verlassen, wenn ich merke: Hier fordert mich das Leben auf zu wachsen, weiter zu gehen wie ich bisher gekommen bin. Jetzt kann ich etwas neues erleben, etwas mutiges sagen oder etwas ausprobieren, was ich schon immer mal gerne tun wollte. 

Man kann und muss diese Momente nicht erzwingen, aber wenn sie da sind, dann will ich nicht davonlaufen.  Ich ahne: es gibt noch viele unbegangene Wege, unentdeckte Gaben, unbekannte, wunderbare Menschen - da draußen warten noch eine Menge Geschichten auf uns, die gelebt werden wollen.


Wachstum liegt außerhalb der "comfort zone". Es muss ja nicht die "Panik-zone sein:-)


Ich weiß es: er liebt das Wasser!


Montag, 12. Mai 2014

was in mir ist.

Heute ist Montag und ich starte so müde und erschöpft in diese Woche.
Eigentlich will ich einen fröhlichen, aufbauenden Blogeintrag für euch schreiben, ein paar nette Bilder posten...aber in mir fühlt es sich überhaupt nicht fröhlich und nett an. 
"Dann reiß dich zusammen, hör auf rumzujammern. Erinnere dich an alles Gute was dir gegeben wird, du hast soviel Grund dankbar zu sein", weist mich eine innere Stimme zurecht. Und ja, recht hat sie. Aber da ist noch eine Stimme, leiser, ruhig und und ganz freundlich. Sie sagt mir: "Ich weiß, du bist müde. Komm her zu mir- so wie du bist. Ich will dich erfrischen, ich will dir Ruhe geben für deine Seele." 

Es erinnert mich an eine "Malstunde" auf der Kur, im letzten Frühjahr. Wir sollten einfach ganz frei malen und uns ausdrücken und ich habe angefangen ein dunkles Meer zu malen, dunkelblau bis schwarz...ein wenig Mondschein vielleicht, der sich auf der Wasseroberfläche spiegelt, mehr sollte nicht sein.
Mein Blick ging zu den anderen Teilnehmern die neben mir malten. Sie griffen nach hellen Farben, hier entstand eine fröhliche Blumenwiese, da eine helle Landschaft, dort ein großer bunter Regenbogen...
Ich sah auf meine düstere Zeichung und hatte plötzlich das Gefühl: da ist was falsch. Um dem ganzen die düstere Stimmung zu nehmen, malte ich noch einen Sonnenuntergang an den Horizont. 
Die Kunsttherapeutin betrachtete am Ende das Bild mit mir. "Und, sind sie zufrieden?", fragte sie mich.
Ich schaute mein Bild an und sagte ehrlich: "Nein, es gefällt mir nicht. ich wollte es eigentlich anders machen, ich wollte die Nacht malen und habe mich umgeschaut und gedacht: es ist zu düster und dann habe ich die bunten Farben dazugenommen. Aber es passt nicht."
Ihre Antwort war ein Schlüsselsatz für mich, der mich seither begleitet:
"Sie haben das gemalt was, ihrer Meinung nach, in ihnen sein sollte und nicht das, was in ihnen ist."

Ich weiß, ich habe manchmal das Problem, dass ich in meinen düsteren Gedanken "versinken" kann. Das ist auch nicht gut.  Aber ganz oft ist es so, dass ich sie nicht anschauen mag und wegdrücken will und denke es ist irgendwie falsch was in mir ist. 
"Seid allezeit fröhlich, seid dankbar in allen Dingen..."- Sätze wie diese tauchen aus dem Zusammenhang gerissen in mir auf und drücken mir ungeduldig die farbigen Stife in die Hand um das Dunkel in mir zu übermalen und zu korrigieren.
Aber ganz langsam merke ich, dass Gott kein Künstler ist der mein Dunkel einfach schnell übertünchen will. Er arbeitet mit den Farben die in mir sind, er schafft ein Kunstwerk mit dem was da ist.
Vielleicht wirkt es im Moment etwas düster und grau, aber wenn ich einen Schritt zurücktrete um es zu betrachten - mein Dunkel und der warme Mondschein über dem Wasser...dann kann ich sagen: "Genau so ist es richtig."

Und ich versuche die drängende Stimme mehr zu ignorieren, die mir sagen will, dass etwas falsch ist, und höre auf das leise Flüstern das mir heute morgen gesagt hat: 
 "Ich weiß, du bist müde. Du hast die letzten Nächte so schlecht geschlafen, du hast tagsüber versucht zu funktionieren und eine gute Mutter zu sein, obwohl du am liebsten in den Wald gerannt wärst, um dich dort auf den Boden zu legen und zu schlafen.
Komm zu mir, so wie du bist. Du musst heute keine Hochleistung vollbringen, du musst nicht die Welt aus den Angeln heben. Fürchte dich nicht...nicht vor den Anforderungen dieser Woche und nicht vor dem Dunkel in dir. Ich bin da. Ich liebe Dich. Ich helfe Dir".
Diese Stimme meint es unendlich gut mit mir. Wenn ich ihr zuhöre breitet sich langsam Frieden in mir aus.

Mein gleisendes Mondlicht über dem Dunkel...wie froh bin ich, dass ich zu dir gehöre.

Donnerstag, 8. Mai 2014

Einen Moment um zu feiern.

Ich sitze vor dem Computer und mir laufen die Tränen über`s Gesicht -  vor Freude!
Gerade habe ich eine mail von Johannas Mama bekommen: Das kleine Mädchen ist seit zwei Tagen zuhause!!!
Was für eine schwere Zeit liegt hinter der Familie. 
Wie haben wir alle zusammen um das Leben von Johanna gebangt, gehofft und gebetet. Und jetzt liegt sie friedlich daheim im Stubenwagen und strahlt ihre Schwester an.

Beim Abschied im Krankenhaus gab es auch Tränen - eine Krankenschwester auf der Intensivstation, die Johanna besonders in`s Herz geschlossen hat, weinte vor Erleichterung und der Arzt hatte beim Abschlussgespräch wohl auch immer wieder Tränen in den Augen. All das zeigt, in welcher Gefahr dieses kleine Leben war. 

Und jetzt? Ihre Mama schreibt:
"Johanna freut sich einfach zu leben. Sie weint kaum, ist oft nur dankbar geliebt und versorgt zu werden, ob sie nun mal eine Weile alleine in Stubenwagen liegen muss oder nicht, ist egal, sie schaut sich dann halt ihr Moblie an und freut sich am Leben."



Die Wegstrecke die vor ihr und der Familie liegt ist sicher nicht einfach. Es wird nochmal eine kleinere OP auf sie zukommen, die Organe müssen sich nun erholen, die Nahrung muss vertragen werden und und und.
Aber über dem allem ist heute einfach eine große Erleichterung und Dankbarkeit.

Mit diesem Blogeintrag will ich mit euch zusammen feierlich eine Kerze aufstellen, einen Moment ganz stillhalten und "Danke Gott" flüstern. Johanna lebt.


Und ganz herzliche Grüße von den Eltern von Johanna und sie danken allen von Euch die mitgebangt und mitgebetet haben. DANKE.

Dienstag, 6. Mai 2014

Wir bleiben dran (und ich bin nicht Jesus!).

Heute hat der kleine Sohn weinend die KiTa betreten.
Eigentlich dachte ich, dass wir diese Hürde geschafft haben und er gerne dorthin geht. Vor zwei Wochen hat er sich noch strahlend von mir verabschiedet und ist in den Gruppenraum gehüpft.
Seit einigen Tagen aber hängt er wieder schluchzend an mir und will nicht dort bleiben.
Die Erzieher versichern mir, dass es normal ist und es immer wieder Phasen gibt, die schwierig sind. Also lasse ich das weinende Kind schweren Herzens in ihrer Obhut und hoffe, dass diese Phase bald vorbei ist.

Und dann schaue ich mein Leben an und merke: bei mir ist das ja auch so!
Immer wieder gibt es DInge mit denen ich kämpfe von denen ich dachte ich hab sie geschafft, ich hab es verstanden, ich hab mich verändert...und dann falle ich in alte Verhaltensmuster zurück und es scheint mir, als hätte ich alles wieder verloren.

An meinem Geburtstag habe ich einen Brief gefunden, den ich vor zwei Jahren aus meiner Kur an mich abgeschickt habe. Das war eine Aufgabe, die man uns dort zum Schluss gegeben hat. Wir sollten das was uns wichtig wurde und was wir in den drei Wochen gelernt haben aufschreiben und als Brief an uns schicken. 
Beim Lesen des Briefes, zwei Jahre später, habe ich bei vielem gemerkt: Mensch, das habe ich ja wieder vergessen und daran halte ich mich auch nicht mehr... und da sind die guten Erkenntnise die ich eine zeitlang in die Tat umgesetzt habe und dann irgendwo auf der Strecke wieder verloren habe. Und ich merke wieder wie wichtig es ist, dass ich an den Dingen dran bleibe die mir wichtig sind und die ich lernen will.

Am Sonntag habe ich bei uns in der Gemeinde im Kinderdienst Wasser in Wein verwandelt.
Das heisst, ich habe versucht die Kinder ein wenig auszutricksen. Ich habe die Geschichte von der Hochzeit in Kanaa erzählt, in der Jesus das Wasser zu Wein gemacht hat, damit die Party weitergehen konnte. Vorher habe ich ein Kind eingeweiht und es hat mir geholfen, die Wasserflasche in einem unbeobachteten Moment auszutauschen mit einer identisch aussehenden Saftflasche. Vor den staunenden Kinderaugen kam dann Traubensaft aus der vermeintlichen Wasserflasche. Ein kleines Mädchen flüsterte ehrfürchtig vor sich hin: "Das ist ja Magie!" :-).



großes Staunen - auch bei Samu
Ich habe einen Moment lang ihre Bewunderung genossen, aber irgendwie wollte ich sie nicht in dem Glauben  lassen, dass ich sowas kann und habe dann gesagt: "Es war natürlich nur ein Trick. Ich bin ja nicht Jesus!" .
"Ich bin nicht Jesus!", der Satz hallt in mir nach. Es ist mein altes Problem, dass ich denke ich muss die Welt retten. Ich fühle mich für alles und jeden verantwortlich, sogar für das Wetter! Ich ignoriere meine Grenzen und will da sein, wenn man mich braucht. Ich will ja schließlich wie Jesus sein (und die Bewunderung die man dafür bekommt ist auch ganz schön:-)).
Aber ich bin nicht Jesus-  ich bin Christina, die Jesus nachfolgt und Menschen enttäuscht und nicht immer das geben kann was sie brauchen.
Ich will lernen für mich zu sorgen, zu spüren wo meine Kraft aufhört und dass eine Not der ich begegne, nicht gleichzeitig ein persönlicher Auftrag an mich ist. Das ist für mich ein langer Prozeß. Manchmal glaube ich, dass ich schon einiges gelernt habe und dann falle ich wieder in alte Verhaltensmuster zurück und denke völlig frustriert: das lerne ich nie! Ich dachte ich bin schon viel weiter...
Aber ich will nicht aufgeben. Und es gibt auch kleine Fortschritte: Manchmal spüre ich schon vorher wenn ich mich überfordere (und nicht erst hinterher) und ab und zu kann in einigen Situationen schon viel besser "Nein" sagen. Und ganz langsam verstehe ich das Leben nicht als einen endlosen Auftrag an mich sondern als das Geschenk, das es ist.  

Ich denke an den weinenden Sohn und an das, was mir immer wieder so schwer fällt  und vielleicht müssen wir alle ab und zu daran erinnert werden:
Manches im Leben ist überhaupt nicht einfach. 
Manchmal denkt man, man hat es gepackt und dann fällt es einem wieder richtig schwer.
Manchmal muss man einfach eine zeitlang weiter das Richtige tun um zu merken: das ist es, was ich eigentlich wirklich will. Auch wenn es mir heute schwerfällt, morgen wird es vielleicht schon viel leichter sein. Auch wenn ich immer wieder hinfalle - langsam komme ich doch vorwärts. Und wenn ich etwas verloren haben, dann will ich es mir wiederholen! 

Gerade kommt Samu von der KiTa zurück. "Und, war es schön?", frage ich.
"Ja", sagt er und strahlt.
Wir können es schaffen. Das weiß ich.


Freitag, 2. Mai 2014

kleine Geste - große Wirkung!

Gestern habe ich bei einer meiner Lieblingsbloggerinen Chrissy aus Californien gelesen. Manche von euch haben sie vielleicht auch schon entdeckt - sie schreibt so herrlich ehrlich über ihr Leben mit ihren zwei kleinen autistischen Jungs. Für mich ist sie eine wahre Heldin! Sie hat folgendes geschrieben: 

" I`m easy with God, but have a hard time with church."Ich versuche zu übersetzen:
"Mit Gott fällt es mir leicht, aber ich tue mich schwer mit der Kirche. Es ist dort so leise und wir sind so laut, alles - meine Jungs und auch meine Gedanken. Ich versuche so sehr zuzuhören, zu singen, im richtigen Moment aufzustehen, mich zu setzen  und hinzuknien. Und dann sehe ich schöne, leuchtend rote Schuhe und ich schaue die schönen leuchtend roten Schuhe an. Und ich sehe ein kleines Mädchen und bewundere sie wie süß sie ist und wie gut sie sich benimmt. Dann werde ich sauer, dass sie sich so gut benimmt und ich möchte zu der Mutter gehen und sagen: wissen sie eigentlich, wie glücklich sie sein können dass sich ihre Tochter so gut benimmt? Aber ich tue es nicht weil ich ja nicht durchgeknallt bin. Stattdessen erinnere ich mich daran, dass ich eigentlich zuhören sollte und ich werde sauer auf mich und versuche mich zu konzentrieren und dann mache ich doch wieder alles falsch."

Deshalb , so schreibt sie, geht sie lieber mit ihren Jungs unter der Woche zur Kirche, wenn sonst niemand da ist und sie nichts falsch machen kann und ihre Kinder niemand auf die Nerven gehen. Einfach weil sie spontan bei Gott vorbeischauen will. Ich finde sie macht das ganz richtig. Aber ich finde es auch ein wenig traurig, dass sie sich im Gottesdienst so fühlt, als würden sie dort nicht hinpassen.

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Bild von Chrissy - ihr kleiner Sohn in der Kirche

Mir fiel beim Lesen von Chrissys Gedanken eine meiner Lieblingsgeschichten ein. 
Ich weiß nicht mehr wo ich davon gehört oder gelesen habe, aber sie ist irgendwo in Amerika in einer bürgerlichen, traditionellen Kirche passiert:
Der Gottesdienst war kurz davor zu beginnen, da öffnete sich die schwere Eingangstür und ein Hippie kam mit seinem Gepäck herein. Er sah sich kurz um - die Kirchenbänke waren gut gefüllt, also ging er kurzerhand auf den freien Platz vor dem Altar und setzte sich dort auf den Boden. Einer der Ältesten stand sofort auf um auch nach vorne zu gehen. Die Leute hielten den Atem an, weil sie befürchteten, dass er den jungen Kerl zurechtweisen würde oder sogar rausschmeissen könnte.
Aber der alte Mann ging neben dem jungen Hippie auf die Knie und setzte sich zu ihm. Sie lobten Gott an diesem Sonntag gemeinsam, nebeneinander auf dem Boden sitzend.

Ich liebe diese Geschichte!!!

Und ich wünschte Chrissy hätte in ihrer Kirche so einen Ältesten, der sich neben ihren autistischen Sohn knien würde, wenn dieser aus der Bank schlüpft und nach vorne rennt, um mit wedelnden Fingern den Lichtstrahl der Kirchenfenster aufzufangen. 
Manchmal braucht es so einen Moment der Gnade, in dem jemand bereit ist, etwas ungewöhnliches zu tun, damit sich jemand willkommen fühlt, der nicht sicher ist ob er wirklich dazugehört.  

Es  muss auch nichts großes sein- sondern es kann eine kleine, ehrliche Geste sein:
Ein herzliches Lächeln zur Begrüßung, ein Stuhl der zurechtgerückt wird, eine Tasse Kaffee, ein verständnisvolles Nicken, ein hingehaltenes Taschentuch das plötzlich im verschwommenem Gesichtsfeld auftaucht. Oder ein freundlicher Blick auf mein quengelndes Kind wenn ich, innerlich aufgelöst, überlege ob er alle stört und ich sofort rausgehen soll, oder ob er sich wohl gleich beruhigt. Jemand der mir zeigt: ich bin willkommen, mit dem ganzen Chaos das ich mitbringe. 
Diese kleinen freundlichen Gesten, so unscheinbar sie für uns auch sein mögen, können manchmal viel entscheidender sein, als die Worte, die von vorne gesprochen werden. 

Ich bin total dankbar für meine Gemeinde. Ich glaube bei uns kann man nicht ganz so viel falsch machen, weil oft sowieso schon vieles schräg läuft. Ein Obdachloser sagte mal zu mir:
"Bei euch fühle ich mich wohl, ihr seid genauso fertig wie ich!" Zuerst musste ich etwas schlucken, aber dann fand ich es irgendwie auch ein Kompliment :-).
Wir haben uns mit ihm "auf den Boden gesetzt " und Gott gemeinsam angebetet,  so unfertig und chaotisch wie wir sind.
Das tun wir längst nicht bei allen, ich weiß dass manche auch traurig wieder gehen, mit dem Gefühl nicht willkommen zu sein.

 Ich kann gerade nicht so viel tun und beitragen zu unserem Gemeindeleben. 
Oft bin ich so erschöpft wenn ich Sonntags dort ankomme, dass ich mich von allem überfordert fühle.
Aber "eine kleine freundliche Geste" - das könnte ich vielleicht schaffen wenn ich merke: da ist jemand der nicht sicher ist ob er hierher gehört. 
Vielleicht kann ich mich einfach neben ihn auf den Boden setzen, mit meinem wilden Sohn und dem Chaos in mir und wir können gemeinsam von dort Gott anbeten.  
In zwei Tagen ist Gottesdienst - ich will versuchen meine müden Augen offen zu halten...