Mittwoch, 29. Juni 2016

Sehenswürdigkeit.

Zur Zeit laufe ich mit einem dicken Verband am Knie durch die Gegend. Weil die Gesundheits-Mühlen für Kassenpatienten ein bisschen langsamer mahlen kann ich mir erst nächste Woche die Diagnose bei meinem Orthopäden abholen. Bis dahin humple ich mehr oder weniger durch die Tage. Meistens geht es auch ganz gut.
Wegen dem sichtbaren Verband werde ich nun öfters auf mein Knie angesprochen. Besorgte, freundliche Nachfragen. Und - wenn ich durch frommes Gelände humple - das Angebot für mein Knie zu beten. Natürlich freut mich das. Aber vor einigen Tagen war es etwas anders:
Es war einer dieser Tage an denen ich schon total entmutigt aufgewacht war. Meine Negativ-Gedankenspirale war dabei mich ganz tief nach unten zu ziehen. Ich war von ein paar Sachen einfach so zermürbt und müde und ich habe mir so sehr eine Ermutigung von Gott gewünscht. Und tatsächlich: an einem Ort wo ich es überhaupt nicht erwartet hätte, kam jemand auf mich zu und fragte ob er für mich beten darf! Wow. Wie hatte dieser Mensch gespürt dass es mir so schlecht ging? Ich war kurz davor in Tränen auszubrechen. Ich wollte noch ein paar erklärende Worte zu meinem Zustand sagen, da ging der andere schon vor mir in die Hocke und legte die Hände auf mein Knie. Ich war verblüfft. An mein Knie hatte ich an diesem Tag noch gar nicht gedacht. Es war nicht wirklich mein Problem. Nun wurde aber inbrünstig für mein Kreuzband gebetet. Es war nett, aber ich fühlte mich wie in meinen Krankenschwesternzeiten: Schau mal nach dem Kreuzband auf Zimmer 3 und frag auch gleich die Gallenblase ob sie heute schon abgeführt hat. Irgendwie fühlte sich der Rest von mir kläglich vergessen.

Es geht mir nun überhaupt nicht darum meinen wunderbaren Beter fertig zu machen. Er hat einfach das Naheliegende getan, so wie ich es auch schon oft getan habe. Aber plötzlich frage ich mich: Wie oft habe ich wohl schon für das Offensichtliche gebetet und trotzdem irgendwie voll daneben gehauen?

Eine Freundin von mir sitzt im Rollstuhl. Sie hat mir schon gesagt: "Dem Nächsten der auf mich zukommt und - ohne zu fragen - für mich betet, dass ich wieder laufen kann, werde ich eine reinhauen." Und ich kann sie plötzlich ganz gut verstehen. Wenn sie in Gottesdiensten nach vorne rollt um für sich beten zu lassen (was sie schon lange nicht mehr tut) wird nicht lange gefragt was sie braucht. Und - keine Frage: sie würde sich über ihre Heilung freuen, aber ich glaube es gibt ein paar andere Dinge die sie vielleicht viel nötiger brauchen würde. Zum Beispiel: wirklich ANGESEHEN ZU WERDEN. 

Mich hat es immer wieder erstaunt, dass Jesus die Menschen die zu ihm kamen gefragt hat: "Was willst du das ich dir tun soll?" HALLO? Da steht ein Blinder, da liegt ein Lahmer vor ihm auf der Matte und er fragt: "Was soll ich für dich tun?" Und plötzlich verstehe ich es. Jesus sieht den Menschen an. er schaut über das Naheliegende hinweg. Er fragt: Was brauchst du wirklich? Was quält dich? Welche Stelle, von den vielen an denen du Heilung brauchst, soll ich jetzt anrühren?
Und manchmal kommt es mir so vor als wäre die äußerliche Heilung, das offensichtliche Ding, irgendwie etwas was nebenher passiert aber nicht der Hauptfokus von Jesus. Er flüstert dem Gelähmten zu, dass seine Schuld vergeben ist. Er berührt den Leprakranken, der seit Jahren aus Ekel und religiöser Überzeugung von niemand mehr umarmt oder auch nur angefasst wurde. Er holt den blinden Bettler aus seiner Opferhaltung und ehrt ihn damit in dem er ihn zu seinem Nachfolger macht. Jesus sieht uns an. In der tiefsten, heilendsten, besten Bedeutung dieses Wortes. Der Gott der uns sieht. In Gottes Augen ist jeder von uns eine Sehenswürdigkeit! Etwas ganz besonders. Einzigartig. Würdig richtig angeschaut zu werden.

Ich wünsche mir diesen Blick. Ich brauche ihn für mich. Deshalb habe ich gestern mal wieder einen ruhigen Abend eingelegt (war ja kein EM-Spiel:-)) und habe mich einfach von Jesus anschauen lassen.   Und es hat sooo gut getan. Er weiß einfach was ich brauche...
Und ich wünsche mir diesen Blick für andere. 
 Ab und zu muß ich an das denken, was Mike Pilavachi, mein Lieblingsgrieche, in einem Heilungsseminar zu uns - einer Schar von enthusiastischen junge Christen - gesagt hat (ist schon etwas länger her:-)): "Wann immer ihr für Leute betet - es geht nicht in erster Linie darum, dass sie geheilt weggehen sondern dass sie geliebt weggehen." Und das ist doch das, was uns am Ende wirklich heil macht


I`ve learned that people will forget what you said, 
people will forget what you did,
but people will never forget how you made them feel.
Maya Angelou  
  

Donnerstag, 23. Juni 2016

Wow.



Wir haben Heios Geburtstag gefeiert und einen schönen Nachmittag auf Omas "Stückle" verbracht. Für alle Nicht-Schwaben: dabei handelt es sich um ein kleines Stück Garten am Ortsrand in dem sich der Schwabe Ruhe und Erholung erhofft und die meiste Zeit des Jahres dafür schwer arbeitet, dass es auch schön gepflegt aussieht. Heute zwingen wir die Oma einfach nur hinzusitzen und ihr Stück Land zu genießen. (NEIN, die Zweige schneiden wir jetzt nicht! Nimm noch einen Kuchen.)




Ich sitze in der Hollywoodschaukel (Leute, wann haben wir vergessen wir glücklich uns diese Teile in den 80-er Jahren gemacht haben?!) genieße Omas leckeren Erdbeerkuchen, und ich sehe Samuel beim Spielen zu Ich muß daran denken was Annie Dillard "das Sehvermögen den kleinen Dinge"  nennt. In einem ihrer Romane lässt sie Noah, einen 70-jährigen Einsiedler der in einer Hütte der Appalachen wohnt, sagen:

Einmal, als die Kinder noch klein waren, schaute ich zum Fenster hinaus und sah, wie die Kinder am Fluss spielten...sie spielten mit Eimern, gossen Wasser aus und gruben die Füße in den Sand ein. Ich sagte mir: Noah, nun versuch dir dies Bild einzuprägen, die Kinder, noch so jung, wie sie diesen Morgen dort am Fluß spielen. Präg es dir ein." Und ich kann mich daran erinnern, als wäre es heute Morgen gewesen. Es muss im Sommer gewesen sein. Dazwischen sind noch einmal zwanzig Jahre an die ich mich überhaupt nicht entsinnen kann.    (aus teaching a stone to talk).

 Ich sehe Samu und Heio zu und versuche mir selbst zu sagen: "Christina, schau genau hin. Präg dir diese guten Momente ein!" Ich schaue mich um mit einer Intensität als würde ich kurz vor der Matheprüfung nochmal die wichtigsten Aufgaben durchblättern. Weil ich zunehmend erkenne ich wie kostbar diese Momente sind. Eine wunderbare Wegzehrung auf dem Weg durch unsere Welt. 
 





 Mir gefällt so sehr was Glennon Doyle Melton in ihrem Buch über "Carpe Diem" schreibt (hier habe ich auch schon darüber geschrieben): Es sind meistens nicht die ganzen Tage die einfach nur gut sind und die wir genießen können - es sind die kleinen Momente, die Augenblicke wo wir, mitten im täglichen Chaos innehalten und plötzlich etwas wirklich, richtig sehen. Vielleicht etwas was eigentlich schon den ganzen Tag da war. Aber jetzt SEHEN wir es. 

So wie heute morgen: Ich gebe Samuel sein Antibiotika (den "Kampfsaft" wir wir ihn nennen:-)) und plötzlich SEHE ich es: Antibiotika! Was für ein Segen!!!! Danke Gott und danke Sir Alexander Fleming! Mein kleiner Sohn würde ohne diesen Saft richtig heftig krank werden.

Ich bringe Samu in die Kita. An seinem Kleiderhaken hängt eine kleine Tüte. Darin sind Gewürzkräuter aus dem Garten seiner Erzieherin. WOW. Ich rieche mit Samuel daran und freue mich, dass im Garten von Samus toller Erzieherin so viele Kräuter wachsen und sie an uns gedacht hat.


 Auf dem Weg nach Hause halte ich noch kurz am Erdbeerstand. Und - Ihr ahnt es  :-)- ich denke WOW! Was für wunderbare Früchte! Und ich habe noch genug Geld dass ich ein Schälchen davon kaufen kann und wir heute mittag die süßen Früchte genießen können.


Und ich muß an den Moment gestern Abend denken: Es ist schon spät, ich bringe Samu in`s Bett, räume schimpfend noch ein paar Autos aus dem Weg, jage ihn zum Zähneputzen und auf`s Klo, dann will er noch trinken und er weint weil die Geschichte die ich ihm vorlese zu kurz ist und ich bin total genervt und will eigentlich nur noch meine Ruhe - und plötzlich SEHE ich es: Mein kleiner Sohn. Ich glaube ich habe ihn den ganzen Tag nicht richtig angeschaut. Ich rieche in sein Haar, streichle über sein Gesicht und sage ihm: "Samu, ich bin so froh, dass ich dich habe!" Und er strahlt und sagt: "Du bist die allerbeste Mama. Aber vergiß es nicht!" Nein. Ich will das alles nicht vergessen. Auch wenn mir irgendwann die zwanzig Jahre dazwischen fehlen - diese Momente will ich mir einprägen.

Anne Lamott schreibt darüber, dass die zwei Worte WOW und AWE (Staunen) so ähnlich sind - sie könnten zusammen tanzen. 
Staunen kann man ja eigentlich nicht selbst produzieren. Das  "WOW" überkommt einen. Aber ich glaube man kann das  Sehvermögen für die kleinen Dinge ein wenig schulen. Wenn wir uns in den ruhigen Momenten die Zeit nehmen um richtig hinzuschauen und uns das Gute einzuprägen das uns umgibt. Das meistens einfach ganz still da ist. Das ich viel zu oft viel zu selbstverständlich nehme...



Gestern hat mich eine Freundin, die ich länger nicht gesehen habe, gefragt: "Und, was gibt`s bei euch neues?" Diese Frage bringt mich immer etwas in`s Stolpern. Wenn wir nicht gerade ein Haus gekauft haben, eine neue Schwangerschaft zu verkünden ist oder mein Buch für den Pulitzer-Preis nominiert wurde (alles SEHR unwahrscheinlich!)  fällt mir erstmal nicht so viel ein.
Aber vielleicht könnte ich einfach sagen: "Neues gibt es nicht viel. Aber, meine Güte, es gibt SO VIEL Gutes! Schau mal: Heios Hochbeet! Schau mal: unser gefüllter Kühlschrank. Schau mal: die tollen Wolken am Himmel." Wow.


 "Wow" means we are not dulled to wonder. 
Anne Lamott

"Wow" zeigt wir sind den Wundern gegenüber nicht abgestumpft.

Mittwoch, 15. Juni 2016

und manchmal ist doch die Zeit dafür den Mund aufzumachen!

Nun habe ich gerade erst meinen letzten Beitrag geschrieben und dachte ich lasse den Rest der Woche hier schweigend verstreichen, da merke ich, dass ich doch nochmal in die Tasten hauen muß:
Ich habe geschrieben, dass ich eigentlich nicht die Art von Zeit habe mich über die Ansichten von anderen Christen zu ärgern - und das meine ich auch so. Da würde ich mich nur noch mit anderen, anstatt mit meinen eigenen Problemen beschäftigen :-).
Aber manchmal muß man eben doch den Mund aufmachen und Stellung beziehen. Fast hätte ich es nicht getan. Dann habe ich heute morgen die Worte auf sheloves.com gelesen:

Wenn wir eine schwierige Situation wahrnehmen eine problematische Predigt hören oder Ungerechtigkeit wahrnehmen dann sollten wir den Mund aufmachen. Es ist es Wert Dinge laut zu äußern, auch wenn wir nicht erwarten können, dass man uns ernst nimmt (und der andere sich ändert).    H. Calagari
                                                                                                          
Als konfliktscheuer Mensch muß ich das hören. Und ich hab mich seufzend daran gemacht diese e-mail an eine Gemeinde zu schreiben, die ich eigentlich total mag:

Liebe Mitarbeiter!
Ich war mit meinem 5-jährigen Sohn auf ihrem Kinderfest und habe es sehr genossen. Vielen Dank für die Liebe und die Mühe die sie investiert haben! Mein Sohn redet immer noch begeistert von "der Party" :-).
Allerdings fand ich eine Sache sehr bedenklich:
In den Familiengottesdienst wurde für die Kinder einen Aufruf gemacht. Es wurde gefragt wer ein Geschenk von Gott annehmen will und- natürlich!- gingen bei fast allen Kindern die Hände hoch. Welches Kind würde zu einem Geschenk nein sagen? Dann sollten die Kinder ein Gebet zur Lebensübergabe nachsprechen (Jesus komm in mein Herz, ich nehme dein Geschenk an...) . Die Kinder haben gehorsam die Sätze mitgebetet. Weil kleine Kinder das so machen wenn Erwachsene sie darum bitten.
Um es deutlich zu sagen: Ich bete, dass mein kleiner Sohn Jesus in sein Leben aufnimmt und dass er ein Nachfolger von ihm wird. Aber ich bin nicht glücklich darüber wenn er Sätze wie eine magische Formel nachspricht die er nicht versteht - in der Hoffnung irgendein Geschenk zu bekommen.
Ich hatte den Eindruck es ging den Mitarbeitern in diesem Moment darum, dass die Kinder jetzt etwas richtiges sagen. Aber viel wichtiger - und auch jesusmässiger - finde ich, dass die Kinder die Sache mit Jesus langsam aufnehmen, durch Geschichten aus der Bibel und gelebten Vorbildern. Dass sie verstehen lernen was Nachfolge bedeutet.  Und dann, in einem Moment, wenn sie das von sich aus wollen (!) - wann immmer das auch ist - sagen können: Ich will Jesus in meinem Leben haben. 
Ich bitte sie darüber nachzudenken und vielleicht in einem zukünftigen Kindergottesdienst meine Gedanken zu berücksichtigen.Vielen Dank.
Ganz viel Segen weiter für sie, ihre Gemeinde die uns immer wieder ein großer Segen ist!
In Jesus verbunden, Christina Schöffler

Ich rechne nicht damit eine Antwort zu bekommen und ich weiß nicht wirklich ob diese mail etwas ändern wird. Wäre toll - aber letztendlich geht es mir nicht darum. Es geht darum, dass ich lerne meinen Mund aufzumachen wenn ich eine problematische Situation wahrnehme die vielleicht für andere schädlich sein könnte. Oder wenn in meiner Gegenwart Worte fallen die andere runter machen, manipulieren, beschämen oder beleidigen.

Manchmal muß man aufstehen und rausgehen. 

Manchmal eine mail schreiben. 

Manchmal deutlich sagen: Das sehe ich anders. 
 Oder: "Bitte reden sie so nicht über Ausländer, das will ich nicht hören" (ging mir neulich an der U-Bahn Haltstelle so). 

Manchmal muß man sich eben doch ein bisschen einmischen. Nicht immer. Nicht jeder Mist muß kommentiert werden. (Dummheit spricht ja oft für sich selbst) Aber manches kann und will ich nicht mehr einfach so stehenlassen. Dann klopft mir mein Herz bis zum Hals (und langsam lerne ich dieses Klopfen in Zusammenhang mit Gottes Herzschlag zu bringen). Ich merke: JETZT. Jetzt ist die Zeit den Mund aufzumachen. Und diese Art von Zeit will ich mir dann nehmen.

Dienstag, 14. Juni 2016

this one precious life...

Im Haushalt Schöffler gab es schon die erste EM- Verletzung:
Ich kam gerade aus der Röhre die mir Magnetwellen durch mein Knie gejagt hat (was für ein Segen ist es, dass es so eine Methode zur Diagnostik gibt!)  da klingelte mein Telefon: Die aufgeregte Stimme von Heio, im Hintergrund ein entsetzliches Geschrei, irgendwas von Trompete, Zunge und Blut. (Trompete? Ich wusste gar nicht, dass Samu eine Trompete hat!) Ich gab die knappe Anweisung: "Kind beruhigen, bin gleich da."
Am Ende stellte sich heraus, dass Zungenbändchen völlig überbewertet werden und dass Eis eine ganz hervorragende Methode ist um ein Kind zu beruhigen und Blutungen im Mund zu stoppen. Blöde Fan-Artikel. Heute morgen steht die Tröte schuldbewusst in der Ecke.



Und in dem ganzen Durcheinander hab ich heute die Aktion "gesundes Frühstück" von der Kita vergessen. Auf die erwartungsvolle Frage der Erzieherin wo wir die Gurke haben ist mir ein lautes "Scheisse" rausgerutscht. VOR DEN KINDERN! Die lieben Erzieher meinten es ist nicht ganz so schlimm (das mit der Gurke), trotzdem hatte ich das Gefühl mit einem so großen LOOSER-MAMA-Schild vor meinem Kopf nach Hause zu fahren, dass ich nur ganz knapp durch die engen Passagen vom Fahrradweg gepasst habe.

Aber nochmal zu gestern Abend: Nach Fußballschauen war`s mir nicht mehr, stattdessen bin ich an einem tollen Interview mit Anne Lamott hängengeblieben. Ich liebe diese wunderbare Schriftstellerin! Ihr Humor, ihre Art das Leben zu sehen und darüber zu schreiben. Ich habe schon viel von ihr gelesen und angehört. Immer mal wieder fällt der Satz:  You just don`t have that kind of time. Diese Art von Zeit hat man einfach nicht. Meistens war es die Antwort auf eine Frage ob sie sich um dieses oder jenes Gedanken macht und ich fand diesen Satz so entspannend. Und so wahr.
Im Interview erfuhr ich von wem sie diesen Satz hat: Ihre beste Freundin Pammy war schwer an Krebs erkrankt, mit 37 Jahren.  Als Anne Lamott bei ihr zu Besuch war fiel im Gespräch der Satz: "Findest du dieses Kleid macht mich dick?" Und Pammy, mitten in ihrer Chemo, mit Perücke auf dem Kopf und ihre kleine Tochter im Arm sagte ihr: "Annie, you just don`t have that kind of time!"
 In diesen Tagen leiden und beten wir mit einer Familie die wir zwar nicht persönlich kennen, die aber enge Freunde von unseren Freunden sind. Der junge Vater (Ende 30) ist am Freitagabend ganz plötzlich an einem Herzinfarkt verstorben. Nun denken wir an die Frau und an ein dreijähriges Mädchen das langsam begreifen wird, dass der Papa nicht mehr da ist. Und ich denke darüber nach wie zerbrechlich unser Leben ist. Wie kostbar die Tage sind und ja: für manche Dinge sollten wir einfach nicht die Zeit haben.
Ich versuche es mir selbst zu sagen (und weiß, dass es mir doch nicht leicht fällt):

Ich habe einfach nicht diese Art von Zeit um mir den Rest des Tages darüber Gedanken zu machen was für eine Looser-Mama ich doch bin.

Ich habe nicht die Art von Zeit mich für Dinge zu verdammen die Gott mir vergibt.

Ich habe auch nicht wirklich die Zeit um mir darüber den Kopf zu zerbrechen was der neue Mitbewohner darüber denkt, dass ich den ganzen Vormittag Zuhause bin anstatt arbeiten zu gehen (und überhaupt: warum ist ER die ganze Zeit hier? ;-))

Ich habe nicht  die Zeit um auf Seiten zu surfen und Blogs zu lesen die mich nur deprimieren und unzufrieden machen über mein eigenes (weniger glanzvolles) Leben.

Ich habe auch nicht wirklich  die Art von Zeit um mich darüber zu grämen, dass ich keine so fitte Mama bin und dass ich nicht mehr die Figur einer 20-jährigen habe.

Ich habe nicht die Zeit mich ständig über kleine Dinge aufzuregen die nicht so schlimm sind und dauernd an Heio rumzunörgeln.

 Ich habe nicht die Zeit dem Anderen Dinge nachzutragen und unversöhnlich zu sein. 

Ich habe nicht die Art von Zeit um mir Sorgen zu machen über Dinge die mit höchster Wahrscheinlichkeit sowieso nicht eintreffen.

Ich habe nicht die Zeit um die Person zu sein die andere gerne in mir sehen wollen, ihnen gefalllen zu wollen anstatt mich mutig zu verändern.

Ich habe auch wirklich nicht die Zeit um Wäsche zu bügeln und mich kaputt zu machen nur um eine perfekt aufgeräumte Wohnung zu haben.

Ich habe nicht die Art von Zeit Dinge aus einem blöden Schuldgefühl heraus zu tun die ich eigentlich nicht tun will.

Ich habe nicht die Zeit mich zu rechtfertigen (wenn es nicht um Klärung sondern nur um mein  Ego geht) und ich habe auch wirklich nicht die Art von Zeit mich über komische Ansichten von anderen Christen aufzuregen.

Ich habe nicht die Art von Zeit, dass ich darauf warten könnte erst dann etwas mitzuteilen wenn es auch perfekt ist.  (Anne Lamott sagt dazu: I believe in doing things badly!) 

Und ihr habt nicht die Art von Zeit ewig meine Listen zu lesen wofür ich keine Zeit habe :-).


Wie sagt Anne Lamott: How do I wanna spent this one precious life?

Wie will ich dieses eine, kostbare Leben verschwenden?  

Für manche Dinge sollte darin einfach kein Platz sein. Das will ich nicht vergessen. Ich weiß, ich werde eine ständige Erinnerung daran brauchen.

das hängt jetzt neben meinem Schreibtisch.


Und hier noch ein paar Bilder wie ich mein kostbares Leben in den letzten Tagen verschwendet habe. Vom im Bett liegen wegen meiner Migräne, meine Ungedulds-Anfälle mit Samuel und dem völlig uneffektiven Tag habe ich kein Bild. Aber auch das gehört zu meinem einen kostbaren Leben! Am Ende sind es nicht nur die guten Tage die zählen (und dass jeder Moment ein Glücksmoment sein muß), sondern auch die anderen Tage die wir  - trotz allem! - gut leben wollen.

 schöne Musik-Lesung in Esslingen

Danke an alle die dabei waren!!!!

Kinderfest

Ausflug mit Oma, Tante und der Dampflok




Küchenchaos
Wie schön er bastelt...
eine Pistole aus Bügelperlen


In manches werden wir erst langsam hineinwachsen...so ist das Leben