Montag, 27. November 2017

Warum ich beim ERF gerne mit einem LKW vorgefahren wäre

Die Anspannug ist raus. Am Tag nach den Aufnahmen beim ERF bin ich müde und - neben der Erleichterung, dass es geschafft ist - kämpfe ich auch mit dem Gefühl von Niedergeschlagenheit und Versagen. Warum ist das so, frage ich mich? Eigentlich lief es doch gar nicht schlecht..
Es war es für mich schon etwas besonderes diesen Senders zu betreten! Während ich durch das schlichte Gebäude geführt wurde, strömten die Kindheitserinnerungen auf mich ein: Beim Schild mit Aufschrift Radio Monte Carlo musste ich an meinen Papa denken; an das kleine Transisterradio in seinem Schlafzimmer und  das wöchentliche Rauschen beim Sendersuchen. Wir kuschelten uns unter der warmen Bettdecke zusammen, hörten staunend den packenden Worten von Klaus Vollmer oder Konrad Eissler zu. Wer würde nicht an Jesus glauben wollen, wenn er so etwas hört?, dachte ich mir dabei.
Im Gang vom ERF-Pop-Radio fiel mir die Funkbude ein, die wir mit ein paar Klassenkameraden bei uns Zuhause, unterm Dach, abhielten. Während meine Schwester und ich aufgeregt an Chips und Salzstangen knabberten hofften wir inständig, dass die Worte aus dem Radio in den Herzen unserer Freunde eine Sehnsucht nach unserem Jesus auslösen würde....es war jedenfalls ein spannender Rundgang im ERF.
Dazwischen beantwortete ich einem Redakteur ein paar kurze Fragen zu meinem Buch und das erste Interview war damit geschafft. Nach Schnitzel mit Pommmes begegnete ich, buchstäblich zwischen Tür und Angel, der wunderbaren Christina Rammler. Ein paar Sätze, ein herzliches Danke meinerseits für ihr tolles Buch und dann saß ich auch schon in der Maske für die TV-Sendung Gott sei Dank.  Mein Kleiderset wurde begutachtet und für gut befunden (heisst: nichts glitzert und kein Muster stört). Die Hoffnung, dass ich nach der Maske unglaublich gut aussehen könnte verflüchtigte sich schnell. Es gibt eben natürliche Grenzen, denen sich auch die besten Stylisten beugen müssen. Dann wurde ich von den freundlichen Moderatoren begrüßt und schon saß ich auf dem Sofa im Studio. Das heisst: erstmal saß ich auf meiner Wasserflasche, die sich dann über den Sofa und den unteren Teil meines Kleidersets ergoß. Wie peinlich!!! Immerhin: Er ist eine Wasserflasche vom Gebetshaus Augsburg. Man könnte es also auch als eine Art Weihwasser betrachten ;-). Dann endlich, nach einem Probedurchlauf, den ich zuerst für die echte Aufnahme hielt, ging es los. An dem Punkt war ich schon so müde, dass ich gar nicht mehr so richtig weiß was ich auf die Fragen der Moderatoren geantwortet habe. Hoffe inständig ich hab nicht nur Mist geredet.  
Nach einem letzten gemeinsames Handyfoto wurde ich an Rolf-Dieter Wiedenmann weitergereicht, der mich zum Abschluß noch für seine Sendung Calando interviewte. Ich mochte ihn auf Anhieb. Er kommt ursprünglich auch aus dem Schwabenland und wir redeten erstmal eine Runde in unserer Sprache, was mir nach einem halben Tag angestrengtem Hochdeutsch redens (oder eher: dem Versuch das zu tun) so richtig gut tat. Und dann nahm sich dieser, schon etwas ältere Herr, ganz viel Zeit und wir redeten ausgiebig und in Ruhe über das Leben, die Kirche und über Jesus. Am Ende der Sendung sprach er noch ein Gebet, falls jemand der Zuhörer Jesus kennenlernen möchte. Die Schlichtheit seiner Worte berührten mich. Ich spürte: hier sitzt einer der treuen Menschen, die diesen Sender für ganz viele Menschen über all die Jahre zu einem Segen gemacht haben.  Zum Abschied gab er mir noch eins seiner Bücher, wir umarmten uns und dann saß ich auch schon wieder im Taxi und kam nach langen Wartezeiten an Bahnhöfen und einer erstaunlich kurzer Zugfahrt wieder Zuhause an.
Und mit der Freude wieder an "meinem" Ort zu sein, kam auch der anfangs erwähnte Zweifel. Konnte ich wirklich das sagen was wichtig war? Jesus, was denkst du? War es gut? War es nicht viel zu wenig? Weil ich nicht einschlafen konnte blätterte ich noch in einem meiner Lieblingsbücher von Adrian Plass. Und mein Blick fiel auf die Stelle in denen er einen berühmter christlicher Redner, der über sein Leben nachsinnt, in einem inneren Dialog mit Gott sagen lässt (Gott beginnt:-):
"Was hat der kleine Junge Jesus gegeben, als er fünftausend Leuten zu essen geben musste?"
"Sein Mittagessen."...
"Meinst du es wäre schlau von dem Jungen gewesen, bei seinem nächsten Zusammentreffen mit Jesus mehrere LKW-Ladungen mit Brot und Fischen dabei zu haben, damit Jesus sich nicht die Mühe machen musste ein Wunder zu tun?...Alles was du je zu bieten hattest waren die paar Brote und Fische, die du bist. Es war fast nichts als du angefangen hast, und ohne ein Wunder reicht es hinten und vorne nicht, aber es ist immer noch alles was ich will. Sei der du bist, liebe mich und tu, was ich dir sage. Das ist alles."
Heute lese ich diese Worte nochmal. In Ruhe. Und denke: Wow. Genau darum geht es wohl. Wieso denke ich nur jedes Mal, dass ich aber jetzt eine LKW Ladung mitbringen muss, wenn ich doch immer nur eine Handvoll bringen kann? Und wenn ich doch eigentlich immer nur mich selbst sein kann (und das ist meistens schon schwer genug!). Tatsache ist doch: Es braucht JEDES MAL ein Wunder! Das gilt für die begeisternden Worte von begabten Predigern ebenso wie für die ruhige gesprochenen Gebete in einem schlichten Senderaum. Es gilt für damals, auf dem Dachboden bei der Funkbude, als ich mit verschwitzen Händen die Salzstangen weitergereicht habe und es gilt für heute, wenn ich flaschenumwerfend vor einer Kamera nach Worte suche; es gilt für diesen Blogpost und für jede kleine, alltägliche Begegnung die an diesem Tag noch vor mir liegt. Und es gilt für morgen, wenn  ich (ab Januar) gemeinsam mit meiner Freundin Becky aufgeregt ein paar tolle Frauen in unser Wohnzimmer zum Alphakurs begrüßen werde. JEDES Mal braucht es ein Wunder! Egal wie lange wir mit Jesus unterwegs sind: LKW-Ladungen werden zu keinem Zeitpunkt verlangt! Letztlich zählt einfach nur das, was Adrain Plass so wunderbar schreibt:

Sei der du bist, liebe mich und tu, was ich dir sage. Das ist alles.

Ich bete (und ringe) um diese Unbekümmertheit: meine Krümel vertrauensvoll in Jesu Hände zu legen und den Rest der Sache einfach ihm zu überlassen.


 Wir wissen bloß zweierlei: 
zum einen, dass alles, was wir tun, nur klein sein kann,
zum anderen, dass alles, was Gott tut, groß ist.            
Madam Delbrel

Montag, 20. November 2017

Momente des Lebens

Ich bin gerade aufgewacht, Samu schlüpt zu mir ins Bett. Ich frage verschlafen: "Wo ist denn der Papa?" Antwort: "Der sitzt in der Küche und ist faulig!"

Für das Fernsehinterview im ERF (HILFE!) diese Woche muss ich noch dringend einkaufen. In der Info vom Sender stand ich solle am besten zwei Kleidersets mitbringen. Leichte Panik meinerseits: WAS SIND KLEIDERSETS? Das sind Dinge die wohl nur Erwachsene und "richtige Frauen" besitzen. Ich renne kopflos über die Königstraße um so ein Set zu finden. Komme völlig frustriert nach Hause mit einem Jeansrock, den ich überhaupt nicht brauche. Überlege parallel wie viel ich in einer Woche abnehmen könnte, wenn ich ab sofort nichts mehr esse. Der Gedanke macht mich sofort hungrig. Es dauert einen halben Tag bis ich wieder im Gleichgewicht bin. Ich wusste es schon immer: Die Königsstraße ist ein Ort des Bösen! ;-)

Wir haben Besuch. Tolle Freunde. Frisch verheiratet. Wir überlegen ob wir mal zusammen auf den Weihnachtsmarkt in Esslingen gehen sollen. Der Freund sagt: "Eigentlich finde ich Weihnachtsmärkte total schlimm. Aber ich gehe gerne mit meiner Frau hin. Die meiste Zeit schau ich sie einfach nur an und freue mich, wie sie strahlt und staunt." Ich bin gerührt. Und muss an Jesus denken.

Samu will die Hausaufgaben nicht machen. Er ist genervt. Ich bin es auch. Nach 15 Minuten unaufhörlichem Jammern raste ich aus. Die ganze Wut eines Erwachsenen ergießt sich über den kleinen Mensch. Im Hausgang höre ich die Schritte von unserem Nachbarn. Es ist mir peinlich, dass er meinen Ausbruch mitbekommen hat. Dieser Gedanke beunruhigt mich in dem Moment mehr als die Traurigkeit darüber, dass ich Samu so angeschrien habe.

Ich lese eine Rundmail von meinem Neffen, der gerade auf einer Bibelschule in Amerika ist. Die Worte sind so ehrlich und bewegen mich sehr. Er schreibt über eine liebevolle Begegnung mit einem Obdachlosen für den er gebetet und den er zum Essen eingeladen hat und über den Unterricht sagt er: Es weckt so einen Hunger in mir dass es nur noch um Jesus geht. Alles andere kommt von alleine, wenn Jesus unser Fokus ist. Ich staune. Atme einmal tief durch. Ist das der kleine Junge den ich vor fast zwanzig Jahren durchgekitzelt habe, der vor dem Einschlafen Abenteuergeschichten von mir hören wollte und der mir nie was von seinen Pommes abgegeben hat? 

Ich sitze vor dem Fernseher und schaue mir mit Heio einen Naturfilm an. Eigentlich fand ich Naturfilme immer total langweilig. Dachte das ist nur was für alte Menschen, denen der Tatort zu aufregend geworden ist. Mir wird der Tatort zu aufregend. Wir beobachten staunend wie Rentiere jedes Jahr tausende von Kilometer zurücklegen und wie Lachse vom Meer zurück zu dem Fluss schwimmen, aus dem sie kommen; alle sind sie wie von einem inneren Kompass geleitet. Ich frage mich warum wir in den Gemeinden nicht öfters Ausschnitte von Naturfilmen zeigen um das Staunen über den Schöpfer zu wecken.

Versuche immer noch ein Kleiderset zu finde. Ein unglaublicher Moment im Klamottenladen einer Freundin: Probiere einen Rock in Größe 42 an (was mir zur Zeit nur so einigermaßen, mit großem Luft anhalten und unter viel Gebet gelingt) und dieser Rock ist -  ZU WEIT!!! Ich rufe die unvorstellbaren Worte durch den Laden: "Kannst du mir den Rock in Größe 40 bringen?" Ein thinplace in der Umkleidekabine. Die Ernüchterung: EIn bisschen geübtes Zupfen am Rock macht klar: Diese Größe brauche ich. Mindestens.  In den Umkleidekabinen dieser Welt an einem guten Schöpfer festzuhalten, ist eine große Herausforderung. Ich arbeite daran. (und denke spontan wir sollten heimlich in Umkleidekabinen Aufkleber anbringen: Du bist schön! Ein wunderbares Einzelstück! Ich liebe dich! Dein Schöpfer. Macht jemand mit?:-)).

Ein Kaffeetrinken mit einer Mama von Samus neuem Schulkameraden. Sie kommt aus Georgien. Erzählt mir von ihrem Land. Ich staune. Und verliebe mich ein wenig. In ein Land, das mir bisher so fremd war, und in diese tolle Frau. 

Unser Nachbarhase wurde in der Nacht vom Fuchs geholt. Wir sind betroffen und traurig. Und nicht nur bei den Nachbarn fließen Tränen. Die Natur ist nicht nur zum Staunen, sie kann auch grausam sein. Unberechenbar. Unsere Welt ist gefallen. Das spürt man in solchen Momenten. Ich hoffe im Himmel gibt es saftige Wiesen auf denen uns unsere liebste Haustiere entgegenhoppeln.

Heute abend wollten Heio und ich über die Konflikte reden, die oft zwischen uns auftauchen, was die Erziehung von Samuel angeht. (er ist konsequent, ich bin, na ja, sagen wir mal: etwas weniger konsequent). Ich bleibe an einem blöden Film hängen. Heio liest im Bett. Bis ich komme schläft er schon. Konfliktlösung verschoben.

Bei heftigen Schimpfwörten bekommt Samu seit kurzem einen Strich (bei fünf Strichen gibt es eine Konsequenz). Ich biete mich an mitzumachen. : Blöderweise scheint der Sohn die Worte besser im Griff zu haben als ich. Lerneffekt: Verlange nichts von deinen Kindern, was du selbst nicht hinbekommst. Also lernen wir gemeinsam.

Ich putze die Küche und höre eine Predigt von Johannes Hartl. Er sagt darin:  Einer der größten Kraftkiller der Kirche ist der Dualismus. Heisst: wir unterteilen unser Leben in heilige und unheilige Momente (und Nachfolger Jesu in wichtige und eher nicht so wichtige). Aber das stimmt einfach nicht. Heilig sind wir, weil wir ihm gehören. Und NICHTS was wir tun ist unbedeutend! "Amen!" sage ich laut, während das dreckige Putzwasser in den Abfluß läuft und ich meine rauhe Hände am Geschirrtuch abputze. 

Ich glaube es gibt keine "unheiligen Orte" - nicht mal die Umkleidekabine beim H&M!  Und manchmal sind es gerade die unscheinbaren, alltäglichen Momente - das Scheitern an uns selbst, unser Dranbleiben, Entschuldigen, Liebhaben, Staunen und Gebete ins Dunkel sprechen - die uns eine Ahnung von seiner heiligen Nähe geben. 

Jeder Moment kann zu einem heiligen Moment werden, einfach deshalb weil der König anwesend ist! 







Montag, 13. November 2017

Thin places und das ganz große Kino

Wir sitzen bei Kaffee und Kuchen und die Freundin erzählt mir begeistert von ihrem Urlaub in Israel. Ich schaue die Fotos an und würde am liebsten sofort den Koffer packen und hinfahren. Vor Jahren war ich schon mal dort. Es war...ach, so schwer in Worte zu fassen. Man betritt ein fremdes Land und es weckt an jeder Ecke eine Sehnsucht, die meine Seele weit macht. Dieses Land erinnert mich daran, dass ich Teil eine ganz großen Geschichte sein darf. Aus den Worten der Freundin höre ich es ganz ähnlich. 
Wir kommen in unserem Gespräch auch auf thin places. So bezeichneten die Kelten (und dann auch die keltische Christen) die  Orte an denen die Grenze zwischen der sichtbaren und unsichtbare Welt durchlässiger sind; Orte an denen die Wirklichkeit des Himmels näher scheint.  Wir sind uns einige: Das ganze Land Israel hat etwas von einem thin place. Ja, es ist auch ein umkämpftes Land. Leidenden Menschen. Terror. Und ich bin weit entfernt von einem naiven Blick auf dieses Volk. Aber es ist der Boden auf den Gott ganz viele seiner Verheissungen gelegt hat. Hier wurzelt eine Geschichte die mein Leben so unendlich reich macht.


 Abends liege ich im Bett und blättere in einem meiner Lieblingsbücher, Bittersweet von Shauna Niequist, darin ein Kapitel über thin places. Shauna schreibt, dass es nicht nur bestimmte Orte sondern auch bestimmte Zeiten sein können. Zeiten in denen wir empfänglicher dafür sind, dass es mehr geben muss als die Sichtbare Welt, Zeiten in denen unsere Herzen weicher sind und bereit weiter zu werden. Als Beispiel nennt sie die Vorweihnachtszeit. Vielleicht sind deshalb so viele Spendenaufrufe und soziale Aktionen in diese Zeit gelegt? 
Ich fühle mich davon immer ein bisschen überfordert. Es gibt ja so vieles Gutes was man tun könnte! Da hilft es mir, wenn andere die Dinge in die Hand nehmen: Wir packen in unserer Gemeinde Päckchen für Weihnachten im Schuhkarton. Eine schöne Aktion. Ok, es ist ein bisschen konsumorientiert und vielleicht mache ich auch deshalb mit, damit ich die Weihnachtseinkäufe mit einem besseren Gewissen machen kann: wenn der Sohn das 50. Auto bekommt soll ein Kind in Osteupopa wenigstens auch mal eins haben. Aber ich war ganz stolz, dass Samu dieses Jahr nicht, wie sonst immer, gejammert hat, sondern im Laden freudig Autos, die er selbst gerne hätte, für das Päckchen ausgesucht hat. Gut, bei dem süßen Teddybär gab es ein paar Tränen - aber im großen und ganzen ist die Aktion ein Erfolg im Hause Schöffler. Das Kind lernt abzugeben. Herz weiten lassen.

Danke Lissy und Sarah, dass ihr das organisiert habt!!!
Im Briefkasten finde ich, neben Spendenaufrufen, einen Brief, sorgfältig von Kinderhand geschrieben. Unser Patenkind Amon aus Uganda erzählt uns davon, dass er dieses Jahr mit seiner Familie viel Mais und Bohnen geerntet hat, dass er in der Schule auf Platz 30 von 50 Schülern ist (völlig ausreichend, wie ich finde), dass er gerne Fußball spielt und so dankbar ist, dass wir seine Paten sind. Er versichert uns, dass er und seine Familie täglich für uns beten. Was für ein Segen!


Die Vorweihnachtszeit rückt schon mit großen Schritten näher und der Blick in den Kalender versetzt mich in leichte Panik: Viele Termine, Lesungen, Weihnachtsfeiern und - wie jedes Jahr - noch kein einziges Geschenk gekauft. Aber ich will wirklich versuchen mich nicht so hetzen zu lassen! Ich will mir das Geschenk dieser besonderen Zeit nicht entgehen lassen: Mein Herz weiten lassen und mich daran erinnern, dass wir geschaffen sind um Teil einer größeren Geschichte zu werden.

Meine Geschichte reicht bis nach Israel. Von Bethlehem über Nazareth bis zu einem Berg in Jerusalem. Und sie reicht dieses Jahr auch bis in ein Kinderheim (oder ein Wohnzimmer) nach Osteuropa. Zu einem kleinen Junge der ungeduldig seinen Schukarton öffnet und dessen Augen beim Anblick der kleinen Autos aufleuchten.  Und ein Teil meiner Geschichte findet auch in Uganda statt. Bei Amon und seiner Familie. Obwohl ich noch nie dort war. Einfach weil wir das Glück haben im Monat 30 Euro übrig zu haben und Gebete und Briefe hin und her gehen.

Nichts gegen Weihnachtseinkäufe, geliebte Menschen beschenken, Adventsbasteleien und besinnliche Stunden unterm Weihnachtsbaum. Aber wir sind zu mehr geschaffen! Unsere Leben sind dazu gerufen Teil vom ganz großen Kino werden: Ein großer Regisseur. Ein gewaltiger Epos. Internationale Besetzung. Eine unfassbare Geschichte von Schuld, Heldentod, Erlösung, Vergebung, Tränen, Lachen, Umarmungen, Wunder, Demut, fremde Welten, Hoffnung und Sehnsucht - und mit einem fulminanten Finale bei dem alle staunend auf die Knie fallen. Die Hauptrolle habe nicht ich, sondern Jesus. Aber ich will kein Statist sein, der in seiner kleinen Welt stecken bleibt, sondern mir imme wieder meinen Platz in der großen Geschichte zeigen lassen. Kleine Szenen, die mich nicht überfordern.  Ok, manches ist auch echt herausfordernd (und die Vorweihnachtszeit hat durchaus einige dieser Szenen für mich!) - ich glaube das macht der Regisseur, damit ich mein Talent entwickeln kann:-). Aber alles passiert einfach Schritt für Schritt, unter seinen liebevollen Regieanweisungen. 

Dienstag, 7. November 2017

Warum ich ein bisschen wengier "Tante Erna" sein will

Heute morgen ist mein Mutterherz ein wenig schwer. Samu hatte einen tränenreichen Start in die Schulwoche. Ich habe es schon befürchtet. Immer wieder hat er in den Herbstferien sorgenvoll gefragt: "Mama, wann muss ich wieder in die Schule gehen?" und freudig gestrahlt wenn er erfahren hat, dass  ihn noch ein paar Nächte von diesem  Tag des Schreckens trennen. Nun aber war es soweit: Ferien vorbei, Ranzen packen - es geht in die Schule! Wie ein Mückenschwarm umkreisen viele kleine Ängste und Sorgen die Kinderseele: Was wenn die Lehrerin mit mir schimpft? Wenn ich zu spät komme? Wenn ich weinen muss, weil ich die Hausaufgaben nicht verstehe? Wenn der Relilehrer wieder nicht weiß, dass ich nach der Schule nach Hause darf und mich in den Hort schicken will? (mit Entsetzen hat er neulich in einer Liedzeile vernommen, dass Gott unser Hort ist - das klingt in seinen Ohren wie eine Drohung! ;-)) Um es kurz zu machen: Es war ein tränenreicher Abschied am Schultor. Und wie der kleine Kerl so ganz alleine und leise schluchzend auf die große Schule zugesteuert ist, wäre ich ihm am liebsten nachgerannt mit den Worten: "Ach komm, du darfst wieder mit mir nach Hause gehen. Wir finden eine andere Lösung, wenn dir das hier solche Angst macht."
Ich muss da immer an meine Großtante Erna denken, die nach dem ersten Tag im Kindergarten ihren Sohn gefragt hat ob es ihm denn gefallen hat. Auf seine verneinende Antwort hin meinte sie einfach kurz: "Dann musst du auch nicht mehr hingehen." Damit war die Sache mit dem Kindergarten für ihn gegessen. Das nenne ich mal eine schnelle Problemlösung. Haha. Aber leider funktioniert ja das im Leben meistens nicht so. In unserer wunderbaren und gefallenen Welt beginnen ganz viele Tage mit angstvollen Gedanken und großen und kleinen Schwierigkeiten, an denen kein Weg vorbeigeht. 
Ich gestehe: Ich würde die Sache ganz gerne im Tante-Erna-Style lösen. Zumindest scannt mein Gehirn sofort die Suche nach Problemlösungen ein. Wie könnte ich das Ganze für ihn leichter machen?  Nichts gegen Problemlösungen und erleichternde Maßnahmen (und eine richtige Schulangst ist definitiv ernstzunehmen!) aber ich ahne, dass an erster Stelle jetzt die große Herausforderung steht, das Leben, wie es nunmal ist, zu bejahen. Manchmal gelingt das auf Anhieb, manchmal muss man ein Stück Weg dazu gehen. Und vielleicht braucht der kleine Sohn dieses morgendliche Kämpfe, die Auflehnung, um zu seinem JA zu kommen. Und für diese Wegstrecke braucht er eine Mutter, die ihm diese Kämpfe zutraut und sie mit ihm aushält und die nicht innerlich schon nach Lösungen sucht, wie alles einfacher werden könnte.  
Ach, wie gerne bin ich diejenige die bei Lösungen hilft, die Situationen auflösen, oder zumindest leichter machen kann. Für Freunde und Weggefährten, die durch schwere Zeiten gehen. Für Probleme aller Art: Ich bin für die schnelle Lösung! Ich bete gerne um ein kraftvolles Eingreifen Gottes, das die Schwierigkeiten mal eben so beseitigt.  Und dann denke ich an den Satz von Paul Tornier: 
 Der mühevolle, oft mit Mißerfolgen gepflasterte Weg, wird uns zum Menschen erziehen.
Das ist ein ganz schöner Brocken, den dieser Schweizer Psychotherapeut da zu schlucken gibt. Aber vielleicht steckt hier mehr Wahrheit und Nahrung für unser Leben drin, als in den vielen gutgemeinten Sätzen, die darauf abzielen unser Leben leichter zu machen. Passend dazu höre ich gestern eine Predigt von Johannes Hartl, in der er die Sorgen von manchen  Älteren (und wahrscheinlich vielen Eltern) beschreibt: Ach, wir dürfen unsere jungen Leute doch nicht so überfordern!, und er antwortet darauf: "Wir überfordern sie nicht, wir rufen sie zur Größe!" Wow. Vielleicht geht es tatsächlich darum: Gott ruft uns zur Größe! Er erzieht uns zu Menschen die mitfühlend, mutmachend, ausdauernd hoffnungsvoll, und mit weitem Blick nach vorne durchs Leben gehen. Das wünsche ich mir für Samu. Für mich. Für uns alle. Und da gibt das Leben mit all seinen Herausforderungen manchmal genau die richtigen Zutaten dazu.
Deshalb: auch wenn es mir wirklich, wirklich schwerfällt, ich will mir vornehmen, ein bisschen weniger "Tante Erna" zu sein. Nicht nach schnellen Lösungen und Abkürzungen suchen; keine einfachen Erklärungen und Beschwichtigungen warum der schwierige Weg bestimmt nicht der Weg Gottes ist. Ich will dieses Leben meinem Sohn, und den Freunden die gerade am kämpfen sind, zutrauen. Vielleicht ist dieses Erleben, dass wir schwierige Zeite durchstehen können und mit Gottes Hilfe zu Überwinder werden, so viel wichtiger als ich das ahne. 
Ich will lernen auch auf die Tage anzustoßen, die unter Tränen beginnen. L`chaim! Auf das Leben, das unseres ist. Hier und heute. Darauf, dass Gott mit uns ist, und uns am Ende des Tages zu Überwindern macht.




Heimatdorf von Tante Erna und von mir





Weitsprungkontest für Überwinder:-)

Hasensprung...

nur Waldmaussprung- aber mit hohen Absätzen!

Lesung mit Hustenanfall -  schön wars bei  euch!!!
auf allen deinen Wegen, geht dein guter Vater mit.