Dienstag, 20. Dezember 2022

Zu schön, um nicht wahr zu sein!

Nun ist es wieder soweit: Die Adventszeit, die ich in jedem Jahr wie einen ruhigen Besuch erwarte, der dann aber doch seine lauten Kumpels mitbringt, steuert froh und unerschütterlich auf Weihnachten zu. Die Feiertage werden mich in einen vertrauten Rhythmus fallen lasse - vielleicht mit dem einen oder anderen kleinen neuen Ritual, weil sich das Leben eben auch verändert. Kein driving home for christmas.  Aber: Krippe, Kerzenlicht und Tannenduft. Vertraute und reich gefüllte Worte und Lieder. Familienbesuch. Stille Tage. Rückblick.  Silvester mit Raclette und Raketen. Und dann fällt uns auch schon das neue Jahr um den Hals!
Habe ich nicht eben erst mein Jahreswort für 2022 aufgestellt?! Ganz oben aufs Regal- damit ich auch immer mein Haupt erheben muss wenn ich es lese: Zuversicht! Dieser Blick nach oben hat geholfen. Wenn sich an manchen Tagen das Dunkel in der Welt und das Dunkel in mir beängstigend breit machen wollte. Erhebt eure Häupter, Eure Erlösung naht! (Lukas 21, 28).  Erlösung. Ganz nah. Coming home on Christmas. Aber auch: Erlösung naht! Für alle, deren Herzen heute so ganz untröstlich sind. Auch wenn wir uns das manchmal kaum vorstellen können: Ein erlösendes ALLES GUT! wird auf der letzen Seite stehen! 
 
 
Gestern habe ich noch mit Samuel für seine letzte Arbeit für dieses Jahr gelernt. Geschichte. Griechische Götter. Spannender als ich dachte. Was mich aber am Ende fasziniert hat, war unser Gott! Neben diese Göttern mit großen Namen, denen man huldigen musste und nur hoffen konnte, dass man nicht in Ungnade fallen würde, ist da ein Gott der sich uns Menschen als Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs vorstellt! Der sich so ganz persönlich in die Geschichten schreibt. So wunderbar wie das Eugene Peterson neben ein Geschlechtsregister in der Bibel schreibt: The history of salvation is thick with names! (bisschen schwer zu übersetzen, ich hoffe ihr fühlt was er meint:-)).   Und dann macht sich dieser Gott so unfassbar klein, kleiner gehts nicht! - und wird uns in Jesus ganz nahbar. Was ist nahbarer als ein Baby, das man in den Arm nehmen kann? Gott wird ein Mensch, der zuhört, umarmt, heilt, beruft, mit am Tisch sitzt und der seine Nachfolger "Freunde" nennt! Der leidet und stirbt - beim Zeus! - und uns dann strahlend entgegenkommt, um uns zu Gottes Kindern zu machen! Mein Gott. Papa im Himmel. Was ist das nur für ein Gott??!!! Wie der kluge C.S. Lewis sagte: Das Christentum ist eine Religion, die man sich nicht hätte ausdenken können! Das ist eine der Gründe warum ich daran glaubeOder wie es der Schrifsteller Frederick Buechner ausdrückte: Diese Geschichte ist zu schön, um nicht wahr zu sein! 
Wie wenig kann ich das alles fassen, aber wie dankbar will ich es glauben!
 
 
Karte von Himmel im Herzen

 
Best story ever...

 
...und wir dabei! (vorne links ist Samuel:-))

I
 
 
Ihr Lieben, ich wünsche euch von ganzem Herzen gesegnete Weihnachten, mit diesem Gott der uns so nah ist. Und ein zuversichtlicher Start ins neue Jahr, mit erhobenem Blick, auf den, der das gute Ende schon längst vorgeschrieben hat!
 
An dieser Stelle auch wieder ein ganz herzliches DANKE 💓
 
DANKE EUCH! 
 
Danke an die stillen Leser!
 
Und danke für jede ermutigende Rückmeldung!
 
Ihr habt mir mit eurer Zeit viele reiche Stunden im Jahr 2022 beschert, einfach weil ich hier vor dem Computer sitzen durfte und an euch schreiben.  

Wir lesen uns wieder im neuen Jahr! 
 



Dienstag, 13. Dezember 2022

Platz schaffen

Ich weiß. Schon allein diese Überschrift kann ein richtig schlechtes Gewissen machen. Platz schaffen! Gerne. Aber wie? Und wo anfangen?  Beim vollen Keller oder besser in der Garage, in der ich mich täglich schimpfend durch das Unterholz zum Fahrrad vorkämpfe? Auf der Liste mit den vielen Erledigungen vor Weihnachten oder gleich heute morgen am Frühstückstisch, an dem das Kind verzweifelt versucht  letzte Instruktionen zu den Matheregeln zu verstehen? (Noch vier Klassenarbeiten vor den Ferien - wo bleibt da noch Raum für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens?)  Platz schaffen - gerne! Aber an den meisten Tagen weiß ich einfach nicht wie und wo ich damit anfangen soll. Bis heute morgen. Als ich  vor meiner aufgeschlagenen Bibel saß und eben genau diese adventlichen Worte von dem wilden Wegbereiter für Jesus, Johannes dem Täufer, las:

Schafft Raum für das Kommen des Herrn! (Matthäus 3,3)

Und in meine Gedanken, was das denn nun bedeuten könnte, spazierte noch ein andere Wort. Eine Satzfetzen aus einem Gedicht von Giannina Wedde:

Dem Zweifel nicht die heiligen Räume überlassen.
Und plötzlich war es als würden sich diese zwei Worte wie gute Freunde an der Hand nehmen und mir zeigen wo ich mit dem Platz schaffen beginnen könnte: Beim Zweifel. Bei dem düsteren Kollege, der die heiligen Räume einnehmen möchte. Der sich liebend gern in unserem Wohnzimmer breit macht und alles kommentiert was ich tue.  Glaubst du das ist wirklich gut genug? Im Ernst? Dieser kleine Blogeintrag? Diese Lesung? Also wirklich, lohnt sich der Aufwand? Und wieso denkst du, dass du ein Segen bist? Ob Gott tatsächlich eingreift in unsere Welt?  Und braucht er dazu nicht viel beeindruckendere Leute? ... Ach, der Kollege kann wirklich anstrengend sein.  Und leider schenke ich ihm an manchen Tagen viel zu viel Aufmerksamkeit. Anstatt ihn einfach mal vor die Tür zu setzen! Und wenn er schon da ist (bei mir bleibt er leider nie ganz weg), dann bekommt er höchstens den Platz hinterm Fahrrad, wo er mir ab und zu wie ein Mäuschen  über den Weg laufen und mich kurz  erschrecken darf und dann laufen wir wieder in zwei Richtungen davon.

Wenn ich mir das in der Bibel so anschaue, wer Platz für Jesus hatte - und für all das Gute, das er mitbringt - dann denke ich, dass es die Menschen waren, die ihre Zweifel mal beherzt beiseite geschoben und  ihr Vertrauen auf ihn gesetzt haben. Die den Worten von Jesus mehr geglaubt haben als allen anderen. Die ihm ihren heiligsten Raum - ihr Herz! - geöffnet haben.  Was wäre, wenn es genau darum gehen würde? Wenn Platz schaffen einfach das bedeutet: Herz aufmachen. Mal so ganz davon ausgehen, dass das wirklich und wahrhaftig wahr ist, was wir so sagen, was wir glauben: Dass Gott da ist. Dass Er uns lieb hat.  Dass er uns segnet und wir ein Segen sind. Und dass er wirklich so richtig gerne bei uns auftaucht. Nicht mit Vorwürfen im Gepäck. Sondern mit einem Frieden, der so unverwüstlich ist, dass er es am Frühstückstisch mit uns aushält und in der Garage lachend mit uns die Mäuse ins Eck scheucht. Was wäre das, wenn er die heiligen Räume unseres Lebens mit seinen wärmenden Worten ausfüllen könnte und wir sie mit offenem Herzen empfangen würden?  Nicht halbherzig glaubend. Was so unsinnig ist wie halbherzig freuen. Halbherzig lieben. Und halbherzig leben. 

Ach wie gerne möchte ich von ganzem Herzen all das Gute glauben, was mir da aus Betlehem entgegenkommt! 

Dafür will ich Platz schaffen. 

Mal alles Licht reinlassen.

Weil es doch am Himmel längst hell geworden ist.



Dienstag, 6. Dezember 2022

Heiliges Dielenbrett

Geschafft! Unser jährliches Ausstecherle-Backen liegt hinter uns. Es ist so ziemlich die Einzige Sache die ich mir jedes Jahr in der Adventszeit, zusammen mit dem Kind, vornehme.  In den meisten Jahren war die Geduld vor dem Teig Zuende. Gestern war es anders. Fröhlich singend haben wir die Plätzchen aufs Blech geworfen. Ohne Ausraster und Wutanfälle. Dieses Wunder musste gefeiert werden! Danach war die Hälfte der Kekse aufgegessen. Es gab noch einen Teller für die Nachbarn. Und ein Foto für den Mann, der gerade im Schwarzwald weilt; für ein paar stille Tage. Ich war ja ein bisschen eifersüchtig als er losgefahren ist. Dass er nun, in adventlicher Ruhe, besinnliche Zeit mit Gott verbringen kann.  Aber dann habe ich  das wunderbare Zitat auf Sonjas Blog gelesen:

Es ist nicht nötig weder seine Geschäfte noch die Welt zu verlassen, um innerlich zu sein.   (Jeanne-Marie Guyon)
Was für ein ermutigender Satz für die Adventszeit, in der viele von uns so gerne innerliche Menschen sein möchten und der Alltag uns dabei (scheinbar) in die Quere kommt. 
Passend dazu lese ich gerade die Texte meiner Lieblingsheiligen Madeleine Delbrel, die  "Mystikerin der Strasse". Ursprünglich wollte sie nach einer Erfahrung eines überwältigenden Hingerissenseins zu Gott ins Kloster gehen, aber das klappte erstmal nicht. In der Zeit spürte sie, dass sie eigentlich ein Leben nah bei Gott UND nah bei den Menschen führen wollte (so wie Jesus das gelebt hat). Also zog sie doch nicht ins Kloster sondern nach Ivry, der ersten kommunistisch regierten Stadt in Frankreich. Dort gründete sie mit ein paar Freundinnen eine Wohngemeinschaft. Mit offenen Türen zur Welt.  Sie schreibt dazu:

Es gibt Leute, die Gott nimmt und beiseite stellt. Andere gibt es, die lässt er in der Masse, die zieht er nicht aus der Welt zurück. Es sind Leute die eine gewöhnliche Arbeit verrichten... Leute, die man auf einer beliebigen Strasse antrifft. Wir glauben aus aller Kraft, dass diese Strasse dieser Welt, auf die Gott uns gesetzt hat für uns der Ort unserer Heiligkeit ist.
IhrLeben und ihre Texte machen mir so viel Mut, dass wir innerliche Menschen sein können, mitten in unserm gewöhnlichen Alltag. In kleinen Übungen der Geduld :

Schon am Morgen suchen sie uns auf
Unsere Nerven sind angespannt oder gehen mit uns durch;
der Bus ist schon voll,
die MiIch kocht über,
die Kinder machen alles durcheinander;
der Mann bringt Gäste mit,
ein Freund kommt nicht,
das Telefon läutet ununterbrochen,
die, die wir lieben streiten sich,
man  möchte ausgehen und muss daheim bleiben,
und zu Hause bleiben, wenn man weg  musss..
Ich würde mal sagen: Diese Heilige kannte den Alltag:-).  Und sie schreibt weiter:
So treten die Geduldsübungen an uns heran, nebeneinander oder hintereinander...und wir lassen sie verächtlich vorüberziehen und warten auf eine Gelegenheit unser Leben hinzugeben, eine Gelegenheit die es wirklich Wert wäre.
Denn wir haben vergessen, dass es zwar Äste gibt, die im Feuer verbrennen - dass es aber auch Bretter gibt, die unter unseren Schritten ganz allmählich abgetreten werden und die schließlich zu Sägemehl werden.
Ist das nicht ein herrliches Bild? Wir möchten gerne brennen und uns ganz hingeben und dann nimmt Jesus das Holzscheit unseres Lebens, dreht es liebevoll in seinen Händen und sagt freudig: Das wäre ein wunderbares Dielenbrett! Eins das knarzt wenn man drüberläuft, das aber warme Füße und festen Boden schenkt. Ein Leben das abgetreten wird und rissig, in dem man sich auch so manche Spreißel holen kann. Ein Leben das sich abnützt in den heiligen Aufgaben des Alltags. Beim Plätzchenbacken mit den Kindern. Beim Zuhören am Mittagstisch. Beim nächtlichen Wachbleiben neben dem hustenden Kind. Beim Wäschewaschen. Beim Abendhimmel betrachten und beim erschöpften Ins-Bett-sinken.
Madeleine Debrel schreibt darüber:
Der Platz dieses Lebens ist der letzte und der am tiefsten vergrabene. Das ist die wichtigste Bedingung, dass es keimt und Frucht bringt.
Für uns alle, deren Leben tief vergraben ist, im Boden der gewöhnlichen Dinge: 
Es ist heiliger Boden.
Es ist das Leben in dem Gott  bei uns ankommt.
Ort unserer Heiligkeit und Innerlichkeit.
Nah bei Gott. Nah bei den Menschen.
Gesegneter Advent. 
 
 


 
 
Oh, und noch ne Einladung zur letzten Lesung des Jahres - herzlich Willkommen:
 


Mittwoch, 30. November 2022

Besuch im echten Leben

Der Advent ist mal wieder in unsere Tage gepurzelt, wie ein längst angekündigter Besuch, auf den man sich lange im voraus gefreut hat und dann rennt man doch aufgescheucht von seinem Klingeln an die Tür und begrüßt ihn mit nassen Haaren, Staubsauger im Flur und Chaos in der Küche. Und in diesem Jahr läuft auch noch der Fernseher im Wohnzimmer! Ja, ich gestehe: Wir schauen die WM. Ich wollte sie wirklich, wirklich boykottieren, aber kam dann einfach nicht gegen die Übermacht von zwei fussballbegeisterten Mitbewohnern an. Nun bin ich die Erste, die am Frühstückstisch wissen will wer heute spielt und die Letzte, die abends noch chipsessend vor dem Fernseher sitzt. (ich habe mich sozusagen der Bürgerbewegung "Jetzt erst recht hinschauen" angeschlossen ;-)).  Ach ja, wie philosophierte der kluge Kierkegaard so treffend: 

Wehmütig grüßt der, der ich bin den, den ich sein möchte

Wer könnte ich nur sein, wenn ich mal wirklich konsequent wäre! Wie schlank könnte ich sein, wenn ich nicht ständig weitergegessen hätte obwohl ich keinen Hunger mehr hatte (viele, viele Brezeln)! Wie sportlich könnte ich sein, wenn ich meine kleine Joggingrunde am Abend beibehalten hätte! Wie fließend könnte ich heute russisch sprechen, hätte ich nicht nach ein paar Stunden Unterricht aufgehört, weil ...ja, warum eigentlich? Wie in mir selbst ruhend könnte ich sein, wenn mein Mund voll Klarheit und mein Ja ein Ja und mein Nein ein Nein wäre. Und wie entspannt könnte ich die Adventszeit begrüßen wenn die WM im Sommer geblieben wäre - wo sie definitiv hingehört! - oder ich konsequent geblieben wäre (Schreibt man Konsequent überhaupt so? Sieht komisch aus. Ich kann dieses Wort nicht mal richtig schreiben - geschweige denn SEIN!) Ach ja, wehmütig grüße ich von weitem den Menschen, der ich sein könnte... 

Aber - ihr ahnt das ABER - eins habe ich gelernt: Gott ist da zum Glück ganz anders! Schon so oft habe ich darüber geschrieben und muss mich doch immer wieder daran erinnern:  Gott wartet nicht wehmütig in der besseren Version unseres Lebens auf uns! Er ist ein großer Künstler, der immer mit dem Material arbeitet, das vorhanden ist! Was er aus Scherben und Dingen machen kann, die andere auf den Müll schmeißen würden - der Hammer!!! (gebt mal in der Suchmaschine Kunst aus Müll ein und staunt über die Bilder; und Gott kann das noch viel, viel besser!). 

Also versuche ich mich zu entspannen. Ich lasse den Advent eintreten, halte ihm eine Chipstüte hin und nach dem Schlusspfiff hängen wir gemeinsam den Herrnhuter Stern in die Wohnzimmerecke (der jedes Jahr ein bisschen zerknitterter aussieht - genau wie ich!). Dann zünden wir zusammen die Kerzen an und ich sage, etwas schuldbewusst: "Schön, dass du da bist! Ich hab mich wirklich auf dich gefreut!" Und er sagt lächelnd: "Genau dasselbe, wollte ich dir auch gerade sagen." 

 






Und vielleicht kann ich euch ja ein klein wenig dabei helfen, dass ihr die Adventszeit ein bisschen entspannter genießen könnt: Ich könnte mich um ein Geschenk kümmern; für einen lieben Menschen in eurer Nähe, der sich über mein neues Buch freuen würde. Mit einer Weihnachtskarte und einem Gruß (in eurem Auftrag) bekommt er dann ein Päckchen von mir. Ihr müsst nur das Geld dafür überweisen (inkl. Porto 22 Euro) ,den Rest erledige ich.
Und als zweite spezielle Weihnachtsaktion: Wenn ihr drei  meiner Büchern zusammen bestellt (egal welche) bekommt ihr noch mein erstes Buch "vom Stolpern und Tanzen" oder ein Postkartenset gratis dazu (Porto 4,79 Euro)  Meldet euch bei Interesse: chris.f@freenet.de


 

Und wer spontan noch Zeit und Lust hat . Herzliche Einladung:

 



Dienstag, 22. November 2022

Unsere Kinder

In meinem Postfach landet eine Nachfrage zu einer kommenden Lesung. Die Veranstalterin möchte wissen welche Themen ich für so einen Abend habe. Sie schreibt: Ganz oft sehe ich auf deinen Büchern „Jesus und ich“ – ist das dein großes Thema?  Ich muss erstmal lachen und bin dann auch ein wenig betroffen. Weil sie mit der Frage den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf getroffen hat. Weil es einerseits zeigt, dass ich wirklich fast alle Aspekte meines Lebens in Verbindung zu Jesus setze. Meine Schwester nannte das in meiner Kindheit augenverdrehend: „Dina, du bist wieder so übergeistlich!“  Damals habe ich mich dafür geschämt, heute sehe ich es als eine Gabe. Andererseits zeigt es leider auch das: Mein Glaube ist oft sehr auf mich konzentriert. Auf meine kleine Welt. Jesus und ich.  Wie eine Freundin das immer lachend zu mir sagt: „Ach, du und dein Kuscheljesus!“ (Grüße nach Hamburg :-)).

Nun fällt mir heute Morgen das neue Heft von Open Doors in die Hände - eine Organisation die verfolgte Christen unterstützt. Sie berichten darüber, wie sehr in vielen Ländern Kinder für Jesus leiden. In 47 Ländern dieser Welt werden sie von ihren Eltern getrennt, wenn diese sich öffentlich dem christlichen Glauben zuwenden! In 49 Ländern werden sie in den Schulen diskriminiert – bekommen Schläge von Lehrern oder einfach ständig schlechte Noten – egal wie gut sie sind! – und damit oft auch keinen Bildungsabschuss. Und ich lese noch so vieles mehr, was diese Kinder an Leid erleben.
Mir sind diese Kinder nicht erst seit heute auf dem Herzen. Ein paar ihrer Namen stehen in meinem kleinen Gebetsheft, das ich jeden Morgen aufschlage. Ganz ehrlich:  Ich bin wirklich kein Gebetsheld! An manchen Tagen bete ich ein bisschen intensiver, mit Tränen in den Augen, und an vielen anderen Tagen halte ich Gott einfach nur müde die Namen auf diesen Seiten entgegen. Aber es ist mir SO, SO WICHTIG! Einerseits weil ich glaube, dass Gott unsere Gebete so begeistert aufnimmt wie ein Papa die Mithilfe seiner Kinder (auch wenn er genau weiß: So geht es langsamer und es braucht viel Geduld, aber wir machen etwas zusammen!). Er hat uns so gerne dabei! Bei seinen Umarmungen auf einem Schulhof in Nigeria. Wenn er in einem Kinderheim in Myanmar eins seiner Kinder im Schlaf tröstet. Oder wenn er in einem Gefängnis in Nordkorea seine ganze Liebe und Hoffnung in ein erschöpftes Herz gießt. Mit meinen kleinen Gebeten darf ich dabei sein! Gott macht etwas ganz anfassbares damit. Das glaube ich. Und auch das: Die Gebete machen etwas mit mir!  Sie machen mein Herz und mein Leben ein bisschen weiter. Weiter als: Meine neue Küche, Jesus und ich. Weiter als: Meine Bücher, Jesus und ich. Weiter als: Meine Gemeinde, Jesus und ich. Weiter als: Mein Kind, Jesus und ich.

Markus Rode, der Leiter von Open doors, schreibt in der Einleitung des neuen Hefts:

Vielleicht werden Sie durch die Zeugnisse angesprochen, zukünftig für „ihre Kinder“ im Gebet einzustehen.

 Genau das ist es.  Es sind in gewisser Weise eben auch „unsere Kinder“. Versteht mich nicht falsch: Das Leid der Welt kann nur Jesus tragen! Aber ich merke: In meinem Herz ist tatsächlich Platz für ein paar Kinder mehr! Für ein Kind aus meiner Nachbarschaft und noch eins aus Nigeria. Und das Mädchen aus Laos passt definitiv auch noch rein. Viel tun kann ich nicht. Zum praktischen Helfen bin ich entweder zu weit weg oder es fehlt mir an ganz vielen Tagen schlicht die Kraft. Aber ich kann ihre Namen in mein kleines Gebetsheft schreiben. Und jeden Morgen an sie denken. Wie eine Mutter, deren Gedanken liebevoll ein bisschen bei ihren Kindern verweilen. Ach segne sie doch heute, Jesus. Mach ihre Herzen mutig und stark. Schenk ihnen Freude. Eine warme Mahlzeit. Und eine dicke Umarmung, wie nur du sie geben kannst…

Und ganz langsam, Morgen für Morgen und Jahr für Jahr, wachse ich ein bisschen mehr hinein in dieses weite und wunderbare Thema:   

Die Welt, unsere Kinder, Jesus und ich. 

 


Montag, 14. November 2022

Ach, die Jugend von heute!

Am Sonntagnachmittag war ich zu Besuch in der Gemeinde meiner Schwester (eine kleine liebenswerte, charismatische Gemeinde). Ein junges Team der Schule der Erweckung war vor Ort und bevor der ebenfalls recht junge Prediger nach vorne kam, wurden die Körbe fürs Opfer durchgegeben. Als der Korb vor uns weiter gereicht wurde staunte ich nicht schlecht. Er war voll! Nicht mit Geldscheinen, sondern mit einem Holzfellerhemd!  Ein junges Mädchen aus dem Team hatte sozusagen ihr "letztes Hemd" reingelegt. Lachend versuchten wir unser Geld daneben zu plazieren. Am Ende des Abends standen die Veranstalter etwas ratlos mit dem Hemd da und drückten es schließlich mir in die Hand. "Nimm du es, wenn`s dir passt." XS! Haha. Passt mir nicht. Brauche ich auch nicht. Ist auch nicht so mein Stil. Ich zog es an. Es passte wie angegossen! Ein Wunder! (was sich damit erklären lässt, dass diese Hemden modisch so geschnitten sind, dass sie überweit ausfallen. Bei mir ist es die Passform:-)). Zufrieden zogen die Veranstalter ab und ich blieb etwas überrumpelt zurück. Ob das im Sinne der Geberin war? Dass nun eine ältere Frau darin rumläuft die genug Klamotten im Schrank hat? Ich war versucht das Hemd weiter zu verschenken. Aber etwas hielt mich zurück. Ein  leises Flüstern: Behalte es. Und trage es. Als Erinnerung. Manchmal brauche ist so etwas: Eine sichtbare (und fühlbare) Erinnerung, damit ich die Dinge, die mich innerlich berührt haben, nicht gleich wieder vergesse. Und an diesem  Sonntag hat mich das so sehr berührt: Dass da gerade eine Generation heranwächst, die bereit ist ihr letztes Hemd für Jesus zu geben! Natürlich nicht alle. Und vielleicht auch nicht alle im gesunden Rahmen. Aber mit so überschwänglichem und sorglosen Herzen, wie man das nur in jungen Jahre tun kann. Wie ich das, vor vielen Jahren, auch getan  habe. Und heute? Sitze ich in der letzten Reihe und höre wie der junge Prediger uns bittet: "Seid ihr bereit an uns zu glauben? Und nochmal neu mit uns zu hoffen und zu vertrauen auf alles was Gott  in unserer Welt und unserem Land noch tun will?" Und dann fügt er ganz schlicht hinzu:  "Wir brauchen euch. Wir brauchen es, dass ihr uns zum Kaffee oder zum Essen einladet und uns fragt wie es uns geht und  dass ihr dann, wenn wir uns satt gegessen und alles erzählt haben, die Hände auf uns legt, um uns zu segnen." 
Ich spüre wie seine Worte etwas ganz neu bei mir wach machen (kleine Erweckung in meinem Herzen!). Denn das möchte ich so gerne: Eine Ermutigerin sein! Ich  möchte so gerne die jungen Leute anschauen und nicht denken: Ach, da war ich auch mal, kommt nur in mein Alter, dann reden wir weiter! Und ich will auch nicht denken: Was für eine verdorbene Jugend! Könnt ihr nicht mal eure Handys zur Seite legen und ein bisschen mehr durch den Wald laufen! Ich will wahrnehmen wie leidenschaftlich diese jungen Leute sein können! Wie mutig sie sich den Herausforderung unserer globalen Welt stellen! Wie sie sich kümmern. Um das Klima und den Wald, der vielleicht bald nicht mehr so sein wird, wie er mal war. Und wie sie sich vernetzen können! Wie schnell sie klicken und denken können, wie sie aus einer Flut von Informationen das rausziehen was ihnen wichtig ist, und wie sie bereit sind ihr letzte Hemd dafür zu geben!  
Da sind junge Leute die darauf warten, dass man sie zum Essen einlädt und einfach mal nachfragt was sie bewegt. Und die es brauchen, dass wir an sie glauben und sie segnen. 
Ich will das nicht vergessen. Deshalb trage ich nun ein Hozfällerhemd. Lacht nicht, wenn ihr mich darin seht. Ich versuche keinem Trend nachzulaufen. Ich fälle auch keine Bäume in Kanada. Aber ich will mit diesen jungen Leuten hoffen und glauben, dass Gott seine große Geschichte mit ihnen weiterschreibt. 

Ihr seid toll!

Gebt nicht auf! 

Ich glaube an euch!

Und Jesus  erst recht.

 

zur Not holzen wir den Weg für euch frei :-)

 



Donnerstag, 10. November 2022

Nicht genug.

Nach ein paar weiteren wunderbar nutzlosen Tagen (Gott sei Dank für Herbstferien!) bin ich wieder zurück am Schreibtisch. Aber der gewohnte Alltag ist noch nicht eingekehrt.  Das Kind ist seit Montag im Schullandheim. Ich zähle die Tage und Nächte bis er wiederkommt. Ich hoffe mein Sohn vermisst mich nicht so sehr wie ich ihn vermisse. Als er am Montag ganz tapfer in den Bus eingestiegen ist, mit den vielen coolen - und auch viel größeren! - Jungs, habe ich noch kurz überlegt seine Lehrerin zu fragen ob ich mitfahren darf. Heio hat mich zurückgehalten. Wir haben drei Finger in die Höhe gehalten - ein Zeichen für die drei volle Tage, die er nun weg ist. Drei Tage. Und vier Nächte. Das ist der überschaubare Zeitraum, den wir ihm vor Augen gemalt haben (leider habe ich ihm das Heimweh-Gen unserer Famile großzügig weitervererbt). Bis in drei Tagen! - so steht es auf dem großen Zettel, den er mit einem Herz ausgeschmückt, an unsere Wohnungstür gehängt hat. In Klammer: Ihr seid ja da. Ja. Wir sind da. Ach, ich liebe ihn so sehr. Ganz besonders merke ich das wenn er schläft oder grade nicht da ist. Was er wohl gerade macht? (denke ich diese Woche so ungefähr 100 Mal am Tag).

Ich versuche mich abzulenken. Nutze einen der freien Abende und folge der Einladung einer Freundin. Zusammen mit drei anderen Mamas sitze ich in ihrem Wohnzimmer und wir hören uns einen Podcast an - über Erziehungsfragen! (keine wirklich gute Ablenkung:-)) Viele gute Gedanken waren dabei, die ich fleissig mitgeschrieben habe. Was habe ich alles falsch gemacht! Seit über 11 Jahren! Wir sollten dringend für einen guten Therapeuten für das Kind sparen. Ehrlich. Ich war kurz davor die Lehrerin im Schullandheim anzurufen und sie zu bitten, meinen Sohn zu wecken und ans Telefon zu holen, dass ich mich bei ihm zu entschuldigen kann. So sehr ich auch dagegen ankämpfe: In Sachen Erziehung schwimmen bei mir die  Schuldgefühle oben drauf  wie das Fett in der Suppe. Aber unterm Fett sind meist die nahrhafte  Gedanken. Zum Beispiel, dass Gott uns immer, immer zugewandt bleibt! ER ist ja da. Denkt so viel mehr als hundert Mal am Tag an uns! Und zu ihm dürfen wir immer wieder heimkommen. Gnade und Barmherzigkeit empfangen. Ein Leben lang. Und auch  ganz am Ende der Strecke  (noch drei Tage und vier Nächte!).
Ach, wie sehr wünsche ich mir, dass mein Kind  diese Liebe Gottes in seinem Leben ganz echt und anfassbar erfährt! Und vielleicht sind es gerade die Situationen, wenn ich ihm nicht nah sein kann oder wenn ich ihm im Alltag mal wieder nicht gerecht werde, in denen er sein lebenslanges Gespräch mit Jesus beginnen wird. Vielleicht an einem Abend im Schullandheim, in dem er mit heimwehkrankem Herzen zwischen den "coolen Jungs" liegt. Oder wenn ich mal wieder die Geduld verliere und ihn nicht angemessen durch seine Not begleite. Auch wenn ich mir heute vornehme, dass das ab jetzt anders wird und mein Kind morgen einer ausgeglichenen und immer liebenden Mutter in die Arme springen wird. Ich weiß, die Realität sieht (leider) anders aus. Meine Weggefährtin Anne drückt das in ihrem Buch so wunderbar aus:
So sehr ich auch an mir arbeite und alles dafür tue, wieder und wieder werde ich denen, die ich liebe, weh tun...  Während mich meine Schuld fast erdrückt, schreie ich zu Gott, dass er mir zeigt, was ich tun soll. Dass er mir zuspricht, dass es ausreicht. Doch das tut er nicht.
Er bleibt still.
Bis ich in einem Buch folgende lese: "Du bist nicht genug."
Und da wird es nach Monaten das erste Mal ruhig in mir. Weil ich weiß, dass das stimmt. Und weil es mir keine Angst mehr macht.
Denn da steht auch: "Deshalb wird dein Kind einen Retter brauchen."
(aus: Wir feiern uns durchs Jahr, Anne Gorges, Neukirchener Verlag)
Dieser tröstlichen Wahrheit kann man eigentlich nichts mehr hinzufügen. Ich bin nicht genug. Ich brauche einen Retter. Und mein Kind auch. Wie gut, dass wir seine Ankunft bei uns Menschenkindern jedes Jahr wieder aufs Neue feiern dürfen. Es ist November. Wir kämpfen uns noch ein paar Wochen durch den Nebel. Aber die Tage bis Weihnachten kann man schon zählen.... 
 
 


 

Donnerstag, 27. Oktober 2022

Nutzloser Tag

Gestern war ein nutzloser Tag. Ich hatte mir so vieles vorgenommen und NICHTS davon auf die Reihe bekommen. Nachdem ich dann mit dem Wäschekorb in der Hand über den Werkzeugkasten meines Mannes die Treppen nach unten gestürzt bin (Gott sei Dank außer blauen Flecken und ein paar Schrauben nichts mitgenommen!), habe ich mich spontan nochmal ins Bett gelegt. Gegen Mittag habe ich halbherzig versucht ein bisschen Laub zu rechen. Kaum angefangen habe ich auch schon wieder aufgehört - lohnt sich ja noch nicht (es ist die Phase im Garten in der ich mich frage wie es sein kann, dass auf dem Boden alles voller Laub liegt und auf dem Baum trotzdem noch so viele Blätter hängen?!?!). Dann bin ich dem ausgeglichen arbeitenden Lieblingsmann, der gerade unsere Küche renoviert, mit wenig hilfreichen Kommentaren zur Seite gestanden. Die Abfrage der Vokabeln endete mit der flehentlichen Bitte des Kindes, mit seinem Papa weiterlernen zu dürfen. Auch gut. Nachdem der Tag dann endlich rum war und ich mich in eine einigermassen schmerzfreie Position gebettet hatte, äußerte ich dem Mann gegenüber meinen Frust über diesen nutzlosen und völlig uneffektiven Tag. "So einen Tag hast du einfach gebraucht", meinte der angeheiratete Philosoph, drehte sich auf die Seite und schläft ein. Und ich denke nach. Darüber, dass man über Dinge lesen und schreiben kann und sie dann selbst immer wieder durchbuchstabieren muss. By heart  heisst es auf englisch, wenn man etwas auswendig lernen will. Mit dem Herzen lernen. Heute morgen schlage ich meine Vokabeln, die ich lernen möchte, noch einmal nach. Ich lese bei Tomas Sjödin wie herrlich er über  unnütze Tage schreibt. Über das Recht der Seele mal im Morgenmantel und Pantoffeln herumschlürfen zu dürfen. Und wie müde es uns Menschen machen kann wenn wir nur noch Nützliches tun wollen. Er schreibt sogar vom Segen im Unnützen; vom Segen der Tage an denen man nichts auf die Reihe bekommt:

Das Unnütze steht nämlich in Verbindung zur Menschenwürde. Wenn man nur zählt, solange man Dinge tut die zählen, ist man natürlich verloren sobald die Kräfte schwinden. 
(Sjödin in: Warum Ruhe unsere Rettung ist). 
 
Und er fügt hinzu, dass es vielleicht die große Gabe von den unnützen Tagen ist, dass sie uns helfen die richtigen Fragen zu stellen, nämlich danach was wir tun sollten und auch warum wir es tun sollten. 
 
Eine wunderbare Freundin hat mir davon erzählt wie sie sich vor Jahren ganz viel Stress im Leben gemacht hat - gerade auch mit ihrer Rolle in einem (sehr erwartungsvollen) geistlichen Umfeld. Dabei ging sie weit über die Grenzen ihrer Kraft. Und dann hatte sie diesen Traum in dem Jesus sie ganz liebevoll angeschaut hat und meinte: "Wegen mir hättest du das alles nicht machen müssen!" Nach dem Aufwachen war sie erstmal sauer darüber. (Die Pflichtbewussten unter uns verstehen das!). Aber mit den Jahren haben die Worte von Jesus eine große Befreiung in ihr Leben gebracht. Weil so vieles abfiel von dem sie dachte, dass sie das doch tun müsste. Für Jesus. Und für alle anderen.
Ich  muß nun immer wieder daran denken. Und ich frage mich leise: Was tue ich eigentlich, oft mit ganz schön viel Mühe, von dem Jesus sagt: Also wegen mir müsstest du das nicht tun!  Vielleicht lohnt es sich mal ein bisschen hinzuhören. Gerade für diejenigen unter uns, die in einer frommen Kultur aufgewachsen sind, in der die Treue und das Durchhalten großgeschrieben wurden. Und weil wir tief im Herzen oft dem Irrtum aufsitzen, dass wir nur dann zählen, wenn wir Dinge tut die wirklich zählen. 
Könnten wir uns (und in unseren Gemeinden) ab und zu mal ganz ehrlich fragen warum wir eigentlich machen was wir machen? Vielleicht muss vieles so gar nicht sein? Und einiges könnten wir getrost mal liegenlassen? Und maches könnten wir vielleicht sogar ganz weglassen?   Vielleicht wäre es für viele Gemeinschaften heilend - so wie das auch für unsere Freundschaften und Ehen heilend ist: nutzlos zusammen Zeit verbringen! Und by heart lernen, dass es nicht unsere Tun ist, das am Ende zählt. Sondern es ist die Liebe von diesem Gott, der uns am Abend der nutzlosen Tage in die Arme schließt und uns lächelnd versichert: Es ist gut. Auf meinem Zettel stand heute auch nicht viel mehr für dich als nur das: Stürze überstehen. Größeren Schaden vermeiden. Und ein bisschen Zeit, um dir die richtigen Fragen zu stellen.

Was für ein erfolgreicher Tag.