Gestern war ein nutzloser Tag. Ich hatte mir so vieles vorgenommen und NICHTS davon auf die Reihe bekommen. Nachdem ich dann mit dem Wäschekorb in der Hand über den Werkzeugkasten meines Mannes die Treppen nach unten gestürzt bin (Gott sei Dank außer blauen Flecken und ein paar Schrauben nichts mitgenommen!), habe ich mich spontan nochmal ins Bett gelegt. Gegen Mittag habe ich halbherzig versucht ein bisschen Laub zu rechen. Kaum angefangen habe ich auch schon wieder aufgehört - lohnt sich ja noch nicht (es ist die Phase im Garten in der ich mich frage wie es sein kann, dass auf dem Boden alles voller Laub liegt und auf dem Baum trotzdem noch so viele Blätter hängen?!?!). Dann bin ich dem ausgeglichen arbeitenden Lieblingsmann, der gerade unsere Küche renoviert, mit wenig hilfreichen Kommentaren zur Seite gestanden. Die Abfrage der Vokabeln endete mit der flehentlichen Bitte des Kindes, mit seinem Papa weiterlernen zu dürfen. Auch gut. Nachdem der Tag dann endlich rum war und ich mich in eine einigermassen schmerzfreie Position gebettet hatte, äußerte ich dem Mann gegenüber meinen Frust über diesen nutzlosen und völlig uneffektiven Tag. "So einen Tag hast du einfach gebraucht", meinte der angeheiratete Philosoph, drehte sich auf die Seite und schläft ein. Und ich denke nach. Darüber, dass man über Dinge lesen und schreiben kann und sie dann selbst immer wieder durchbuchstabieren muss. By heart heisst es auf englisch, wenn man etwas auswendig lernen will. Mit dem Herzen lernen. Heute morgen schlage ich meine Vokabeln, die ich lernen möchte, noch einmal nach. Ich lese bei Tomas Sjödin wie herrlich er über unnütze Tage schreibt. Über das Recht der Seele mal im Morgenmantel und Pantoffeln herumschlürfen zu dürfen. Und wie müde es uns Menschen machen kann wenn wir nur noch Nützliches tun wollen. Er schreibt sogar vom Segen im Unnützen; vom Segen der Tage an denen man nichts auf die Reihe bekommt:
Donnerstag, 27. Oktober 2022
Nutzloser Tag
Das Unnütze steht nämlich in Verbindung zur Menschenwürde. Wenn man nur zählt, solange man Dinge tut die zählen, ist man natürlich verloren sobald die Kräfte schwinden.
(Sjödin in: Warum Ruhe unsere Rettung ist).
Und er fügt hinzu, dass es vielleicht die große Gabe von den unnützen Tagen ist, dass sie uns helfen die richtigen Fragen zu stellen, nämlich danach was wir tun sollten und auch warum wir es tun sollten.
Eine wunderbare Freundin hat mir davon erzählt wie sie sich vor Jahren ganz viel Stress im Leben gemacht hat - gerade auch mit ihrer Rolle in einem (sehr erwartungsvollen) geistlichen Umfeld. Dabei ging sie weit über die Grenzen ihrer Kraft. Und dann hatte sie diesen Traum in dem Jesus sie ganz liebevoll angeschaut hat und meinte: "Wegen mir hättest du das alles nicht machen müssen!" Nach dem Aufwachen war sie erstmal sauer darüber. (Die Pflichtbewussten unter uns verstehen das!). Aber mit den Jahren haben die Worte von Jesus eine große Befreiung in ihr Leben gebracht. Weil so vieles abfiel von dem sie dachte, dass sie das doch tun müsste. Für Jesus. Und für alle anderen.
Ich muß nun immer wieder daran denken. Und ich frage mich leise: Was tue ich eigentlich, oft mit ganz schön viel Mühe, von dem Jesus sagt: Also wegen mir müsstest du das nicht tun! Vielleicht lohnt es sich mal ein bisschen hinzuhören. Gerade für diejenigen unter uns, die in einer frommen Kultur aufgewachsen sind, in der die Treue und das Durchhalten großgeschrieben wurden. Und weil wir tief im Herzen oft dem Irrtum aufsitzen, dass wir nur dann zählen, wenn wir Dinge tut die wirklich zählen.
Könnten wir uns (und in unseren Gemeinden) ab und zu mal ganz ehrlich fragen warum wir eigentlich machen was wir machen? Vielleicht muss vieles so gar nicht sein? Und einiges könnten wir getrost mal liegenlassen? Und maches könnten wir vielleicht sogar ganz weglassen? Vielleicht wäre es für viele Gemeinschaften heilend - so wie das auch für unsere Freundschaften und Ehen heilend ist: nutzlos zusammen Zeit verbringen! Und by heart lernen, dass es nicht unsere Tun ist, das am Ende zählt. Sondern es ist die Liebe von diesem Gott, der uns am Abend der nutzlosen Tage in die Arme schließt und uns lächelnd versichert: Es ist gut. Auf meinem Zettel stand heute auch nicht viel mehr für dich als nur das: Stürze überstehen. Größeren Schaden vermeiden. Und ein bisschen Zeit, um dir die richtigen Fragen zu stellen.
Was für ein erfolgreicher Tag.
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Vielen lieben Dank!
AntwortenLöschenGenau diese Gedanken habe ich heute gebraucht. Danke!
AntwortenLöschenSehr schön. Danke, auch für deine Ehrlichkeit, von solchen vermeintlich nutzlosen Tagen zu erzählen. Jetzt bleib ich noch ein bisschen länger liegen, lächelnd bei dem Gedanken an meine Seele in Morgenmantel und Pantoffeln. LG Claudia
AntwortenLöschenWas für eine gue Idee! Ab und zu muß man einfach ein bisschen länger liegen bleiben:-). LG zurück!
LöschenLiebe Christina,
AntwortenLöschenWie könnte etwas das du tust oder erlebst nutzlos sein???
Du kannst alles so wunderbar in Worte fassen, ich kann mich in deinen Zeilen fast immer wiederfinden, darüber schmunzeln (herrlich wenn jemand über sich selbst lachen kann)und aufatmen, weil es hier nichts gibt was mich unter Druck setzt oder Neid auslöst.
Jeder Blogpost von dir ersetzt eine Tafel Schokolade. ;)
Danke dass du dein Leben und deine Gedanken hier so ehrlich teilst.
Herzliche Grüße (von einer mindestens genauso unperfekten Frau Und Mama)
Angela
Danke liebe Angela für diese Worte die so nahrhaft sind wie eine Tafel Schokolade (mindestens!). Herzlicihe Grüße zurück!!
LöschenLiebe Christina, vielen Dank für Deine wunderbaren Gedanken, in denen ich mich als Pflichtbewusste so wiedergefunden habe. Danke für den erweiternden Blick, nicht immer produktiv sein zu müssen. LG Lenka
AntwortenLöschenDanke, liebe Lenka. Sei gesegnet für "nutzlose" und unproduktive Tage! (vielleicht sollten wir sie uns zur Pflicht machen:-). Liebe Grüße zurück!
LöschenAch wie herrlich, im wahrsten Sinn des Wortes! Solch ein Ausspruch sieht Jesus ähnlich, er ist einfach der Coolste!
AntwortenLöschenNach mehreren sehr produktiven Tagen brauche ich inzwischen immer so ein oder zwei "nutzlose" Tage, an denen ich runterkommen, neue Kräfte sammeln und mich sortieren darf. Früher mit ganz schlechtem Gewissen, heute genieße ich diese Tage einfach! Und ganz ohne geistliche Anstrengungen füllt Gott einen so ganz nebenbei wieder mit Frieden, Dankbarkeit, Liebe auf... Eigentlich haben wir sogar die "Pflicht", uns, und damit auch gleichzeitig unseren Mitmenschen, solche "nutzlosen" Tage zu gönnen ;-)
Liebe Christina, du bist in deiner ehrlichen "unperfekten" Art einfach immer wieder so ein Segen, und es macht jedesmal so viel Spaß, deine klugen humorvollen Texte zu lesen!
VIelen Dank liebe Dagmar! Und genau so geht`s mir auch: besonders nach den produktiven Tagen brauche ich so eine Pause um neue Kraft zu sammeln und mich wieder füllen zu lassen. Jesus ist der Coolste! WIe recht du hast!!!! :-)
LöschenLiebe Grüße in die Heimat nach Baiersbronn (im Februar mache ich da eine Lesung und freu mich schon. Vielleicht sehen wir uns ja!)