Mittwoch, 4. Oktober 2023

Der Freude die Türen öffnen

Endlich Heimsieg! Nach vielen hohen Niederlagen in Folge hat Samuels Fussballmannschaft wieder gewonnen. Alle umarmen sich in heller Freude. Nur ein Junge sitzt wütend schluchzend auf der Bank. Der Grund: Er hatte keins der Tore geschossen! Alles Trösten des geduldigen Trainers half nichts.  Kein "Aber wir haben doch gewonnen!" und auch kein "Du hast doch die wichtigen Vorlagen gegeben!". Ich versuche auch meine hilfreichen Gedanken einzubringen: "Es geht doch um die Mannschaft. Und du unterstützt doch einfach dein Team an der Stelle, an die dich dein Trainer gestellt hat!"  Aber alles das steigerte den Frust für das Kind noch mehr. Ach, warum kannst du nicht einfach freudig  die Siege mit deinem Team feiern - egal wer die Tore schießt?, so dachte ich kopfschüttelnd.

Dann kam gestern das Joyce-Adventsbuch: Der Freude die Türen öffen ins Haus geflattert. Melanie Carstens hat adventliche Texte von verschiedenen Autorinnen zu einem wunderschön gestalteten kleinen Buch zusammengestellt. Und was mache ich? Ich suche als erstes MEINEN Text. Und denke dann zweifelnd, wie so oft wenn ich  meine veröffentlichten Texte lese, ob das wohl gut genug ist.  Dann lese ich schnell ein paar andere Texte, um mir zu sagen, dass mein Text doch mindestens so gut ist. Und vielleicht sogar besser als der eine oder andere Text. Ich lege das Buch zur Seite. Und wundere mich über das dumpfe Gefühl in mir. Von wegen der Freude die Türe öffnen! Comparison is the thief of joy!, sagte Theodore Roosewelt und es ist so wahr: Das Vergleichen raubt die ganze Freude.  Ich schäme mich echt, dass ich das immer wieder tue. Dass da dieses Hin-und-her-Schwanken in mir ist, zwischen Minderwert und dem Bedürfnis mich von anderen abzuheben. Und dass ich so gerne meinen Name aufleuchten sehe und die entscheidenden Tore schießen - ähhh Texte schreiben möchte.
Ich höre das Echo meiner eigenen Worte: "Es geht doch um die Mannschaft! Du unterstützt doch einfach dein Team an der Stelle, an die dich dein Trainer gestellt hat!" Und dann schaue ich mir mein Team an und denke: WOW! Was für tolle Frauen sind das denn?! Da ist die wunderbare Sonja Sorbara (deren neues Buch ich gerade voller Begeisterung lese!), die herzenswarme Sandra Geisslein, deren Blog-Geschichten mich JEDES Mal neu berühren, da sind meine zwei ganz besonderen Weggefährtinnen Tine und Anne, die so unfassbar gut schreiben können, da ist die lebenskluge Elisabeth Vollmer, die ich so gerne mag, und noch so viele mehr.  Was für ein Team! Was für ein großartige Sache, dass ich mit ihnen gemeinsam meine Texte veröffentlichen darf! 
Heute morgen blättere ich noch einmal durch das schöne Buch. Und ich segne jede dieser Frauen. Spreche leise ihre Namen und merke wie kostbar sie sind. Jede für sich. Nicht im Vergleich zu irgendjemand anderem. Und ich bitte Gott um Vergebung und um Heilung für mein oft so zerissenes Herz. Ich bete, dass ich nicht den Vergleich sondern sein Blick suche - das Daumen hoch von der Trainerbank, das mich befreit und freudig dabei sein lässt. Ach, darin will ich mich üben und brauche dafür ganz bestimmt noch einiges an Barmherzigkeit und Geduld. Wie gut, dass der Trainer eine ganze Menge davon hat! Und sollte ich dann ausgewechselt werden, will ich die anderen fröhlich abklatschen und sie weiter von der Seitenlinie aus anfeuern und jedes ihrer Tore bejubeln das uns zum Heimsieg führt (es sind ja so viele tolle junge Talente am Start - schaut mal hier zum Beispiel)
 
Ich will das so gerne lernen, gemeinsam mit dem trotzigen Kind am Spielfeldrand:  Die Siege feiern - egal wer am Ende die Tore schießt! Ich will der Freude die Türe öffnen!
 
 
 
Vorfreude auf die Adventszeit :-)


und noch ein Buch das Freude bringt- danke Sonja!!!

Montag, 25. September 2023

Dringlichkeiten

Draußen wird es langsam Herbst  - meine Lieblingsjahreszeit! In diesem Jahr ist sie angefüllt mit Lesungen, auf die ich mich schon sehr freue, die mich aber auch immer noch ein wenig in innere Anspannung versetzen. Wird das, was ich habe, genug sein? Gleichzeitig ist in meinem Freundeskreis gerade viel Not, deshalb fiel mir gestern die sonntägliche Offline-Zeit richtig schwer. Ich wollte so gerne erreichbar sein, falls ich gebraucht werde (hat jemand meinen Notfallpiepser gesehen? ;-)). Ich fühle mich wie die beschäftigte Martha in der Jesusgeschichte, die es vor lauter innerer Unruhe nicht schafft, die Hände mal in den Schoß zu legen und einfach die Nähe von Jesus zu genießen. 

Passend dazu lese ich diesen wunderbaren Rat  aus einem Brief von Henri Nouwen, an seine sehr beschäftigten Freunde. Er schreibt ihnen: 

Achtet darauf, dasss ihr genug inneren und äußeren Raum für euch selbst habt. Es ist sehr wichtig, dass ihr nicht ständig überfordert seid. In den USA scheint jede Situation schnell dringend zu werden.Aber letztlich ist es vielleicht mangelnder Glaube. Mir wird das bewusst, wenn ich sehe, dass die Franzosen jeden Tag eine zweistündige Mittagspause abhalten, um in Ruhe zu essen. Nichts scheint für sie so dringend zu sein wie eine gute Mahlzeit. 

(aus: Love, Henri, unveröffentlichte Briefe über Freundschaft, den Glauben und ein spirituelles Leben).

Ach genau, ein bisschen französische Leichtigkeit! Un Croissaint et une cafe au lait, si vous plait! (viel mehr ist von vier Jahren Französischunterricht nicht hängengeblieben). Und ich merke, dass auch bei mir dieser Zusammenhang zwischen dem Gefühl von Überforderung und mangelndem Vertrauen besteht. Ich tendiere stark dazu, mich selbst, mein Tun und meine Bedeutung für andere viel zu wichtig zu nehmen! Und am Ende stehe ich wie die gute Martha erschöpft und genervt in der Küche und pampe meine liebsten Menschen an, warum sie mich nicht ein bisschen mehr unterstützen können oder wenigstens ihr eigenes Chaos wegräumen! Hah. 

Ich glaube es wird Zeit, der Dringlichkeit von längeren Spaziergängen und guten Mahlzeiten nachzugeben. Und mein Vertrauen darauf zu setzen, dass Jesus sich um alles kümmern wird (inklusive darum, mein inneres Chaos wegzuräumen). 




Dienstag, 19. September 2023

Und wie geht es euch so mit der Digitalisierung?

Ach, was für ein Thema, oder? Aber mein Jahreswort "Echtzeit" bringt mich immer wieder dazu, über meinen eigenen Umgang mit den sogenannten Sozialen Medien nachzudenken. Und auch wenn man ein Kind im schulpflichtigen Alter hat kommt man am Thema Digitalisierung nicht vorbei. Leider. 

Aber zuerst mal: Ich bin wirklich dankbar! Für die Erfindung des Internets (hmm, hat das jemand erfunden? Ach, ihr wisst was ich meine;-)) und eines Geräts das sekundenschnell Nachrichten weiterleitet, mir während dem Putzen inspirierende Podcasts vorspielt, mich mit Menschen verbindet die ich sonst nie, nie kennengelenrt hätte und das wäre so schade und dass ich einen Blog und Bücher schreiben kann und nicht mehr zu Bank muss, um Überweisungen abzugeben und alles das und noch viel mehr: DANKE von Herzen, liebes Internet!  
Aber du raubst mir oft genug auch Lebenszeit und Seelenfrieden. Und das nicht erst seit mir ein Mitbewohner zunehmend verzweifelt in den Ohren liegt mit dem Ruf: "ALLE haben eins, Mama! ALLE! Nur ich nicht!" Wir sind derzeit die technikfeindlichen Eltern, die ihrem Kind das Liebste vorenthalten, was es sich jemals gewünscht hat und sich je wünschen wird: Ein Handy. Ein Smartphone! ("Tastentelefon wäre ja total peinlich, Mama!"). Seit sein bester Freund auch so ein Teil hat (der aber auch ein halbes Jahr älter ist als er!), ist die letzte Grenze gefallen. Und während das Kind jammernd an mir hängt schaut mich mein Mann  an und wiederholt mantrahaft: "Nicht umfallen, Christina! Nicht umfallen!" Ich komme mir vor wie ein erschöpfter Krieger der weiß: Die Kapitulation ist nicht mehr weit. In naher Zukunft werden wir - all unserer Bedenken zum Trotz! - unserem 12-Jährigen ein Gerät in die Hand drücken, auf das er Apps laden wird, die von hochintelligenten Menschen produziert wurden, die ihre Fähigkeiten dafür einsetzen unser Kind (und uns alle) süchtig zu machen so lange wie möglich online zu halten.

Aber er braucht es ja so dringend! Weil er Whatsapp benötigt (eine App, die man laut Geschäftsbedingungen erst ab 16 Jahren nutzen darf!) , um beipielsweise zu wissen was seine Klassenkameraden gerade frühstücken und ob sich ein Lehrer morgens spontan krank meldet. Dann wäre er ja der Einzige, der vor verschlossener Türe steht und wir wären ganz umsonst früh aufgestanden! Letzteres ist für mich ein sehr überzeugendes Argument. Sonst überzeugt mich wenig. Vielleicht weil ich kein Digital Native bin. Ich habe meine Kindheit und Jugend noch ohne Handy und Smartphone überlebt und fand das gar nicht schlecht. Aber wir leben doch  jetzt in einer anderen Zeit! Und was man vorenthalten bekommt steigert die Gier (denk nur an das Fernsehverbot deiner Kindheit!) Und überhaupt:  Das Kind muss doch den gesunden Umgang damit lernen! So tönt die mahnende Stimme in mir. Aber mein gesunder Menschenverstand hält auch dagegen,  dass ich immerhin die meiste Zeit meiner Kindheit draußen verbracht habe und nicht vor einer Flimmerkiste und dass ich einem 12-Jährigen auch keine Haschkekse zum Nachtisch serviere, damit er den Umgang mit weichen Drogen lernt. Und die digitale Handhabung hat er wirklich sehr schnell gelernt!  Das habe ich an dem iPad gesehen, den er Anfang der 5. Klasse aus der Schule mitgebracht hat. Wir Eltern wurden nicht mal gefragt, ob wir so ein Gerät Zuhause haben wollen!  Wir wollten es nicht. Ich wollte dieses Teil nicht jeden Tag aus den Händen meines hypnotisierten Sohns reißen und es an einem Ort verstecken, der mir an nächsten Morgen nicht mehr einfallen wird. Und überhaupt: ich frag mich ernsthaft woher die Finanzierung dafür kommt, wenn für Schulen nicht mal genug Geld vorhanden ist, um Toiletten zu renovieren oder Lehrern ihr Gehalt über die Sommerferien zu bezahlen. Ich spekuliere schon wild vor mich hin, dass die teuren Endgeräte die großzügige Gabe eines Sponsors sind, der ganz gerne unsere Kinder mit weit aufgerissenen Augen vor dem Display sitzen hat. Oh, ihr merkt: diese Thema bringt mich ein wenig in Wallung.  Ganz ehrlich: Wenn es nach mir ginge würde mein Kind erst zum Schulabschluss ein Smartphone bekommen. Dafür hätte es dann aber eine längere Aufmerksamkeitsspanne, wir hätten weniger miteinander gestritten und mehr Freude am echten Leben gehabt.  Aber die Wahrheit ist: Ich werde einknicken. Und am Ende wird es der einfachste und schlechteste Grund der Welt sein: Weil es alle anderen auch tun. 

Aber ich gebe noch nicht auf. Versuche subtil das Kind zu beeinflussen indem ich ihm zeige, dass MIR mein Smartphone nicht so wichtig ist. (Vorbild ist ja immer noch die beste Erziehungsmethode). Das gelingt leider nur mäßig. Wenn ich dann versunken auf dem Sofa sitzend Nachrichten anklicke, die mich eigentlich überhaupt nicht interessieren, nutzt das Kind die Chance, um sich mit einem aufsässigen "Darf ich auch mal? Nur kurz!" " neben mich zu quetschen. Nur kurz ist ein Synonym für: So lange, bis du mir das "Gib es wieder zurück!" in der schreienden Version lieferst. "Lass mich noch kurz!", sage ich versunken und bestelle mir ein Buch, bei einem Online-Großhändler, dem ich inzwischen willenlos verfallen bin. Titel: 10 Gründe warum du deine Social Media Accounts sofort löschen solltest. Ich fürchte es sind 10 überzeugende Gründe (werde hoffentlich nicht einsam sterben, während alle anderen auf Insta und co. wilde Parties feiern). Noch besser würde mir ein Buch gefallen mit dem Titel: 100 wunderbare Gründe, warum du dein Smartphone sofort aus der Hand legen solltest.   
Einen davon hat unser Sohn ganz neu entdeckt: Lägerle bauen! (auf deutsch: aus Zweigen im Wald kleine Lager bauen - die kindliche Form des schwäbischen Häusle-bauens!). Heute mittag habe ich ihn, mit einiger Überredungskunst, nach draußen geschoben, Richtung Fussballplatz und Wäldle. Stunden später kommt er verschwitzt und fröhlich wieder. Während ich mir innerlich auf die Schultern klopfe und in Erwartung eines friedlichen Abendessens den Tisch decke, ruft es aus dem Bad: "Kann ich jetzt aber dein Handy haben, Mama? Nur kurz!"  
 

 

Link zum Thema (mit hilfreiche Tipps für einen gesunden Umgang mit digitalen Medien) : Droge Handy Hartls Senf 

auch ein guter Grund: die Lieblingsjahreszeit steht vor der Tür!

Montag, 11. September 2023

Wo sich das Glück versteckt

"Und, wie war euer Sommer?" So haben wir uns am diesem Sonntag im Gottesdienst  begrüßt. Obwohl der Sommer noch nicht ganz vorbei ist. Aber die Ferien sind um. Jetzt auch in unserem Bundesland. Wir nehmen Anlauf für den nächsten Abschnitt des Jahres, aber wie das so ist, wenn man Anlauf nimmt: Da ist zuerst dieser kleine Schritt zurück. Den will ich heute hier machen. Ich will nochmal zurückschauen, auf diesen Sommer, den ich mit niedriger Erwartungshaltung begrüßt habe. Und dann hat er mich doch beschenkt. Vor allem mit den Momenten, die mir meistens gar nicht einfallen wenn ich mal eben so gefragt werde: "Wie war denn dein Sommer?"  Das Glück versteckt sich doch so oft in den kleinen Dingen! Und dann benimmt es sich wie ein verschreckter Hase unterm Sofa:  man muss es geduldig anlocken und  im richtigen Moment packen. Dann kann man es noch ein wenig halten, bevor es einem wieder vom Schoß hüpft. Heute habe ich nochmal nach dem Glück unseres Sommer gesucht und  hier ist mein Dank, den ich festhalten will:

Ich danke Dir, Gott, für das Softballspiel vor unserer Garage und den Regenbogen, den wir dabei entdeckt haben - einen doppelten sogar! 

Und danke für die Freudenwellen, die unser Kind im Wellenbad ergriffen hat - dieses pure Glück, das da über ihn hereinbrach! Danke für das Glück des Zuschauens und für die Mitfreude.

Danke für den Eiskaffee unterm Kirschbaum, für das Stockbrot und die versonnenen Blicke in die Glut. Und danke für Gespräche, die sich ausdehnen konnten wie die langen, warmen Abende. 

Ich danke dir für die frisch gemähten Felder und das Kitzeln der Grashalme auf den Fußsohlen. Und für den Duft vom frisch gemähtem Gras - dafür danke ich dir auch!

Und danke für die Sternschnuppe - die erste meines Lebens, die ich sehen konnte! - für das Wetterleuchten und für den Moment als wir im Dunkel saßen und den Regen langsam näherkommen hörten. Danke für den Regen, nach vielen heißen Tagen. Und für die Sonne, nach dem vielem Regen. Danke für die Ernte im Garten und für die Apfelbäume, die uns mit ihrem Schatten, und in diesem Jahr mit einer gnädigen Auszeit, beschenken.

Danke für das Buch, das mich zum Lachen brachte über Dinge, um die ich mir oft so  viele Sorgen mache. Und danke für den Jubel am Morgen und dafür, dass ich ab und zu merke,dass Gebete erhört werden. Und danke, dass es davon noch so viel mehr gibt als ich meine. 

Danke für die Fahrt zum Flohmarkt, mit wehenden Haaren und die Schätze die wir gefunden haben. Danke für das Baden im Fluss und für den neuen Badeanzug. Und besonders danke für  die Verkäuferin, die mich schöner sah, als ich mich sehen kann.

Danke für das Nichtstun. Für Pflaumeneis und Füße baumeln lassen. Für das Stillhalten können. Für die Kreativität, die durch die Tür der Langeweile spaziert. Fürs Daseins-Glück.

Und dann danke ich dir noch für kilometerlange Bewahrung und für unzählige Versöhnungsmomente und den Frieden, den Äußeren und den Inneren, der sich immer wieder in deiner Nähe einstellt. Und meinetwegen auch danke für die Pubertät und die Wechseljahre, für Lebens- und Jahreszeiten, die kommen und vorübergehen. Ein herzliches Danke für das Vorübergehen!

Danke für die vergänglichen Dinge, für die Blumen auf dem Feld, die dieses Jahr so besonders schön waren, für den vollen Kühlschrank und das Essen auf dem Tisch. Danke für die weiche Strickjacke und für die kühlen Abenden, an denen wir sie gebraucht haben.

Danke für die vielen Sonnenuntergänge -  jeder ein Kunstwerk für sich! -  und für die  Gnade, die maßlose Gnade, die jeden Morgen so geduldig auf uns wartet.

Für alles das danke ich Dir.

 














 

Dienstag, 25. Juli 2023

Gute Reise!

Diese Woche starten nun auch bei uns die Ferien. Was bedeutet, dass in vielen Gesprächen die Frage kommt: "Und, was macht ihr diesen Sommer? Fahrt ihr in den Urlaub?" 

Ich finde es immer spannend zu hören wohin Freunde und Bekannte reisen. Bei manchen Reisezielen packt mich direkt das Fernweh, bei manchen denke ich: Wie gut, dass ich Zuhause bleiben kann! Weil ich eigentlich auch ganz gern Zuhause bin.  Das erinnert mich an dieses lustige Zitat von Erich Kästner. In Als ich ein kleiner Junge war schreibt er:  

Wir Kästners leiden nicht an Fernweh, sondern an Heimweh... Wenn wir unser Bett und die Fenster in der Wohnstube mitnehmen könnten, dann ließe sich vielleicht darüber reden! Aber in die Fremde ziehen und das Zuhause daheim lassen? Nein, so hoch kann kein Berg  und so geheimnisvoll keine Oase sein..dass wir meinen wir müssten sie kennenlernen. Es ginge noch wenn wir in Buenos Aires aufwachten! Das Dortsein wäre vorübergehend zu ertragen, aber das Hinkommen? Niemals!

Ein wenig verstehe ich die Kästners. In meiner Herkunftsfamilie war das Heimweh auch meist ein wenig größer als das Fernweh. Heio lacht schon immer, wenn ich nach einer Woche Urlaub sage: "Ach, jetzt wäre ich gern wieder bei uns Zuhause!" (Bett und Wohnstube mitnehmen, wäre schon eine tolle Sache!) Und gleichzeitig mag ich die Welt! Die holländische Küste. Die sanften Hügel der Sussex Downs. Die rauhe Nordseeinseln. Die wilde Weite Nordamerikas. Schwedische Häuser und das Dänische Eis! Und dann gibt es ja SO VIELES was ich noch nie gesehen habe! Wie gerne würde ich mal nach Afrika! Gäbe es da bloß keine Schlangen. Oder nach Neuseeland! Das soll ja so wunderschön sein! Als ich mit Freundinnen, die gerade von dort zurückkamen, in Wales Urlaub gemacht habe, haben sie an jeder schönen Ecke geseufzt: "Das ist fast so schön wie Neuseeland!" (was zugegeben auch etwas genervt hat). Doch, Neuseeland wäre toll. Wenn da bloß der lange Flug nicht wäre! Da kann ich dem Kästner nur zustimmen: Das Dortsein wäre vorübergehend zu ertragen, aber das Hinkommen! ;-)

Aber wie Goethe es sagte: Reisen bildet! Und Reisen macht demütig: Man erkennt welch kleinen Platz man in der Welt besetzt! (Gustave Flaubert). Und mit der Weite der Welt und ihrer Menschen kann einem auch das Herz weiter werden. Das Fernweh ist uns eben auch in die Gene gelegt. Es belebt uns neue Orte zu entdecken! Und dafür muss man sich nicht unbedingt ins Flugzeug setzen. Schon im nächsten Tal, über den nächsten Hügel, gibt es ganz wunderbare Plätzchen, kleine Seen und Wäldchen, die man in diesem Sommer entdecken könnte. An denen man einfach nur still werden und schauen und staunen kann. Und nichts besitzen oder erobern will (Vielleicht hätte Putin auf diese Weise öfters einfach mal Urlaub machen sollen, um dann erholt und zufrieden wieder nach Hause zu fahren!).




 
 
 
In diesem Jahr machen wir nur eine kleine Reise ins Vorallgäu. Ehrlich gesagt erwarte ich nicht so viel von diesem Sommer. Unser Schwedenurlaub im letzten Jahr war einfach so ein  besonderer Höhepunkt! Wahrscheinlich werde ich an jeder schönen Stelle im Urlaub seufzen: "Ach, das ist ja fast so schön  wie in Schweden!" Aber von den glücklichen Dänen habe ich gelernt, dass eine niedrige Erwartungshaltung oft für die schönsten Erlebnisse sorgt. Weil wir so gar nicht damit rechnen. Und das unerwartet Gute ist immer noch das Beste, was einem passieren kann!
 
Und vielleicht hat es der eine oder ander von euch schon erwartet: In den nächsten Wochen wird es hier still. Ich mache, wie in fast jedem Jahr, eine sommerliche Blogpause. Und melde mich dann nach den Schulferien (das ist bei uns Mitte September) wieder. 
 
Ich wünsche Euch einen guten Sommer!  🎈
Gute Begegnungen und tolle Abenteuer wenn ihr in die Ferne schweift und viele kleine Glücksmomente wenn ihr das Naheliegende (neu) entdeckt. Und bei allen kleinen und größeren Herausforderungen, die dieser Sommer vielleicht auch mit sich bringt, die Erfahrung, dass so mancher vermuteter wilder Löwe am Ende doch nur ein etwas zu groß geratenes Wildschwein ist :-).
 







Wenn du ein Buch auf eine Reise mitnimmst“, hatte Mo gesagt, als er ihr das erste in die Kiste gelegt hatte, „dann geschieht etwas Seltsames: Das Buch wird anfangen, deine Erinnerungen zu sammeln. Du wirst es später nur aufschlagen müssen und schon wirst du wieder dort sein, wo du zuerst darin gelesen hast. Schon mit den ersten Wörtern wird alles zurückkommen: die Bilder, die Gerüche, das Eis, das du beim Lesen gegessen hast… Glaub mir, Bücher sind wie Fliegenpapier. An nichts haften Erinnerungen so gut wie an bedruckten Seiten.“ Vermutlich hatte er damit Recht. Doch Meggie nahm ihre Bücher noch aus einem anderen Grund auf jede Reise mit. Sie waren ihr Zuhause in der Fremde – vertraute Stimmen, Freunde, die sich nie mit ihr stritten, kluge, mächtige Freunde, verwegen und mit allen Wassern der Welt gewaschen, weit gereist, abenteuererprobt.

Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/1272331-cornelia-funke-wenn-du-ein-buch-auf-eine-reise-mitnimmst-ha
Wenn du ein Buch auf eine Reise mitnimmst“, hatte Mo gesagt, als er ihr das erste in die Kiste gelegt hatte, „dann geschieht etwas Seltsames: Das Buch wird anfangen, deine Erinnerungen zu sammeln. Du wirst es später nur aufschlagen müssen und schon wirst du wieder dort sein, wo du zuerst darin gelesen hast. Schon mit den ersten Wörtern wird alles zurückkommen: die Bilder, die Gerüche, das Eis, das du beim Lesen gegessen hast… Glaub mir, Bücher sind wie Fliegenpapier. An nichts haften Erinnerungen so gut wie an bedruckten Seiten.“ Vermutlich hatte er damit Recht. Doch Meggie nahm ihre Bücher noch aus einem anderen Grund auf jede Reise mit. Sie waren ihr Zuhause in der Fremde – vertraute Stimmen, Freunde, die sich nie mit ihr stritten, kluge, mächtige Freunde, verwegen und mit allen Wassern der Welt gewaschen, weit gereist, abenteuererprobt.

Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/1272331-cornelia-funke-wenn-du-ein-buch-auf-eine-reise-mitnimmst-hatte/

Mittwoch, 19. Juli 2023

Mein kleiner Beitrag

Fast hätte ich dieses kleine Jubiläum ungefeiert vorbeiziehen lassen. Jetzt habe ich es doch noch rechtzeitig bemerkt: In diesen Tagen wird mein Blog 10 Jahre alt! 

10 Jahre ist es her, dass ich mit einer Freundin in unserem Stuttgarter Hinterhof saß und sie mir mit ihrer technischen und grafischen Begabung geholfen hat diese Seite zu erstellen. (Danke Nicola! Und - ja meinetwegen auch: danke Google!). Bis heute ist diese Gestaltung unverändert. Weil ich den Spatz immer noch mag und ich noch nicht müde bin, meine Hand dem Wunder hinzuhalten.  Genau 444 Mal habe ich den Post veröffentlichen?- Button angeklickt. Dann wurden geschriebene Worte sichtbar. Und gelesen. So wie in diesem Moment von dir. Dafür mein großes, herzlichstes DANKE! Wie gerne würde ich mit jedem Einzelnen von euch darauf anstoßen. Danke, für eure Zeit die ihr mir hier schenkt, und danke auch für alle öffentlichen Kommentare und persönliche Rückmeldungen! Worte über Worte, die mir über die Jahre so viel Mut gemacht haben.

Mut brauche ich immer wieder. So wie am vergangenen Wochenende auf der Lesung (was nicht alles gewachsen ist, in diesen 10 Jahren!). Inzwischen bin ich ja schon ein bisschen routiniert darin. So wie andere eben ihren Job machen, ist das nun meiner. Sage ich mir. Aber wenn dann die Zuhörer kommen und in den Reihen Platz nehmen, in dieser gespannten Anfangserwartung, in der kurzen Stille bevor es losgeht, da überfällt mich für einen Moment die Panik. Ich denke: Was tue ich hier eigentlich? ich kann das doch gar nicht!!!
Das erinnert mich an die schrägen Gedanken, die mir manchmal kommen, wenn ich Leute beobachte, die etwas tun was ich überhaupt nicht kann. Ich überlege dann: Was würde passieren wenn ich jetzt plötzlich in ihrem Körper wäre?  Zum Beispiel in dem Skispringer Dawid Kubacki, kurz bevor er von der Schanze abhebt. Oder im Körper von Tomas Vingegaard der gerade die Berge auf der Tour der France hinauffliegt. Plötzlich wäre ICH das. Und alle würden sich wundern warum Kubacki sich panisch an die Schanze klammert oder warum Vingegaard schnaufend vom Rad absteigt und es langsam, mit knallrotem Kopf den Berg hochschiebt. Andererseits: hätte ich nicht vielleicht auch ihre Fähigkeiten, wenn ich in ihrem Körper wäre? Hmm... bin ich die einzige die so merkwürdige Gedanken hat? Egal. Was ich damit sagen will ist: Es ist genau dieses Gefühl. Ich denke panisch, ich bin im falschen Körper gelandet. Ich kann das doch gar nicht! Ich tu doch nur so. Aber anstatt rauszurennen greife ich innerlich nach der Hand von Jesus und dann zum Mikrofon. Ich fange an zu reden. Stolpernd zuerst. Und dann wird etwas leicht in mir und ich spüre: Ich bin im richtigen Körper. Gott sei Dank:-). 
 
Und so wie Kubacki nicht mit der Großschanze angefangen hat zu trainieren und wie Vingegaards erster Radausflug nicht 3000 km durch Frankreich führte, so habe ich auch hier ganz klein anfangen können. Mit der ersten Geschichte, im Juli 2013, von einem Reunion in Kopenhagen. Oder war es schon viel früher? Als ich  meine große Leidenschaft - das Lesen! - entdeckt habe? Oder als ich mein erstes Tagebuch gefüllt habe? Schreiben als inneres Sortieren. Und äußeres Wahrnehmen. Oder war es als immer mehr Kolleginnen auf mich zukamen, ob ich nicht die Trauerkarte schreiben könnte, oder diesen Brief, für den ihnen die Worte fehlten (vielleicht ist Cyrano von Bergerac in meinem Köper gelandet;-)). Das konnte ich ganz gut. Zumindest ein wenig besser als die Anderen; die viel bessere Krankenschwestern waren als ich! Worte finden. Und Geschichten entdecken. Und Worte von anderen sammeln. Darin bin ich wirklich richtig gut! Ich kann unter meinen vielen Bücher in kürzester Zeit ein gewünschtes Zitat nachschlagen! Das ist eigentlich meine absolute Hauptgabe (damit hätte ich mal zu "Wetten, dass?" gehen sollen). Eben habe ich sie wieder praktiziert. Ich habe ein Zitat von Tomas Sjödin gefunden. Eine Formulierung über sein Schreiben, das mich sehr berührt hat:
 
 Ich halte mein eigenes Schreiben, was seine Wirkung nach außen angeht, für nichts anderes als einen weiteren Beitrag zum Gespräch über den Glauben. Aber was es für mich selbst bedeutet, kann ich kaum in Worte fassen.
(Tomas Sjödin: Wo du richtig bist, SCM-Verlag).
Wenn ich seine Worte aufschreibe, spüre ich es wieder. Da ist eine Resonanz in mir. Ja, genau so empfinde ich das auch. Auch wenn ich mich natürlich nicht mit diesem wunderbaren Schrifsteller vergleichen kann! Das will ich nicht. Weil mich das Vergleichen so mutlos macht. Und es lässt mich verächtlich über meine Gabe denken. Und das will ich auch nicht.  Natürlich gibt es ganz viele Menschen die viel besser schreiben können als ich! (allerdings viele davon auch viel komplizierter ;-)) Aber ich will mir davon nicht die Freude an meiner Gabe nehmen lassen. Man kann schließlich auch dann fröhlich Fahrrad fahren, wenn man niemals die Tour de France bestreiten könnte!  Und ich will meinem Schöpfer für diese Gabe von Herzen danken. Dass ich Worte finden kann, die ab und zu bei anderen ein ähnliches Gefühl auslösen wie Sjödins Worte bei mir: Ja, genau so emfinde ich auch!  
Und ich will meinem Gott damit Freude machen. So wie ein Kind das den Papa glücklich macht wenn es jubelnd sein Geschenk auspackt. Die Sache ist nur die: Gott schenkt selten glitzernd große Dinge bei denen man nur die Batterie einlegen muss und dann spielt und blinkt es von ganz alleine. Seine Geschenke sind eher Samenpäckchen. Oder ein Baukasten und Werkzeuge dazu. Es braucht Zeit und ein wenig Geschick und viel Geduld und väterliche Mithilfe und dann staunen wir zusammen was daraus geworden ist. Und daran dürfen wir uns so richtig beim Ausprobieren und Benutzen freuen! 
Diese kindlich stolze Freude - das ist etwas was ich langsam lerne mir zuzugestehen. Ich bin in einem Elternhaus groß geworden, in dem man nicht freudig gesagt hat, was man gut kann. Wir wollen ja nicht stolz sein. Im Gegenteil: Man hat die Gabe lieber klein gemacht. Ach, ein anderer kann das doch noch viel besser. Da gehört nun wirklich nicht viel dazu - das könnte jeder! Kennt ihr das? 
Heute versuche ich das anders zu machen. Wenn mir jemand sagt, dass ich gute Worte gefunden habe, sage ich strahlend: Danke! Das ich mein Geschenk. Meine Gabe die ich ausgepackt habe, vor vielen Jahren. Die ich mit frohem Herzen und mit Gottes großer Hilfe zusammenbaue und einüber und benutze, wo immer ich kann. 
Es ist mein kleiner Beitrag zum Gespräch über den Glauben. Und ich kann kaum in Worte fassen was es für mich bedeutet!
 
 
Heutiger Tagebucheintrag. Worte aus Beautiful Jesus💓

 
 
schönster Arbeitsplatz der Welt!

 

 
Und was ist dein Geschenk? Was kannst du so richtig gut?  Oder: Was könnte so richtig gut werden, wenn du dem Samen den Wachstumsraum schenkst? Ich wünsche Dir Freude darüber. Und Mut! Und dass es den Menschen dient und dich ganz lebendig macht.

Donnerstag, 13. Juli 2023

Diesen Sommer, ganz günstig!

Gestern hatten wir wieder unserer wöchentliche Halbzeitpause - ein gemeinsames Abendessen mit unseren Freunden hier am Ort. Und weil ich gerade ein bisschen zu oft über die Hitze jammere (und meine Lieblingsjahreszeit noch ein paar Monate entfernt liegt!) habe ich vorgeschlagen, dass wir doch mal zusammen die schönen Seiten des Sommers aufschreiben könnten. Ganz nach dem Motto von Paulus: Erkennt die günstige Zeit! (nach Eph.5,16). Das scheint mit ein so guter Ratschlag.  Immer mal wieder innehalten und bewusst wahrnehmen:  Was ist gerade jetzt so richtig günstig? Tomaten im Supermarkt. Keine Frage. Aber es gibt ja noch viel mehr saisonale (und regionale) Dinge, die diese Jahreszeit im Angebot hat: 

 


Da kam so einiges zusammen! Und man kann natürlich nicht alles mitnehmen. Ans Meer schaffen wir es in diesem Jahr leider nicht, Zelten ist in meiner Lebensphase auch nicht mehr ganz so günstig, aber so einiges Andere würde ich gerne einpacken.

Von der Autorin Sarah Bessey weiß ich, dass sie als Familie am Anfang der Sommerferien immer eine Wunschliste machen. Jeder darf ein paar Dinge aufschreiben, die er gerne tun würde. Nicht als To-do-Liste, die man unbedingt abhaken muss, sondern als lockende Angebote die man, je nach Lust und Laune, einlösen kann. Und es stehen auch keine großen Dinge drauf, sondern eigentlich genau solchen Sachen wie wir sie gestern Abend gesammelt haben: 

  • Picknick am See. 
  • Draußen kochen, mit Gaskocher. 
  • Sterne kucken. 
  • Über Flohmärkte schlendern. 
  • Eine neue Stadt in der Umgebung entdecken. 
  • Lagerfeuer mit Aussicht auf einen Sonnenuntergang.
  • Abends mal lange weggehen und beim Heimlaufen auf dem warmen Asphalt tanzen. 
  • ...

Ich glaube ich fang schon mal an, mit meinem kleinen Sommer-Wunschzettel. Mal schauen was der Rest der Familie drauf schreibt. Und was es dann tatsächlich gibt. 

Wenn ich mir das genau überlege, dann mag ich den Sommer. Seine verschwenderische Großzügigkeit. Wie er mich angrinst und sagt: Schau mal: Alles ganz günstig! Bedien dich! Und die langen Abende, die gibt's  im Doppelpack dazu. 

 




Und falls ihr in der Nähe von Weissach/Flacht wohnt: Am Samstag wird es so richtig heiss! Eine günstige Zeit für einen langen Abend, mit Flammkuchen und Crepes und Cocktails unter dem Sternenhimmel, mit Summer-Night-singing, Musik zum Träumen, Gute-Nacht-Geschichten und noch vieles mehr. Es ist die  Nacht der offenen Türen. Vielleicht sehen wir uns?

Donnerstag, 6. Juli 2023

Das Kostbarste

Diese Woche sitze ich, trotz guten Wetter, viel an meinem Computer. Ich wollte noch einen Artikel fertig schreiben, und bereite zwei anstehende Lesungen vor. Immer mal wieder fällt dabei mein Blick auf einen kleinen Zettel der hier auf meinem Schreibtisch liegt. Darauf steht: 

Segne meiner Hände Werk.

Vor einigen Wochen, in unserem Gottesdienst, habe ich von einer Weggefährtin erfahren, dass ihre Oma diesen Satz jeden Morgen gebetet hat. Und die handwerklich sehr begabte Freundin hat es für sich übernommen, bevor sie sich an die Nähmaschine setzt. Ich fand das so schön, dass ich mir die Worte nun auch angeeignet habe. Auch wenn ich nicht nähen kann (zumindest nicht so, dass man es danach fröhlich anziehen könnte - wenn man älter als zwei Jahre ist!). Aber in gewisser Weise arbeite ich ja auch mit meinen Händen, die in diesem Moment über die Tasten fliegen.  Segne meiner Hände Werk. Das ist mein Anfangsgebet geworden, jeden Morgen. Ich bete es noch bevor ich den ersten Text schreibe, bevor ich Türen öffne, Menschen  in den Arm nehme oder ihnen die Hand reiche, bevor ich die Mülltonne vors Haus stelle, Essen koche, den Tisch decke, zu Telefon, Bücher oder Besen greife - ach, es geht ja so viel durch unsere Hände! 

An Gottes Segen ist alles gelegen! Noch so ein alter Satz, der mir gerade in den Sinn kommt. Den habe ich oft von meiner Mutter gehört. Und sie hat mich gesegnet. Jeden Morgen, bevor wir zur Schule gelaufen sind.  Ich stand im Hausgang auf dem quietschenden Linoleumboden, den schweren Schulranzen bereits auf dem Schultern, und ganz oft standen auch die Freundinnen,  die mich abgeholt haben, daneben. Das war mir manchmal ein bisschen peinlich. Aber meine Mutter hat ganz ungezwungen jede, die sich dazustellte, mitgesegnet. Und sie hat mir eine Ahnung mit auf den Weg gegeben, dass das Wichtigste nicht die Schulnoten sind und auch nicht wie ich mich selbst bewerte. Das Entscheidende liegt nicht in meinen Händen. Es liegt im Segen Gottes. 

Ich beschäftige mich gerade mit der biblischen Geschichte von Jakob - einer der wie kein anderer dafür gekämpft hat diesen Segen zu bekommen. Und heute lese ich davon wie er als alter Mann vor den Pharao trat. Man könnte denken, dass er da ganz eingeschüchtert war, von all der Pracht und dem Reichtum. Ein Bauer der außer hungrigen Viehherden und leerem Magen nichts mitgebracht hatte. Und dann heißt es:  

Und Jakob segnete den Pharao (1.Mose 47,7). 

Und beim Verabschieden segnet er ihn gleich nochmal.  Das beeindruckt mich. Vor dem Herrscher Ägyptens ging Jakob nicht mit einem erschrockenen "Wer bin ich denn?" in die Knie, sondern er stand aufrecht vor ihm und gab ihm das kostbarste was man geben kann: den Segen Gottes.  Er wusste: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein - eine Linsensuppe ist auch nur eine Linsensuppe! - sondern er lebt von dem guten Wort aus Gottes Mund. Das die Seele satt macht. Und Leben schenkt. Und unser erstarrtes Innneres zum Aufblühen bringen kann. An Gottes Segen ist alles gelegen.

Auch wenn ich noch so wenig davon begreife, was es in der Tiefe bedeutet: Ich will mich nach diesem Segen ausstrecken.  EIn Leben lang. Im Segen Gottes liegt das Kostbarste was ich habe und das Kostbarste, was ich geben kann. Gesegnet will ich segnen. In aller Zerbrochenheit meines kleinen Lebens. Mit meiner begrenzten Begabung und Kraft. Ich will meine Tage mit dem erleichterten Wissen beginnen: Es liegt ja nicht an mir.  Gott füllt meine leeren Hände. Jeden Morgen neu. Was für ein Segen!  

 


 

Donnerstag, 29. Juni 2023

Das feiern wir!

Nun liegt Heios Geburtstagsparty auch schon wieder hinter uns. Es war ein wunderschönes Fest, das uns zwar einiges an Kraft gekostet hat, aber es war die Mühe absolut wert!  

"Das Beste an Erinnerungen ist bekanntlich ihre Entstehung", schreibt der dänische Glücksforscher Meik Wiking. Und ich finde ein Fest ist deshalb schon lohnenswert, weil wir damit schöne Erinnerungen schaffen; an guten Begegnungen und frohes Feiern und alles andere was uns noch Jahre später beim Fotos betrachten dankbar seufzen lässt: "Ach, wie schön war das!" Und vielleicht sind unsere Fest ja auch ein Erbe, das wir an unsere Kinder weitergeben können. Wir zeigen ihnen, wie man gemeinsam feiert: Mit viel gutem Essen, mit ganz verschiedenen wunderbaren Menschen, mit Lagerfeuer, Lachen und Lieblingsliedern und mittendrin wird ein Glas gehoben und wir stoßen auf Gottes Güte in unserem Leben an! Und auf seine Treue. Dass er uns durch die guten und auch durch die schweren Zeiten gebracht hat.

Als wir noch mitten in der Coronazeit steckten haben wir in unserem Freundeskreis immer mal wieder zueinander gesagt: "Wenn das vorbei ist, dann feiern wir!" Und jetzt? Die Masken sind abgelegt, Schnelltestzentren abgebaut und unsere Kinder laufen wieder jeden Morgen fröhlich zur Schule. Und wir feiern wieder: Hochzeitsfeste, Hauseinweihungen, Segnungen, Geburtstage - ganz ohne uns den Kopf darüber zu zerbrechen aus wie vielen Haushalten unsere Gäste kommen. Wir umarmen uns, ohne die innere Sorge, dass uns das krankmachen könnte. Wie gut, oder?!  Aber wer hat gefeiert, dass es vorbei ist? Ein Danke-Fest bei dem wir alte Masken verbrennen und Kästen von Coronabier vernichten und ganz dicht zusammenstehen und Singen! Singen ohne Masken und Abstand! Schon während ich das schreibe will ich meine Sätze wieder einsammeln. Man könnte ja darüber stolpern. Denn: So richtig vorbei ist es doch noch nicht. Viele leiden noch unter Post-Covid. Körperlich und psychisch. Die wollen wir nicht fröhlich feiernd vergessen! Und der Krieg und die nächste Krisen und unsere ganz privaten Sorgen... ach, es gibt so viele berechtigte Gründe die uns vom Feiern abhalten können.  Vielleicht hat Gott deshalb den wichtigen Erinnerungsfesten ein festes Datum gegeben. Weil er weiß: sonst lassen wir's. Wir vergessen es. Oder verschieben es. Auf später.  Wenn wir dieses oder jenes überwunden haben. Wenn sich endlich diese eine Sache geklärt hat. Wenn wir angekommen sind. Dann feiern wir. Aber ich bin dafür, dass wir die Etappensiege feiern! Mittendrin, im holprigen Leben. Wenn ein kleines Projekt endlich fertig ist. Wenn ein unangenehmer Arztbesuch überstanden ist. Wenn uns, mitten in einer schwierigen Zeit, eine gute Nachricht erreicht. Wenn eine anstrengende Wegstrecke hinter uns liegt. Oder einfach wenn wieder ein Schuljahr überstanden ist! Eine befreundete Familie macht dann immer ein Freudenfeuer und verbrennt die ganzen Schulhefte der Kinder! So ganz ohne Angst, dass man den einen oder anderen Aufschrieb im nächsten Jahr vielleicht noch gebrauchen könnte. Was für ein Fest! Ich habe große Lust das in diesem Jahr auch zu machen. Holz wäre genug im Garten... 
Überhaupt: Es muss ja nicht immer die große Party sein! Oft genügt eine Girlande auf dem Tisch und das Lieblingsessen im Ofen, eine Kerze mit Kuchen vom Bäcker, ein kleines Picknick auf der Wiese, eine spontane Einladung zum Eisessen mit anschließender Abkühlung im Bach- das Feiern ist nicht sehr anspruchsvoll! Es braucht nur ein bisschen Aufmerksamkeit. Und ein wenig Zeit. Für diese kleine Lücke zwischen dem "danach" und "davor". Dann sitzt es zufrieden neben uns und hilft es uns beim Erinnern und beim Steine aufeinanderschichten. Es macht uns Mut!  Flüstert uns ins Ohr: Schau mal, wie weit du schon gekommen bist! Es hilft beim Innehalten, beim Umschauen und dankbarem Wahrnehmen: Auch wenn noch nicht alles gut ist - etwas ist gut. Jetzt. In diesem Moment. Und das  feiern wir. 

 





Mittwoch, 21. Juni 2023

Geliebter Gärtner

Diese Woche feiern wir! Mein Weggefährte, Liebhaber und bester Freund wird nun endlich auch 50 Jahre alt! (der junge Kerl:-)). Es fällt mir echt schwer Heio zu beschreiben, ohne dass es zu sehr nach Heile-Welt-Kitsch klingt. Oder - noch schlimmer! - nach christlichem Vorzeigeehepaar. Unsere Liebe ist ziemlich weit weg davon! Wenn sie eine Pflanze wäre, dann wäre sie ganz nah am Boden. Vielleicht eine von diesen etwas unauffälligen winterharten Gewächsen mit hübschen kleinen Blüten, die man nur dann so richtig wahrnehmen kann, wenn man auf die Knie geht. 

Heio kann sehr gut mit Pflanzen. Manchmal nervt es mich wie wichtig ihm diese kleinen Gewächse sind. Wenn wir in den Urlaub fahren, dann packe ich vier Koffer, putze die Wohnung   jage das Kind schimpfend durch die Gegend und lade das Auto, während er in aller Ruhe im Garten  steht, seine kleinen Schützlinge noch einmal sorgfältig bewässert und der Nachbarin Pflegeanweisungen gibt. Es kam auch schon vor, dass er ein zartes Pflänzchen mit in den Urlaub nahm, weil er es nicht in fremde Hände geben wollte. Das alles macht mich ehrlich gesagt leicht wahnsinnig! Und das Ergebnis scheint auch nicht immer der Mühe wert. Da nimmt er monatelang, Abend für Abend, den Kampf mit den Schnecken auf und belohnt sich am Ende mit ein paar Tomaten und Zucchinis, die man ohne große Mühe im Supermarkt kaufen könnte. Es muss wohl eine ganz besondere Freude sein, die uns Außenstehenden entgeht, wenn man einen kleinen Samen in den Boden legt und dann eine Frucht daraus wachsen sieht. Und dann bleibt das Ergebnis immer noch offen! Weil man auf  das Entscheidende - das Wachstum selbst! - trotz bester Pflege, keine Einfluss hat. Man kann nur die Bedingungen dafür schaffen, dass dieses Wachstum möglich ist. Und darin ist Heio ziemlich, ziemlich gut. Auch was unsere bodennahe Ehepflanze angeht! Er wässert sie mit nächtelangem Zuhören, geht jedem Schädling unerbittlich auf der Spur (und ist oft der Erste von uns Beiden der sagt: Lass uns mal reden!), düngt reichlich mit Aufmerksamkeit und Ermutigung und nimmt voller Freude alles wahr was aufwächst. Und dabei bleibt er doch immer der demütige Gärtner der weiß, dass letztlich das Wachstum Geheimnis und Geschenk bleibt. Das wir das nicht "machen" können. Eine gute Ehe. Ebenso wenig wie gute Freundschaften, ein gutes Verhältnis zu unseren Kindern oder zu den Nachbarn, eine tiefe Gottesbeziehung, ein weiches und dankbares Herz, ein Leben das Frucht bringt. "Machen" kann man das alles nicht! Aber gute Wachstumsbedingungen dafür schaffen. Es ist so, wie die wunderbare Lissy Schneider das vor ein paar Tagen in einem Vortrag gesagt hat: 

Alles Gute im Leben kostet auch Mühe! 

(und ihr Blog darüber, wie sie in ihrem Leben Dankbarkeit kultiviert hat ist absolut lesenswert, auch wenn sie ihn vor drei Jahren still und leise aufgehört hat). 
 
Wenn ich Heio sehe, wie er glücklich im Garten werkelt, dann ahne ich, dass es die Mühe wert ist. Alles. Den ganze Weg. Vom ersten Tag bis zur Ernte.
 

Lieber Heio, ich bin so froh mit dir zusammen zu sein! Danke für deine Bereitschaft, dich für das Gute zu mühen. In so vielen Bereichen. Alles andere bleibt Geheimnis und Geschenk.

 

Mittwoch, 14. Juni 2023

Hello Summer!

Jetzt sind die Pfingstferien  wieder vorbei und wir stolpern, geblendet von der Morgensonne und ziemlich müde - weil viel zu früh! - in den Tag. Ich nehme die nächste Musiklesung mit Christina Stöhr in Angriff (herzliche Einladung am Freitag nach Hegnach!). Dabei freue ich mich immer über die Sprachnachrichten die vor so einer Veranstaltung zwischen Christina und mir hin und her fliegen. Auch weil wir, neben dem Organisatorischen, ein bisschen Alltagsleben miteinander teilen. Und dieser Satz von ihr blieb bei mir hängen. Sie meinte zum Neustart in dieser Woche:

Zwischen Pfingsten und Sommerferien fällt man doch meistens ein wenig in einen anderen Modus. Und mit dem Wetter macht sich ja auch immer ein bisschen Gelassenheit breit.

Diese Sätze bringen mich zum Aufatmen. Vielleicht weil sie sich wie eine Einladung anfühlen: Mich nicht stressen zu lassen. Nicht von den nächsten Terminen, die ich innerlich schon in die nächsten Wochen quetschen möchte, wie in eine überfüllte Badetasche. Auch nicht von den letzten Klassenarbeiten, bei denen ich nochmal vollen Lerneifer beim Kind erwarte.  Auch nicht vom Chaos in der Garage, wenn wir uns den verschütteten Weg zum Federballspiel und zur Luftmatraze, freikämpfen müssen. Ich will Platz für die Gelassenheit schaffen und vom Stressmodus in den Sommermodus schalten - also zumindest will ich es versuchen :

Die Dauerkarte zum Freibad nutzen. Dabei weiter die innere Freiheit im Badeanzug einüben und nicht mit eingezogenen Bauch an den Liegen der Schönen und Schlanken vorbeilaufen sondern mich unbekümmert ins Wasser schmeißen.

Das Auto öfters stehen lassen und dafür mit dem E-Bike zum Einkaufen fahren und beim Tretbecken am Ortsrand einen Stopp einplanen. 

Den Fernseher am Abend auslassen und mit dem Kind noch auf ein Eis in die Stadt radeln.

Ein Lagerfeuer machen (solange die Waldbrandgefahr noch nicht zu groß ist)

Das Schlafzimmerfenster weit öffnen und den Grillen bei ihrem Abendkonzert zuhören.

Tischtennis im Garten spielen und mich nicht ärgern wenn Heio meistens gewinnt (sogar wenn er mit links spielt!)

Siesta halten. Oder einfach möglichst wenig Arbeit auf die Mittagszeit legen. Eine Hängematte zwischen die Bäume spannen oder mich mit einem guten Buch und gekühlter Wassermelone in den Schatten verziehen. 

Und verzeihen! Die kleinen Fehlschläge. Und die manchmal so große Ungeduld. 

Und den Schlafmangel gelassener hinnehmen (hello Wechseljahre!). Umso kürzer der Schlaf umso kürzer die To-do-Liste und umso gnädiger sein! 

Und immer, immer genügend Kaffee im Kühlschrank und Eis im Gefrierfach haben.

Öfters mal das Dringende liegenlassen und etwas Wichtiges erledigen: Eine Postkarte schreiben, an einen Menschen, den ich in diesem Sommer gern näher bei mir hätte, zum Beispiel. Oder einen Wiesenstrauß am Markstand mitnehmen und die Hälfte davon der Freundin schenken. Den Sommer in Gläser füllen und Erdbeermarmelade kochen.

Das Handy Zuhause liegen lassen und mich im Biergarten verabreden.

Und dazwischen immer wieder einfach gar nichts tun. Dasitzen und schwitzen. Und Gottes Flüstern hören, dass von seiner Seite aus alles gut ist. Und dass er es gut machen wird. Und wir einfach sein dürfen. In dieser Sommerzeit.