Dienstag, 14. Oktober 2014

zuviel für mich

Gerade wollte ich unseren Papiermüll rausbringen. Aber der Eimer ist schon am Überquellen und auch mit größter Kraftanstrengung, konnte ich keinen Platz mehr schaffen. Und jetzt, wo ich vor dem Computer sitze und meine Gedanken in Worte fassen will, merke ich, dass dieses Bild sehr passend ist. 

Am vergangenen Wochenende war ich - zum ersten Mal in meinem Leben - auf der Buchmesse in Frankfurt. Ich hatte dort wunderbare Begegnungen. Aber die gesamten Eindrücke waren so überwältigend für mich, dass ich immer noch versuche die Bilder und Gedanken in mein kleines Hirn zu stopfen.

hohe Türme draußen....
..und drinnen


wichtige, geschäftige Menschen überall


ich war nicht die Einzige die überwältigt war...

...kurze Verschnaufpause
die Blonde passt auch noch in mich rein:-)
...einigen alte Bekannte getroffen

Ich liebe Bücher. Ich mag den Geruch, das Seitenumblättern und das "letzte Seite spickeln" wenn die Spannung zu groß wird (beat this, e-book!). 
Als Kind saß ich stundenlang mit meinen Büchern in unserem Wohnzimmer und war völlig versunken in "Trixie Belden", "5 Freunde" und sonstige Welten. Manche berichten, dass sie als Kinder schon Dickens, Dostojewski oder sonstige Klassiker toll fanden. Ich tue mich damit bis heute schwer. Manches davon kriege ich so wenig in meinen Kopf wie den Papiermüll in den Eimer. 
Ich mag die einfachen Geschichten. Die passen in mein Herz und berühren mich. Und ein verregneter, freier Tag mit einem ungelesenen Buch, auf das ich mich schon lange gefreut habe, ist immer noch etwas ganz großes für mich.

Aber auf der Buchmesse war es ganz anders.
Es war eine gehetzte Stimmung und es lag der Drang in der Luft: ich muss gesehen werden, jemand soll mich wahrnehmen. Tausende Bücher wollten angefasst, beachtet und gelesen werden. Und an jeder Ecke lasen, erklärten und meinten so viele Menschen so vieles, dass man den Eindruck hatte: hier bleibt nichts ungesagt.
Das Ganze war für mich so überwältigend wie eine MTV-Shakespeareverfilmung auf Japanisch (Gruß nach Japan:-)). Es war wie ein einzig großes Rauschen.

Vor einiger Zeit war ich mit einer Freundin in London, da ging es mir ähnlich. 
Wir liefen durch die vollen Einkaufsstraßen und Shopping-Center und an irgendeinem Punkt habe ich gemerkt: Ich muss jetzt sofort einen ruhigen Ort finden, sonst drehe ich durch. Also nahm ich die nächste U-Bahn zum Hyde-Park und saß im strömenden Regen auf einer Bank und starrte  auf den grünen Rasen. Hört sich vielleicht ein bisschen wie "Rainman" an, aber ich bin eben schnell mal überfordert.

Komisch, dass mir das mit der Natur nie passiert. Ich denke nicht, nachdem ich einen Tag im Park war oder am Strand entlang gegangen bin: "Jetzt ist es aber zuviel. Ich bin total erschlagen von den Eindrücken. Gebt mir ein abgedunkeltes Zimmer, ich muss auf eine leere Wand starren."
Es muss ein Rhythmus in der Schöpfung sein, der mir hilft, zur Ruhe zu kommen. 

Vielleicht hilft es mir auch zu spüren: ich bin Teil dieser Schöpfung. Ich muss nicht um meinen Platz kämpfen, muss nicht ein aufseheneregendes Buch schreiben (was natürlich schon ganz wunderbar wäre:-)), ich muss mich nicht antreiben lassen, von der Frage ob es "gut genug" ist, was ich tue, was ich sage und schreibe. 

"Gut genug" ist eigentlich sowieso ziemlich bescheuert. Ich kann ja nur das sein und geben was ich bin, ob das nun gut genug für jemand ist oder nicht (diese weise Erkenntnis hatte ich kürzlich auf meinen "stillen Tagen").  

Und es macht auch nicht wirklich Sinn, mich endlos den Sorgen hinzugeben um unsere Finanzen, um meine Arbeitsstelle, und um irgendwelche "wie schaffe ich das nur, wenn..."-Konstellationen. Diese Gedanken wachsen mir über den Kopf wie unser Papiermüll in der Tonne.

Es gibt Dinge, mit denen sind wir Menschen schlicht überfordert. 
Ich mag Psalm 131. Da schreibt David, dass wir unser Herz lehren sollen, sich nicht mit Dingen zu beschäftigen die zu groß für uns sind. Und er fügt hinzu:
"Schweigen lehrte ich meine Seele...
oder in anderer Übersetzung: "habe ich meine Seele nicht beruhigt und beschwichtigt? ".

Das versuche ich in diesen Tagen.

Eine Runde durch den Park gehen. 

Auf die wunderbaren Herbstblätter vor unserem Fenster schauen. 

Den kleinen Sohn beim unbesorgten Spielen beobachten. 

Meine Seele beruhigen.

Die Dinge die für mich zu groß sind

die Gedanken die mich überfordern

meinem Schöpfer hinhalten

der mich sieht

der all das tragen kann

was zuviel für mich ist.





4 Kommentare:

  1. Hallo Christina, ich lese bisher immer nur still mit und freue mich über deine Artikel die mir so aus der Seele sprechen. Genau wie dieser, er könnte von mir geschrieben sein ;-)
    Danke, dass du deine Gedanken mit uns teilst und uns teilhaben läßt. Mir tut es jedesmal richtig gut bei dir zu lesen!
    Liebe Grüße, Susanne
    P.S. Ich war übrigens auch bei Dr. Cloud :-D

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  2. hallo Chrissy,

    oh ja, die Buchmesse. Klingt so oldschool. Ich war durch den damaligen Job ja einige Male schon dort und ich fand es immer sehr interessant und inspirierend und doch sehr stressig.
    Das mit der Natur stimmt so! Es ist wirklich ein guter Gedanke. dort ist es niemald zu laut zu voll usw., obwohl die Natur uns ja ihre Überfülle schenkt. eingentlich komisch;).

    Ich frag emich ja auch ständig, wie es beruflich weitergehen soll, ob das alles Sinn macht und da waren deine Gedanken wirklich gut zu lesen!

    Bis Sonndich vielleicht ...
    N

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  3. Hallo Susanne!
    Danke für deinen ermutigenden Kommentar! Freut mich sehr, dass du hier mitliest. Immer schön ein paar Namen vor mir zu haben, wenn ich schreibe....
    Und du warst auch bei Dr. Cloud? Das ist ja lustig. Hoffe du hast den Weg dorthin besser gefunden:-).
    Ganz liebe Grüße zu Dir!!!

    Und Nicola - du hast recht: Überfülle in der Natur und doch nie zu voll oder überladen...toller Gedanke. Bis So. oder an einem anderen Sonnentag (Killerpark...weißt schon;-))

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  4. Haaaaach jaaaaaa (das soll ein großer virtueller Seufzer sein)

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