Heute morgen krabbelt im Dunkel jemand neben mich unter die Bettdecke. Ein leises Schluchzen: "Ich hab Angst, Mama!". "Wovor denn?", murmle ich müde. Ach, der kleine Sohn hat vor so vielem Angst in diesen Tagen: Dass der Schulbus nicht kommt. Dass der Schulbus ohne ihn abfährt. Dass sein Freund nicht im Bus sitzt. Dass ich nicht rangehe, falls er von der Schule aus anrufen müsste. Dass ich nicht da bin, wenn er wieder kommt. Zum Beispiel. "Die Angst ist eine blöde Kuh!", flüstere ich ihm ins Ohr. "Die schicken wir jetzt mal weg. Und dann nehmen wir uns stattdessen....hmmm, lass mal schauen, wer noch so alles in der Reihe steht: Die dahinten, die uns so anstrahlt! Wie heisst du denn? Zuversicht?! Prima. Dich nehmen wir." Das Kind muss jetzt doch ein bisschen lachen und wir werfen die warme Bettdecke ab und machen uns Frühstück. Und wie er kurz darauf im Dunkel Richtung Bushaltestelle läuft, kann ich sie fast neben ihm herhüpfen sehen, die Zuversicht. Und damit habe ich euch auch schon mein Wort für 2022 verraten. Ihr ahnt es:
Ich weiß, es sind noch ein paar Wochen bis zum neuen Jahr, aber ich durfte ganz spontan diese Woche noch an einem meiner Lieblingsorte vorbeischauen. Und dort, bei einem ausgedehnten Spaziergang durch die Weinberge, ist mit das Wort über den Weg gelaufen, hat mich an der Hand genommen und nicht mehr losgelassen.
Zuversicht. Laut Wortherkunft weit mehr als nur Optimismus. Vielmehr: Ehrfurchtsvolles Aufschauen. Begründete Hoffnung! Sie begegnete mir wieder beim Abendgebet, in der alten Kirche. In die Stille hinein wurden Worte von Jesus gelesen. Seine Beschreibung von den schweren Tagen, die in den letzten Zeiten der Erde kommen werden. Von großer Angst, bedrohlichen Wellen, von Kriegen und einer Natur die aus dem Gleichgewicht gerät. Ehrlich, ich mag es nicht so sehr wenn Christen mit bedrohlicher Stimme von den "letzten Tagen der Welt" reden. Das hat mir in meiner Kindheit große Angst gemacht. Wenn ich nach Hause kam und meine Eltern nicht da waren dachte ich, dass nun die erste Auferstehung geschehen war und ich, wie befürchtet, zurückgelassen wurde (alle Pietistenkinder wissen wovon ich rede). Sagen wir so: Ich habe genug Endzeitptredigten gehört, dass es bis zur Wiederkunft Jesus reicht! Aber als ich nun in dieser Kirche saß, die nur von flackernden Kerzen erhellt war, und der Wind an der alten Holztür rüttelte, da fühlten sich die Worte nicht wie eine Drohung an, sondern wie eine nüchterne Zustandsbeschreibung unserer Welt. Das hat mich kurz etwas erschreckt. Aber dann - wie eine feste Umarmung - fügt Jesus diese Worte hinzu:
Wenn ihr die ersten Anzeichen davon mitbekommt, dann richtet euch auf und erhebt eure Köpfe. Denn eure Erlösung naht! (Lukas21, 28).
Zuversicht! Das ruft Jesus seinen erschreckten Jüngern entgegen. Zuversicht! Es erinnert mich an etwas, was die Soziologin und Autorin Brene Brown einmal ungefähr so beschrieben hat: Wenn man Schreie aus den Kreissaal hört, dann ist das etwas ganz anderes, wie die Schmerzensschreie von anderen Stationen. Da weiß man: Jetzt ist das neue Leben auf dem Weg! Mir scheint unsere Welt liegt in den Wehen. Vielleicht nicht so, dass man alles zusammenpacken und ins Krankenhaus rasen müßte. Aber doch so, dass man einmal die Hand auf den Bauch legen - ein paar mal in den Schmerz atmen - und mit einem Lächeln spüren könnte, dass das neue Leben auf dem Weg ist.
Zuversicht, ihr Lieben!
Zuversicht.
ZUVERSICHT war mein Passwort seit vergangenen Dezember... zwischendurch wurde es abgelöst, aber ich glaube es kommt bald wieder.
AntwortenLöschenDanke für deine Zeilen
Ach wie schön! :-) Und wie geeignet ist dieses Wort für ein Passwort! Ich bin gespannt welche "Fenster" mir das Wort im kommenden Jahr öffnen wird... Schick dir ganz herzliche Grüße und hab eine gesegnete Adventszeit!!!
Löschen... wie passend: welche "Fenster" das Wort öffnen werden... Herzliche Grüße zurück und bleibt gesund und behütet
LöschenLiebe Christina, du kannst wunderbar schreiben. Das Wort Zuversicht begleitet mich die letzten Tage und ich bete um Zuversicht für die Lieben um mich herum und für mich.
AntwortenLöschenLiebe Christina,
AntwortenLöschendanke dir mal wieder für deine wunderbaren Worte! Ein bisschen Zuversicht kann ich im Moment tatsächlich gut gebrauchen. Gut, dass du uns daran erinnerst!
Liebe Grüße
Elisabeth
in einem Cafe dürfen ungeimpfte Menschen nicht mehr sitzen. Auch wenn sie
AntwortenLöschengetestet sind. Und in einem Gottesdienst, nur während dem Gottesdienst.
Was für ein beruhigender Beitrag . Vielen Dank, dass du uns in deinen Gedanken teilhaben lässt. es ist ein herrliches Gefühl diese Zuversicht zu spüren.
AntwortenLöschenLiebe Grüsse Perpetua