Die letzten Tage war Heio unterwegs. Und weil es Feiertag und Wochenende mit eingeschlossen hat war Samuel die meiste Zeit Zuhause. Ein normaler Mensch der das liest wird denken: Na und? (lesen hier überhaupt "normale" Menschen ? ;-)), aber weil ich an vielen Tagen noch mit Erschöpfung kämpfe, und die Kraft meistens nur bis nach dem Abendessen reicht, können solche Tage wie ein Berg vor mir liegen. Pünktlich zu Heios Abreise traf dann noch meine ungeliebte Wegbegleiterin - die Migräne - ein. Sie polterte so heftig in meinem Kopf, dass ich schon ahnte, dass sie sich für ein paar Tage da oben einrichtet.
Das war also der Ausgangspunkt.
Frühstücksbild mit Migränepflaster |
Am Tag zuvor hatte ich diesen Artikel gelesen. Darin schreibt eine junge Frau, die mit Depressionen kämpft, über ihren Alltag und erwähnt dabei das Löffel-Konzept. Grob gesagt geht es dabei um folgendes: Jeder Löffel steht für eine zu erledigende Aufgabe: Aufstehen. Frühstück machen. Anziehen. Kind in den Kindergarten bringen. Einkaufen. Aufräumen... Die meisten Menschen haben ausreichend Löffel in ihrem Besteckkasten. Sie müssen sich im Alltag keine Gedanken machen ob sie reichen oder nicht. Aber wenn man z.B. mit Depressionen kämpft, mit Erschöpfung oder chronischem Erkankungen, dann weiß du nie wie viele Löffel am Morgen in deinem Besteckkasten liegen werden. Vielleicht liegen da nur zwei erbärmliche Löffel und dann muß du genau überlegen welche Aufgaben du damit in Angriff nehmen kannst.
Ich finde dieses Konzept hilft dabei Menschen ein wenig besser zu verstehen die dauerhaft mit Einschränkungen leben müssen. Und es hilft mir in meinem Alltag folgendes zu lernen: Nicht das was nötig ist - nicht die "to-do-Listen" sollen meine Tage bestimmen, sondern das was möglich ist. An manchen Tagen geht vieles und ich kann meinen Alltag einfach in Angriff nehmen. Und dann gibt es die Tage an denen überhaupt nichts EINFACH ist. An denen ich erstmal einen ehrlichen Blick in den Besteckkasten werfen muß. Und dann sollte ich besser sehr sorgfältig überlege was ich mit den wenigen Löffeln anstelle, die darin liegen.
In den letzten Tagen habe ich meine Löffel morgens sichtbar auf den Tisch gelegt. Es waren nicht viele. Und dann habe ich Jesus gebeten mir bei diesen zwei oder drei Aufgaben zu helfen.
Samu beschäftigen- das war der große Servierlöffel:-) |
kleiner Ausflug zum Ende der Straße.. |
Blumen für die Oma holen auf dem Lieblingsmarkt |
Pause machen- vielleicht kommt dadurch manchmal noch ein Löffel dazu? |
Am Ende der Tage war ich einfach nur froh, dass ich Samu kaum angeschrien habe (und nur einmal das F-Wort benutzt habe), dass ich ihn tagsüber nirgends vergessen habe und jeden Abend das richtige Kind mit nach Hause gebracht habe. Ich finde viel mehr kann man von 3-Löffel-Tagen auch nicht erwarten :-).
Wenn ich das alles so aufschreibe dann merke ich mal wieder wie bescheuert es ist, wenn wir uns miteinander vergleichen. Wenn wir entmutigt sind warum wir das nicht schaffen was andere leisten oder wenn wir genervt sind warum der Andere so wenig hinbekommt. Die Sache ist die: wir sehen uns nicht gegenseitig an wie viele Löffel in unserem Besteckkasten liegen. Ich sehe von außen nicht was die jungen Frau mit Depressionen an der Kasse vor mir gerade leistet, wie viel Kraft die müde Mama (oder der Papa, oder die Kassiererin...) braucht um freundlich zu bleiben oder wie viel es meine chronisch erkrankte Freundin gekostet hat bei unserem letzten Gottesdienst vorbeizuschauen.
Danke für den Text. Der tut mir gerade sehr gut.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Andrea
ohh danke
AntwortenLöschenich hadere so mit meinen 2-3 Löffeltagen:(