Ich
konnte es nicht lassen: ich wollte mit meinem Sohn einen Kurzbesuch
auf dem Weihnachtsmarkt machen. Er soll ja merken, dass es eine
besondere Zeit ist - und das nicht weil Mama und Papa den ganzen Tag
hustend auf dem Sofa rumhängen.
Also, Antibiotika eingeworfen und ab zur U-Bahn.
Am Hauptbahnhof strömen uns schon die Massen entgegen:
Hektische
Menschen mit Einkaufstüten an beiden Händen, glühweinselige
Kollegengruppen, erschöpfte Mamas die ihre weinenden oder schlafenden
Kinder im Wagen vor sich herschieben.
Wir
stürzen uns in`s Getümmel, ganz klar mit dem Ziel: Dampfeisenbahn und
die kleine Merklinwelt mit den vielen Zügen zum Beobachten.
Samu drängelt sich durch, findet einen Platz, ganz nah dran und steht und schaut und staunt. Das kann jetzt dauern.
Ich fange an die Leute zu beobachten.
Vor der Kindereisenbahn steht eine längere Schlange. Die Kinder warten begierig auf den Beginn der Fahrt.
Eine
Mutter drückt ihr Kind dem wartenden Opa im letzten Abteil auf den
Schoß. Das Kind brüllt wie am Spieß. "Will nicht!!!!" Der Opa schaut
hilflos die Mutter winkt ab. "Doch, fahren! Das ist toll!" Das Kind hat
keine Chance. Es schreit die ganze Fahrt, bis es endlich wieder in den
Armen der Mutter landet.
Am
Karusell hinter uns höre ich ein Kinderschluchzen und die verzweifelte Stimme
eines Vater: "Ich habe 5 Fahrten für dich gekauft, jetzt fährst du
auch!!!"
Im
Getümmel ging die Diskussion wieder unter. Ich fürchte das Kind musste
fahren oder der Vater hat sich draufgesetzt - als Schwabe verschenkt man
ja nichts! :-)
Es gab natürlich auch leuchtende Kinderaugen und Begeisterung.
Und
ich will nicht ungerecht sein: die erwähnten Eltern haben es sicher gut
gemeint und wollten ihren Kindern ein besonderes Erlebnis bieten.
Totzdem hat es mich nachdenklich gemacht.
Gerade die Weihnachtszeit ist so voll von Vorstellungen (von uns selbst und von den "tollen" Werbebildern) wie es sein sollte:
schön,
fröhlich, harmonisch, Kinderlachen auf dem Karusell, warmer
Kerzenschein, Schneeflocken, Schlitten und Kirchengeläut, Liebe, trautes
Heim und Freude über Freude.
Aber für viele von uns ist es überhaupt nicht so.
Manche
fürchten den jährlichen Familienkrach, die teuren Geschenke die ein
Loch in die Kasse reißen,den Stress ein tolles Essen zaubern zu müssen
und andere fürchten die Einsamkeit und hoffen, dass diese Tage schnell
vorbei gehen.
An Weihnachten fühle ich mich immer hin- und hergerissen:
In
mir ist der Wunsch ausreichend schöne Zeit mit unseren Familien zu
haben, aber auch der Wunsch bei meinen Freunden zu sitzen die ich lieb
habe und für die diese Tage einsam und schwer sind. Und dann würde ich
an Weihnachten gerne etwas kleines, gutes für einen Menschen tun der
nichts erwartet, weil das Leben ihn auf auf die Straße gestellt hat.
Und
ich würde gerne bei all dem noch eine ganze Menge stiller, besinnlicher
Momente haben.
Ein bisschen viele Wünsche für die paar Tage, ich weiß. Kein Wunder bin ich nach den Feiertagen oft fertig und depremiert.
Aber
wenn ich mal alle meine Vorstellungen loslasse (kann ich natürlich
nicht, aber nur theoretisch) und dann einmal ganz frei nachdenken
könnte: was macht Weihnachten für mich wirklich aus?
Da
tauchen vor mir die staunenden Augen meines Sohnes auf, der ganz still
steht, inmitten des Trubels und sich von dem wunderbaren Anblick seiner
geliebten Züge nicht losreissen kann.
Ich glaube mit all dem Zauber und Glitzern was wir an Weihnachten veranstalten haben wir eines verstanden: an Weihnachten sollte man staunen!
Ich glaube mit all dem Zauber und Glitzern was wir an Weihnachten veranstalten haben wir eines verstanden: an Weihnachten sollte man staunen!
Es breitet sich aus, wenn man ihm genügend Raum gibt.
Wenn man stehenbleibt. Und noch ein wenig bleibt.
Und das Kind in der Krippe anschaut.
Vielleicht merkt, dass man sich dazu hinknien muss.
Einen Moment den Atem anhalten.
Im Weihnachtstrubel plötzlich gefunden werden.Von einem Gott der Himmel und Hölle in Bewegung setzte
um bei mir zu sein.
Das, so glaube ich, ist das Herz von Weihnachten.
Und das ist für uns alle: für die gestressten Familien und für die, die entspannt zusammensitzen können. Für die Umschwärmten und für die Einsamen. Für die vom Leben Verwöhnten und die Gebeutelten. Für die Glaubenden und die Zweifelnden.
Für jeden von uns ist hier ein Platz.
Ich will jedenfalls versuchen mich durchzudrängeln, durch den ganzen Weihnachtstrubel meiner tollen Vorstellungen und Wünsche und meinen kleinen freien Platz suchen. Ich will an einem der kommenden Tage einen Moment still halten und warten, dass das Staunen mich ergreift.
Dann hänge ich wenigstens nicht umsonst hustend auf dem Sofa rum:-).
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