Freitag, 12. April 2024

Mein Hoffnungsbaum

Seid ihr auch gerade am Staunen über den Frühling? So sehr wie ich den Herbst liebe - auf eine melancholisch glückliche Art - der Frühling ist so voller Hoffnung auf Leben und trotziger Neuanfänge. Er bringt die Farben nach dem dunklen Winter, das Brummen der dicken Hummeln, die warmen Sonnenstrahlen und den herrlichen Duft vom ersten frischgemähten Gras.

Bei aller Schönheit an unserem Ort gibt es einen Baum über den ich jedes Jahr wieder neu staune. Es ist ein kleiner Apfelbaum, der ziemlich unauffällig am Wegrand steht.


 Erst wenn man näher hinschaut entdeckt man, dass er etwas ganz besonderes ist:

 

Sein Inneres ist fast völlig ausgehöhlt! Jedes Jahr stehe ich mit Heio staunend vor diesem Baum und kann nicht fassen, dass er wieder in voller Blüte steht. Und in jedem (!) Herbst hängen viele kleine Äpfel an ihm. Leider werden sie nicht geerntet, aber ich nehme sie ab und zu beim Vorbeilaufen mit, nachdem sie ins Gras gefallen sind. Und in diesem Herbst möchte ich endlich Apfelmus daraus machen und es an Menschen verteilen, die Hoffnung für ihr Leben nötig haben. Aufs Glas werde ich ein Foto vom Baum kleben und ich wünsche mir, dass dieser trotzige kleine Apfelbaum dem anderen auch so viel Hoffnung macht wie mir.  Jedes Mal wenn ich müde und erschöpft an ihm vorbeikomme, muß ich bei seinem Anblick lächeln!  Er sagt mir:  Egal in welchen Zustand du bist, egal wie ausgehöhlt und müde sich dein Inneres gerade anfühlt - du wirst trotzdem weiter Jahr für Jahr blühen und zur bestimmten Zeit deine Früchte tragen. 

Der Baum flüstert mir auch zu, dass wir an den Früchten aus dem Leben von alten, tapferen Menschen besser nicht achtlos vorbeigehen sollten. Vielleicht ist das eine Sache, die mit der modernen Technik gekommen ist: Wo alte Menschen früher um Rat gefragt wurden und ihre Lebenserfahrung geehrt wurde, fühlen sich heute viele von ihnen einfach nur abgehängt und als Last für die Jüngeren. Wir befragen lieber schnell Google und Co. anstatt bei ihnen anzurufen oder ihnen bei einer Tasse Kaffee eine Weile zuzuhören. Aber mein bestes Apfelkucherezept habe ich nicht aus dem Internet, sondern von meiner Mutter bekommen! Heute wünschte ich, dass ich mehr nachgefragt hätte und hingehört - bei meiner Mutter, meinem Vater und bei meiner Oma. Deshalb freue ich mich umso mehr über die (leider nicht sehr häufige) Begegnungen mit alten Menschen, die mir in so vielem voraus sind.  Ihre Geschichten und die Früchte ihres Lebens, geben mir Hoffnung. 

Und der Baum erinnert mich an das, was der Pastor Rick Warren in einer sehr schmerzhaften Zeit sagte, nachdem sein jüngster Sohn sich nach einer langen seelischen Erkankung das Leben genommen hat (etwas vom schlimmsten was man sich als Eltern nur vorstellen kann). In einem Interview erzählt er, dass er damals diesen Satz, mit Blick auf das Leben seines Sohnes, in sein Tagebuch geschrieben hat:  

In God's garden of grace, even broken trees bear fruit. 

(In Gottes Garten der Gnade tragen sogar zerbrochenen Bäume Früchte).

Und er fügt hinzu: 

And we are all broken. God only uses broken people.  

(Und wir sind alle zerbrochen. Gott verwendet nur gebrochene Menschen.)


DAS erfüllt mich mit großer Hoffnung. Für mich. Für meine Familie. Für meine Freunde. Für meine Gemeinde. Für unser ganze Welt.

 


8 Kommentare:

  1. Dein Text hat mich sehr berührt

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  2. Ein wunderbares, wertvolles Bild. Vielen Dank für diesen kostbaren und berührenden Impuls.

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  3. das ist wunderschön, liebe Christina.
    Grüße aus dem Norden!
    Vorgärtnerin

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  4. Danke für diese wertvollen Zeilen, die mich sicher noch ein paar Tage begleiten werden.
    Deine Texte stärken - du hast eine große Gabe den Alltag mit seinen Geschichten in die richtigen Worte zu fassen.

    DANKE, dass du uns daran teilhaben lässt
    Sonnige Grüße aus Leipzig
    Anne

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  5. Danke, ganz schöne Gedanken!

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  6. Ein sehr schönes Bild! Was du schreibst, gefällt mir. Auch die Gedanken über die älteren Menschen.
    Das Bild erinnert mich aber auch an Psalm 51,19 (Schlachter Übersetzung).
    "Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein zerbrochener Geist; ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, o Gott, nicht verachten."
    Erst dann, wenn wir merken, dass wir selbst nichts können, kann Gott Frucht in uns entstehen lassen.
    Den Baum würde ich gerne auch mal anschauen!
    Viele Grüße von gar nicht weit weg

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  7. Danke für deine erneut wunderbaren und ermutigenden Gedanke und Worte. Wie kann ich dies Bild gerade nachempfinden....

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