Meine Lieblingshaltung am vergangenen
Wochenende war folgende: unbeweglich auf dem Sofa sitzen, Kopf in die
Hände gestützt, Augen geschlossen, tief ein und ausatmen. Vielleicht ist das irgendeine Yogahaltung? Würde ihr den Namen
geben: „erschöpfte Mutter grüßt den Abend“- eine Morgenübung
wohlgemerkt!
Leider blieb für diese Übung wenig
Zeit (der Sohn wollte nicht so recht mitmachen) und ich hab mich mehr
schlecht als recht durch das Wochenende geschleppt.
„Wir brauchen einen
Sabbat“, schimpfe ich und unterbreche den Mann, der am Wochenende viel für die
Gemeinde arbeitet – was ja auch sein Job ist. Wir suchen immer noch einen guten
Rhythmus, wie wir unter der Woche den Sonntag „nachholen“
können...bis jetzt ist es noch nicht so gut gelungen.
Montag mittag habe ich aber meistens
einen freien Nachmittag und ich bin immer noch am ausprobieren, wie
ich in dieser Zeit am besten Kraft tanken kann (das artet dann auch
manchmal in Stress aus, wie letzte Woche wo ich in ein Cafe in
Esslingen wollte, aber ewig durch die Stadt gehetzt bin, weil ich es
nicht mehr gefunden habe. AAAAHH. Ich hasse es wenn ich so verplant
bin!).
Diesen Montag wusste ich, es braucht
einen besonderen Ort. Ich habe zwei vertraute Plätze, zu denen fahre
ich um innerlich runter zu kommen, mich „abzugleichen“- der eine
Ort ist auf dem Betberg bei Freiburg (und ich versuche einmal im Jahr
dorthin zu fahren), der andere ist eine kleine Bank, am Rande der
schwäbischen Alb. Freiburg ist ein wenig zu weit, also
bin ich am Montag Richtung Alb gefahren, in mir eine Mischung aus
Müdigkeit, Heimweh und Hoffnung.
Kurz vor dem Albtrauf bring die Sonne
durch die Wolken. Wie schön. Ich parke, laufe über die verschneiten
Felder, sehe von weitem meine Bank, mein Ort der Ruhe. Aber WTF ist
das? Eine Horde Kinder nutzen den kleinen Abhang davor als
Schlittenpiste. So sehr mich mich sonst auch über Kindergeschrei
freue – bitte nicht hier! Ich keuche trotzdem genervt den Hügel hinauf bis zu meiner Bank und fasse es nicht: sie ist besetzt!
Haben sich doch tatsächlich zwei Menschen erdreistet sich auf MEINE BANK zu setzen. Ich bin sauer auf Gott, kann er mir nicht den Platz
reservieren, wenn ich den ganzen Weg hierher fahre?
Wütend stapfe ich weiter. Schwer sinken meine Schuhe in den Schnee, die Socken sind schon naß und es ist mühsam eine eigene Spur zu setzen.
Ich komme auf einen Trampelpfad und finde mitten im Weg einen Grenzstein, auf den ich mich setze.
Ich komme auf einen Trampelpfad und finde mitten im Weg einen Grenzstein, auf den ich mich setze.
Ganz langsam
werde ich innerlich ruhiger. Mein Blick ruht auf der schneebedeckten
Albhochfläche, ich bin dankbar dass ich hier sein darf, an diesem Ort an dem Gott mir schon so vieles in Herz geflüstert hat: durch den kargen Ackerboden, eine Schafherde die vorbeizog oder einfach auf meiner Bank liegend und in den Himmel starrend, die zerfledderte Bibel griffbereit.
Ich warte darauf, dass er mit mir redet und ahne plötzlich, dass er es schon getan hat: das Kindergeschrei, die besetzte Bank, die mühsamen Schritte, das Ausruhen auf dem Grenzstein, mitten im Weg. Als würde Gott mir damit zeigen, dass die Orte an denen ich in der Vergangenheit Ruhe gefunden habe nicht mehr "funktionieren": Kindergeschrei schon früh am Morgen, "besetzte" Wochenende, mühsames, müdes Vorwärtskommen. Was ich jetzt vor allem brauche sind Trampelpfade, Wege die andere schon vor mir gegangen sind, "Grenzsteine" auf die ich mich setzen kann, mitten im Weg.
Ich warte darauf, dass er mit mir redet und ahne plötzlich, dass er es schon getan hat: das Kindergeschrei, die besetzte Bank, die mühsamen Schritte, das Ausruhen auf dem Grenzstein, mitten im Weg. Als würde Gott mir damit zeigen, dass die Orte an denen ich in der Vergangenheit Ruhe gefunden habe nicht mehr "funktionieren": Kindergeschrei schon früh am Morgen, "besetzte" Wochenende, mühsames, müdes Vorwärtskommen. Was ich jetzt vor allem brauche sind Trampelpfade, Wege die andere schon vor mir gegangen sind, "Grenzsteine" auf die ich mich setzen kann, mitten im Weg.
Meine Oma hatte so einen "Grenzstein". Unser Haus war direkt neben der alten Dorfkirche und wir hörten jeden Abend um 7 Uhr die Gebetsglocken läuten.
Egal was meine Oma gerade tat -und sie war immer sehr beschäftigt- sie legte die Arbeit auf die Seite und betete das Abendgebet. Ich weiß noch, dass es ein seeehr langes Gebet war (meinem kindlichen Gefühl nach) und ich immer gehofft habe Oma ist nicht in der Nähe wenn die Glocken läuten, weil wir dann immer mitbeten mussten. Aber es war auch ein fester Punkt an dem wir wussten: jetzt beginnt der Abend, mit einem ganz anderen Rhythmus. Mein Blick ruhte auf Omas schwieligen Händen die auf der Küchenschürze ruhten, die immer ein Geruch nach Zwiebel verströmte, und ich betete leise ihren ruhig gesprochenen Worte mit:
Egal was meine Oma gerade tat -und sie war immer sehr beschäftigt- sie legte die Arbeit auf die Seite und betete das Abendgebet. Ich weiß noch, dass es ein seeehr langes Gebet war (meinem kindlichen Gefühl nach) und ich immer gehofft habe Oma ist nicht in der Nähe wenn die Glocken läuten, weil wir dann immer mitbeten mussten. Aber es war auch ein fester Punkt an dem wir wussten: jetzt beginnt der Abend, mit einem ganz anderen Rhythmus. Mein Blick ruhte auf Omas schwieligen Händen die auf der Küchenschürze ruhten, die immer ein Geruch nach Zwiebel verströmte, und ich betete leise ihren ruhig gesprochenen Worte mit:
Ach bleib bei uns Herr Jesu Christ, weil es nun Abend worden ist.
Des Tages Arbeit ist herum, und Stille wird es um und um.
So stille du auch unser Herz,
still Sorgen, Furcht, Angst und Schmerz....
Es war der Grenzstein mitten im Weg, ein altes Gebet wie ein Trampfelpfad den andere vor uns gegangen sind. Worte die ich damals nicht verstanden habe, die sich aber tief eingeprägt haben. Worte die den Feierabend eingeläutet haben.
Vielleicht war es früher einfacher die Tagesarbeit abzuschließen. Die Läden im Dorf schlossen spätestens um halb sieben und man traf sich zum "Nachtessen".
Vielleicht war es früher einfacher die Tagesarbeit abzuschließen. Die Läden im Dorf schlossen spätestens um halb sieben und man traf sich zum "Nachtessen".
Heute wird es nicht stille um und um ...ich kann noch bis 24h (!) beim Rewe um die Ecke einkaufen gehen, viele arbeiten abends noch lange, weil sie Schichtdiesnt haben oder Dinge erledigen die tagsüber liegengeblieben sind. Die Einladung Kirchenglocken nimmt kaum noch jemand wahr, ein bewusster Feierabend zu einer festen Zeit ist doch kaum machbar, oder?
Aber vielleicht brauchen wir es heute mehr denn je?
Feste Grenzsteine die uns sagen: jetzt ist es genug. Bete über dem was erledigt wurde und dem was heute liegenbleibt den Segen Gottes. Akzeptiere die Grenzen deiner Kraft, die Grenzen deiner Tage.
Aber vielleicht brauchen wir es heute mehr denn je?
Feste Grenzsteine die uns sagen: jetzt ist es genug. Bete über dem was erledigt wurde und dem was heute liegenbleibt den Segen Gottes. Akzeptiere die Grenzen deiner Kraft, die Grenzen deiner Tage.
Ich weiß, dass es mir gut tun würde ein paar "Grenzsteine" aufzustellen: klare Zeiten wann ich schreibe und wann ich den Stift aus der Hand lege (bzw. den Computer herunterfahre), wann ich aufräume und wann ich den Putzeimer in die Ecke stelle, ein Grenzstein wann ich schlafen gehe, ein Grenzstein an dem ich einen Stop setzte in meinen Gedanken, in meiner Mitarbeit in der Gemeinde...wenn ich darüber nachdenke fühle ich mich schon wieder überfordert und falle in meine "erschöpfte Mutter grüßt den Abend" Position zurück.
Aber ich weiß, dass ich das nicht alleine schaffen muss: Jesus wird mir helfen. Schritt für Schritt. Und vielleicht ist der erste Schritt ein kleines Gebet, abends um sieben.
Heute beginnt die Fastenzeit und ich will es versuchen - mit Gottes Hilfe:
ein 40 Tage Feierabend- Gebet (und Samu muss mitmachen, so wie ich damals).
Ein Gebet, das mich daran erinnert: es gibt noch viel zu tun, aber ich werde nie alles erledigen. Es gibt ein genug (und mein "genug" von heute ist anders als mein "genug" von vor 10 Jahren!). Meine Kraft ist begrenzt, meine Tage sind begrenzt.
Ein fester Grenzstein, mitten im Weg. 40 Tage.
Ich kann nicht garantieren dass ich es schaffe. Wahrscheinlich werde ich es ab und zu auch vergessen (könnte mein Handy- Wecker stellen!). Ich weiß nicht ob ich danach nicht doch noch weiter arbeiten werde, weil einfach zu viel unerledigt ist. Aber vielleicht wird sich etwas in mir verändern? Gebet soll ja tatsächlich manchmal etwas bewirken :-).
Und wer weiß: vielleicht wird der Grenzstein auch länger bleiben. Und vielleicht werden sich die alten Worte dem kleinen Sohn auch so einprägen wie mir. Jetzt versteht er sie noch nicht, aber ich könnte ihm diese alten Worte wie ein Erbe seiner Uroma weitergeben. Und vielleicht schaffe ich ja auch ein Mittagsgebet, und wir bekommen ein wöchentliches Sabbatessen hin und vielleicht...ach ja, ein Stein nach dem anderen.
Ich werde Ende der Woche hier ein, zwei Gebete aufschreiben, die wir die nächsten 40 Tage beten wollen- vielleicht hat ja der eine oder ander von euch Lust bekommen mitzumachen (ist doch viel besser als Schokolade fasten, oder? ).
Hei, vielen Dank für deine Gedanken! Das tat mir grad so gut. Ich werde mitmachen, hab schon hin und herüberlegt, was für die nächsten 40 Tage das richtige ist...deine Idee kam wie gerufen. Werd mir
AntwortenLöschengleich das Handy stellen.
Liebe Grüße, Judith
toll Judith,dann versuchen wir das zusammen:-). Das mit dem handy stellen hat bei mir gut funktioniert...mal schauen wie es weiter geht. Liebste Grüße zu dir und Segen für dich und unser Abendgebet!
AntwortenLöschenLiebe Christina!
AntwortenLöschenVielen Dank für diese tolle Erinnerung. Ich denke auch, dass "Grenzsteine" sehr sinnvoll sind. Für uns als Familie sind es die regelmäßigen Mahlzeiten und Abläufe (Eheabend, Familienabend, Hauskreis, Gottesdienst etc.). Seit einem halben Jahr hab ich nun kein Smartphone, weil mir das zu viel wurde und ich bin in keinen sozialen Netzwerken. Meinen Blog habe ich vorallem, um meine Gedanken nieder zu schreiben. Für mich sind diese Entscheidungen auf jeden Fall persönliche "Grenzsteine". Ich merke, wieviel freier ich dadurch geworden bin und dass ich dadurch viel präsenter in meinem Hier und Jetzt bin.
Vielen Dank dir für deine inspirierenden Artikel! Ich schaue immer sehr gern bei dir vorbei :)
glg Lena
liebe christina,
AntwortenLöschenwie gut sie mir tun: deine worte, deine gedannken! innehalten in einem trubeligen alltag - grenzstein, es würdigen, genug getan zu haben - grenzstein, abendgebet - grenzstein. auch bei mir wird das handy klingeln und mich erinnern. das ist gut und hilfreich! nun werde ich mich noch auf die suche nach einem gebet machen. das ist viel besser als gummibärchen und schokolade! :-)
liebe grüße von der ostsee
kerstin
Hallo Lena!Ach ja, das mit dem Smartphone ist eine gute Idee...und wie schön, dass ihr so regelmässige Abläufe habt! Da arbeiten wir noch dran. Danke für deine Gedanken!!!
AntwortenLöschenUnd Grüße zur Dir, Kerstin! Wie schön, dass du mitmachst!Finde es ein besonderer Gedanke, dass wir um 19h zusammen beten... Hoffe du findest ein gutes Gebet, vielleicht eins von unseren?!SEGEN!
Liebe Christina,
AntwortenLöschendanke für diese wunderbare Idee.
Ich werde mitmachen und bin schon sehr gespannt, an wie vielen Grenzsteinen ich haltmache und wie viele ich letztlich doch (sehenden Auges?!) übersehe.
Liebe Grüße
Melanie
Ach wie schön, Melanie! Dann wünsche ich dir ganz viel Segen und dass wir ganz oft zusammen abends über den Grenzstein stolpern und Feierabend machen:-). Ganz liebe Grüße zu dir! Christina
AntwortenLöschenWie gut. Ich stell mir auch den Wecker. Wie gut zu merken, was andere Generationen vor uns schon Gutes 'gesät' haben ohne es zu merken!? Bei mir kommen Erinnerungen an Oma und Mama hoch...
AntwortenLöschenIch komm so gerne vorbeigeschlendert bei Dir!
Liebe Andrea! So schön, dass du hier immer wieder vorbeischlenderst...und dass wir das Abendgebet zusammen versuchen. Liebste Grüße zu dir!!!
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