Nun leben wir schon ein ganzes Jahr in dieser verrückten Coronazeit. Letztes Ostern war alles noch ganz neu und irgendwie auch aufregend. Anstatt wie gewohnt mit Weggefährten am Karfreitag auf den Birkenkopf zu wandern und dort am Kreuz zusammen an Jesus zu denken, haben wir die Passionsgeschichte aufgeschrieben und an die Bäume gehängt. Wir haben einen kleinen Ostergarten im Wald zusammengestellt, am Sonntag voller Elan "Jesus ist auferstanden" auf die Straßen gemalt, den Stein vom Grab weggerollt, um dann gespannt vor unserem ersten Zoom-Gottesdienst zu sitzen. Und dieses Jahr? Fehlt mir ehrlich gesagt der Elan Ostern so ganz anders und trotzdem besonders zu gestalten. Zum Glück geht das nicht allen so. Die Kirchen an unserem Ort haben einen wunderbaren kleinen Ostergarten aufgebaut. Gestern abend bin ich noch spontan dort vorbeigegangen. Von weitem glitzerten die Weingläser auf dem Abendmahlstisch. 13 Gläser, die darauf warten gefüllt zu werden. Pessach. Erinnerung an die Befreiung aus Unterdrückung und Sklaverei. Unbekümmerte Tischgemeinschaft. Lachen und Gespräche die munter hin und her gehen. Aber auch: plötzlich ernste Fragen. Bedrückte Stille. Vorahnung einer dunklen Nacht.
Bei der nächsten Station: Herrliche Kindergedanken die mich zum Schmunzeln bringen und Gottes Vaterherz ganz bestimmt mit Liebe erfüllen...
Und dann denke ich auch an die verzweifelten Gebete Jesus. Die große Angst. Ein schweigender Vater. Schlafende Jünger. Durch die dunklen Stunden kämpfte sich Jesus allein.
Ich komme an den Stationen vorbei die an Verrat, Verleugnung und Folter erinnern. Denke an meine Glaubensgeschwister für die diese Worte bittere Relität sind. Denke an Myanmar, Weißrussland und Hongkong. So viel Mut und Leid auf den Straßen dieser Welt. So groß die Sehnsucht nach Befreiung von Unterdrückung...
In der Abenddämmerung gehe ich weiter. Vorbei am Kreuz. Bis zum leeren Grab. Ich sehe die zusammengelegten Tücher und frage mich, wie Maria: Wo ist Jesus? Da ist so viel Unfassbares in diesen Tagen. Und so viel Sehnsucht .
Meine liebste Lieblingsstelle kommt an der letzten Station. Es ist das Lagerfeuer am See Genezareth, an dem Jesus seinen Jüngern Essen vorbereitet. Müde kommen sie an. Mit ihrem Versagen im Herzen. Ihrem Frust. Der ganzen Verzweiflung. Und da steht plötzlich Jesus am Ufer. Mit der Einladung zum Frühstück. Vielleicht weil er wusste, dass seine Jungs nach den wilden Tagen, dem Mystischen und dem Unfassbaren, etwas ganz Handfestes benötigten. Etwas Vertrautes. Wellenrauschen. Ein knisterndes Feuer. Herrlich gebratener Fisch und frisches Brot. Liebevolle Neckereien. Vertraute Gesten. Mit vollem Magen wieder voller Zuversicht, dass am Ende doch noch alles gut werden könnte. Dass die Geschichte weitergeht. Größer. Wilder. Beängstigender und besser als gedacht.
Heute , ja heute möchte ich Danke sagen für alle Zeilen, auch für die vorherigen Worte. Immer wieder berühren Sie mein Herz, meine Sehnsucht - vielen Dank!
AntwortenLöschenOh DANKE. DAs kommt an, in meinem Herzen.
LöschenDas ist schön, Christina.
AntwortenLöschen(auch das mit dem Einhorn.)
Bald wird alles wieder besser und wir feiern auf einem Pulk.
Das sagen Jesus und ich uns die ganze Zeit, und insgeheim hoff ich, dass dieses "bald" nicht so lange wie sein "Ich komme bald".
(psssst: Das Land heißt Belarus. Nicht Weißrussland. Das ist die veraltete Bezeichnung.)
Liebe Christina, wertvolle Gedanken - danke fürs Teilen!
AntwortenLöschenGottes Segen für dich und deine Lieben!