Wenn wir in diesen Tagen vom Motorenlärm geweckt werden, dann wissen wir: Es ist Erntezeit! Die Maisfelder neben dem Haus werden mit großen Maschinen abgeerntet - wir sind erstaunt wie schnell das geht, und auch ein überraschter Feldhase und ein Reh hüpfen aufgescheucht Richtung Wald.
Heio zieht seinen Arbeitspulli an und erntet die Trauben im Garten, um mit Samuel und seinen Freunden Traubensaft zu pressen. Am vergangenen Wochenende haben wir dann die Äpfel auf dem "Stückle" der Schwiegermutter von den Bäumen geschüttelt und zur Mosterei gebracht. Wir genießen das erste Glas und verteilen dann vom süßen Saft an Nachbarn und Freunde. Ernte muß gemeinsam geschmeckt und gefeiert werden!
Von meiner Oma weiß ich, dass früher das Erntedankfest auf dem Dorf etwas ganz besonderes war. Man schmückte Häuser und Tiere und dann rollten die Erntewagen, einer nach dem anderen, die Hauptstraße entlang. Es gab wohl die Tradition, dass der erste Wagen schweigend heimgefahren wurde, voller Erfurcht über die erhaltenen Ernte. Diese erste Ernte war nicht für den eigenen Vorratsspeicher gedacht, sondern sie wurde an die Armen und Bedürftigen verteilt. Kam dann der letzte Erntewagen vom Feld bracht großer Jubel aus und das Erntedankfest nahm seinen Anfang.
Mich hat das sehr beeindruckt. Was für eine wunderbare Tradition hatte die Generation meiner Großeltern - besser als jedes amerikanische Thanksgiving! Was für eine Ehrfurcht wurde mit diesem Schweigen ausgedrückt. Diese hart arbeitenden Bauern wussten: Die Ernte ist immer Geschenk. Man kann sich mühen und zur richtigen Zeit säen - das Wachstum schenkt der Herr. Ihre Dankbarkeit zeigte sich darin, dass sie die ERSTEN Erträge der Ernte abgegeben haben - nicht die Reste vom letzten Wagen, die nicht mehr in die Vorratskammer gepasst haben.
Ehre Gott mit allem was dir gehört. Gib ihm das Erste und das Beste. Dann werden sich deine Vorratskammern füllen und deine Weinvorräte überlaufen. (Sprüche 3,9)
Was für eine große Verheissung gibt Gott seinem Volk, wenn sie ihm das Erste und Beste geben! Ich fand den Gedanken so toll, dass ich beim Erscheinen meines zweiten Buches mit Heio abgesprochen habe, dass wir die Einnahmen aus den ersten Buchverkäufen ganz an Gott geben werden. Es war jetzt wirklich nicht megaviel - und andere Spenden ja ihre gesamten Einnahmen! - aber es war schon ein bisschen ein Opfer (was es ja auch sein sollte :-)). Besonders weil die Bestellungen sehr zögerlich waren. Überhaupt wurde das zweite Buch insgesamt nicht so gut verkauft wie ich das erwartet hatte. Nicht nur weil ich es gut fand - schließlich hatte ich ja auch die "Erstlingsgabe" gegeben! Und dann fiel die Ernte doch etwas spärlich aus. Hat also Gott seine Verheißung nicht eingehalten? Oder galt dieses Wort nur für das Volk Israel? Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann hat er sich sehr wohl an sein Wort gehalten. Er hat nur die Währung gewechselt! Anstatt mit Buchverkäufen wurden wir mit Trauben und Äpfeln gesegnet und mit Tomaten aus dem Garten der Freunde. Mit Freundschaft und guten Begegnungen. Mit Ofenwärme und freundlichen Nachbarn... Ach, mit Güte und Freundlichkeit Gottes zum Überlaufen!
"Gott lässt sich nichts schenken!", das hat meine Oma oft gesagt. Ich glaube er lässt sich schon etwas schenken. So wie wir Eltern von unseren Kindern auch freudig Geschenke annehmen, weil sie ihrer Wertschätzung uns gegenüber Ausdruck verleihen. Aber unser Versorger ist und bleibt der Herr. Und am Ende sind wir eben doch immer die Beschenkten! (und ich glaube genau so hat es meine Oma auch gemeint).
Passenderweise las ich gestern darüber, dass es in vielen Völkern einen Brauch gab, das Beste zu verschenken. Nicht die abgetragenen Klamotten oder die Dinge, die man nicht mehr gebrauchen konnte. Nein. Das Beste wurde ausgesucht und verschenkt! Es war sogar eine richtige Prestigesache, weil damit sichtbar ausgedrückt wurde: Wer es sich leisten kann das Beste zu verschenken, der ist wahrlich reich!
Und genau so ist es doch: Ich bin wahrlich reich! Deshalb will ich immer mal wieder das Erste und Beste verschenken was ich habe: Die Lieblingsjacke, die einer Freundin eigentlich noch viel besser steht. Zur besten Zeit des Tages ein paar Loblieder singen. Den erste Strauß Sonnenblumen, eigentlich für mich gepflückt, der syrischen Mama in die Hand drücken... Ganz kleine "Erstlingsgaben" die mich ein bisschen freier werden lassen von meinem ständigen Habenwollen und der Angst zu kurz zu kommen. Und die mich daran erinnern, dass alles was ich habe geschenkt ist, und dass ich wahrlich unfassbar reich bin!!!!
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(Foto: canva.com)
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