Gestern hatte ich Spätschicht in unserem Behindertenheim.
Durch Heios Arbeitswechsel kann ich jetzt meine wenigen Dienste unter der Woche arbeiten (und nicht mehr am Wochenende), was von meinem Arbeitgeber richtig toll ist.
Ich finde es auch gut, aber es gibt einen kleinen Nachteil: Während der Schulzeit muss man abends die "Big Macks" von den Kindern besprechen. Das ist nichts zum Essen, sondern ein Hilfsmittel zur "unterstützenden Kommunikation".
Durch Heios Arbeitswechsel kann ich jetzt meine wenigen Dienste unter der Woche arbeiten (und nicht mehr am Wochenende), was von meinem Arbeitgeber richtig toll ist.
Ich finde es auch gut, aber es gibt einen kleinen Nachteil: Während der Schulzeit muss man abends die "Big Macks" von den Kindern besprechen. Das ist nichts zum Essen, sondern ein Hilfsmittel zur "unterstützenden Kommunikation".
Das Ganze funktioniert wie ein kleines Aufnahmegerät: Man berichtet in ein paar Sätzen was das Kind bei uns im Heim erlebt hat und über seinen Tag erzählen will und in der Schule können es die Lehrer dann abhören. Durch einen leichten Druck auf die große Taste kann es das Kind auch selbst "erzählen".
Ich saß gestern etwas ratlos da, den Big Mack in der Hand, das schwerstbehinderte Mädchen neben mir und ich habe sie gefragt: was soll ich über deinen Tag erzählen? Was willst du sagen, was war schön, was war schwierig - was hast du erlebt?
Leider ist es so,dass die Kinder, nüchtern betrachtet, bei uns nicht so viel erleben. Nicht oft kann man etwas so spektakuläres wie "Ich hatte Besuch", "Wir haben ein Fest gefeiert" oder "Ich habe einen Ausflug gemacht" erzählen.
Einen Satz könnte ich aber jeden Abend und bei jedem unserer Kinder draufsprechen:
"Heute war ein Tag an dem ich DA war!"
Einen Satz könnte ich aber jeden Abend und bei jedem unserer Kinder draufsprechen:
"Heute war ein Tag an dem ich DA war!"
Ich habe das Essen geschmeckt, den Wind gespürt, habe geweint und mich geärgert und mich gefreut wenn jemand Zeit hatte mich in den Arm zu nehmen. Ich habe die Sonne auf meinem Körper wahrgenommen und auch die Stimmung meiner Bezugserzieherin. Ich war ganz zufrieden wenn ich gut gelagert war und keine Schmerzen hatten. Ich habe mich über meine Lieblings-CD gefreut und mein Lieblingsgeräusch hat mich heute, wie auch an all den vielen Tagen zuvor, zum Lachen gebracht. Ob es etwas erzählenswertes ist weiß ich nicht: aber so war mein Tag: Ich war einfach DA.
Aber das spreche ich nicht auf den Big Mack.
Aber das spreche ich nicht auf den Big Mack.
Vielleicht weil das von meinem Gefühl her nicht reicht oder es nicht pädagogisch oder therapeutisch genug ist, oder die Lehrer dann denken wir machen nichts mit den Kindern. Und deshalb versuche ich mühsam ein paar Sätze zu finden die aus ein paar Stunden, an denen nicht viel passiert ist etwas besonderes rausholen.
Als wäre es nichts besonderes einfach da zu sein.
Heute morgen war ich bei unserem Bäcker Brot kaufen.
Es war viel los in dem kleinen Laden und hinter der Ladentheke standen drei Verkäuferinnnen. Ich habe müde meine Bestellung aufgegeben und während dem Geld rauskramen leicht panisch festgestellt, dass ich nicht weiß bei wem ich bezahlen soll. Ich hatte keine Ahnung mehr mit welcher der drei Verkäuferinnen ich gesprochen habe. Der Grund dafür war nicht, dass sie sich so ähnlich sahen (überhaupt nicht!) sondern ich war nicht wirklich da. Meine Gedanken waren schon vorausgeeilt zum nächsten Punkt in meinem Tagesablauf und ich habe dadurch den Menschen vor mir völlig übersehen.
Danach bin ich schnell nach Hause um die Wohnung aufzuräumen. Aus den Augenwinkeln habe ich wahrgenommen wie vor dem Fenster der Wind den blühenden Kirschbaum hin- und hergeschüttelt hat, wie winkende Girlanden. Eigentlich mein Lieblingswetter, aber ich hatte keine Zeit es zu genießen. Es gab ja noch soviel auf meiner "to-do-Liste".
Abends saß ich mit Kopfschmerzen beim Abendessen, den Blick zur Uhr: noch über eine Stunde, bevor ich Samu in`s Bett bringen kann. "Mama, komm doch spielen!", forderte er mich auf, aber Mama war müde und lag in Gedanken schon auf der Couch.
Kennt ihr solche Tage? Sie gehen vorbei, ohne dass ich richtig hingeschaut habe. Ein Tag meines Lebens und ich war nicht wirklich dabei.
Danach bin ich schnell nach Hause um die Wohnung aufzuräumen. Aus den Augenwinkeln habe ich wahrgenommen wie vor dem Fenster der Wind den blühenden Kirschbaum hin- und hergeschüttelt hat, wie winkende Girlanden. Eigentlich mein Lieblingswetter, aber ich hatte keine Zeit es zu genießen. Es gab ja noch soviel auf meiner "to-do-Liste".
Abends saß ich mit Kopfschmerzen beim Abendessen, den Blick zur Uhr: noch über eine Stunde, bevor ich Samu in`s Bett bringen kann. "Mama, komm doch spielen!", forderte er mich auf, aber Mama war müde und lag in Gedanken schon auf der Couch.
Kennt ihr solche Tage? Sie gehen vorbei, ohne dass ich richtig hingeschaut habe. Ein Tag meines Lebens und ich war nicht wirklich dabei.
Der Autor Frederik Buechner erzählt, wie er eine Gruppe von Studenten am frühen Abend unterrichten wollte. Gerade war er dabei mit seinem Vortrag zu beginnen, da nahm er durch die Fenster der Klassenzimmers wahr, dass sich draußen ein Sonnenuntergang in den wunderbarsten Farben ereignete. Er hielt mit seiner Rede inne und bat die Stundenten das Licht auszumachen und die Stühle an`s Fenster zu rücken. So saßen sie dann, in völliger Stille, und sahen gemeinsam wie die Sonne unterging. Er berichtet darüber:
"Wir saßen still im Dunkel. Kein Wort wurde gesprochen. Der Sonnenuntergang- so schön er auch war- war vielleicht nicht das Besondere, was in diesem Moment geschah. Es war die Stille, die plötzlich über uns lag. Keine Stille, die peinlich gewesen wäre. Wir waren uns der Gegenwart der anderen bewusst. Und wir waren einfach nur da. Nichts wurde getan. Es gab keine erklärenden Worte. Wir nahmen wahr was es zu sehen gab. Und wir sahen nicht nur die Sonne so wunderbar untergehen, wir sahen auch ein Tag in unserem Leben der zu Ende ging -ohne Traurigkeit, einfach in dem Bewusstsein: wir haben nur soundsoviele Tage und das war einer davon. Kurz dachte ich darüber nach ob ich nicht ein paar Worte an die Studenten richten sollte, es war schließlich mein Unterricht. Aber es gelang mir zu schweigen und ich sagte in das Dunkel und die Stille hinein: "Ihr könnt gehen". Schweigend gingen wir auseinander. Ich glaube es war ein guter Unterricht."
Das finde ich auch: Es war ein guter Unterricht, von Frederick Buechner und von meinen Kindern bei der Arbeit. Und ich will davon lernen.
Heute will ich dabei sein.
Ich will rausgehen und den Wind spüren und wahrnehmen, was es zu sehen gibt.
Ich will die Verkäuferin anschauen und dankbar sein, dass sie mich so freundlich bedient.
Ich möchte den kleinen Sohn beim Sandeln beobachten und mich nicht nebenher ständig mit meinem Handy beschäftigen.
Ich will das Essen schmecken und mich darüber freuen, wie gut wir jeden Tag versorgt werden.
Ich will meine "to-do-Liste" loslassen und meine Lieblingsmusik einlegen.
Ich will mich umarmen lassen und will jemand sagen, dass ich ihn lieb habe.
Und vielleicht werde ich heute abend einfach mal den Fernseher auslassen, das Licht ausmachen und den Stuhl vor`s Fenster rücken und still dabei sein, wie ein (ganz gewöhnlicher) Tag meines Lebens zu Ende geht.
Und dann will ich in`s Dunkel flüstern: "Danke für diesen Tag. Danke, dass ich dabei war."
Mal schauen ob es mir gelingt...
Ach Christl - toll wie immer! Du inspirierst mich und lenkst mein Gedanken so oft in so gute und andere Richtungen - DANKE!
AntwortenLöschenFreu mich sooo euch nächste Woche zu sehen!
Drück Dich Tabea
Danke Tabea...Wir freuen uns auch sehr auf Euch!!! Liebste Grüße und bis ganz bald!
AntwortenLöschenIch hätte gerne den Schaukelstuhl. Mein Leben macht keinen Sinn mehr ohne ihn.
AntwortenLöschenOder wahlweise das Glas Wein.....
Haha, du alte Säuferin- da ist Mineralwasser in dem Glas!
AntwortenLöschenUnd Samuel verteidigt den Schaukelstuhl mit seinem Leben :-)
Liebste Grüße zu dir!!!!
Danke, tut gut, Dein Post! :)
AntwortenLöschenBecky