Dienstag, 8. März 2022

Mein wahrer Satz

Vor kurzem hat meine Freundin Veronika einen Blogartikel geschrieben unter der Überschrift: Ein wahrer Satz. Sie schreibt darüber, wie schwer es manchmal ist, Sätze zu schreiben die nicht zurechtformuliert und gezähmt wurden, sondern die einfach  wahr sind. Das hat mich (und viele andere Leser) sehr angesprochen. Wenn man öffentlich schreibt, dann ist es schon so, dass man manches filtert und aussortiert und das ist - zumindest in meinem Fall - oft auch ganz gut so! Aber letztlich kann es passieren, dass beim ganzen Aussortieren etwas Wahres und Wirkliches verlorengeht. Und ich glaube es tut unserer Seele gut, wenn wir Orte haben an denen wir ungefiltert und unsortiert reden und schreiben können. Ersteres nenne ich beten und für letzteres habe ich mein Tagebuch. Und seit kurzem habe ich noch dieses kleines Buch in das ich jeden Tag einen Satz schreibe. 

 

 Ich will euch meinen Satz von heute schreiben (auch wenn es mir ein bisschen schwerfällt):

So wenig emotionale Kraft. Hab Samuel vor Wut (bei Hausaufgabenverweigung) geschüttelt und auf den Po geschlagen. Scheitere beim Mamasein, wie bei allem anderen auch. Dankbar für Gnade und lange Spaziergänge zum Runterkommen und für ein Kind das vergeben kann.

So sieht es gerade aus. In mir. Und bei uns Zuhause. Die Welt schmerzt, mein Kopf tut weh und mein derzeitiges Grundgefühl ist: Überforderung! Ganz ähnlich wie in dieser Situation am vergangenen Wochenende: 
Wir haben einen kleinen Schäferwagen für unser "Baum-Stückle" bekommen. Und als wir ihn voller Stolz auf die Wiese gefahren haben, ist er eingesunken (und fast zur Seite weggekippt). Alle Anstrengungen den Wagen an die richtige Stelle zu ziehen, blieben erfolglos. Er sank nur immer tiefer ein. Dummerweise an der Grenze zum Nachbargrundstück! Wir waren völlig fertig und wussten keinen Rat mehr. Wir hielten nach kompetenten Helfern Ausschau und der entscheidende Tipp kam von einem Waldarbeiter. In der Nähe gab es wohl einen Schafhirten, der einen Traktor mit Gabelschaufel hat (oder so ähnlich, mir fehlt das Fachwissen in dem Bereich). Heio lief los und kam mit der guten Nachricht zurück, dass der Hirte sich gleich auf den Weg machen würde.  Und tatsächlich. Er kam. Mit schwerem Gerät. Und stellte unseren Wagen an die (fast) richtige Stelle. Was waren wir erledigt, erleichtert und dankbar! Nachdem wir noch die Girlande am Wagen angebracht hatten fuhren wir erschöpft aber glücklich wieder nach Hause. Vorbei an "unserem" Hirten, der gerade dabei war seine Schafe nach Hause zu bringen und uns fröhlich zuwinkte bevor er einem kleinen Schaf hinterher spurtete, das ausgebüxt war.


 

Und auch wenn sich das nach schön formulierten Sätzen anhört - sie kommen direkt aus meinem Herz: Was bin ich dankbar, dass ich in diesen Tagen den Karren nicht aus dem Dreck ziehen muss!  Was bin ich dankbar für andere Helfer, die scheinbar viel besser wissen wo man anpacken muss! Und wie dankbar bin ich, dass wir einen Hirten um Hilfe bitten können, der das nötige schwere Gerät mitbringt! Der wirklich helfen kann. Bei den Krisen der Welt und denen in unseren Wohnzimmern. Oft sind es nicht die großen Hau-Ruck-Aktionen, bei denen das Problem ein für alle Mal beseitigt wird. Leider. So ein Schaufelbagger, der ungebremst Richtung Kreml fährt, hätte schon was! (andererseits bin ich froh, dass er nicht ungebremst in unser Wohnzimmer fährt;-)) Aber er sammelt seine Menschenkindern. Er kümmert sich um Verletzte und fängt Verlorene ein. Diejenigen die vor Angst flüchten und alle die sich auf offener Wiese verlaufen. Die nicht mehr wissen wo ihnen der Kopf steht. Die mit ihren Kindern die Geduld verlieren. Er gießt Gnade über die Wunden. Und Hoffnung ins Herz.  Lass dich tragen, flüstert er. Lass dich tragen. Ich bin da. Ich behalte den Überblick. Fürchte dich nicht. Und dann sagt er noch: Ich hab dich lieb. So wie du bist. Ganz ungefiltert und unsortiert." Und ich hoffe und will es auch glauben: Das ist ein zutiefst wahrer Satz. 

 

 

9 Kommentare:

  1. Liebe Christina,
    Danke für den ehrlichen Satz! Danke für deine Offenheit nicht nur die gefilterten Emotionen zu zeigen!
    Mir hast du damit gerade auch ein Stückchen Schuldgefühl genommen, denn so oft denkt man, man ist die einzige Mama, die Fehler macht und Dinge sagt oder macht, die falsch sind…
    Ich wünsche Samu und dir, dass heute die Sonne bei euch scheint, Herzen wärmt und ihr einander weiter ehrlich begegnen und vergeben könnt!!
    Sei gesegnet!

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    1. Danke dir liebe Anne! Ach, wie oft denke ich das auch, dass ich die einzige Mama bin, die es sowas von nicht auf die Reihe bekommt (an manchen Tage;-)). Und dann kommen Gott sei Dank wieder die sonnigeren Tage... Beide gehören wohl zu unserem Leben. Wie gut wenn wir auch beides miteinander teilen können. Ich schick dir liebste Grüße zurück! Gnade und Frieden von Jesus mit uns.

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  2. Liebe Christina,

    ich schreibe öffentlich und auch privat. Ich möchte gerne ehrlich sein, aber natürlich filtere ich im öffentlichen Bereich auch. Gerade weil ich mit meinem Mut zu vielen Kindern schon sehr angreifbar bin. Gerade schreibe ich gar nicht öffentlich, weil mir die Worte fehlen. Das ist dann auch mal so und in Ordnung. Es tröstet mich, das du auch damit struggelst.

    Liebe Grüße
    Andrea - die Großfamilienmama

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    1. Liebe Andrea! Danke für dein Kommentar. Ja, manchmal fehlen die Worte, das kenne ich auch ganz gut. Wünsche dir Segen für diese Zeit und für deine Familie!

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  3. DANKE!!!
    Deine Ehrlichkeit (die man,meines Erachtens,auch durch scheinbar gefilterte Sätze oft herausspürt!)tut so gut! Danke für deinen Mut diesen wahren Satz zu teilen!
    Vielleicht sollten wir Mamas (und Papas)insgesamt mutiger werden,solche Sätze zu teilen (und nicht nur wie toll die eigenen Kleinen sind) und uns dadurch ermutigen,tragen und gemeinsam zum Hirten gehen!
    Grüße aus der Familienquarantäne im Vogtland!

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    1. Danke Neli für deine guten Worte! Du hast ja so recht: Wir sollten öfters miteinander unsere "wahren Sätze" teilen... Wünsche dir ganz viel Kraft für eure Familienquarantäne!Segensgrüße zu Dir ins schöne Vogtland!!!

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  4. Liebe Christina,
    mir kommen gerade die Tränen. Vielen Dank für Deine Offenheit.
    Dein Satz hätte 1:1 von mir kommen können. Auch ich habe so wenig emotionale Kraft und verliere immer wieder die Geduld gegenüber meinem 11-Jährigen. Auch mein Sohn kann gut vergeben, ich kann das nicht so gut. Mir hängen solche Vorfälle noch tagelang nach.
    Gnade über die Wunden gießen klingt wunderbar!
    Ich wünsche Dir und Deiner Familie viel Kraft, Hoffnung und Geduld!
    Sei gesegnet!
    Dagmar

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    1. Liebe Dagmar! Danke. Und ach, das kenne ich auch so gut: die Scham und dass man sich selbst so schlecht vergeben kann.... Da wünsche ich Dir (und mir!), dass wir die Gnade mit offenen Händen einfach annehmen können und zu "hinkenden Liebenden" werden. Schick dir liebste Grüße zurück! Kraft und Segen für dich und deine Lieben!

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  5. Ich schätze deine Ehrlichkeit. Sie tut so gut. Schön, dass es dich gibt

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