Mittwoch, 22. Juli 2020

Heimatgedanken

In diesen Tagen denke ich viel über das Thema Heimat nach. Einmal weil ich nächste Woche zu diesem Thema interviewt werde, aber auch weil ich in meinem Umfeld gerade immer wieder mit der Endlichkeit unseres Lebens konfrontiert werde. Da liegt, neben allem was uns auf dieser wunderbaren Erde Heimat ist, die Frage nahe, wo wir am Ende ankommen werden, gepaart mit der großen Hoffnung von uns Jesusnachfolgern, dass wir mir offenen Armen erwartet werden.
Gestern war der Todestag von meinem Vater.  Vor acht Jahren ist er in seiner himmlischen Heimat angekommen. (Ich musste nochmal nachrechen: Wirklich, es sind erst acht Jahre! Ich vermisse ihn schon eine gefühlte Ewigkeit). Es gibt Tage, da kommt mir dieses ferne Zuhause wie eine Fata-Morgana in der Wüste vor. Eine flackernde Vision am Horizont, die sich am Ende vielleicht im Nichts auflösen wird. Dann hilft es mir, wenn ich an die letzten Stunden meines Vaters denke. Wie wir an seinem Bett standen und gespürt haben: Jetzt heisst es Abschied nehmen. Wie meine Mutter, sein geliebtes Klärle, seine Hand fest drückte und ihm sagte, dass er jetzt gehen darf. Und wie in seinem letzten Atemzug sein Gesicht aufgeleuchtet hat als wäre sein Blick auf so etwas wunderbares gefallen, was wir, als Hinterherwinkende, nur erahnen konnten. In den dunklesten Stunden greift man unwillkürlich zu der Hand, die vertrauenswürdig ist. Man spürt, dass das, was im Leben getragen hat, einen auch durchs Sterben tragen kann. Das habe ich bei meinen Eltern so erlebt. Das war weit weg von Fata-Morgana. Es war wie ein Auftauchen aus dem Nebel. Ein Augenblick großer Klarheit. Die Demenz hatte den Verstand meines klugen Vaters in seinen letzten Jahren immer mehr getrübt. Als ich ihm Samuel, seinen neugeborenen Enkel, voller Freude aufs Bett legte, hat er ihm nur abwesend das Köpfchen gestreichelt. Es war einer der Momente in denen ich aus dem Zimmer musste, um zu weinen. Um alles was hätte sein können. Und niemals auf dieser Erde sein würde. Aber es gab die Momente in denen sich der Nebel gelichtet hat. Da war dieses Strahlen auf seinem Gesicht, wann immer der Name seiner Frau fiel, die er so sehr geliebt hat. "Dein Klärle ist da, Papa." Trostwort. Und da war der Name seines Gottes. Wie ein Licht, hat ihn dieser Name durchs Dunkel begleitet.  Beten konnte er noch als er schon lange keine Sätze mehr für ein Gespräch mehr formulieren konnte. Klar und deutlich. Und als dann das Beten nicht mehr ging, waren es Gesangbuchlieder und Bibelverse, zu denen er mit Tränen in den Augen seine Lippen bewegt und sein Amen geflüstert hat. Und am Ende dieser Blick, der mehr sagte als alle Worte.
Daran will ich mich erinnern, wenn mich heute die Zweifel überfallen, ob es wirklich so eine Heimat gibt. Wenn mir das Dunkel, das andere gerade durchschreiten müssen, so undurchdringlich vorkommt. Wie gut wenn wir Trostworte füreinander haben. Wenn da Namen von Menschen sind, die uns zum Strahlen bringen. Menschen die uns hier, auf dieser wunderbaren und verwundeten Welt, Heimat waren. Und wie gut, wenn wir den einen Namen gesagt bekommen der  heilt und rettet und der lebendig macht und alles Dunkel und alle Not überstrahlt. Jesus. Unser Jesus. Offene Arme, die uns jeden Tag unseres Lebens halten und trösten können. Auch an unserem letzten Abend.

"Die Schule ist aus, die Ferien haben begonnen. Der Traum ist zu Ende, der Morgen ist da." Als er so sprach, sah Aslan für sie nicht mehr wie ein Löwe aus. Und was sich danach ereignete, war so großartig und schön, dass man es nicht beschreiben kann.
(aus Die Chroniken von Narnia, C.S. Lewis)

 

4 Kommentare:

  1. mutterherzblog.wordpress.com23. Juli 2020 um 04:34

    Was für kostbare Erinnerungen, die Du vom Sterbebett Deines Vaters mitgenommen hast!
    Ein Beweis für die himmlische Heimat ist es nicht, aber ein starkes Zeichen, dass ausgerechnet im Angesicht des Todes Hoffnung und Freude aufleuchten können!!
    Das macht richtig froh, finde ich :-).

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    1. Kein Beweis aber ein starkes Zeichen, das froh macht - JA, das stimmt, liebe Barbara! Vielen Dank für Dein Kommentar! Ganz liebe Grüße zu dir- ich hoffe ihr habt gute Sommerferien (die sind ja vielleicht bei euch schon fast vorbei?), Segen von Jesus!!!

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  2. liebe christina, als ich deinen post las, kam mir die neue doku im zdf in den sinn....unvergesslich....gibt es auc in der mediathek...ist sehr berührend und unglaublich mut und hoffnung machend....
    herzlichst
    annette

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    1. Danke für den Tipp liebe Annette! Das klingt sehr gut und werd eich mir bestimmt in den nächsten Tagen mal anschauen. Liebste Grüße zu Dir!!!

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