Samstag, 8. Februar 2014

Welt-Schmerz.

Gestern war ich- seit langer Zeit mal wieder- im Kino. Nach drei verschobenen Terminen wegen Krankheit und Müdigkeit, hat es- dank der Ausdauer meines lieben Freundes - endlich geklappt.
Wir waren in "12 years a slave"-  eine wahre Geschichte über einen Afro-Amerikaner, der um 1850 als freier Mann mit seiner Familie in New York lebte, entführt wurde, und 12 Jahre in der schlimmsten Sklaverei in den Südstaaten lebte. Ich weiß, wenn man so selten in`s Kino geht könnte man sich leichtere Kost aussuchen. Ich saß öfters  mit geschlossenen Augen da, weil das Leid so drastisch dargestellt wurde. Und ich muss feststellen, dass ich einfach viel sensibler und empfindlicher auf maches reagiere seit ich Mutter bin (die Szene auf dem Sklavenmarkt in der eine Mutter von ihren Kindern getrennt wurde wird mir noch lange nachgehen).

Aufgewühlt kam ich nach Hause und hab mich neben meinen kleinen Sohn gelegt. Sein ruhiger Atem, sein kleiner Körper, der sich ganz eng an mich geschmiegt hat, hat mein Mutterherz etwas ruhiger gemacht. Ich lag neben ihm und habe gebetet, dass er behütet wird in seinem Leben und doch weiß ich, dass ich ihn nicht vor allem bewahren kann. Es wird so viel gelitten auf unserer Welt...

Der Weltschmerz steckt heute noch in mir. 
Man kann den Film ja leider nicht als erfunden abtun. Es war damals so schrecklich wie heute, nur dass eben alles viel komplexer geworden ist. Wir haben keine Sklaven im Garten, aber für unsere Schokolade oder unsere Klamotten arbeiten Menschen unter schlimmsten Bedingungen, auch Kindersklaven. Wir leben nicht auf einem tollen Farmhaus auf einer Plantage neben den Sklavenhütten, aber wir leben im reichen Europa und jährlich ertrinken viele arme Menschen bei dem Versuch sich in unsere Wohlstandsfestung zu retten. 

Das ist natürlich alles vereinfacht dargestellt - es ist ja, wie gesagt alles sehr komplex. Und ich stehe einfach oft so hilflos vor den Herausforderungen und der Not der Welt. Ich bin mit  meinem kleinen Leben oft so beschäftigt, dass mir der Blick und auch die Kraft fehlt etwas anzupacken. Allein der Gedanke wo man anpacken könnte überfordert mich schon. 
Klar, ich versuche"fair-trade" zu kaufen wo es geht. Ich will vermeiden, dass in meinen Klamotten "made in bangladesh" steht (wenn es um große Markenketten geht) und wir essen wenig Fleisch. Aber viel mehr tue ich leider nicht.

Heute kam ein Brief von Compassion. Wir unterstützen seit ein paar Jahre ein Patenkind in Uganda: Amon, ein 8-jähriger Junge. Es ist wirklich nichts großes. Wir schicken monatlich etwas Geld, versuchen regelmässig für ihn zu beten und ihm zu schreiben und freuen uns immer über seine Briefe. 
Heute schreibt uns die Organisation, dass Langzeitstudien den Weg der "Compassionkinder" verfolgt haben und diese sehr ermutigend sind. Sie erlangen eine gute Ausbildung und wählen oft dienende Berufe und finden einen guten Platz im Leben. 
Amon hat uns geschrieben, dass er Arzt werden will, wenn er groß ist. Das hat mich berührt. Eigentlich ist es mir völlig egal ob er nun Arzt oder Schreiner oder sonstwas wird, aber da ist ein kleiner Junge, der einen Traum hat. Er ist nicht resigniert, er will Menschen helfen wenn er groß ist. Er schreibt uns von der Schule, seiner Ziege die der Familie Milch gibt und der Ernte, die dieses Jahr gut war. Er berichtet genau wofür er das Geld ausgegeben hat, das wir ihm zum Geburtstag schicken (meistens Schulkleidung und Hefte). Ein kleiner Junge, der gerne Fußball spielt, der schwitzt und weint und Unsinn macht und sich freut und der abends auch in seinem Bett liegt wie mein kleiner Sohn, ruhig atmend, eine Mutter neben ihm, die ihn vor dem Leid beschützen will und es noch schmerzlicher wie ich spüren wird, dass sie es nicht kann.


der zukünftige Arzt an unserer Kühlschranktür :-)

Vielleicht ist es genau da, wo wir der Not der Welt etwas entgegensetzen können: eine Mutter kann einer anderen Mutter ein wenig Mut machen. Ein Leben können wir vielleicht so begleiten, dass jemand von etwas träumen kann, was vorher unmöglich schien. Und Dank der globalisierten Welt kann es jemand in meiner Straße sein oder eine Familie in Uganda. Wir gehören zusammen. Wir leiden zusammen und wir können gemeinsam hoffen.

Letztendlich aber liegt meine Hoffnung  vor allem darin, dass ich an einen Gott glaube der gerecht ist und am Ende für Gerechtigkeit sorgen wird. Für jedes Leben. So jedenfalls steht es in der Bibel. Die Situation der Schöpfung wird als sehnsüchtig, auf Erlösung hoffend beschrieben. Sie wird verglichen mit einer in den Wehen liegenden Frau die um Atem ringt und schreit ( oh Mann, hab ich geschrien - aber das ist ein anderes Thema:-)).
Wenn man mit verbundenen Augen in Kreissaal steht, dann könnte man meinen, man ist in einer Folterkammer. Aber der Schmerz ist hier angefüllt mit Hoffnung. Die Erlösung wird kommen. Wie Samu in meinen Armen lag, war jeder Schmerz vergessen. Alles war voll Staunen und Glück.

der zukünftige Zugfahrer :-)
Es kommt der Tag, an dem der Schmerz dieser Welt seine Erlösung findet. An dem die "Leiden nicht mehr in`s Gewicht fallen, verglichen mit der Herrlichkeit die offenbar wird."
Der Feind dieser Welt wird endgültig besiegt sein und Jesus wird alles gut machen. 
Auf diesen Tag hoffe ich und bis dahin werde ich versuchen, wie ein Geburtshelfer dabeizustehen und den Entmutigten zuflüstern: gib nicht auf! Der Schmerz geht vorbei! Wir gehen einer Zukunft entgegen in der Gerechtigkeit regieren wird. Halten wir noch ein wenig zusammen aus, lindern wir noch ein wenig die Schmerzen wo wir können
Die Welt schmerzt, ich weiß -  aber am Ende, so glaube ich, wird alles gut. 

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