Montag, 17. April 2023

Zu spät zur Auferstehung

Jetzt liegen die Ostertage schon wieder hinter uns. Gerade habe ich noch einmal meinen letzen Eintrag hier gelesen und musste dabei etwas beschämt lächeln. Weil die Vorstellung, wie sich die Tage so schön aneinanderreihen, mal wieder nicht ganz der Realität entsprochen haben. Die sah dann so aus: Wir haben zwar tatsächlich das Gartengrab im Wäldchen am Karfreitag gemacht und sind danach zum Birkenkopf gefahren, aber das Ganze war eingebettet in viel zu viel Streiterei und Unmut und viel zu wenig heilige Andacht, die so einem Tag angemessen wäre. Am Samstag fiel das Gedichte rezitieren auf dem Friedhof ebenso aus wie unser Osterfeuer (Heio hatte es zwar vorbereitet, aber es war so kalt draußen und der Schweinehund stand im Weg). Und auch auf dem Asphalt haben wir am Ostermorgen nicht wirklich getanzt. Stattdessen sind wir eilig darüber Richtung Gottesdienst gefahren. Dort waren wir nur eine kleine Runde und mein Beitrag war so verplant und chaotisch dass ich mich (und meine Familie) den Rest des Tages mit Selbstvorwürfen und "ich predige NIE WIEDER!" geplagt habe. Und dann haben wir es doch tatsächlich weder am Sonntag noch am Montag geschafft den Stein vom Grab wegzurollen! Erst nach den Ostertagen liefen wir im Regen zum Wäldchen  und Samuel hat laut dabei gerufen: "Jesus, jetzt lassen wir dich endlich raus!" Was für eine Erleichterung für den Himmel! Wir schoben den Stein zur Seite und Gott schob die Wolken zur Seite und die Sonnenstrahlen fielen auf zwei tropfende Gestalten, die es zur spät zu Auferstehung geschafft haben. 




So sieht's auf, Freunde. In meinem Leben liegt Ideal und Realität leider meistens ziemlich auseinander. Das betrifft auch mein Jahreswort (Projekt "Echtzeit").  Von der ersten Begeisterung "Ich lege mein Handy weg, kündige Amazon Prime, gehe täglich nur noch kurz und zweckmässig ins Internet und lerne stattdessen die Namen von Nachbarn, Vögeln und Bäumen" konnte ich nicht ganz so viel in meinen Alltag rüberretten. Ein bisschen schon. Aber bisher so beschämend wenig, dass ich es hier gar nicht ausführen will. Aber wisst ihr was: Ich gebe nicht auf! Das Jahr ist schließlich noch nicht vorbei. Und ich bin mittendrin am Lernen.

Ich versuche weiter mein Handy außer Reichweite zu legen und auch sonst nicht so zu tun als hätte ich ärztlichen Bereitschaftsdienst und müsste Ein - und Ausfahrt Tag und Nacht freihalten.

Ich versuche mir weiter die Wahrheit vor Augen zu führen, dass mein Heil nicht Online auf mich wartet, nicht in der nächsten Mail oder whatsApp-Nachricht und auch nicht im nächsten Blogeintrag oder Podcast.

Ich versuche weiter,die echten kleinen Begegnungen im Alltag wahrzunehmen, die Verkäuferin an der Supermarktkasse anzuschauen, meinen Nachbarn nicht aus dem Weg zu gehen und spontanen Eingebungen nachzugehen.

Ich versuche weiter dem Bewundern von Bäumen und Blumen angemessen Zeit in meinem Leben einzuräumen.

Ich versuchen weiter Freunde auf einen Kaffee zu treffen und dabei auch meine Begrenzungen zu akzeptieren.  

Ich versuche weiter meinem Kind zuzuhören und abends den Schweinehund zur Seite zu schieben - den Fernseher auszuschalten oder das Buch zur Seite zu legen und ein ruhiges Gespräch mit meinem Mann zu führen. 

Und wenn ich vieles davon wieder mal nicht schaffe, versuche ich weiter mein Inneres zu beruhigen und die Selbstanklagen in der Nähe von Jesus zum Schweigen zu bringen. Ich versuche ihm zu glauben, dass er uns so ganz in echt lieb hat! Gerade auch dann, wenn wir tropfend zu spät ankommen und befürchten, dass wir die Begegnung mit ihm mal wieder verpasst haben.

Der Jünger Thomas kam damals auch zu spät. Keine Ahnung ob er mit etwas anderem beschäftigt war oder ob er einfach ein bisschen Zeit für sich alleine gebraucht hat. Und dann ist Jesus eben noch mal aufgetaucht. Vielleicht hat er bei seinem Vater einen Gutschein dafür rausgeholt. Vielleicht hat er gesagt: "Ich weiß. Die Begegung mit meinen Jungs in Jerusalem ist bereits aufgebraucht. Aber Thomas hat gefehlt! Ich muss da nochmal hin. Wegen ihm." Und dann kommt er nochmal. Ein paar Tage später. Und er streckt seinem Jünger lachend die offenen Arme entgegen.  Fürchte dich nicht. Glaube nur!  Und dann ging auch für Thomas die Sonne auf.

 


14 Kommentare:

  1. Liebe Christina, für solche ehrlichen Beiträge liebe ich deinen Blog so sehr. Danke! Ich bin erleichtert, dass nicht nur wir zerfleddert und etwas planlos in Ostern hineingestolpert sind.
    Lieber Gruß
    Evi

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    1. Danke liebe Evi, auch für das "zefleddert und planlos"... passt so gut auf so viel Tage bei uns:-). Ich schick Dir herzliche Grüße zurück!

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  2. Liebe Christina,
    Kopf hoch. Ich finde es gut, dass du an deinen Plänen festhälst. Vielen Dank für dein Päckchen. Ich habe es erst jetzt ausgepackt, weil wir im Urlaub waren (Plan: Sonne, Frühling, viel lachen miteinander Realität: Regen und Matsch und wir alle in den Winterjacken und -stiefeln und gestritten wurde auch). Die eine Karte trifft es genau, die kommt an einen Platz, wo ich sie immer gut sehen kann.
    Jesus ist trotzdem da.
    Liebe Grüße
    Anne

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    1. Danke liebe Anne! Ach und Matsch und Regen und Streiterei und Jesus mittendrin - genau das ist das Leben:-). Ganz liebe Grüße zurück zu Dir!!!

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  3. Ach, Du Gute! Danke für Deine Offenheit - es ist wirklich hilfreich lesen zu dürfen, dass Ideal und Wirklichkeit auch oft bei anderen auseinanderklaffen. Ich drück Dich und wünsche Dir eine wunderbare Woche - egal wie gut alles nach Plan klappt - oder eben einfach die "Echtzeit" ist, so wie es dann eben in "echt" passiert. Liebste Grüße aus Heimerdingen, Becky

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    1. Danke liebe Becky! Und so schön, dass wir uns diese Tage so ganz in echt sehen konnten!

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  4. Ich liebe deine ehrlichen Beiträge so sehr, liebe Christina! Die tun mir unfassbar gut! ❤️ Kathrin

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  5. Vielen Dank für deine Ehrlichkeit und Offenheit! Das tut immer wieder gut. Ja, und unser HERR kann damit bestens umgehen und will unsere Selbstverurteilung bestimmt nicht.

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    1. Das ist so wahr, liebe Bettina! Danke und herzliche Grüße zu Dir!

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  6. Danke Christina für deine Worte ♥️

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    1. Du kannst kommentieren! Juhu, ich freu mich:-) So wertvoll, dass du hier mitliest!

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  7. Ich kann mich den anderen nur anschließen. Du bist ganz sicher nicht allein mit deinem Alltagsspagat.
    Ich arbeite gerade an verschiedenen Baustellen und ein großer Teil der "Arbeit" besteht darin, jeden kleinen Erfolg zu würdigen und gnädig mit mir selbst zu sein. Statt ein großes Jahres-/Endziel anzustreben, mich zu knechten auf dem Weg dahin und am Ende zu verdamme weil ich es (wieder) nicht schaffe.
    Liebe Grüße! Angela

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    1. Das klingt gut, liebe Angela! Kleine Erfolge würdigen und gnädig mit sich sein. Das nehme ich mit! Danke dir.

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