Dienstag, 20. Oktober 2020

Lass gut sein.

Diese Woche bin ich zum Schreiben zu müde. Die Welt steht Kopf und ich fühle mich unfassbar frühjahrsmüde - mitten im Herbst. Aber ich will euch trotzdem einen kurzen Gruß schicken. Vielleicht braucht es manchmal einen einfachen und kleinen Blogbeitrag der uns zuwinkt und sagt:

Es ist gut auszuruhen wenn dein Körper dir sagt, dass er müde ist.

Lass los. Die Pläne. Die Sorgen. Die inneren Dialoge. Die Gedanken die uns überfordern.

Gönn dir Pausen. (die gibt`s heute im Zehner-Pack!)

Und Kaffee mit Apfelkuchen.

Und die bunte Zeitschrift am Kiosk, für die man ja eigentlich kein Geld hat, die aber doch so schön aussieht und die man genußvoll schokoriegellang durchblättern kann.

Oder mach heute mal eine einfache Mahlzeit. Kartoffeln mit Butter und Salz zum Beispiel. 

Und dann hab noch Zeit, um einfach nur dazusitzen und vor dich hinzuschauen (wie Astrid Lindgren das so wunderbar gesagt hat).

Und dann: lass gut sein.

Sei barmherzig mit dir und der wunden Welt, so wie dein himmlischer Vater barmherzig mit dir ist.

Schlaf ein in seiner Umarmung. 

 

(und nächste Woche sind bei uns Herbstferien. Da ist hier nochmal Pause :-))

Mittwoch, 14. Oktober 2020

Das Beste geben

Wenn wir in diesen Tagen vom Motorenlärm geweckt werden, dann wissen wir: Es ist Erntezeit! Die Maisfelder neben dem Haus werden mit großen Maschinen abgeerntet - wir sind erstaunt wie schnell das geht, und auch ein überraschter Feldhase und ein Reh hüpfen aufgescheucht Richtung Wald.


Heio zieht seinen Arbeitspulli an und erntet die Trauben im Garten, um mit Samuel und seinen Freunden Traubensaft zu pressen. Am vergangenen Wochenende haben wir dann die Äpfel auf dem "Stückle" der Schwiegermutter von den Bäumen geschüttelt und zur Mosterei gebracht. Wir genießen das erste Glas und verteilen dann vom süßen Saft an Nachbarn und Freunde. Ernte muß gemeinsam geschmeckt und gefeiert werden!

 


 


Von meiner Oma weiß ich, dass früher das Erntedankfest auf dem Dorf etwas ganz besonderes war. Man schmückte Häuser und Tiere und dann rollten die Erntewagen, einer nach dem anderen, die Hauptstraße entlang. Es gab wohl die Tradition, dass der erste Wagen schweigend heimgefahren wurde, voller Erfurcht über die erhaltenen Ernte. Diese erste Ernte war nicht für den eigenen Vorratsspeicher gedacht, sondern sie wurde an die Armen und Bedürftigen verteilt. Kam dann der letzte Erntewagen vom Feld bracht großer Jubel aus und das Erntedankfest nahm seinen Anfang. 

 

Mich hat das sehr beeindruckt. Was für eine wunderbare Tradition hatte die Generation meiner Großeltern - besser als jedes amerikanische Thanksgiving! Was für eine Ehrfurcht wurde mit diesem Schweigen ausgedrückt. Diese hart arbeitenden Bauern wussten: Die Ernte ist immer Geschenk. Man kann sich mühen und zur richtigen Zeit säen - das Wachstum schenkt der Herr. Ihre Dankbarkeit zeigte sich darin, dass sie die ERSTEN Erträge der Ernte abgegeben haben - nicht die Reste vom letzten Wagen, die nicht mehr in die Vorratskammer gepasst haben.

Ehre Gott mit allem was dir gehört. Gib ihm das Erste und das Beste. Dann werden sich deine Vorratskammern füllen und deine Weinvorräte überlaufen. (Sprüche 3,9)

Was für eine große Verheissung gibt Gott seinem Volk, wenn sie ihm das Erste und Beste geben! Ich fand den Gedanken so toll, dass ich beim Erscheinen meines zweiten Buches mit Heio abgesprochen habe, dass wir die Einnahmen aus den ersten Buchverkäufen ganz an Gott geben werden. Es war jetzt wirklich nicht megaviel - und andere Spenden ja ihre gesamten Einnahmen! -  aber es war schon ein bisschen ein Opfer (was es ja auch sein sollte :-)). Besonders weil die Bestellungen sehr zögerlich waren. Überhaupt wurde das zweite Buch insgesamt nicht so gut verkauft wie ich das erwartet hatte. Nicht nur weil ich es gut fand - schließlich hatte ich ja auch die "Erstlingsgabe" gegeben! Und dann fiel die Ernte doch etwas spärlich aus. Hat also Gott seine Verheißung nicht eingehalten? Oder galt dieses Wort nur für das Volk Israel? Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann hat er sich sehr wohl an sein Wort gehalten. Er hat nur die Währung gewechselt!  Anstatt mit Buchverkäufen wurden wir mit Trauben und Äpfeln gesegnet und mit Tomaten aus dem Garten der Freunde. Mit Freundschaft und guten Begegnungen. Mit Ofenwärme und freundlichen Nachbarn... Ach, mit Güte und Freundlichkeit Gottes zum Überlaufen!
"Gott lässt sich nichts schenken!", das hat meine Oma oft gesagt. Ich glaube er lässt sich schon etwas schenken. So wie wir  Eltern von unseren Kindern auch freudig Geschenke annehmen, weil sie ihrer Wertschätzung uns gegenüber Ausdruck verleihen. Aber unser Versorger ist und bleibt der Herr. Und am Ende sind wir eben doch immer die Beschenkten! (und ich glaube genau so hat es meine Oma auch gemeint).
 
Passenderweise las ich gestern darüber, dass es in vielen Völkern einen Brauch gab, das Beste zu verschenken. Nicht die abgetragenen Klamotten oder die Dinge, die man nicht mehr gebrauchen konnte. Nein. Das Beste wurde ausgesucht und verschenkt!  Es war sogar eine richtige Prestigesache, weil damit sichtbar ausgedrückt wurde: Wer es sich leisten kann das Beste zu verschenken, der ist wahrlich reich
Und genau so ist es doch: Ich bin wahrlich reich! Deshalb will ich immer mal wieder das Erste und Beste verschenken was ich habe: Die Lieblingsjacke, die einer Freundin eigentlich noch viel besser steht. Zur besten Zeit des Tages ein paar Loblieder singen. Den erste Strauß Sonnenblumen, eigentlich für mich gepflückt, der syrischen Mama in die Hand drücken... Ganz kleine "Erstlingsgaben" die mich ein bisschen freier werden lassen von meinem ständigen Habenwollen und der Angst zu kurz zu kommen. Und die mich daran erinnern, dass alles was ich habe geschenkt ist, und dass ich wahrlich unfassbar reich bin!!!!
 

(Foto: canva.com)
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Donnerstag, 8. Oktober 2020

Unser Garten und das wilde Leben

Hier kommt ein kleines Geständnis: Ich hätte so gerne einen gepflegten, aufgeräumten Garten. Aber wir bekommen es einfach nicht hin.
Unsere Wohnung hab ich irgendwie im Griff. Zumindest rede ich mir das ein. Einmal die Woche durchgeputzt. Die restlichen Tage abends oberflächlich sauber gemacht. Passt. Der Garten dagegen ist viel komplizierter. Kaum drehe ich den Blumenbeeten den Rücken zu,  wuchert schon wieder der Löwenzahn, kleine Ahornbäume wachsen mit schwindelerregender Geschwindigkeit aus dem Boden und fleissige Gartenbewohner Graben ihre Gänge. Auch der neunjährige Sohn gräbt seit einigen Wochen. Ein Loch. Mit begeisterter Unterstützung sämtlicher Freunde. Was anfangs als kleiner Aushub für unsere Tannenbaum gedacht war, wurde zwischenzeitlich zu einem Sandkasten-Projekt und dann zu einem "Ich-grabe-mindestens-zwei-Meter-tief"-Vorhaben. Mitten im Weg! Heio überlegt nun, das immer tiefer werdende Matschloch als Kühllager für Äpfel zu nutzen (vergebliche Suche an dieser Stelle nach dem Hände-überm-Kopf-zusammenschlag-Zeichen). Die Tischtennisplatte müsste weggeräumt, der Zaun verbessert und unsere Laube aufgeräumt werden. Letzteres versuche ich auch alle paar Wochen, aber meist sieht es schon wenige Stunden später wieder wie in einer Werkstatt aus. Heio baut nämlich an einer Überdachung für unser Brennholz. Eins seiner vielen Projekte, das hoffentlich vor seinem Renteneintritt fertig wird. Es gibt ja noch so viel anderes zu tun! Trauben ernten. Holz hacken. Den Walnussbaum zurückschneiden. Diesen Baum nennen wir jetzt liebevoll unseren "Punk-Baum". Weil wir nur an die seitlichen Äste kommen  hat er jetzt eine etwas ungewöhnlich, steil nach oben verlaufende Form. Die Nachbarn staunen und versichern uns, dass der Vorbesitzer den Baum immer wunderbar zurückgeschnitten hat. Heio beruhigt mich: Wenn er das Baumhaus gebaut hat (auch ein anstehendes Projekt) kommt er auch an die oberen Äste. Ihr seht: Der Garten ist eine Dauerbaustelle bei uns. Und manchmal, wenn ich mich auf unsere Hollywoodschaukel setze, dann verschwindet meine Dankbarkeit für dieses wunderbare Stück Erde weil mich der Stress überrollt über alles, was hier zu tun ist. Anstatt den Garten zu genießen mache ich dann innere To-do-Listen, die ich Heio vorlege. Besonders gern in den Momenten, in denen er mit einem Feierabendbier entspannt in seinem Chaos sitzt und sich einfach am Anblick des Gartens freut. 
 
Wenn ich das jetzt alles so aufschreibe dann wird mir bewusst: Was mir in unserem Garten dazwischenkommt ist: Das Leben! Und ich hätte es so gerne wie meine Wohnung:  Einmal richtig aufgeräumt und gut ist. Aber das  Leben wächst und wuchert, man muss andauernd etwas zurückschneiden, oft mit kläglichem Ergebnis, man stolpert über Projekte die man schon längst abschließen wollte und die Beziehungen sind alles andere als sauber gepflegte Beete. Und ganz oft versinkt meine Dankbarkeit für dieses wunderbare Leben in den Aufgaben die ich erledigen und Erwartungen die ich erfüllen möchte. Dann lasse ich  mich stressen und schimpfe über meine Dauerbaustellen und über meine Lieblingsmenschen, die noch mehr zu dem Chaos beitragen, anstatt mir zu helfen es zu beseitigen.

Über dem Spiegel auf unserem Klo hing lange Zeit eine Postkarte auf der stand:
Das Leben ist keine Aufgabe, die wir erledigen müssen.
Es ist ein Geschenk, an dem wir teilhaben dürfen.
Ich weiß leider nicht mehr wer das gesagt hat, aber es war ein kluger Mensch. Es ist ein Satz den wir getriebene und gestresste Menschen so lange über den Spiegel hängen sollten, bis er uns ins Herz gesunken ist. Ich brauche diese Erinnerung, dass das Leben vor allem ein Geschenk ist! Es ist wie ein wunderbares Stück Erde, das ich bewohnen und gestalten und pflegen darf, wo immer alles am Werden ist, und auf dem man nicht erst die Hacke zur Seite legen darf wenn alles fertig ist - was niemals  passieren wird! - sondern wenn es Zeit für ein Feierabendbier wird! Das alles ist für mich richtig, richtig schwer. Und deshalb hole ich mir Hilfe, vom Gärtner aller Gärtner, und von meinem Lebensgeber:

Gott, ich bitte dich: Hilf mir unseren Garten und die Menschen darin und das ganze Leben als das Geschenk zu sehen, das es ist. Hilf mir mein Stück Land so gut es geht zu gestalten und zu pflegen. Und schenk mir die nötige Gelassenheit, die dieses wilde Leben braucht. Hilf mir nicht alles JETZT erledigen zu wollen. Schenk mir den langen Atem, für die vielen Jahreszeiten die noch vor mir liegen. Hilf mir Pausen zu machen und mittendrin, in allem unfertigen, das Leben zu feiern. Ich danke dir. Für unseren Garten. Und für dieses wilde, wunderbare Leben. Amen.