Montag, 22. November 2021

Jetzt doch mal - das heiße Thema!

Gestern saßen noch wir noch mit Freunden nach dem Gottesdienst zusammen. Es dauert nicht lange und wir landeten bei DEM heißen Thema, bei dem man in diesen Tagen ganz oft landet - ihr wisst schon: Corona. Meine erste Reaktion war: "Bitte nicht! Bitte lasst uns darüber nicht reden." Auch weil ich wusste, dass in unserer kleinen Runde Nichtgeimpfte - frisch getestet! - neben Geimpften saßen. Leider ist das Thema mindestens so emotional besetzt, als würde man über unterschiedliche Kindererziehung diskutieren (alle Eltern wissen wovon ich rede). Mein Harmoniebedürfnis war größer, wie der Mut dieses Thema anzupacken. Vielleicht habe ich bisher auch deshalb auf diesem Blog wenig darüber geschrieben. Weil ich finde unsere Gesellschaft ist schon gespalten genug! Und egal was man sagt - man landet am Ende irgendwie doch im Schützengraben. Und geschossen wird in diesen Tagen schon genug: Auf dumme Politiker. Auf egoistische Nichtgeimpfte. Auf einseitige Berichterstattung. Auf Fussballer. Also vor allem: Auf die anderen! Die anders denken und handeln als ich. Schwierig wird es, wenn der Andersdenkende ein Freund von mir ist. Oder - noch schlimmer: Mein Ehemann! Ich darf euch das an dieser Stelle sagen: Ich bin geimpft. Dankbar und erleichert und - wie ich finde - auch aus vielen guten Gründen. Mein Mann ist noch nicht geimpft - und er hat auch ein paar nachdenkenswerte Gründe dafür (wenn ich auch finde, dass meine besser sind!). Wir diskutieren. Wir ringen zusammen, was das Beste ist. Wir versuchen einander zuzuhören. Es gibt Vorwürfe (vor allem von meiner Seite!) und am Ende des Gesprächs haben wir keine einheitliche Lösung, aber wir haben uns immer noch lieb. Vielleicht haben uns manche unterschiedliche theologische Ansichten und die Diskussionen darüber in den letzten Ehejahren darauf vorbereitet. Vielleicht wächst unter meiner ganzen Rechthaberei doch ganz langsam das demütige Wissen, dass die Wahrheit oft vielschichtiger ist und es verschiedene Perspektiven braucht, um sie ansatzweise zu erfassen. 

Doch, es gibt Dinge die sind erschreckend und sie sind definitiv kein Beitrag zur gemeinsamen Wahrheitsfindung: Querdenker, die ohne Masken aggressiv die Stimmung aufheizen und Polizisten angreifen, unterstützt von einem randalierenden Mob, der sich aus Prinizip allem verweigert, was von oben kommt. Geht GAR NICHT!!! Christen, die Freundschaften kündigen, weil sich der Andere impfen lässt (und vielleicht damit ein Chip eingepflanzt hat, der den Heiligen Geist vertreibt). HALLO???? Jemand Zuhause? Aber auch das geht nicht: Ungeimpfte anprangern und grundsätzlich mal als egoistisch und unsozial hinzustellen (wie schön solidarisch kann man sich in diesen Tagen doch fühlen, nur weil man sich  geimpft hat!) und sie sogar noch als die Schuldigen hinzustellen! Ganz ehrlich: Es gibt durchgeknallte und verantwortungslose Menschen. Aber die Ungeimpften in meinem näheren Umfeld gehören definitiv nicht dazu!  

Wer also ist Schuld an diesem derzeitigen Ausbruch? Wer ist Schuld an den knappen Intensivbetten? Die Ungeimpften oder ein Gesundheitsystem, das kaputtgespart und auf Gewinn (!) ausgerichtet wurde, in dem auch die motiviertesten Pflegekräfte seit vielen Jahren erschöpft ausbrennen? Allein schon hier ist die Wahrheitsfindung vielschichtiger. Finde ich. Und vielleicht können wir uns darauf einigen, dass vor allem einer Schuld ist: Ein kleiner runder Virus mit Saugpfropfen, der Menschen krank machen und töten kann und sich für seine Verbreitung perfiderweise das ausgesucht hat, was uns ganz menschlich macht - und worauf wir auf Dauer auch nicht verzichten können: Das Umarmen. Das Berühren. Das gemeinsame Beisammensitzen. Womit ich wieder beim Anfang des Beitrags wäre. Wir saßen also gestern zusammen. Und - gegen meine Bedenken - haben wir uns ein wenig darüber ausgetauscht, was wir gerade so denken. Wir haben einander zugehört. Wir haben unsere eigene Argumente vorgetragen und versucht die Argumente des anderen zu verstehen. Und dann sind wir noch eine Runde zusammen spazieren gelaufen, als Freunde und Weggefährten. Das ist eine Momentaufnahme, ich weiß. Aber es zeigt, dass wir das können! Dass wir gemeinsam unterwegs sein können. Liebevoll und verantwortlich. Mit unterschiedlichen Meinungen.

Und darf ich das auch noch sagen an diejenigen, die mit mir gemeinsam Jesus nachfolgen wollen (An dieser Stelle schon mal: DANKE an alle fürs Lesen und "Zuhören"!!!!): Vielleicht könnten wir  - bei allen berechtigten Sorgen über die momentane Lage -  uns nicht so sehr der Angst zuwenden, sondern uns ein wenig mehr in die Richtung neigen, von der unser Hoffnung kommt. Das wäre auch ein wichtiger Beitrag für unsere Gesellschaft! Mein Weggefährte Achim hat gestern seine Predigt mit diesen Worten  abgeschlossen: "Freunde, da kommt noch was auf uns zu! OH JA, da kommt noch was! DER KÖNIG KOMMT!!!!" Und dabei hat er so breit gestrahlt, dass wir in spontanes Gelächter ausgebrochen sind (Gott sei Dank für ansteckendes Lachen!). Der König kommt! Da wird es mir gleich ganz feierlich, froh adventlich. Nein, wir Christen sind keine Realitätsverweigerer (zumindest rechtfertigt dieses Verhalten nichts, was wir auf unseren Glauben beziehen könnten!). Wir schauen nur weiter! Über die Pandemie hinaus und alles was uns gerade so bange machen möchte. 

Freunde, der König kommt!!! 

Gehen wir ihm gemeinsam entgegen.



Donnerstag, 11. November 2021

Ich darf dabei sein!

Jetzt liegen die Herbstferien auch schon wieder hinter uns. Ich vergrabe mich in den Tiefen meines Manuskripts, das ich bis Ende des Monats abgeben muß. Ab und zu schaue ich auch aus dem Fenster.  Und wenn der Morgennebel sich verzogen hat, dann staune ich über die Herbstwälder. Ihre bunten Blätter sind gestern wie Graffitiregen vom Himmel gefallen, als ich - in einer kleinen Schreibpause - mit meinem E-Bike zum Bäcker gebraust bin.

Ehrlich: Das ist mein Weg zum Bäcker! Unfassbar, oder?

Wie sagte es Annie Dillard so wunderbar: Wir sind hier um aufmerksam zu sein, damit die Schöpfung nicht vor leerem Haus spielen muß. Also versuche ich mich, mindestens einmal am Tag, ins Publikum zu setzen und zu staunen!

Hier läuft mein Heimatfilm (Schwarwaldhochebene in den Herbstferien)

Am Wochenende saß ich auch im Publikum - bei einer wunderbaren Lesung von Titus Müller. Ach, was ist das für ein begnadeter und so nahbarer Schriftsteller! Als ich mich verschämt als Autorin geoutet habe (bzw.geoutet wurde ;-)),   und ihm im Gespräch gestand, dass ich mich mit dieser Bezeichnung als Hochstaplerin fühle, meinte er lachend, dass ihm das ab und zu auch so geht (was ich nun wirklich nicht verstehen kann!). Ich musste mal wieder an die Worte von Liz Gilbert denken, dass  wir uns einfach mutig dazuzählen dürfen! Wir müssen uns nicht runtermachen und auch nicht für die Größten halten, sondern wir können einfach fröhlich sagen: Ich bin dabei!  Das ich das sagen darf (auch wenn ich dabei noch lachen muß!), dass ich meine paar Worte beitragen darf  und ein paar Menschen im Publikum sitzen und zuhören (DANKE EUCH!!!) - was ist das für ein Glück!!!

Bücherglück!

Und das Glück dabei zu sein!

Und dann stolpere ich immer wieder über das Alltagsglück! Gestern fand ich es auf dem Boden, nachdem ich sämtliche staubige Schlafanzugshosen unterm Kinderbett gefunden habe. Ich musste einfach über diese kleine Versammlung von Räubern lachen. Was die wohl aushecken???


 Manche Schätze entdeckt man eben nur wenn man auf die Knie geht..

Ich hoffe ihr stolpert heute auch über das eine oder andere Alltagsglück oder könnt euch ein wenig ins Publikum setzen und staunend den letzten Akt von Bruder Herbst verfolgen.  Wir dürfen dabei sein!

So, jetzt muß ich an mein Manuskript. In zwei Wochen tauche ich hier wieder auf. Und dann können wir schon die Tage bis Weihnachten zählen. Und das ist auch wieder ein großes Glück!