Donnerstag, 13. Februar 2025

Frühlingsluft bei Tante Emma (und eine Verlosung!)

 Vor einiger Zeit habe ich einen Blogpost über die Tante-Emma-Läden geschrieben. Eine kleine Ode an diese wunderbaren Gemischtwarenhandlungen, die sich heute leider nicht mehr rentieren (und "rentieren" ist auch so ein altes Wort, das vielleicht der eine oder andere erstmal nachschlagen muß, um festzustellen, dass es mit Rentieren nichts zu tun hat:-)).Wenn ich heute über einen dieser Läden stolpere, dann macht mich das einfach glücklich. Vielleicht auch weil sie die Geschichte meiner Kindheit erzählen. Ich musste nur unsere Dorfstraße überqueren und dann war ich schon da - bei der Flaschner-Anna. (so hieß Tante Emma bei uns).  Hier konnte man Schätze entdecken, die es in den großen Kaufhäusern nicht gab. Retro-Puppenkleider und Prilblumen-Aufkleber zwischen Schraubenzieher und Shampooflaschen. Außerdem wurde man stets mit Namen begrüßt und es war immer Zeit für ein kurzes Gespräch.
Für mich sind Blog-Ecken die "Tante-Emma-Läden" des Internets. Sie mögen sich  nicht unbedingt rentieren (weil sich die meisten auf den großen Platformen tummeln auf denen man alles finden kann, was man braucht), aber für alle geduldigen Schatzsucher, die ein wenig Zeit mitbringen, lohnt sich ein Besuch. 


(Foto: Canva)

Ach, was bin ich froh, dass ihr hier immer wieder vorbeischaut! Und heute habe ich ein bisschen Frühjahrsputz gemacht, die Regale auf Vordermann gebracht und ein paar neue Schätze nach vorne geräumt. 
Gestern hat unser Postbote unter Ächzen ein großes Paket angeschleppt, mit der leicht verzweifelten Frage: "Hast du etwa schon wieder ein Buch geschrieben?" Wie schön, wenn wenigstens der Postbote mitbekommt, dass ich ab und zu ganz effektiv was abliefere. Das Buch war es zwar noch nicht, dafür ein passendes Postkartenset.
 

 
Das neue Buch wird Mitte März geliefert. Ich freue mich schon darauf, wenn wir dann hier zusammen ein wenig durch die Seiten blättern. Und falls ihr meinen kleinen Laden ein bisschen unterstützen wollt, dann könnt ihr es direkt bei mir bestellen (wenn ihr mögt, könnt ihr es auch gleich vorbestellen mit einer kurzen Nachricht an: chris.f@freenet.de).
 
Und ich freue mich auch schon sehr auf die persönlichen Begegnungen bei den anstehenden Lesungen in den nächsten Wochen - in kleinen Buchläden, in Cafes oder bei dem besonderen Abendprogramm Lesung&Musik mit der wunderbaren Musikerin Christina Stöhr. Wenn ihr uns mit dem neuen Programm einladen wollt - ein paar Termine für den Herbst sind noch frei. Bei Anfragen meldet euch gerne auch hier: chris.f@freenet.de
 


Und dann gibt es noch zwei Neuerscheinungen, die unser Postbote angeliefert hat, zu denen ich jeweils einen ganz kleinen Beitrag liefern durfte. Zum einen das schöne Buch In der Stille des Morgens, herausgegeben von meiner Lektorin Sigrid Offermann. Darin hat sie besondere Texte, Geschichten und Lieder für den Morgen gesammelt.




Zum anderen - ganz druckfrisch! - dieses besondere Abendbuch, das Delia Holtus zusammengestellt hat. Eine abendliche Übung zum Stillwerden. Mit Fragen zum Tagesrückblick. Einem kurzen Bibeltext. Und einem Gebet.


 

Und dann landete dieses schöne Heft im Briefkasten, aus ganz aktuellem Anlass: ein Begleiter für die kommende Fastenzeit, mit 40 Impulsen für jeden Tag.

 

Und weil ich heute mit euch ein bisschen Season-Opening feiern will, gibts hier eine Verlosung. Bunt und unsortiert - ganz im Sinne von Tante-Emma - gibt es von allem was zu gewinnen:

💛ein Morgenbuch 
💛ein Abendbuch
💛ein "Ich bin dann mal da"- Buch (Mitte März)
💛ein Fastenheft Jesus neu begegnen
💛zwei Postkartensets Ich bin dann mal da.

Alles was ihr tun müsst, um an der Verlosung teilzunehmen, ist ein kurzer Kommentar mit eurem Namen unter diesem Beitrag. (und leider nur, wenn ihr eine deutsche Adresse habt, an die ich das Päckchen schicken kann).  Ende der Woche werde ich dann - unter den strengen Augen meines regeltreuen Mannes! - die Gewinnerin oder den Gewinner ziehen. Dann könnt ihr gespannt sein, ob und was ihr gewonnen habt. Ich freue mich wenn ihr mitmacht.  

 



Donnerstag, 6. Februar 2025

Frieden finden

Es sind unruhige Zeiten. Das empfinde ich vor allem dann, wenn ich an meinem Handy durch die aktuellen Nachrichten scrolle, oder wenn wir abends - ganz oldschool - die Tagesschau einschalten. Machtverhältnisse verschieben sich. Manches was lange Zeit als sicher galt kommt ins Wanken. Und manche bösen Geister, die wir vor 80 Jahren in unserem Land besiegt sahen, scheinen wieder aufzustehen. Alle diejenigen, die lange idealistisch dachten, dass der Mensch immer mehr dazu lernt, und wir uns immer progressiver zum Besseren hin entwickeln, sehen sich getäuscht. Wir bleiben anfällig. Innerlich hin- und hergerissen. Mit einer Neigung uns zu verirren. Durch die Jahrhunderte beten wir Jesusnachfolger, mit den Worten:

Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.

Das Vaterunser ist für mich immer wieder ein Ankerpunkt. Auch eine Erinnerung an die wahren Machtverhältnisse. Fast jeden Abend, wenn es draußen dunkel wird, zünde ich eine Kerze an und spreche dieses Gebet. Mit ganz viel Platz zwischen den Sätzen. Dein Reich komme..... dein Wille geschehe.... wie im Himmel ... so auf Erden... unser tägliches Brot gib uns heute.... und vergib uns unsere Schuld....Jedes Mal wird mein Herz dabei ruhiger. 
 

 
Was mir auch hilft sind lange Spaziergänge. Austausch mit Freunden. Gutes Essen. Und gute Worte. Ich hole meine "Trostbücher" aus dem Regal, die ich schon mehrfach gelesen habe, die mir aber immer wieder tröstlich ins Herz sprechen.  Dabei bin ich auf diesen Schatz von Henri Nouwen (aus einem Brief an seine Freunde) gestolpert:

Die Mächte des Bösen verführen uns manchmal dazu, auf eine Weise für den Frieden zu arbeiten, die uns beinahe unsere Seele verlieren lässt. Langsam begreife ich wie wichtig der innere Frieden ist. Es ist dieses Bewusstsein der Gegenwart Gottes in unserem Leben, das es uns ermöglicht, an die Kraft Gottes zu glauben, selbst wenn wir wenig tun. Sorgt dafür den inneren Frieden zu eurer obersten Priorität zumachen. Vielleicht könnt ihr in eurem Haus einen Ort einrichten, an den ihr immer wiederkehren könnt und an dem Gott zu euch reden kann. Ich sehe mich mehr und mehr als das verlorene Schaf, das im Strauchwerk gefangen ist. Ich muss von Christus gefunden werden und von meinen vielen Veranstaltungen, Diskussionen, Planungssitzungen usw. befreit werden. Ich muss ganz arm und einfach werden, sodass ich vom Herrn aufgehoben und nach Hause getragen werden kann... Jedes Mal, wenn ihr eine stille Zeit in eurem Gebetsraum verbringt, feiert ihr den Sieg Christi über die Welt (über den Tod und den Bösen) und gestattet euch, schon jetzt den Frieden zu genießen, der aus diesem Sieg entspringt.        
(aus: Love Henri, unveröffentlichte Briefe)

Ich glaube was wir so dringend brauchen in diesen Zeiten, sind diese kleinen Gebetsräume in unseren Häusern. Menschen wie du und ich, die sich schnell mal überfordert fühlen und die Tendenz haben sich zu verlaufen, die bereit sind ganz arm und einfach zu werden und sich von Jesus nach Hause tragen lassen. Ich finde den Gedanke so schön, dass wir dabei jedes Mal den Sieg Christi über die Welt feiern. Auch wenn das vielleicht "zu wenig" scheint. So still und klein. Und nur nach Innen gerichtet. Aber Nouwen schreibt dazu: 

Es ist so wichtig für die Menschen in unserem Umfeld zu sehen, dass sich der Friede Christi in unseren Augen, Händen und Worten widerspiegelt. Darin liegt mehr Kraft als in allem Lehren und Organisieren. Diese Wahrheit müssen wir einander immer wieder ins Gedächtnis rufen. 

 




Mittwoch, 29. Januar 2025

Die Schwermut und ein Lächeln

So, heute will ich hier endlich mal wieder was von mir hören lassen. Es fällt mir schwer wieder ins Schreiben zu kommen. Die Finger und auch die Gedanken fühlen sich ein bisschen eingerostet an. Mein Buchprojekt, an dem ich monatelang eifrig geschrieben habe, ist nämlich seit einigen Wochen abgeschlossen. Die Geschichten gehen nun in den Druck und werden Mitte März ganz anfassbar in einem schönen Buch in den Verkaufsregalen landen. Danke, ihr liebe Mitarbeiter vom Gerth-Verlag! Ihr habt mal wieder eine tolle Arbeit gemacht!!! Wenn ich dieses Cover anschaue, dann muß ich einfach lächeln (und bekomme ein wenig Heimweh nach "meinem" Schwarzwald!)

 


 

So ein Projekt-Ende ist wirklich eine tolle Sache! (und bald werde ich auch ein bisschen mehr zum Inhalt schreiben). Erstmal ist da einfach nur die Freude, dass es geschafft ist! Füße hochlegen und genießen. Aber dann, nach dem ich lange genug gesessen bin, zieht der Nebel auf und mir wird langsam kalt und ich frage mich, wie es nun weitergehen soll. Neben mir sitzt meistens die große Müdigkeit, die ihre kleine Freundin, die Schwermut, mitgebracht hat.
 "Sie ist ein bisschen schwermütig!", so nannte man früher in unserem Dorf diejenigen, die zu lange im Nebel auf der Bank saßen und nicht genau wussten wie es mit ihrem Leben weitergehen sollte. Die sich ein wenig schwer taten mit dem Mutigsein. Immer mal wieder gehöre ich auch zu ihnen. Dann muß ich ein bisschen besser auf mein Herz aufpassen (worüber die liebe Anne so gut geschrieben hat). Für mich bedeutet das in diesen Tagen ganz konkret: 

Am Abend keine Dokumentationen über Nordkorea anschauen.

Nicht zu viel über den amerikanischen Präsidenten nachdenken.

Stattdessen: 

Lange Spaziergänge machen.

Freunde treffen und zusammen spielen.

Sorgen auf Jesus werfen und sie nach dem Amen nicht alle wieder einpacken.

Geduldig mit meiner Seele sein. 

Gegenwärtig. 

Und darauf warten, dass sich der Nebel lichtet und Jesus auftaucht.  

Heute morgen habe ich müde und mit Kopfschmerzen in der Bibel nach ihm Ausschau gehalten. Dabei bin ich auf die Stelle gestoßen, in der Johannes der Täufer aus dem Gefängnis heraus, durch seine Jünger an Jesus die Frage richtet:  

Bist du wirklich der Kommende auf den wir gewartet haben, oder sollen wir lieber auf einen anderen warten? (Matthäus 11,3) 

Man kann seine Zweifel hören. VIelleicht auch die Schwermut. Wie dieser tapfere Kerl da im nebligen Kerker von Herodes saß und sein Cousin scheinbar nichts dagegen unternimmt. Und Jesus? Er lässt die Johannesjünger ein bisschen zuschauen was er tut. Wie er Menschen heilt und befreit und wie sich dabei eine unfassbare Freude ausbreitet.  Und dann sagt er einfach: "Jetzt erzählt Johannes was ihr gesehen habt." Ob sie gesehen haben, dass hier wirklich der war, auf den sie gewartet haben? Die Hoffnung der Welt!?   
Als sie außer Hörweite waren, hat Jesus dann noch ein paar richtig tolle Dinge über Johannes gesagt und seine Berufung bestätigt. Und ich dachte mir: "Jesus, das verstehe ich nicht! Warum hast du das nicht als Botschaft an Johannes mitgegeben? Das hätte ihn doch sicher total ermutigt." Manchmal stelle ich Jesus eine Frage und rechne gar nicht wirklich damit, dass er darauf antwortet. Heute morgen war aber sofort dieser Satz in meinem Kopf:  Christina, Johannes musste einfach nur wissen wer ich bin. Das war genug.  Und plötzlich kamen mir die Tränen. Weil mir plötzlich klar wurde, dass das genau das ist, was ICH wissen muß. Hier, an diesem Ort (der Gott sei Dank kein dunkler Kerker ist!), an dem ich ein wenig schwermütig sitze, während mir die Nebelschwaden die Sicht nehmen.  Ich hatte gehofft Gott würde mir etwas über MICH sagen. Aber alles was ich wissen muss ist: wer Jesus ist. Und was er für mich sein will.

Mein Heil. 

Meine Freude. 

DIe Hoffnung für die Welt (inklusive Nordkorea!). 

Ich sehe meine Nebensitzer nicken. Die große Müdigkeit, meine alte Vertraute. Die kleine Schwermut, die mich ab und zu besuchen kommt. Und Jesus? Er setzt sich zu uns. Zeigt auf Eiskristalle und lässt die Sonne ein wenig durchscheinen. Und schenkt mir ein Lächeln. 


Dienstag, 14. Januar 2025

Zwei Worte für 2025

Von Herzen wünsche ich Euch ein gutes und gesegnetes neues Jahr 2025! Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich muss mich immer erstmal neu sortieren, wenn die vielen Feiertage vorbei sind. Während manche schon über gute Vorsätze nachdenken oder den Terminplaner zücken und sich auf Neues freuen schaue ich nochmal zurück. Ich hatte den Luxus, dass ich ganz alleine für ein paar Tage auf die  schwäbischen Alb fahren konnte. Während ich die schöne Landschaft genossen habe, bin innerlich nochmal durchs letzte Jahr spaziert.

 


 

Ich habe dabei mein Jahreswort 2024 nochmal angeschaut: Yield - sich hingeben, ganz überlassen. Dabei habe ich festgestellt, dass es genau zu den Herausforderungen im vergangenen Jahr gepasst hat:

Yield - in meinem Älterwerden, das nun langsam immer sichtbarer und spürbarer wird (das Herz macht sei kurzem Probleme und mein Spiegelbild am Morgen begrüße ich mit dem tapferen Gebet: In deinen Augen bin ich schön!).

Yield- inmitten von den wild-wütenden Ablösungsprozessen eines Teenagers. Oh, wie sehr fehlen mir die vielen Sonnenmomente des Mamaseins! (Nicht dass sie gar nicht mehr da sind - aber der Himmel ist meistens doch eher bewolkt ;-)). 

Yield - beim Abschied von unseren syrischen Nachbarn, die ich sehr ins  Herz geschlossen hatte.

Yield - in meinen Schreiben und auf Lesungen. Den Anspuch loslassen, dass ich in irgendeiner Form etwas geben könnte das "genug" für den anderen ist. Eugen Petersons Worte haben mir dabei sehr geholfen:  

We offer the best we have. But it isn`t good enough, it doesn't satisfy our deepest need to be whole. We can say: Here it is God, now see what you can make out of it!

(wir geben das Beste was wir haben. Aber es ist nicht gut genug - es stillt nicht unser tiefes Verlangen heil und ganz zu sein. Wir können nur sagen: Hier! - nimm es Gott, schau was du damit machen kannst). 

Yield - mein Bedürfnis beeindruckend sein zu wollen und - das vor allem! - gemocht zu werden.  Dass Gebet der Autorin Hailey Brown hat mir die Worte dafür gegeben: 

Jesus, teach me: how do I truely love this person without the need to please them.

(Jesus lehre mich: wie kann ich diesen Menschen aufrichtig lieben ohne das Bedürfnis, dass er mich mag).

Yield- indem ich mein Menschsein annehme und meine Bedürftigkeit und Verletzlichkeit nicht mehr überspiele. In den wenigen Situationen, in denen mir das  mit Gottes Hilfe gelungen ist,  habe ich erlebt, dass es heilige Momente zwischen uns schaffen kann. 

Ach, das Jahreswort war genau richtig für mich und jetzt, wo ich stolpernd eine Weile damit gelaufen bin, will ich mich noch ein weiteres Jahr davon an die Hand nehmen lassen. Aber ich nehme noch eins dazu. Schließlich habe ich zwei Hände :-).  Es ist ein Wort, das mich ganz leicht und froh macht! Ein Freund hat es vor einiger Zeit beim Beten über mir ausgesprochen und ich habe es gleich eingepackt.  Auf der Alb habe ich es in den glitzernden Schnee geschrieben:  

 


 

Ich will das Gute ganz bewusst genießen, das Gott mir schenkt. Hier und Heute. Und ich will Gottes Gegenwart genießen und seine Liebe zu mir. (da bin ich ganz am Anfang, aber ich spüre: es ist etwas vom Kostbarsten was wir auf dieser Erde erleben können).

Wenn ich  mir das so überlege, dann haben diese  Worte einiges miteinander zu tun: Loslassen und genießen. Mit diesen Beiden an der Seite starte ich nun gleichermaßen stolpernd und zuversichtlich ins neue Jahr. 


Was gibt euch Zuversicht für 2025?

Dienstag, 24. Dezember 2024

Große Freude!?

Jetzt ist es soweit: Kaum haben wir die vierte Kerze angezündet, schon feiern wir Weihnachten! Heute morgen habe ich die Weihnachtsgeschichte gelesen, wie sie uns im Lukasevangelium erzählt wird. Dabei leuchteten mir diese zwei Worte entgegen, die von den Engeln an die Hirten auf dem Feld gerichtet wurden: "Wir verkünden euch GROßE FREUDE! "Und dann sind diese Männer, die eben noch müde versucht haben ihre Nachtwache hinter sich zu bringen, Richtung Bethlehem gerannt. Mit wild klopfendem Herzen. Und sie haben Jesus gefunden. Und  in ihrer großen Freude darüber, haben sich anschließend das halbe Dorf aufgeweckt. Beim Lesen kann ich mir ihre Ausgelassenheit so gut vorstellen. Wie sie mit leichtem Gang und laut singend zurück auf die Felder  gelaufen sind, um ihre Schafe einzusammeln und den Morgenkaffee übers Feuer zu hängen. Scheinbar war alles wie vorher. Und doch war nichts mehr wie vorher. 

 


Mich hatte diese Freude beim Lesen so richtig angesteckt. Laut singend habe ich das Frühstück gerichtet und mich an meiner neuen Weihnachtstasse gefreut.  Ach, wie schön kann so ein Jesusgeburtstag sein! Bis unser pubertierender Mitbewohner weniger gut gelaunt aufgetaucht ist.  Zuerst habe ich ihn verärgert zurechtgewiesen, dass er bitte doch ein bisschen dankbarer mithelfen soll. Und eben habe ich ihm angedroht sein ersehntes Weihnachtsgeschenk auf Morgen zu verschieben (oder auf eine unbestimmte Zeit!) wenn er mich jetzt nicht endlich in Ruhe schreiben lässt! Ja, so ist das mit der Weihnachtsfreude bei mir: Sie kann recht schnell wieder unter den anderen Dingen verschwinden. Ob das bei dem Hirten auch so war? Ob sie nach dem Frühstück, beim Verteilen der Aufgaben für den Tag, wieder so richtig genervt voneinander waren? Schließlich hatten sie kaum geschlafen! Und bestimmt war da auch einer in ihrer Truppe der sich liebend gern vor den unangenehmen Pflichten gedrückt hat.Scheinbar alles wie vorher. Und doch - da war dieses Kind im Stall... und der offene Himmel... Vielleicht haben sie in den darauffolgenden Nächten immer wieder über diese Ereignisse geredet, nachdem sie sich ausreichend Mut angetrunken hatten (man redet schließlich als Hirte nicht gern über seine Gefühle!). Über ihnen leuchtet ein neuer Stern am Nachthimmel. Und da war auch wieder diese Freude. Und sie ahnten: Ab jetzt wird alles anders.

Ach, ich wünsche euch von Herzen frohe Weihnachten! Und wenn es bei euch ein wenig so ist wie bei uns -  dass sich die Feierlaune nicht durchgehend halten lässt! - dann könnten wir vielleicht im Dunkel eine Kerze anzünden. Gott unser Innerstes hinhalten. Und diese Worte in unser Herz leuchten lassen:  

 

 

Am Ende dieses Jahres möchte ich euch auch von Herzen DANKE sagen, für euer Mitlesen auf diesen Seiten! Das bedeutet mir so viel. Und wie schön war es, einige von euch in diesem Jahr auch ganz persönlich zu treffen! Wenn ihr mögt, dann lesen wir uns hier wieder - auch im neuen Jahr 2025. 

Bis dahin- Seid umarmt und gesegnet!

Montag, 16. Dezember 2024

Meinst du er mag mich?

Jetzt er da! Und wir durften ihn letzte Woche bewundern: der kleine Sohn meiner Nichte. Verschlafen hat er uns angeblinzelt und kaum wurde er meinem staunenden Kind in die Arme gelegt, ist er zufrieden eingeschlafen (vermutlich weil er seine Eltern die vorausgehende Nacht beschäftigen musste). Und da saß er dann, der wilde Teenager, mit dem Baby auf dem Schoß. Zuerst hat er ihn nur etwas verkrampft gehalten und dann hat er ihn ganz zart gestreichelt. So lange habe ich noch nie still und glücklich sitzen sehen... Auf der Rückfahrt saß er dann im nachdenklichen Schweigen auf der Rückbank. Und dann kam die vorsichtige Frage: "Meinst du er mag mich?" Ich habe das natürlich bejaht und ihm versichert, dass das gar nicht anders sein kann. "Er wird dich mögen!" Und doch verstehe ich mein Kind. Weil ich diese Frage auch so gut kenne. Wenn ich von einem guten Abend bei Freunden heimkomme, frage ich Heio auch manchmal: "Meinst du sie mögen uns? Oder sie sind nur einfach sehr nett und ertragen uns?" Mein Mann antwortet dann: "Natürlich mögen sie uns. Wie kann es anders sein?", und ich versuche ihm zu glauben.

Gott wurde Mensch. So sehr hat Gott die Welt geliebt! So unfassbar klein hat sich unser Schöpfer gemacht. Weil er seinen Menschenkinder ganz nah kommen wollte, die sich oft unsicher fragen ob er uns wohl mag. Seine Liebe ist so groß und gewaltig - ganz weit weg von: Er ist einfach nur nett und versucht uns zu ertragen. Und was könnte unsere Herzen besser dafür  öffnen als ein Baby, das uns in die Arme gelegt wird?

Wenn wir diese Woche drei Kerzen anzünden, dann könnten wir doch diesen drei Worten tief in unser Herz strahlen lassen und versuchen ihnen zu glauben: 

ICH. MAG. DICH.  


 

 

Montag, 9. Dezember 2024

Hast du mal eine Minute?

Gestern haben wir nun die zweite Kerze angezündet. Morgens waren wir bei unseren Weggefährten in der Gemeinde.  Dort haben wir eine Predigt von Anne über die Stille gehört. Dabei haben wir etwas sehr ungewöhnliches (für uns) gemacht: Wir haben zusammen geschwiegen. Anne hat uns dabei angeleitet. Immer mal eine Minute. Eine Minute nur still sein. Schauen welche Gedanken dabei hochkommen. Eine Minute aufmerksam werden für das hier und jetzt. Die eigene Atmung wahrnehmen. Eine Minute ein Herzensgebet sprechen. Dabei wird, nach Tradition der Wüstenväter, in den Atem ein Gebetswort gelegt. Das bekannteste ist: Jesus Christus (beim Einatmen), erbarme dich meiner (beim Ausatmen).Aber man kann natürlich auch andere Worte benutzen. Zum Beispiel:

Mach Großes groß (einatmen), mach kleines klein (ausatmen).

Mein Gott (einatmen),  und mein alles (ausatmen)

Ich in dir (einatmen), und du in mir (ausatmen).

Dein Wille (einatmen), geschehe (ausatmen). 

Jesus (einatmen), mein Friede (ausatmen).

Mir hilft diese Art zu beten, um vor Gott still zu werden. Und wenn ich das morgens tue, dann ist es, als hätte ich mir mit diesem Gebet einen kleinen freien Raum geschaffen, auf dem meine Gedanken im Lauf des Tages immer mal wieder landen. 
Und gestern, am Sonntag hat mir das so gut getan: Gemeinsam zu schweigen. Miteinander da sein. Ganz still werden und merken: Du bist ja auch da, Jesus! Mitten unter uns!  und sein lächelndes: Was hast du denn gedacht? auffangen.

Jetzt leben die meisten von uns nicht wie die Wüstenväter, in stiller Abgeschiedenheit. Schon gar nicht in der Adventszeit. Aber wenn uns jemand fragt: "Hast du mal eine Minute?", dann würden viele von uns bestimmt antworten: "Ja. Eine Minute habe ich." Vielleicht könnten wir uns in dieser Vorweihnachtszeit eine zusätzliche Minute am Morgen gönnen?  Einen Moment still werden. Ein Herzensgebet sprechen. Und uns gemeinsam daran erinnern:  Du bist ja da, Jesus.

 

 

Stille ist: Mit allem aufhören und ganz bei Gott sein. (Anne Georges)

Montag, 2. Dezember 2024

Genug Licht

Seit gestern brennt nun eine Kerze an unserem Adventskranz. Nur eine Kerze. Ein kleines Licht. Es scheint so wenig, angesichts dem Dunkel der Welt. Viel zu wenig, für die unbekannten Strecke vor uns. So oft hätte ich gerne mehr Licht. Kronleuchter! Scheinwerfer! Fernlichter! Stattdessen nur diese stille Flamme. Es scheint zu wenig, so wie diese paar Sätze, die ich euch hier schreibe. Und doch: 

 Genug Licht für Heute. 

Genug Licht für den nächsten Schritt.

Genug. 


 

Freitag, 29. November 2024

Ein Segen ins Dunkel

Jetzt ist es ganz bald soweit: Am Sonntag zünden wir die erste Kerze am Adventskranz an. Ich habe mir überlegt auf welche Weise ich in diesem Jahr die Adventszeit auf meinem Blog gestalten könnte. Am liebsten würde ich euch einen Ruhemoment schicken, in dieser oft so vollen Zeit.  Das ist ja nicht so einfach. Aber ich will es versuchen. Ich möchte gerne, jeweils zum Wochenanfang, eine neue Kerze mit euch anzünden. Vier kleine Ruhemomente. Mit ein bisschen weniger Worten als sonst. Und vielleicht geht uns ja gemeinsam ein Licht auf. Das wäre schön.

Bevor wir die erste Kerze anzünden:

Ein Segen ins Dunkel.

Lass und das Dunkel noch ein wenig aushalten.

Die ungelösten Fragen.

Die Ungewissheiten.

Die Kämpfe, in die wir uns immer wieder verstricken. 

Mit uns selbst. Miteinander. Mit Gott.

Hören wir in die Stille, bevor es hell wird.

Ich lasse dich nicht los, bevor du dich segnen lässt.

Mitten in deinem Dunkel.

Sei gesegnet, mein Kind.

 


Mittwoch, 20. November 2024

So wie es ist (ein Vor-Advents-Text)

Jetzt müssen wir noch ein paar Novembertage hinter uns bringen und dann beginnt endlich die Adventszeit. In diesem Jahr habe ich wirklich Sehnsucht nach Licht. Und wenn ich am Abend noch eine Runde durch unseren Ort laufe, halte ich voller Hoffnung Ausschau nach Adventssternen in den Fenstern und leuchtenden Weihnachtsbäumen, aber - NICHTS! Noch kein Leuchten weit und breit! Nur in dem Garten am Ortsrand, wo fast das ganze Jahr bunte Lichter blinken. Da stehen Weihnachtsmann, Buddhafiguren, Gartenzwerge und östliche Kriegshelden dicht gedrängt nebeneinander- als hätten die Bewohner sich gesagt: Egal woran ihr glaubt, stellt es in unseren Garten und wir lassen es leuchten! Aber die restlichen Menschen an unserem Ort haben sich wohl vorgenommen bis zum Adventsbeginn damit zu warten.

Vielleicht steckt hinter meinem ungeduldigen Warten auf die Adventszeit ja auch die Sehnsucht nach ein bisschen heiler Welt. Ich hoffe auf dankbar strahlende Kinderaugen, auf das gemeinsame Plätzchen backen und Wohnung schmücken und dass wir uns abends fröhlich zur Kaminstunde vor unserem Ofen versammeln, um punschtrinkend einer spannenden Weihnachtsgeschichte zu lauschen.  Eine schöne Vorstellung. Die Realität wird leider anders aussehen. Ich werde alleine die Wohnung schmücken und Plätzchen backen (und letzteres war bei uns auch nie wirklich harmonisch!) und unser pubertierender Teenager wird an den meisten Tagen türeknallend nach Hause kommen, egal wie viele Kerzen bei uns leuchten. Die Abende, an denen wir uns harmonisch zur Kaminstunde versammeln können, werden wohl an einer Hand abzuzählen sein. Ich versuche nicht wehmütig durch alte Fotos zu scrollen und auch nicht sorgenvoll nach vorne zu schauen, wo sich die Aussicht auf unsere nächsten Jahre wie eine ungemütliche Abendrunde durch unseren dunklen Ort anfühlt (mit vielen Gewitterwolken am Horizont). Ich weiß. Ich höre erfahrenen Teenagereltern mutmachend sagen: "Das ist eine tolle Zeit! Du wirst es lieben! Endlich kann man auf Augenhöhe miteinander reden." Und ich denke mir: Nein. Das kann man bei uns so (zumindest noch) nicht sagen. Es sei denn mit "auf Augenhöhe" ist gemeint, dass wir die Fussballspiele vom vergangenen Samstag diskutieren oder die Wunschliste für die PS4-Games durchgehen, die er für Weihnachten gerne aufstellen möchte. 
Ich will hier wirklich nicht jammern, ich habe viel Grund dankbar zu sein. Das ist nur meine ehrliche Gefühlslage im Moment, nach zwei Tagen heftigen MIgräneanfällen. Doch, es gibt auch so viel Gutes in meinem Leben!  Aber da sind auch die Schatten. Die düsteren Stimmungen, die mich manchmal überfallen. Und vielleicht ist es genau richtig, wenn ich damit durch unseren dunklen Ort spaziere und nicht vorschnell eine Glitzergirlande drüberlege. Es könnte doch genau diese Lücke sein, zwischen unseren Vorstellungen wie das Leben sein sollte und wie es gerade eben ist, in die Gott seine Krippe stellt. Er kommt doch nicht in die "Heile-Welt-Versionen" unseres Lebens. Er bevorzugt den Stall. Die ganze Realität, mitsamt den Wut- und Migräneanfällen, den Diskussionen über die Handynutzung und den händeringenden Fragen, woher wir die Kraft für den nächsten Tag nehmen sollen.

"WIe soll ich dich empfangen?" singen wir in einem alten Weihnachtslied. Die einfache Antwort könnte sein: So wie wir sind. In dem Leben das wir haben. In dieser Welt, wie sie gerade ist. Wir könnten uns am Abend ein wenig ans Fenster setzen. Auf die dunkle Straße schauen und eine Einladung aussprechen: Jesus komm! Und dann? Still werden. Warten. Erwarten, dass er - alle Jahre wieder! - in unserer Welt ankommt. Und Licht mitbringt.

 


Donnerstag, 7. November 2024

Es wird regiert

Was war das, politisch gesehen, für ein aufwühlender Tag! Zuerst die Wahl eines US-Präsidenten, die bei vielen große Bestürzung auslöst. Weniger wegen der Partei die er vertritt, sondern weil er eine große Unberechenbarkeit mit in das Amt bringt (um es mal vorsichtig auszudrücken). Man weiß einfach nicht was er tun wird. Wird er sich mit Putin verbünden oder ihm mit einem Atomangriff drohen? (oder beides zugleich?) Wird er unterstützend an der Seite der Ukraine und an der Seite Israels bleiben, oder wird er sein "Amerika first!" auch hier wahr machen? Werden höhere Zölle weitere Arbeitsplätze bei uns gefährden?... Fragen, auf die viele Experten vorsichtig abwägend sagen: "Man weiß es einfach nicht." Und dann - mitten hinein in diese Unsicherheit - kam die Nachricht, dass die Ampelregierung in unserem Land zerbrochen ist. Was letztlich vorzeitige Neuwahlen bedeutet, bei denen man befürchten muß, dass sich die radikalen Positionen noch verstärken und unser Land unregierbar wird. Nein, ihr seid hier nicht auf einem Nachrichtenblog gelandet, aber manchmal bricht die große Politik in unsere kleinen Leben hinein und wir fragen uns besorgt, wohin das führen wird. Für uns. Für unsere Kinder...

Gestern habe ich länger mit meiner Nichte telefoniert. Sie ist hochschwanger mit ihrem ersten Kind und in wenigen Tagen ist ihr berechneter Entbindungstermin. In den Herbstferien hat sie uns besucht und ich durfte meine Hand auf ihren Bauch legen und bekam einen gehörigen Tritt von dem kleinen Jungen, dem der Platz dort drin nun langsam viel zu eng wird. "Was freue ich mich, wenn ich ihn endlich im Arm halten kann!", seufzte meine liebste und einzige Nichte, als sie sich aus dem Sessel schob.  Gestern habe ich sie also angerufen, um zu hören wie es ihr geht. Und weil ich ihr ein bisschen Mut vor der Geburt machen wollte. Aber sie klang ganz zuversichtlich, während sie auf ihrem Hüpfball saß und meine besorgten Fragen beantwortete. "Alles gut, DIna! Ich freu mich einfach, wenn ich bald nicht mehr schwanger bin", sagte sie lachend (ach, diese unbedarften Erstgebärenden!;-)). Am Ende hat unser Gespräch MICH ermutigt. Weil diese frohe Erwartung von einem neuen Leben auf mich überging: Ein kleines Menschenkind, das ungeduldig, wie ein Windhund vor dem Rennen, gegen seine enge Behausung tritt, um endlich nach draußen zu kommen in unsere große weite Welt! Um mit staunenden Augen das Lächeln seiner Eltern aufzufangen, sich umarmen und liebhaben lassen (auch von merkwürdigenTanten und Onkeln) . Um dann, angetrieben von Neugierde, zu robben und krabbeln und die ersten wackligen Schritte zu machen. Um zu tasten und zu greifen - nach glitschigen Regenwürmern, knisternden Blättern und dabei den schnellen, schmerzhaften Nasengriff zu perfektionieren, in jedes Gesicht das vor ihm auftaucht. Um zu fühlen und zu schmecken. Kürbisbrei und Karottenmus über sich ergehen lassen, bis es endlich die erste Butterbrezel in der Hand halten darf und nebenher vergnügt auf einen Bildschirm patschen kann, auf dem ein lustiger Mann mit orangenen Haaren wütende Dinge sagt. 

Ich will die (berechtigten) Sorgen unserer Zeit nicht kleinreden. Aber es hilft mir, wenn ich an die Generationen vor uns denke. Die ebenfalls mutig Kinder in die Welt gesetzt haben. Inmitten von großen Herausforderungen. Heute morgen las ich auf einer Statusmeldung die Worte von Karl Barth, der in Zeiten des Nationalsozialismus die Bekennende Kirche mitgegründet hat und der die Christen dieser Zeit eindringlich zum Widerstand aufrief. In der Nacht vor seinem Tod telefonierte er noch mit einem Freund und sagte dabei zu ihm: 

Ja, die Welt ist dunkel.... Nur ja die Ohren nicht hängen lassen. Nie! Denn es wird regiert.  Nicht in Moskau, Peking oder Washington. Es wird regiert von ganz oben, vom Himmel her! Nicht den Mut verlieren, es wird regiert! 

Was für ein Vermächtnis! Von einem Mann der den bösen Strömungen seiner Zeit Widerstand geleistet hat. Der sich eingemischt hat. Und für Versöhnung geworben hat. Bis zum Schluß. Und der in allem diesen kindlichen Blick zum Himmel behalten hat. Es wird regiert! Auch heute noch. Nicht den Mut verlieren! Auch nicht, wenn die Geburtswehen in der Welt zunehmen. Neues Leben ist unterwegs. Advent liegt schon um die Ecke. Der König kommt. 



Dienstag, 22. Oktober 2024

Just show up

Heute bin ich ziemlich müde aufgewacht und ich ahne bereits, dass das mit dem konzentrierten Schreiben eher nicht so klappen wird. Trotzdem setze ich mich vor den Computer und öffne ein leeres Dokument. Falls die Muse mich küssen möchte - ich wäre da. Das blieb mir als Tipp im Ohr von Autorinnen, die ich bewundere. "Just show up!" sagen sie. Sei einfach da. Jeden Morgen. Schreib einen ersten Satz. Und dann folgt vielleicht noch ein zweiter und wer weiß: vielleicht hast du am Ende eine Geschichte. Wenn nicht, dann leg nach einer Weile den Stift zur Seite oder schalte den Computer aus und sag dir: Ich hab's wenigstens versucht. Und morgen versuche ich es wieder.

Ich habe neulich darüber gelesen, dass Johann Sebastian Bach am Anfang seiner Kompositionen immer diese zwei Initialen geschrieben hat: J.J. Das steht für die lateinischen Wörter: Jesus.Juva. Jesus.Hilf.  Mein innerer Kritiker, der heute leider nicht müde sondern hellwach über meine Schulter schaut, verdreht die Augen: Willst du dich jetzt etwa mit dem Genie Bach vergleichen?  Ich versuche nicht auf ihn zu hören. Manchmal geht das am besten, wenn ich aufschreibe was er sagt, damit er sieht wie dumm das ist. Natürlich will ich mich NICHT mit Bach vergleichen, aber wenn dieses Genie vor seine ersten Töne ein "Jesus.Hilf." gesetzt hat, dann brauche ich das doch erst recht. Für mein Schreiben. Aber auch für mein ganzes Leben. Für jeden meiner Tage. Vielleicht sollte ich diese zwei Initialen auf unsere (frisch gestrichene) Schlafzimmerwand schreiben: J.J. Und mein Kind, das Lateingenie, rätseln lassen, was es bedeutet (was mich an seine kommende Klassenarbeit erinnert wozu ich aus tiefstem Herzen nur Jesus Juva! sagen kann).

Was eine bekanntere Sache ist (zumindest für Menschen, die als Kinder in seeehr langen Gottesdiensten mit klassischer Musik die Liedblätter studiert haben):  Bach hat unter seine einzelne Werke immer S.D.G. geschrieben hat. Soli deo gloria. Gott allein die Ehre. Und auch hier ruft mein hellwacher Kritiker gleich: Ja, wenn man so wie Bach komponieren konnte, dann kann man das als Abschluß schreiben. Aber unter deine Artikel und Blogeinträge?  Besonders unter diejenigen, bei denen du schon beim Abschicken weiß: Das ist jetzt vielleicht ein bisschen armselig, aber besser ging's heute nicht. Was bitte könnte dabei eine Ehre für Gott sein? 

Neulich habe ich einer Autoren-Kollegin aus meiner Gemeinde von einer ziemlich misslungenen Lesung erzählt. Ich wäre an dem Abend so gern ein wenig anders gewesen und hätte auch gern die Umstände ein wenig anders gehabt, aber es ging einfach sehr, sehr vieles schief. Und ich bin total entmutigt heimgefahren. Immer noch entmutigt bin ich dann zum Gottesdienst gegangen. Ganz nach dem Motto: Just show up.  Und als ich dort der Weggefährtin die ganzen Missgeschicke aufgezählt habe konnte ich beobachten, wie sich eine große Erleichterung auf ihrem Gesicht ausgebreitet hat. "Ach, dass dir sowas passiert!", sagte sie glücklich. "Das macht mir jetzt so richtig Mut!" Später hat sie sich sogar über WhatsApp nochmal dafür bedankt. Soli deo gloria, kann ich dazu nur sagen! :-) Und deshalb will ich das ganz trotzig glauben:

Unter verhauene Lesungen und unter zähe Predigten, bei denen mir der Schweiß ausbricht, weil ich merke, das kommt nicht an: Soli deo gloria.

Unter Texte, die eigentlich hätten besser sein können, die ich aber heute nicht besser hinbekommen habe: Soli deo gloria.

Unter müde Tage, an denen ich wieder mal viel zu ungeduldig war mit den lateinlernenden Kind und nach halbherzigen Versöhnungen am Abend: Soli deo gloria. 

Am Ende des Tages kann ich einfach nur sagen: Nimm es Jesus. Das was heute möglich war. Mach was draus. Dir zur Ehre.

Und am nächsten Morgen starte ich neu. Mit einem Jesus.Juva. auf den Lippen. 

Wer weiß, vielleicht wird es am Ende eine richtig gute Geschichte.


Apropos gute Geschichte: Schon seit einigen Wochen will ich euch gerne das neue Buch von Anne Gorges vorstellen. Eben genau der, mit der ich nach der misslungenen Lesung zusammensaß. Sie hat so eine wunderbare und ehrliche Art zu schreiben, dass es mir jedes Mal richtig Mut macht wenn ich etwas von ihr lese!  Und bei diesem Buch ging es mir nicht anders:


Anne nimmt und mit hinein in Geschichten vom Wachsen und Staunen, und öffnet die Tür zu ihrem Herzen und ihrem Schrebergarten - dem Stückchen das keiner wollte. Sie schreibt über Anfängerfehler, über die Erbsenernte und andere Dingen, die sich eigentlich nicht lohnen, über die Dinge einem über den Kopf wachsen (nicht nur im Garten), über Hängemattentage, über Brokkoli-Fehlschläge und vieles mehr. Ich beobachte, wie sie im Garten werkelt und manchmal auch verzweifelt an der Hecke reißt und dann mit einem Feierabendbier schwitzend auf die Gartenbank sitzt und einen Segen schreibt. Für die Jahreszeit, in der wir uns gerade befinden. Unter die letzte Seite kann man nur ein dickes Soli deo gloria! schreiben. Weil sie einfach Tag für Tag Wort an Wort gereiht hat, oft auch ziemlich müde, und richtig gute Geschichten daraus geworden sind (und ihr könnt das Buch auch hier, direkt bei der Autorin, bestellen). 

 

dazwischen gibt es sogar kleine,hilfreiche Gartentipps!

Und noch eine Empfehlung für eine Veranstaltung mit einer tollen Künstlerin, falls ihr in der Nähe von Heimerdingen wohnt und für Samstag noch nichts geplant habt: Die Sängerin Sarah Brendel hat ein sehr berührendes Buch geschrieben mit dem schönen Titel: "Das Kleinste ist nicht zu klein." Und wenn Sarah ihre Lieder und Geschichten teilt, dann wird das bestimmt ein ganz besonderer Abend.


S.D.G.

Mittwoch, 9. Oktober 2024

Nichts Besonderes

Gerade komme ich von unserer Arztpraxis zurück. In den letzten 24 Stunden habe ich ein kleines Kästchen um den Hals getragen, das meine Herzschläge aufgezeichnet hat. Nachdem ich meinen Mann in den letzten Wochen zu oft vom Schlafen abgehalten habe, weil mein Herz sich abends einfach nicht beruhigen wollte, hat er mich dringend gebeten, das beim nächsten Arztbesuch zu erwähnen. Und schwupps, hatte ich so ein Teil am Hals. Dazu wurde mit ein leeres Blatt in die Hand gedrückt mit der Bitte alles aufzuschreiben, was ich in den nächsten 24 Stunden so tue. Was ich TUE??? Der Wetterdienst hatte einen langen Regentag angekündigt. Ich hatte nichts weiter geplant als heimzufahren, zu kochen, ein bisschen aufzuräumen, einen genervten 13 Jährigen zum gemeinsamen Puzzlen zu überreden, zum Haus der Freunde zu laufen und wieder zurück und dann früh ins Bett zu gehen. Hoffentlich verletzt sich die Arzthelferin nicht ernstlich, wenn sie beim Lesen meines Protokolls vor Langeweile vom Stuhl fällt.  Ich wollte wirklich etwas Spannendes einbauen. Wenigstens eine Sache bei der die medizinische Fachkraft staunend zu ihrer Kollegin gesagt hätte: "Schau mal was die Frau Schöffler gemacht hat! Wie krass ist das denn!" Aber da hätte man das Gerät schon jemand anderem umhängen müssen. Auch heute vormittag konnte ich, nach 1. Aufstehen und 2. Frühstücken nur eine Sache aufs Protokoll schreiben: Schreibtisch. Und dann: Fahrt zum Arzt. (auf dem E-Bike). Eine Stunde früher als geplant, aber ich wollte die Sache einfach hinter mich bringen. 
In der Praxis wurde ich sofort in eins der freien Untersuchungszimmer gebeten. "Gerade eben habe ich mit meiner Kollegin über sie geredet!", strahlt mich die nette Arzthelferin, während ich mit freiem Oberkörper vor ihr sitze und sie mich von Kabeln und Kästchen befreit. "Ehrlich?", frage ich. In mir keimt Hoffnung auf. Vielleicht habe ich bei meinem letzten Besuch durch irgendeine Sache richtig Eindruck hinterlassen. Keine Ahnung was, aber manchmal fällt einem das ja selber nicht auf, wenn man etwas Beeindruckendes tut. Oder sie haben entdeckt, dass ich Bücher schreibe? Dass sie sozusagen kurz davor stehen, eine berühmte Schrifstellerin in ihrer Datenbank zu führen... Sie unterbricht meine inneren Höhenflüge: "Ja, wir haben gehofft dass sie ein bisschen früher kommen, weil wir das Gerät dringend für den Nächsten brauchen." Alles klar. Ernüchtert lege ich meinen Protokoll auf den Tisch (geschriebenen Seite nach unten) und sehe, dass dort bereits der Aufschrieb, einer anderen Patientin liegt. Sie hat nur drei DInge eingetragen. Mit zitternder Schrift: Treppenlaufen. Toilettengang. Bett. Ich muss schlucken. Plötzlich kommt mir mein Protokoll gar nicht mehr so langweilig vor, sondern ganz herrlich gewöhnlich.  Die Arzthelferin verabschiedet mich mit den Worten:  "Wenn was Besonderes ist, geben wir Bescheid!" Mir wird plötzlich bewusst, dass an diesem Ort die Worte "nichts Besonderes" und "ganz Normal" die besten Worte sind, die man nur hören kann. Und während ich in der klaren Herbstluft nach Hause radle fällt mir der Satz ein, den ich von einem alten Menschen gehört habe: "Alltag und Schmerzfreiheit - das ist großes Glück."

Vor ein paar Tagen hat mir eine Freundin den Bericht einer freigekommenen israelischen Geisel geschickt. Andere sind noch in Gefangenschaft. Nun seit über einem Jahr. Sie erzählt, dass ihr Bruder dort, an dem verschleppten Ort in Gaza gesagt hat, dass das was er am allermeisten vermisst, der Moment am Schabbatabend ist, in dem der Wein in die Gläser gefüllt wird und der Segen über allen Anwesenden gesprochen wird. Sie konnten dort wohl eine Tetrapackung Saft in ihr Versteck schmuggeln und jede Woche, am Freitagabend trinken sie einen kleinen Schluck daraus. Immer in der Hoffnung, dass sie am nächsten Schabbatabend   wieder Zuhause sein werden...Normalität. Kleine, unaufgeregte Rituale. Oft kaum wahrgenommen. Geliebte Menschen am Tisch. Warmes Essen. Ein Segensgebet. Schalom.

Gesegneter Alltag. Das ist ein Regennachmittag und kleine Streitereien. Fahrrad und Frieden und ein warmes Zuhause.  Ein Tagesprotokoll aus vielen kleinen und ganz gewöhnlichen Dingen. 

Während ich hier darüber schreibe, denke ich an all diejenigen, denen dieser Alltag genommen wurde. In Israel. In Gaza. Im Libanon. In der Ukraine und an so vielen Orten auf der Welt. Ich denke auch an die alten Menschen, deren Alltag auf Treppensteigen und Toilettengang reduziert ist und die so wenig segnende Hände erleben.  Ich denke an die Blogleserin, für die der gewohnte Alltag mitten in diesem Sommer, mir der schweren Diagnose ihres Mannes, aufgehört hat.   Ich denke an die 101 Geiseln, darunter ein junger Israeli, der wahrscheinlich auch diese Woche einen kleinen Schluck aus der Tetrapackung nehmen wird, in der Hoffnung am nächsten Schabbat wieder Zuhause zu sein.

Bring them home, bete ich. 

Bring them all home.

Und ich flüstere Danke. Danke - nicht nur für die "nicht besonderen" Tage, für Alltag und Schmerzfreiheit, sondern danke vor allem dafür, dass ich ein Zuhause habe. Dass wir alle ein Zuhause haben. An dem uns offene Arme und segnende Hände erwarten. An jedem Tag unseres Lebens.