Dienstag, 25. Oktober 2016

Schweden ist viel mehr als nur IKEA !


Zur Zeit sitze ich morgens an meinem zweiten Buch, was bedeutet: Ich schreibe gerade viel und wenn ich nicht schreibe dann laufe ich gedankenversunken durch die Gegend (man sollte Menschen die ein Buch schreiben das Autofahren wirklich verbieten - gestern bin ich schon wieder an der richtigen Ausfahrt vorbeigedüst, da hat auch die Vollbremsung nichts mehr genutzt) Es geht mir einfach so viel durch den Kopf das ich dringend ordnen muß. Zum Glück habe ich ja meinen Blog und Euch, meine geschätzten Leser. Also, die Frage die mich im Moment beschäftigt ist folgende:

Wie kann ich mit meinem Kind über Jesus und meinen Glauben reden, dass es für ihn so vertraut und real wird wie unsere abendliche Umarmung und dass es ihn gleichzeitig so neugierig, wach und voller Fragen macht, wie der letzte Tag vor Weihnachten?



Wenn ich an meine christliche Kindheit denke dann gibt es im Rückblick eine Sache die ich schwierig finde: Wir bekamen ständig Antworten auf Fragen, die wir uns noch gar nicht gestellt hatten. Manche Fragen habe ich nie (oder viel zu spät) gestellt, weil die Antworten schon fertig in meinem Schoß lagen. Ich habe manche Geschichten nie angefangen zu leben weil mir das Ende schon erzählt wurde. Vielleicht war das Problem nicht die Antworten an sich, sondern dass sie schon so fertig daherkamen. Sie haben mich nicht auf meine eigene Suche geschickt. 

Vor einigen Tagen war ich mit Samu beim IKEA. Wir haben das Glück, (Heio würde sagen das Pech!) dass er bei uns ja fast um die Ecke liegt. Ich habe mit Samu einen gemütlichen Nachmittag dort verbracht. Wir waren schwedisch essen und haben ein paar Kleinigkeiten besorgt. Kurz vor der Kasse konnte ich es mal wieder nicht fassen wieviele "Kleinigkeiten" wir im Wagen hatten und sortierte die Hälfte wieder aus. Alles in allem war es ein schöner Ausflug nach Klein-Schweden.
Inzwischen weiß Samuel, dass ich das Land toll finde - dass er sogar dort entstanden ist - aber wir waren noch nie zusammen da. Ich könnte ihm nun beim IKEA und ein paar Köttbullar erklären: „Samu, genau das ist Schweden!“ Das wäre ja nicht total falsch - ich habe in Schweden tatsächlich öfters diese leckeren Fleischbällchen gegessen - aber Schweden ist noch viel mehr: Es beginnt mit einer langen Autofahrt, einer Fähre (oder eine lange Brücke), mitten hinein in wilde Landschaften und endlose Straßen auf denen Tiere auftauchen können die einen das Staunen und Fürchten lehren. Schweden sind kalte, dunkle Winternächte, Elchjagd, heiße Suppe und stille Seen die man auf Kanus durchqueren kann. Ich weiß es, ich war schon öfters dort. Schweden ist so viel mehr als ein Fleischklops auf dem Teller bei IKEA oder ein kleiner Michel-Film. Das sind höchstens Dinge, bei denen ich ein bisschen seine Neugier und Liebe zu diesem tollen Land wecken kann



Und (ich hoffe dass ihr meinen etwas wirren Gedankensprüngen hier folgen könnt) ich wünschte die Kirche würde es schaffen - nein ICH würde es schaffen! - meinem Kind die Glaubenswahrheiten nicht als Fertigessen zu servieren sondern wie ein kleiner Appetitanreger, wie eine Postkarte die Fernweh in ihm auslöst, ein Hinweis auf ein fernes Leuchten, das ihn ermutigt sich mit klopfendem und fragendem Herzen und erwartungsfrohem Blick auf den Weg zu machen. Hinein in sein eigenes Abenteuer, in wilde, ferne Landschaften, in denen er Gott auf die Spur kommen kann.




Ich wünsche mir so sehr, dass ich Samu eine Sehnsucht nach Jesus mitgeben kann,
das sich wie Fernweh und Heimweh zugleich anfühlt, 
wie ein Geheimnis das man unbedingt ergründen will, 
wie eine Fährte der man folgen will.

Wer Gott auf die Spur kommen möchte, begibt sich auf grosses, weites Land,
in dem man oft mehr Fragen als Antworten hat, 
das man niemals durchwandern kann, 
und über das man ein Leben lang staunen kann.

Ich ahne, dass meine eigene Reise mit Gott ganz entscheidend das Bild prägt, das mein kleiner Sohn von diesem Land bekommen wird. Deshalb will ich jeden Tag mit offenem Herzen zu Jesus kommen, mit all meinen Fragen und wirren Gedanken und das vertraute alte Buch aufschlagen mit der Bitte: "Jesus, bring mich zum Staunen!"

Und eines Tages werden wir das Auto beladen und zusammen nach Schweden fahren. ich werde Samuel meine vertrauten Orte zeigen und wir werden gemeinsam neues entdecken und dieses wilde, wunderschöne Land genießen. Ich hoffe es wird auch sein Lieblingsland.





Mittwoch, 19. Oktober 2016

Schaden an der Seele

Die letzten Tage war Samu krank und natürlich sind die Bakterien auch fröhlich bei mir gelandet. Und ich wollte doch so viel erledigen und habe gefühlt NICHTS hinbekommen! Außer Autos gespielt, Teekannen befüllt und Büchle vorgelesen. Heute morgen schicke ich das Kind trotz Husten und Schnupfnase in die Kita. Drei Stunden für mich alleine! Jetzt würde ich am liebsten losspurten wie bei einem 100m Lauf und alles gleichzeitig anpacken was liegengeblieben ist.

An solchen Tagen fällt die Zeit, die ich morgens auf dem Sofa verbringe, um zu beten eher kurz aus. Du bist doch nicht sauer Gott, oder? Es gibt halt viel zu tun. Und ich versuche ihn zu vertrösten, wie einen aufdringlichen Liebhaber: Vielleicht klappt ja mal ein Abend diese Woche an dem ich wieder ausgiebig Zeit habe.  Und dann renne ich in den Tag und merke: Ich bin dabei mich zu verlieren. Ich spüre meine Grenzen nicht, ich werde genervt, bin dünnhäutig und empfindlich, mache mir Sorgen um Dinge die nicht so wichtig sind und ich nehme mich selbst viel zu wichtig. 
Ich vergesse so leicht, dass die Zeit mit Gott kein großzügiges Geschenk meinerseits an ihn ist, sondern es ist sein großes Geschenk an mich!
 Und er zieht sich nicht beleidigt zurück, wenn ich mir die Zeit nicht nehme (das macht er niemals - Gott sei Dank!) aber es tut ihm leid - vor allem um meinetwillen! Weil er weiß, was meine Seele braucht und was meiner Seele schadet.

Ich muß immer wieder an ein Radiointerview mit Christian Streich denken, dem Trainer des SC Freiburg, das mich sehr beeindruckt hat. Er erzählt darin eine kleine Geschichte von einem spanischen Fußballer: Die Spieler durften sich von einem Sponsor ein Auto aussuchen und es war für diesen Fußballer einfach naheliegend das größte und teuerste Auto zu nehmen. Da zog ihn sein Teamkollege Xavi zur Seite und meinte: "Überleg es dir gut, ob du das wirklich willst. Es könnte deiner Seele schaden!" Das war nicht überheblich gemeint. Es war eine freundliche Warnung eines erfahrenen Profispielers der erkannt hat, dass manche Entscheidungen uns in die falsche Richung ziehen können. Und manche Dinge können unserer Seele schaden. Christian Streich hat mit der Geschichte erklärt, warum er es sich länger überlegt hat, ob er tatsächlich den Trainerjob einer Mannschaft der ersten Bundesliga annehmen soll. "Weil es etwas mit dir macht, mit deiner Seele, und ich habe überlegt, ob das gut für mich ist."
Das hat mich sehr beeindruckt. Wer redet heute schon von Dingen die unserer Seele schaden?

Heute morgen, auf dem Sofa, lese ich diese Worte von Jesus. Eigentlich will ich sie schnell überfliegen, aber sie wirken wie eine Vollbremsung:
Was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt und nimmt dabei Schaden an seiner Seele. (Oder wie es in der Message steht: er verliert sich selbst dabei) Matthäus16,26

Ich glaube was unserer Seele schadet kann bei jedem etwas ganz anderes sein.
Für mich heisst es:

Was hilft es, wenn die Wohnung sauber ist, alle Dinge auf meiner Liste erledigt sind, aber ich mich selbst dabei kaputt gemacht habe?

Was hilft es, wenn ich erfolgreich bin, aber mich dabei selbst verloren habe?

Was hilft es, wenn ich sämtliche Erwartungen erfüllt habe aber die Beziehungen zu den Menschen, die mir am nächsten sind, nehmen Schaden, weil ich so gestresst bin? 

Was hilft es, wenn ich am Ende des Tages alle Mails beantwortet habe, aber es fehlt die Zeit, auf Gottes Liebe zu antworten?

Was hilft es, wenn ich tolle Gedanken habe und sich meine Blogleser verdoppeln und am Ende ist meine Beziehung zu Jesus nur noch eine Zweckbeziehung?

Was hilft es, wenn ich das tollste Lob einfahre und darüber vergesse, wen ich mit meinem Leben loben will?

Heute morgen habe ich versucht die lauten und stressigen Gedanken und die alten Antreiber auf ihre Plätze zu verweisen. (hinterste Reihe. Höchstens. Besser: Stehplatz im Gang!) Ich hab Heios Gitarre geholt und mit kratziger Stimme den alten Jesus-freak-Schlager gesungen: "Glory, glory to the highest, Glory, glory to your name!" Immer wieder. Bis ich das Gefühl hatte: jetzt ist es irgendwie angekommen. Innendrin. Ich habe meiner Seele die Richtung gezeigt wofür ich eigentlich leben will.

Ich will mich heute nicht verlieren. Ich will nicht, dass meine Seele schaden nimmt.

Und die schrillen Stimmen vom Gang sind plötzlich ganz kleinlaut. Sie müssen eine Nummer ziehen und brav an der Tür warten bis sie reindürfen. Einer nach dem anderen. Und wer heute nicht dran kommt - morgen ist auch noch ein Tag!

Dienstag, 11. Oktober 2016

Wir wollen mutig sein.

 Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da!!!! Herzlich willkommen - du meine Lieblings-Jahreszeit! 





Im Killesbergpark wird wieder  die schönste Dahlie gewählt (wie soll man sich denn da bitte entscheiden?) und Samu sammelt wieder Unmengen an Blättern und Kastanien.

Auf dem Weg zur Kita ist der Blick nach oben einfach zum Staunen!



Und auch der Blick zum Werbeplakat an der Seite macht mich froh. Ich finde manche Dinge muß man einfach richtig stellen.


Das bringt mich dazu darüber nachzudenken (nur mal ganz theoretisch ;-)), dass man als Mama eigentlich die besten illegalen Aktonen durchziehen kann. Man ist erstens total unauffällig unterwegs - auf einem Fahrad mit Kindersitz - und zweitens ist man oft zu einer Zeit wach in der alle anderen noch schlafen. 
Eigentlich schade, dass man in einem Alter in dem man richtig mutig sein könnte (weil man nicht mehr so viel darüber nachdenkt was andere denken) entweder zu müde ist um vom Sofa hochzukommen oder das Leben einem doch schon den Schneid abgekauft hat. 
Das sind so meine Gedanken wie wir am Sonntag zu Freunden zum Kaffetrinken fahren. Wenn kein Gottesdienst bei uns ist, laden sie einfach die Gemeinde zu sich nach Hause ein. Und es ist jedes Mal eine total schöne Zeit. (nicht nur deshalb weil die Gastgeberin die weltbesten Kuchen backen kann!)


Während die Kinder das übliche Chaos anrichten sitzen wir Eltern und ein paar Singles zusammen und unterhalten uns über Gott und die Welt. Wir kommen auf das Thema Schule zu sprechen. Ich äußere meine Bedenken ob wir Samu nächstes Jahr in der Grundschule um die Ecke einschulen sollen. Sie hat  nicht den besten Ruf, der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund ist sehr hoch, jetzt kommen noch die Flüchtlingskindern dazu und die Lehrer sind ziemlich überfordert. Unser Nachbarsjunge hat schon in der ersten Klasse die Schule gewechselt, weil seine Lehrerin ständig krank war. Während ich also meine Bedenken äußere, und die anderen Eltern verständnisvoll nicken, sagt neben mir eine Freundin (die keine Kinder hat) : "Wäre es nicht toll wenn ihr trotzdem da hingeht? Wenn ihr Teil davon seid? Wenn Samuel mit diesen vielen Nationen aufwächst? Warum sollte eine andere Schule besser für ihn sein? Man kann sich doch nicht einfach rausziehen, wenn es schwierig ist..." In mir regt sich der Widerspruch. Ich denke, dass ich auch so gedacht habe als ich noch Single warAber eigentlich bin ich total dankbar für die Worte der Freundin. Weil sie mich darüber zum Nachdenken bringen, dass ich ja eigentlich mutig leben will und Samuel das Leben, so wie es ist, auch zutrauen möchte.
Heute lese ich bei Brene Brown: 

Mut ist so etwas wie eine Gewohnheit. Es ist wie schwimmen lernen indem man schwimmt. Man erlernt Mut indem man mutig ist.

Ich will mir diese Gewohnheit aneignen. Mitten im Alltag. Mit über 40 Jahren. Ich will ein bisschen Vorbild sein. Ich will aus vollem Herzen leben. Will Schwächen zugeben. Verletzlich sein. Schwierigkeiten angehen anstatt sie zu vermeiden. Neues ausprobieren. Widersprechen wenn man etwas nicht einfach so stehen lassen kann. Und ich will mich darin üben Samuel loszulassen. Jeden morgen auf`s Neue. Nein- ich will ihn nicht unvorbereitet ins kalte Wasser schmeißen, aber ich will ihm das Schwimmen beibringen, will ihm Schwimmflügel und jede Unterstützung geben, die ich habe und ihm vom Beckenrand aus Mut machen.  Ich will ihm das Leben zumuten, will ihm zutrauen, dass er seine Kämpfe kämpfen kann, mit Schrammen und blauen Flecken, Enttäuschungen und allem was dazugehört. Ich will ihm das Erlebnis schenken, dass er auch mutig sein kann, dass man schlafen kann auch wenn man Monster unterm Bett vermutet, dass er schwierige Dinge lernen kann und dass das Wasser ihn trägt. Ich will das mit ihm zusammen üben bis wir im nächsten Jahr mutig genug sind für die Schule. Egal welche es dann sein wird.

 Here is the world: 
Beautiful and terrible things can happen. 
Don`t be afraid.
                                               F. Buechner
 

Dienstag, 4. Oktober 2016

Die Gefährten

Die Woche beginnt in Stuttgart ziemlich verregnet und neblig. Meine Alltagsbegleiter sind auch schon am Start: Das Summen der Waschmaschine, die Geräusche des Müllautos vor der Tür und der Einkaufzettel auf dem Tisch. Aber ich hänge mit den Gedanken noch im vergangenen Wochenende. Dankbar. Für die wunderbare Begegnungen mit den Menschen im Mühlrad und für eine schöne Lesung. Staunend. Über die gewaltige Schönheit der Schöpfung.


Der zukünftige Milchbauer...

ein Garten der mich zu Träumen bringt...
Am letzten Abend saßen wir noch zusammen am Feuer. Wir hielten unser Stockbrot über die Glut und hörten ein wenig von den vergangenen 30 Jahren dieser Lebensgemeinschaft.  Vom gemeinsamen Feiern und gemeinsames Durchtragen, von Schicksalsschlägen, schweren Erkrankungen, harter Arbeit und einem geerdeten, bewährten Glaube. Ein gemeinsamer Glaube.  Wir spüren etwas von diesem Schatz, einander zu haben und durch sämtliche Lebensphasen hindurch, die Glut des Glaubens gemeinsam am Brennen zu halten.  
 Solche Orte sind Sehnsuchtsorte für mich. In all ihrer Unvollkommenheit. Orte von denen etwas Heilendes ausgeht. Orte die unsere Welt so dringend braucht.  Und ich muß an die Worte von Nadja Bolz Weber denken, dass Glaube ein Teamsport ist und dass wenn in der Bibel steht: Gott legt uns nicht mehr auf als wir tragen können gemeint ist: Gott legt uns nicht mehr auf als WIR GEMEINSAM tragen können.
Bei diesen Gedanken bin ich an diesem ganz gewöhnlichen Tag einfach mal so richtig dankbar für meine Alltagsbegleiter! Und damit meine ich nicht die Waschmaschine und das Müllauto (ok, dafür in ich auch dankbar) Ich denke an meine Gefährten. An diejenigen, mit denen ich schon lange unterwegs bin und an diejenigen die wie unerwartete lebensgroße Geschenke neben mir auftauchen. Ich suche sie und sie finden mich. Immer wieder.

Menschen mit denen ich am Feuer stehe und deren Worte die Glut des Glaubens in mir anfachen.  

Menschen mit denen ich im Dunkel ausharren kann, die keine Angst vor unbequemen Fragen und laut geäußerten Zweifeln haben. 

Menschen die mich mit ihren Gebeten tragen wenn ich am untergehen bin.

Menschen die ich mit meinen Gebeten tragen will wenn sie am untergehen sind. 

Menschen die zusammenbleiben. 

In aller Unvollkommenheit.  

Wir sind nicht dazu geschaffen alleine hinter Jesus herzustolpern!
Ich glaube, wir brauchen einander. Und ich bin so dankbar für meine Weggefährten!!






Gefährten des Lichts
wo sind sie
die gefährten
gemeinschaft der beherzten
die alles riskieren
und vertrauen dass der geist des herrn
der den tod überwand
leidenschaftich in ihrem leben wirken
und sie zusammenschmelzen darf
damit keiner alleine stehe wider das dunkel
und das licht aufstrahle 
für viele

(aus wie Gefährten leben, OJC Kommunität, Dominik Klenk)