Dienstag, 24. November 2020

Was könnte wachsen?

Dieses Jahr habe ich es tatsächlich geschafft: Bevor der erste Frost kam, habe ich ein paar Blumenzwiebeln in unseren Garten gepflanzt.  Bisher ist mir das meistens zu spät eingefallen. Ich bin grundsätzlich kein sehr vorausschauender Mensch. Ich vergesse den Regenschirm- trotz dunkler Wolken am Horizont, vergesse die Urlaubsplanung bis ich erschreckt feststelle, dass alle günstige Unterkünfte schon weg sind  und wenn ich für eine Lesung angefragt werde, die in mehr als einem Jahr stattfinden soll, bin ich immer etwas erschrocken. Wer weiß was bis dahin ist! Ob ich da überhaupt noch lebe? Nein. Ich bin nicht sehr vorausschauend. Deshalb hat mich das an der Coronakrise das am allerwenigsten getroffen: die Pläne, die sich nun zerschlagen. Weil ich, was über das anstehende Mittagessen rausgeht, grundsätzlich wenig feste Pläne habe. Oft schreibe ich meine Termine mit Bleistift im Kalender. Man weiß ja nie.... Aber wie ich gestern am Eingang von unserem Supermarkt den Stand mit Blumenzwiebeln sah, dachte ich plötzlich, ganz vorausschauend, an den Frühling! Und dass ich da so gerne diese kleinen traubenförmigen Blümchen in unserem Garten hätte, die auf den Packung abgebildet waren. 

Jetzt weiß ich auch, dass sie Traubenhyazinthen heißen. Ich mag sie vielleicht deshalb so gern, weil sie meine Mutter an meinen Kindergeburtstagen, zusammen mit ein paar Gänseblümchen, in einem Schnapsgläschen auf dem Frühstückstisch gestellt hat. Also keinen Schnaps - nur das Gläschen! (in den Schnaps wurden früher  im Schwarzwald nur die Schnuller getunkt - hat mir meine Oma mal erzählt. Was wiederum auch nicht ganz so vorausschauend war, aber immerhin: das Kind hat dann erstmal geschlafen) Auf jeden Fall: Ich habe mir so eine Packung Blumenziebeln gekauft. Samuel hat ja nur ein paar Tage vor mir Geburstag, dann kann ich ihm vielleicht im April auch so ein Sträußchen auf den Tisch stellen....

Weil ich keine geübte Gärtnerin bin studiere ich genau die Anleitung auf der Rückseite. Und ich bin gerührt. Da steht: Die Zwiebeln mit den Spitzen nach oben in Gruppen pflanzen. Wie süß ist das denn? In Gruppen pflanzen! Eine Traubenhyazinthe will nicht alleine aufwachsen. Sondern in Gesellschaft mir ihren Geschwistern. (Samuel würde an dieser Stelle ausrufen: Siehst du Mama, deshalb brauche ich einen Bruder!!!) Also pflanze ich sie vorsichtig, in kleinem Abstand in den Boden.


 

Und während ich so im Garten hantiere, und dabei den Anschein erwecke als wüsste ich was ich tue, kommt mir der naheliegende Gedanke, was aus dieser Jahreszeit, die wir gerade erleben, wohl wachsen könnte? Damit will ich die Coronakrise nicht schön reden! Sie ist der Auslöser für viel Leid und Verlust. Das ist mir sehr bewusst (in diesen Tagen sorgen wir uns um einen lieben Menschen, der auf der Intensivstation nach Luft ringt!) Und ich will uns auch nicht noch mehr Last aufbürden nach dem Motto: Jetzt müssen wir aber auch pflanzen und den Boden umgraben, wo viele von uns doch so unendlich müde sind - durch die Ungewissheit, die verschwundene Unbekümmertheit, durch Sorgen und Mehrbelastungen. Nein, diese Zeit ist wirklich nicht einfach. Und doch ist da der Gedanke, der mich nicht loslässt: Was könnte wachsen, in dieser Zeit?

Was könnte wachsen, wenn alle Gemeindeprogramme auf das Nötigste heruntergefahren werden (und was ist das überhaupt: Das Nötigste?). 

Was könnte wachsen, wenn wir in der Adventszeit mal nicht von Termin zu Termin hetzen und anstehende Einladungen uns stressen?

Was könnte wachsen, wenn wir bisher Selbstverständliches plötzlich als etwas Besonderes wahrnehmen? Begegnungen, Umarmungen, Cafe-Besuche, kleine Feste... 

Was könnte wachsen, wenn wir den Besuch bei den alten Eltern oder Verwandten als Privileg sehen, als Noch-einmal-geschenkte-Zeit? 

Was könnte wachsen, wenn wir unsere wichtigen (?) Pläne und Vorstellungen ganz bewusst loslassen und sie freigeben, wie Blumenzwiebeln in den dunklen Boden? 

Was könnte wachsen wenn wir einmal nicht weggehen, sondern da sind, in unserem kleinen Leben, wenn wir Reisen verschieben und uns stattdessen einmal nach innen wagen, auf eine Reise ins eigene Herz? 

Was könnte wachsen, wenn wir einmal eine Zeitlang das laute Reden und Singen und das Behaupten und das Deuten sein lassen und nur still werden?

Was könnte wachsen, wenn wir es einfach glauben würden, dass wir genug sind und dass wir unendlich geliebt sind?


 

Ich stehe im Garten, klopfe die Erde fest und weiß, dass ich jetzt nicht mehr viel tun kann. Ich werde einfach da sein. Und in ein paar Monaten, so hoffe ich, werden sich kleine Traubenhyazinthen aus dem dunklen Boden drängen. In kleinen Gruppen. Und dann hole ich Heios Schnapsgläschen und wir feiern zusammen! 

 


 

Ach, und was Weihnachtsgeschenke angeht, bin ich oft auch so wenig vorauschauend. Dieses Jahr will ich das aber besser machen und bin schon fleissig am überlegen, was ich an Gutem verschenken könnte. Falls es euch auch so geht, hier noch eine kleine Geschenkidee: Vielleicht möchtet ihr Geschichten verschenken. Einem besonderen Menschen. Euch selbst, oder jemand anderem. Und mit jedem Päckchen kommen noch eine kleine Überraschungstüte und ein persönlicher Weihnachtsgruß  (und auf Wunsch gibt es eine Widmung ins Buch). Falls ihr Interesse habt, meldet euch einfach (alles weitere findet ihr hier).

 


Und vielleicht schenkt ihr - auf Hoffnung hin  - einen Gutschein! Für ein Geschenk, das dann Ende Januar  vor der Tür liegt; wenn man schon gar nicht mehr damit rechnet und sich dann umso mehr darüber freut :

Eine Jahresreise, mit Geschichten über Heimat und Himmel und die Hoffnung, durch alle Jahrszeiten hindurch. Ach, ich freue mich schon so sehr auf dieses Buch!!! Und hoffe, dass es euch ebenso viel Freude beim Lesen machen wird, wie es mir gemacht hat, das Buch zu schreiben (nähere Infos kommen ganz bald, auch ein Gutschein zum Ausdrucken!)

Mittwoch, 18. November 2020

Origami und die Einfalt am Frühstückstisch

Wir sitzen beim Frühstück. Draußen ist es noch dunkel. Das Kind klopft rhythmisch mit den Löffel gegen die Tasse und unterstreicht damit seinen Wunsch, dass er doch bitte, bitte  endlich ein Schlagzeug bekommen möchte. Ich will vor allem meine Ruhe. Fühle mich innerlich und äußerlich zerknittert.  Der Kopf tut seit Tagen weh. Rhythmisch und unermüdlich schlägt da jemand von innen gegen die Schläfe. Und heute morgen ist auch noch der Weltschmerz ins Herz gekrochen. Ach ja, diese Welt kann schmerzen. Das erleben gerade so viele. Auch in meinem nächsten Umfeld...Ich würde es so gerne heller machen. Aber heute fühle ich mich hilflos und überfordert. Mein Blick fällt auf die Streichholzschachtel auf dem Tisch, die ich am Sontag von Anne geschenkt  bekommen habe  ("Damit es still und heimlich schon ein bisschen weihnachtlicher bei euch wird!"  - die Gute hat meinen letzten Blogeintrag gelesen!). "Fürchte dich nicht" steht drauf. Drei einfache Worte. Ich drehe die kleine Schachtel in der Hand. Halte mich an den Worten. Still und leise kämpfen sie sich, wie drei tapfere Freunde, den dunklen Weg Richtung Herz. Fürchte dich nicht....
 Weniger still geht es auf der anderen Tischseite zu. Samuel kommt weiter in Fahrt. Jetzt legt er noch den Text seiner Lieblingsband O`Bros über den Rhythmus. Er schmettert fröhlich: "Und ich sage zu der Angst: Ich brauch dich nicht! Und ich sage zu dem Herrn: Ich brauch nur dich!" Und ich sage zu dem Kind: "Halt doch einfach mal die Klappe!"  Aber ich muß dann doch lachen. Über ihn. Über mich. Und über den Liedtext, der so simpel klingt. So einfältig. Wie das "Fürchte dich nicht"  in meiner Hand. 
 
Einfalt ist ein interessantes Wort. Es wir  oft im Zusammenhang mit Naivität und Dummheit verwendet. Aber im Wörterbuch finde ich eine ganz andere Erklärung: Schlichtheit des Herzens. Oder eben  ganz wörtlich: Einmal gefaltet. Ganz im Gegensatz zu  Origami - dieser japanischen Faltkunst die mich schon mehrfach zum Verzweifeln gebracht hat. Wenn Samuel mich bittet etwas für ihn zu falten, schicke ich ihn meistens - einige zerknüllte Papierbögen später - zu seinem Vater.

Neulich war ich bei einem Vortrag des Schweizer Theologen Berhard Ott über die Bergpredigt. Und darin ging es genau darum: Um die Einfalt! Wir hatten  neben dem Stuhl ein Papierbogen liegen. Ich wartete schon nervös auf eine Faltanleitung, aber wir wurden stattdessen aufgefordert das Papier einfach zu verknüllen. Darin bin ich ziemlich gut. Das hat Spaß gemacht. Dann wurden wir aufgefordert das Blatt wieder zu öffnen. Und die vielen kleinen Falten zu betrachten. Und nun sollten wir das Papier einmal zur Hälfte falten und ein paar Mal fest über die Falz streichen. Das Blatt im Anschluß wieder auffalten und vor uns lag - Volia: Die Einfalt. 


 

Ich mag einfache Beispiele. Vielleicht weil ich selbst ein bisschen einfach bin. Und was bin ich froh, dass unser Glaube so wenig komplizierte Origmai-Kunst-Theologie braucht (und lassen wir uns niemals einreden, dass es so wäre!). Die wahren und wichtigen Dinge sind ganz einfach. Aber oft so schwer zu glauben. Und deshalb geht es eigentlich vor allem darum: Unser zerknittertes Herz immer wieder sanft und bestimmt in ihre RIchtung zu streichen.

"Ich brauche deine Gnade, das ist alles was ich habe", singen die Jungs von O`Bros am Ende ihres - zugegebenermaßen ziemlich geilen - Lieds. 
Für manche mag es Dummheit sein. Für mich ist es die Schlichtheit des Herzens, die wir in aufgeregten Zeiten und an verknitterten Tagen so ganz dringend brauchen. Wenn die Welt schmerzt und sich alles so unlösbar anfühlt, dann gebt mir einfache Worte, zum Festhalten.

 
Fürchte dich nicht.

Ich brauch nur dich, Jesus!

Diese Welt braucht dich. 


Beat that, Origami!!! Spontan zerknüllt - sieht ein bisschen aus wie ein Schaf, oder? :-)

 


Mittwoch, 11. November 2020

Vorfreude auf Lichterglanz

Eine amerikanische Schriftstellerin, die ich sehr mag, hat in der letzten Woche Bilder von ihrem Weihnachtsbaum gepostet. Riesig und reich geschmückt steht er in ihrem Wohnzimmer. Anfang November! Sie  meinte dazu: "We need to fill this house with joy!" Ich musste darüber lachen. Weil ich genau weiß was sie meint. Ich würde zwar niemals jetzt schon einen Weihnachstbaum bei uns aufstellen (ich meine: wir hatten noch nie einen Weihnachtsbaum IN der Wohnung - Heio verweigert sich seit Jahren! -dafür aber unsere kleine tapfere Tanne auf dem Balkon, die das jährliche Schmücken geduldig über sich ergehen lässt), aber meine Sehnsucht ist auch sehr groß unser Haus - nein die ganze Welt! - mit Freude zu füllen! 

Vor einigen Tagen bin ich deshalb auch in den Keller gegangen, um in unserer Weihnachtskiste zu wühlen. Ich habe eine kleine Lichterkette ausgewählt die unter dem kritischen Blick des Mannes als "Novemberdeko" durchgehen wird. Ich habe sie um einen Ring gewickelt und etwas nackt und einsam hängt sie nun in der Wohnzimmerecke. Für mich ist es so genau richtig. Ein kleines verheissungsvolles Leuchten! Es sagt mir, dass ganz bald der Herrnhuter-Stern bei uns aufgehen wird, der Adventskranz auf den Tisch wandert und Samuel und ich, wie in jedem Jahr, EINMAL Ausstecherle backen, um dann - fertig mit den Nerven - auf den Nachschub von Oma Heide warten (ach, meine Schwiegermutter kann sooo gut backen!). Abends werden wir uns vor den Ofen setzten und neben dem prasselndem Feuer den neuen Adventskrimi von Harry Voss lesen. Und an einem dieser Tage werde ich hoffentlich Samuel ganz aufgeregt wecken, um ihm zu sagen, dass in der Nacht Schnee gefallen ist. Und wir werden staunend hinter den dekorierten Fensterscheiben stehen und beobachten wie große Flocken sanft auf die Erde fallen und der Welt ein prächtig weißes Gewand  anlegen. 

Ach, ich sehne mich nach der Adventszeit, so sehr wie noch nie. Geht es euch auch so? Vielleicht liegt es an der Anspannung in diesem Jahr. Dass mit der Corona-Krise so vieles plötzlich anders wurde, so viel Unbekümmertheit auf einen Schlag weg war und wir mit den neuen Normal klarkommen müssen. Vielleicht schenkt uns die Adventszeit mit ihren kleinen Ritualen ein wenig vom altvertrauten Normal. Vielleicht ist es aber auch einfach die Sehnsucht, dass es doch hell werden möge! In den vielen Leben die gerade so gebeutelt sind. In den Herzen die müde und traurig sind.  Dass die Zeit des Staunens und der  Wunder kommt, in der die Augen wieder anfangen zu glänzen und wir einander vor Freude ganz fest die Hände drücken weil wir wieder glauben können, dass am Ende eben doch alles gut wird. Es gibt in diesen Tagen ja ein paar verheissungsvolle Zeichen. Manche mögen sie noch kritisch beleuchten, aber uns, die wir gemeinsam mit vielen anderen aufs Licht warten, sind es Hoffnunsgzeichen, dass die Zeiten sich ändern könnten.

Ein bisschen müssen wir noch ausharren. Die Nächte werden erst mal noch länger. Aber mittendrin werden wir die verstaubte Kisten aus dem Keller holen, und  anfangen unsere Lichter anzuzünden. Wir werden unsere Häuser zum Leuchten bringen und so sehnsuchtsvoll am Fenster stehen wie nie zuvor. Wir werden Ausschau halten nach dem, der jedes Zimmer und jedes dunkle Herz mit Freude füllen kann.  Und wie sanfte Schneeflocken wird auch in diesem Jahr sein Wort in unsere Welt fallen und alles in Hoffnung kleiden:

Das Volk das im Dunkeln lebt, sieht ein großes Licht! Und über denen die da wohnen im finstern Lande, wird es hell. Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. .. Denn: uns ist ein Kind geboren! Ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst. (Jesaja 9)

Komm oh mein Heiland Jesus Christ! 

Meins Herzens Tür dir offen ist.

Wie schön sind deine Strahlen.

 


Mittwoch, 4. November 2020

Mr. Trump und meine Tante Inge

Zusammen mit vielen anderen, und in Gedanken bei meinen amerikanischen Freunden, warte  ich gespannt auf das Ergebnis der US-Wahl. Samuel fragt schon seit Tagen wer denn nun gewonnen hat und verhakt sich bei der Frage ob  Donald Trump nun Christ ist oder nicht. Und wenn nicht, warum die Christen ihn dann wählen. Schwierig wie viel Komplexität man einem Neunjährigen zumuten kann...
Heute morgen frühstücken wir ausnahmsweise - ganz amerikanisch - mit laufendem Fernseher im Hintergrund. Immer noch gib es keine klare Antwort auf Samuels drängende Frage "Wer ist denn nun 1.Platz, Mama? (ganz wichtige Jungsfrage!). Nachdem ich ihn in die Schule verabschiedet habe versuche ich mir einen Rat der wunderbaren Lissy zu Herzen zu nehmen und die Dinge nicht weiter auf nüchterne Seele zu verfolgen. Ich setze mich auf unseren Balkon und lese noch einmal die Stelle, die ich gestern Abend Samuel aus seiner Kinderbibel vorgelesen habe: Die Geschichte in der Jesus seine Jünger losschickt, um in seinem Auftrag Heil, Befreiung und die Botschaft der Versöhnung zu verkünden. Und er gibt ihnen die Anweisung bei denen einzukehren, die ihren Friedenssgruß erwidern  (Lukas 10,6). Theologen sprechen hier von Menschen des Friedens. Menschen die bereit sind sich von Gottes Liebe berühren zu lassen, der sanftesten und stärksten Kraft dieser Welt. Diese Liebe führt uns immer Richtung Schalom: zur Vollständigkeit und Versöhnung, in allen Bereichen des Lebens: Schalom wenn ich mein Spiegelbild betrachte, ebenso wie Schalom wenn ich mein Kind, meinen Mann und meinen Nachbarn betrachte. Versöhnend leben. Solchen Menschen des Friedens bestimmt Jesus als "Homebase" für alle die in seinem Auftrag unterwegs sind.

MIttenrein, in diese aufgeregten und vollen Tage, kam gestern still und leise eine Nachricht auf mein Handy. Ich erfahre, dass meine Tante Inge ihren Kampf mit dem Krebs beendet hat. Sie ist im Frieden von uns gegangen, in die himmlische Heimat auf die sie sich am Ende so gefreut hat, so schreibt mir wörtlich ihre Tochter. Meine Tante Inge (wir sind nicht wirklich verwandt, sie war einfach die wunderbare Freundin meiner Mama). Um sie euch ein bisschen vorzustellen bräuchte es ein langes Gespräch bei einer Tasse Kaffee. Mindestens. Ich kann ganz verkürzt hier nur so viel sagen: Sie war ein Stück Zuhause für mich. Besonders seit dem Tod meiner Mutter. Und sie war ein Mensch des Friedens. Samuel würde hinzufügen, dass ich das Wichtigste vergessen habe: Sie hatte einen Minigolfplatz! Und immer wenn wir bisher in meinem Heimatdorf waren, führte unser erster Weg dorthin. Mit hoffendem Herz, dass Tante Inge  in dem kleinen Holzhäuschen hinter der Kasse sitzen und uns mit ihrem warmen Lächeln begrüßen würde. Die Runde Golf ging dann ebenso auf ihre Kosten wie das Eis im Anschluß. Ich liebe diesen Minigolfplatz! Hier habe ich sogar die Chance gegen Heio zu gewinnen. Nicht nur weil ich die Bahnen von klein auf kenne  sondern weil der Ball fast von alleine in die Löcher rollt, wenn man ihn einfach in ihre ungefähre Richtung spielt (was Heio, den Golfprofi, jedes Mal zur Verzweiflung bringt). Hier wird einem das Siegen leicht gemacht. Natürlich hat sich Tante Inge immer erkundigt wer gewonnen hat und sich dann von Herzen mit dem Sieger gefreut. Auf Nachfrage hat sie uns auch erzählt wie es ihr geht, welche Gegenden der Krebs nun weiter befallen hat und wie sie die Schmerzen aushalten kann. Dabei wich das Strahlen nicht aus ihren Augen. Sie konnte uns die schlimmsten Nachrichten mit großer Dankbarkeit übermitteln : "Und stellt euch vor: da war doch tatsächlich dieser gute Arzt der mich wieder versorgt hat - hat Gott das nicht wunderbar geführt?!" Und nun hat Gott sie nach Hause geführt. Sie war mir ein Vorbild. Und ein Stück Heimat, das ich - neben ihren treuen Gebeten für uns - nun schmerzlich vermissen werde. 

Und wie schlage ich nun den Bogen zurück zur anstehenden Entscheidung im Weißen Haus? Was hat der Schalom Gottes und das Leben meiner Tante Inge mit dem scheinbar mächtigsten Amt dieser Welt zu tun?  Ich glaube folgendes: Unsere Welt braucht dringend Menschen des Friedens! Menschen die versöhnend leben. Die anderen ein Stück Heimat auf dieser Welt bieten. Die ihnen das Siegen leicht machen und ihre Erfolge mitfeiern. DIe großzügig sind, mit dem was ihnen gegeben wurde. Und die einen dankbaren Blick behalten, mitten im Leid und Schmerz den wir auf dieser Welt erleben. Ich würde Amerika wünschen so einen Menschen im weißen Haus zu haben. Aber falls es nicht so sein sollte: Ich glaube an die stille und beständige Kraft der Menschen des Friedens, an den kleinen Plätzen dieser Welt. Durch sie wächst Gottes Reich. Und ich bete, im dankbarem Gedenken an meine Tante Inge, dass ich so ein Mensch werden kann: Versöhnend. Anderen ihre Siege gönnend. Großzügig. Dankbar, auch in Widrigkeiten. Und anderen (oder in diesem Monat ganz konkret: Einem zweiten Haushalt, mit dem ich mich treffen darf!) ein Stück Heimat gebend.  

Unsere Welt braucht Hoffnung! 

Zünden wir alle Lichter an die wir haben! 

Verkünden wir mit unserem ganzen Leben die Botschaft der Heilung und Befreiung und der größten Liebe dieser Welt! 

Und machen wir unsere Herzen jeden Tag aufs Neue weit, dass der König des Friedens bei uns einziehen kann.

Schalom. 

Schalom Amerika. 

Schalom Wien, Frankreich, Syrien und Jerusalem. 

Schalom uns allen