Dienstag, 26. Juli 2022

Der Segen vom Nichtstun

Passend zum heutigen Ferienbeginn in Baden-Württemberg - meine erste Postkarte an euch, in der Hoffnung, dass ihr euch so eine Pause immer mal wieder gönnen könnt. 

Liebe Grüße und habt es gut!💚

 



Ps.: nochmal der Hinweis (weil schon ein paar Anfragen kamen): alle Infos zur Bestellung vom neuen Buch gibt es hier!

Donnerstag, 21. Juli 2022

Fenster auf für den Sommer!

Nun hat die Hitzewelle den Süden Deutschlands erreicht. Als wir gestern nachmittag ins Auto gestiegen sind, hat der Thermometer 39 Grad angezeigt! Wir versuchen die Wärme aus der Wohnung zu halten indem wir Nachts alle Fenster und Türen weit öffnen und tagsüber versuchen wir dann, die kühle Luft drinnen zu halten (was mal mehr und mal weniger gelingt). Samuel geht jeden Tag mit leichterem Gepäck Richtung Schule. Die letzten Tests sind geschrieben und jetzt steht nur noch so Dinge an wie Bücherabgabe, Klassenausflug und alle verlorenengegangenen Sachen suchen, wiederfinden und nach Hause bringen - mit seinen vergessenen Vesperboxen könnten sie in den Pausen locker eine kleine Tupperparty abhalten! Ich versuche locker zu bleiben. Oder besser: locker zu werden.  

Einmal tief Ausatmen, nach vielen vollen Tagen. 

Innerlich alle Fenster und Türen weil öffnen...

Damit umschreibt der schwedische Autor Tomas Sjödin das Stillwerden im Gebet - ein Gedanke der mir so gut gefällt:  

Beten heißt nicht auf alle Fragen einen Deckel pressen, sondern eher, dass wir alle Türen und Fenster öffnen

Wie schön. Und was für eine gute Vorbereitung ist diese Art zu beten auf die Hitze des Tages...

 

Nächste Woche gibt's dann noch ein großes Fest (meine "kleine" Nichte heiratet - nicht zu fassen!) und dann machen wir uns ganz gemütlich auf den Weg Richtung Schweden. Unser Sehnsuchtsland. Endlich mal wieder. Ich kann's noch kaum glauben. Denke, wie so oft, dass bestimmt noch was dazwischen kommt. Aber eine Brise Vorfreude weht schon durch mein Herz...

Normalerweise ist das der Zeitpunkt in dem ich eine Blogpause einlege. Aber in diesem Jahr habe ich mir etwas anderes überlegt. Da Mitte September mein neues Buch erscheint (das ihr auch gerne schon bei mir vorbestellen könnt - alle Infos dazu hier) und das Thema "Slow-living" aus der Ruhe leben so wunderbar in die Sommerzeit passt, werde ich hier  immer mal wieder in Postkartenform ein Zitat, ein poetischer Text oder einfach ein paar Sätze aus einem der Kapitel zu euch schicken. Ich hoffe das klappt. Schlendert also gerne ab und zu mal hier vorbei, mit oder ohne Eiskaffee in der Hand.  Aber vielleicht genehmigt ihr euch auch eine Internetpause und ihr schaltet den Computer ab (das öffnet ja auch die inneren Fenster!).

In jedem Fallwünsche  ich euch von Herzen eine richtig gute Sommerzeit!

Und egal ob ihr auf große Reise geht oder ob ihr die Schönheiten vor eurer Haustüre bewundert- vielleicht können wir ja gemeinsam die Herzensfenster aufmachen und entdecken was Francis von Sales geschrieben hat (was für mich nach einem guten "Rezept" für einen guten und erholsamen Sommer klingt):

In allen Dingen lerne das Einfache zu lieben.

 









Dienstag, 12. Juli 2022

Was gibt's Neues?

                                                                                                Blogpost enthält unbeauftragte Werbung
 
Das ist auch so eine Frage die mich innerlich in leichte Schockstarre verfallen lässt. Was gibt's  Neues? Ja, was gibt es denn Neues, zum Kuckuck  nochmal? In meinem Leben gibt es meistens wenig krasse Neuigkeiten sondern wenn sich etwas ändert dann geschieht das oft so langsam und unaufgeregt, dass ich es oft selbst fast nicht bemerke. So ist es mir mit unserer Bananenpflanze passiert. Dieses Gewächs bringt seit Jahren nur ein kümmerliches Blatt pro Sommer hervor und entscheidet sich im Winter dafür, es wieder abzuwerfen. Ich habe Heio schon öfters angefleht diese jämmerliche Staude zu entsorgen was er als geduldiger Gärtner natürlich völlig ausgeschlossen hat. Nun fiel neulich ganz zufällig mein Blick auf die Pflanze in ihrer Balkonecke und mein Erstaunen war groß - also mindestens so groß wie diese Pflanze nun in kurzer Zeit gewachsen ist! 
 
 
 

Ich bin begeistert! Wenn das so weitergeht, können wir vielleicht Ende des Sommers ein paar Bananen ernten :-).  Und plötzlich spüre ich eine große Sorge für ihr weiteres Wachstum!   Ich rücke sie ständig hin und her - damit sie mehr Licht oder weniger Wind abbekommt. Natürlich habe ich keine Ahnung was ich tue und Heio korrigiert geduldig meine gutgemeinten Versuche. Ich fürchte auch schon ein wenig den Wintereinbruch und dass sich die Pflanze wieder auf ihr gewohntes Muster "Ein-Blatt-und-dann-verwelke-ich" besinnen könnte. Aber irgendwie spüre ich, dass das dieses Mal nicht so sein wird. Dass diese Phase Zuende ist und sich etwas Neues getan hat! Dass die jahrelange liebevolle Pflege eines geduldigen Gärtners nun endlich belohnt wird.

Ein anderer Grund warum ich mich nun plötzlich eine emotionale Bindung zu dieser Pflanze habe könnte sein, dass sie mich an meine Gemeinde erinnert; und das nicht erst seit kurzem. Über viele Jahre kam es mir so vor, dass auch bei uns unter viel Mühe und Pflege im Frühjahr etwas aufbricht, was dann nach dem Sommer wieder verschwindet. Nicht selten war ich ziemlich frustriert darüber und habe dem großen Gärtner vorgeschlagen, unser Gewächs besser zu entsorgen. Aber weil es SEINE und nicht MEINE Pflanze ist, hat er nur freundlich gelächelt und weiter gemacht. Mit uns. Und jetzt schaue ich mich um und staune. Es grünt. Und wächst. Ich bin allerdings noch vorsichtig. Insgeheim fürchte ich, dass wir in alte Muster zurückfallen und wir nach dem Sommer wieder welke Blätter einsammeln. Aber ich spüre es ähnlich wie bei unserer Bananenpflanze: Es hat sich etwas Neues getan!  Und anstatt die guten Dinge klein zu reden - was ich oft genug mache! - will ich sie einfach einmal feiern und dankbar darüber staunen.
 

Und neben dieser wunderbaren (und für mich wirklich großen!) Sache, gibt es doch noch ein paar andere Dinge auf die ich freudig zeigen könnte, bei der Frage: Was gibt's Neues?

Da ist einmal diese neue Bibel in der ich blättern darf:


Das beste Buch der Welt mit schönem weichen Einband und in einer Schriftgröße die ich gut lesen kann (früher dachte ich ja eine große Bibel zeigt etwas über die Reife, die man im Glauben erlangt, heute weiß ich: die Bibel wird mit den Jahren deshalb größer weil die Sehstärke kleiner wird). Außerdem sind - wie man an der Überschrift erkennen kann - die Versprechen Gottes besonders hervorgehoben. Viele davon wurden auch von verschiedenen Autoren durch persönliche und lebensnahe Gedanken ergänzt. An ein paar Stellen durfte ich auch etwas dazu schreiben, worüber ich mich freue wie ein kleines Kind, das auch ein bisschen bei den Großen dabei sein darf. Was mir besonders gefällt ist die verständliche Übersetzung und dass es viel Platz auf jeder Seite gibt, für eigene Gedanken und Notizen. Was mir vor Augen führt: Es gibt genügend Platz in Gottes großer Geschichte! Wir dürfen dabei sein!

 
 
 

Und da ist noch dieses Buch, in dem ich meine allerersten Geschichten aufgeschrieben habe. Ganz druckfrisch und im neuen Kleid:



Der Inhalt ist noch derselbe. Und immer noch so nah und wahr für mich, wie vor 10 Jahren. Ich lese an fast jeder Lesung etwas daraus vor. In dem neuen (!) Vorwort habe ich darüber geschrieben:

Ich wachse immer noch hinein. In meine Geschichte. In die Versöhnung. In die Gnade. In die Hoffnung In die Zuversicht, dass meine - dass unser aller! - Geschichten zum Segen werden können, wenn wir bereit sind sie ehrlich miteinander zu teilen. 

Ich bin so dankbar und immer noch am Staunen, was mit den Jahren aus diesen ersten zaghaften Schreibversuchen gewachsen ist! Das Buch war nun seit einiger Zeit vergriffen, aber mit der Hilfe des besten Freundes und  begabten Grafikers (DANKE DIR!) konnte ich es neu auflegen.   Da es eine limitierte Eigenauflage ist könnt ihr das Buch nur direkt bei mir bestellen (chris.f@freenet.de). Für günstige 12 Euro, inkl. Porto. Als kleine Sommerlektüre gut geeignet :-).

Und nach dem Sommer gibt es ein wirklich nagelneues Buch, auf das ich mich schon so freue: 



Sieht es nicht richtig gut aus? (Dank Hannes Böhm vom Gerth Verlag!) Und ich hoffe innen drin ist auch viel Gutes zu finden; verteilt auf 52 Kapiteln - eins für jeden Sonntag im Jahr. Ich werde euch noch ein wenig reinschauen lassen. Aber heute will ich es nur kurz hier hochhalten und schon ein bisschen mit euch feiern. Etwas Neues ist gewachsen! An vielen Stunden am Schreibtisch und den langsamen Spaziergängen dazwischen. Ich hoffe, dass beim Lesen still und leise und Sonntag für Sonntag etwas ins Herz fällt,  was ein klein wenig zu dem guten Leben beiträgt, das Gott in uns aufwachsen lassen möchte.

Der große Gärtner ist bei der Arbeit. 

Bei allem was sich ihm hinhält. 

Jahr für Jahr. 

Slow (and strong!) living.

Vertrauen wir auf seinen grünen Daumen.

Er richtet geknickte Halme wieder auf.

Er kann eingefahrene Muster sprengen.

Er kann alte Triebe neu beleben.

Er kann die Wüste zum Blühen bringen. 

Ja, das kann er.

 


Mittwoch, 6. Juli 2022

Verliebt in die Welt

Zurzeit träume ich wieder öfters von meinem Elternhaus. Ich bin immer noch dabei die Tatsache zu verarbeiten, dass ich diese vertrauten Räume nie wieder betreten werde. Gestern habe ich zu Heio gesagt: "Es ist doch nicht zu fassen, dass man ein Haus so vermissen kann!" Aber vielleicht ist es ein klein wenig so, wie das mit unserem Körper ist, der unserer Seele ein Zuhause gibt (my soul`s address - wie es Barbara Brown Taylor so treffend ausdrückt). Dieses alte Schindelhaus im Schwarzwald war meine Heimatadresse auf dieser Welt - so vergänglich und dem Zerfall ausgesetzt, wie unsere Körper das auch sind. Und doch hält all das Vergängliche so viel Schönheit. So viel gute Geschichten. Gerade das unperfekte. Die Macken. Das "Abgelebte".... Manchmal ist da fast ein körperlicher Schmerz in mir, wenn ich an die die gichtgeschwollenen Hände meiner Mutter denke, über die ich so gerne noch einmal streicheln würde. Und diese kleine Narbe in dem Handballen meines Vaters, die ich ihm als übermütig beißendes Kleinkind zugefügt habe und die Stelle zwischen Socken und Hosenbein in der seine weißen Beine geleuchtet haben....Es ist nicht nur die Seele und die inneren Werte, sondern es ist auch das vertraute Äußere, das man am Ende vermisst. Das Anfassbare.  Die kleinen Gesten. Die Gerüche. Der weiche Stoff der Lieblingskleidung. Haptik der Liebe. Vielleicht vermisse ich auf diese Weise mein Heimathaus. Es war wie der feste weiche Einband, der meine Geschichte zusammengehalten hat. Und wie dankbar bin ich, dass ich so einen Ort so lange Zeit meines Lebens haben durfte! 
Aus der Wohnung unter mir dringt der Singsang eines Muezzins, der zum Gebet ruft. Die junge syrische Mama, die eben ihr Kind in die Kita gebracht hat, hat ihre Anlage laut aufgedreht. Für mich klingt es nach Heimweh. Und ich weiß, dass sie ihr Zuhause, das sie schon so früh in ihrem Leben durch den Krieg verlassen musste, sehr vermisst. Wie viele Umarmungen, Gerüche und Gesten wohl in ihrem Alltag schmerzlich fehlen...

Jetzt leben wir gemeinsam hier. An diesem Ort. Heimathaus unserer Kinder. Und als ich gestern mit Samuel zu seinem Fußballtraining zum Nachbarort geradelt bin hat mich wieder einmal die Schönheit überwältigt. Ich konnte nicht anders als begeistert in den Fahrtwind zu rufen: ´"Oh wie schön! Schaus' dir an Samu: Wie schön!!!" Ein frisch gemähtes Weizenfeld leuchtete im herrlichsten Naturblond! So eine Farbmischung sollte es mal beim Drogeriemarkt geben! Nicht Hollywoodblond und auch kein Oslo-Aschblond sondern ein Sachsenweiler-Weizenfeldblond!  Was für eine herrlich warm leuchtende Farbe! Beim Betrachten fiel mir der wunderbare Satz des Bilderbuchautors Maurice Sendak ein:

Während ich älter und älter werde, wird mir klar, dass ich in die Welt verliebt bin.
Und ich spüre was er meint. Mit den Jahren verliebe ich mich auch immer mehr in diese Welt. In die Gerüche und die Farben. In die Art und Weise wie der Wind über die Gräser streicht und wie die Sonne mein Gesicht aufwärmt. In die Geräusche des Sommerregens und der Wellen am Strand (oh wie freue ich mich auf das Meeresrauschen, das wir diesen Sommer hören werden!). In den Geschmack einer süßen, kalten Wassermelone an einem Sommerabend. In das Abendlicht, das die kleinsten Dinge zum Leuchten bringt und die fliegenden Wolken und die alten Bäume und die Graureiher ...Ich bin in diese Welt verliebt!  Und was man liebt muss man mit Freude und Zärtlichkeit betrachten. Das will ich tun. Den ganzen Sommer lang. Mit zunehmenden Macken und Narben und Körperfülle will ich mich an der Fülle dieser ganzen wunderbaren Vergänglichkeit dieser Welt freuen. 

John Green schreibt in seinem Buch mit dem schrägen Titel Wie hat ihnen das Anthropozön bis jetzt gefallen (musste erstmal Anthropozön googlen:-)):

Ich hab mein ganzen bisheriges Leben gebraucht, um mich in diese Welt zu verlieben, aber seit ein paar Jahren kann ich es spüren. Wenn man sich in die Welt verliebt, heißt das nicht, das man über die Leiden hinwegsieht. Sich in die Welt zu verlieben bedeutet für mich, zum Nachthimmel aufzublicken und zu spüren, wie der Verstand angesichts der Schönheit und Ferne der Sterne ins Schwimmen gerät. Es bedeutet unsere Kinder an uns zu drücken, wenn sie weinen, oder zuzusehen, wenn im Juni die Plantanen austreiben. ...Wir alle wissen, wie Liebe endet. Ich möchte mich aber trotzdem in die Welt verlieben, möchte, dass sie meine Schale aufbricht. Solange ich hier bin möchte ich alles spüren, was es zu spüren gibt.

Ich will meine Schale aufbrechen lassen. Jeden Tag neu.

Auch wenn ich weiß, dass es mit dem Loslassen endet.

Aber so lange ich hier bin möchte ich mich immer weiter verlieben.

In unsere Welt.

Heimatadresse für den vergänglichen Teil unseres Lebens.

Schaus' dir an! Wie schön!!!