Donnerstag, 6. Juli 2023

Das Kostbarste

Diese Woche sitze ich, trotz guten Wetter, viel an meinem Computer. Ich wollte noch einen Artikel fertig schreiben, und bereite zwei anstehende Lesungen vor. Immer mal wieder fällt dabei mein Blick auf einen kleinen Zettel der hier auf meinem Schreibtisch liegt. Darauf steht: 

Segne meiner Hände Werk.

Vor einigen Wochen, in unserem Gottesdienst, habe ich von einer Weggefährtin erfahren, dass ihre Oma diesen Satz jeden Morgen gebetet hat. Und die handwerklich sehr begabte Freundin hat es für sich übernommen, bevor sie sich an die Nähmaschine setzt. Ich fand das so schön, dass ich mir die Worte nun auch angeeignet habe. Auch wenn ich nicht nähen kann (zumindest nicht so, dass man es danach fröhlich anziehen könnte - wenn man älter als zwei Jahre ist!). Aber in gewisser Weise arbeite ich ja auch mit meinen Händen, die in diesem Moment über die Tasten fliegen.  Segne meiner Hände Werk. Das ist mein Anfangsgebet geworden, jeden Morgen. Ich bete es noch bevor ich den ersten Text schreibe, bevor ich Türen öffne, Menschen  in den Arm nehme oder ihnen die Hand reiche, bevor ich die Mülltonne vors Haus stelle, Essen koche, den Tisch decke, zu Telefon, Bücher oder Besen greife - ach, es geht ja so viel durch unsere Hände! 

An Gottes Segen ist alles gelegen! Noch so ein alter Satz, der mir gerade in den Sinn kommt. Den habe ich oft von meiner Mutter gehört. Und sie hat mich gesegnet. Jeden Morgen, bevor wir zur Schule gelaufen sind.  Ich stand im Hausgang auf dem quietschenden Linoleumboden, den schweren Schulranzen bereits auf dem Schultern, und ganz oft standen auch die Freundinnen,  die mich abgeholt haben, daneben. Das war mir manchmal ein bisschen peinlich. Aber meine Mutter hat ganz ungezwungen jede, die sich dazustellte, mitgesegnet. Und sie hat mir eine Ahnung mit auf den Weg gegeben, dass das Wichtigste nicht die Schulnoten sind und auch nicht wie ich mich selbst bewerte. Das Entscheidende liegt nicht in meinen Händen. Es liegt im Segen Gottes. 

Ich beschäftige mich gerade mit der biblischen Geschichte von Jakob - einer der wie kein anderer dafür gekämpft hat diesen Segen zu bekommen. Und heute lese ich davon wie er als alter Mann vor den Pharao trat. Man könnte denken, dass er da ganz eingeschüchtert war, von all der Pracht und dem Reichtum. Ein Bauer der außer hungrigen Viehherden und leerem Magen nichts mitgebracht hatte. Und dann heißt es:  

Und Jakob segnete den Pharao (1.Mose 47,7). 

Und beim Verabschieden segnet er ihn gleich nochmal.  Das beeindruckt mich. Vor dem Herrscher Ägyptens ging Jakob nicht mit einem erschrockenen "Wer bin ich denn?" in die Knie, sondern er stand aufrecht vor ihm und gab ihm das kostbarste was man geben kann: den Segen Gottes.  Er wusste: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein - eine Linsensuppe ist auch nur eine Linsensuppe! - sondern er lebt von dem guten Wort aus Gottes Mund. Das die Seele satt macht. Und Leben schenkt. Und unser erstarrtes Innneres zum Aufblühen bringen kann. An Gottes Segen ist alles gelegen.

Auch wenn ich noch so wenig davon begreife, was es in der Tiefe bedeutet: Ich will mich nach diesem Segen ausstrecken.  EIn Leben lang. Im Segen Gottes liegt das Kostbarste was ich habe und das Kostbarste, was ich geben kann. Gesegnet will ich segnen. In aller Zerbrochenheit meines kleinen Lebens. Mit meiner begrenzten Begabung und Kraft. Ich will meine Tage mit dem erleichterten Wissen beginnen: Es liegt ja nicht an mir.  Gott füllt meine leeren Hände. Jeden Morgen neu. Was für ein Segen!  

 


 

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