Mittwoch, 12. November 2014

von strickenden Omas und einem Geschenk, auf dem mein Name steht

Vor einiger Zeit habe ich hier geschrieben, dass ich mir überlege, ob ich in dem Asylantenheim, das bei uns in der Nähe entstanden ist, mithelfen könnte. Ich hab es mir lange hin und her überlegt. Nach 45 Jahren kenn ich mich nun ganz gut und weiß, dass ich mich schnell überfordere und manchmal Dinge tue, die zwar notwendig und gut sind, aber auf denen nicht "für Christina" steht (früher habe ich auf solche Aufschriften nicht geachtet und angenommen, dass jede Not ein Auftrag für mich ist). 

Ich habe also seit längerem die Sache in meinen Gedanken (und im Gebet) hin und hergedreht um zu schauen ob mein Name drauf steht. Die Unsicherheit blieb. Was mir aber klarer wurde war, was ich an Hilfe anbieten kann und was nicht geht (das ist schon ein Fortschritt für mich!). Also habe ich angerufen und festgestellt, dass sie genau das brauchen können, was ich (vielleicht) geben kann: ein Nachmittag in der Woche bei der Hausaufgabenbetreuung zu helfen - und Samu dazu mitbringen.
Gestern war ich also zum ersten Mal dort und ich hab mich richtig darauf gefreut. Heio hat mich nochmal ermahnt: schau erst ob es funktioniert und mach keine Versprechungen (er kennt mich ziemlich gut). Und, was soll ich sagen: es hat funkioniert! 
Samu war so begeistert, er wollte nicht mehr weg. Die Kinder waren wunderbar! Wild, neugierig, manche ganz schüchtern...wir haben mit ihnen gesungen, ein deutsches Wort beigebracht und Äpfel gegessen. Es passt. ich werde regelmässig hingehen (und muss mich schwer davon abhalten, heute nicht gleich wieder vorbeizuschauen!). 

Und bevor ihr denkt, ich bin ganz toll: Ich kam nach Hause und war total beschenkt!!! Jetzt habe ich einen wunderbaren Nachmittag in der Woche auf den wir uns freuen können (und ich muss ein paar Stunden weniger mit Samu Zug spielen:-)).

Heute morgen habe ich die Bibelstelle gelesen, in der Paulus schreibt: 

"Kauft die Zeit aus!".

Mich hat das früher immer unter Druck gesetzt. Ich dachte es heißt: 
Mach JETZT ALLES was dir möglich ist! Du weißt nicht ob du morgen noch Zeit hast um das Evangelium zu predigen, Gutes zu tun... also los: HEUTE ALLES AUSKAUFEN (hab ich schonmal erwähnt, dass ich einen heftigen Burnout hatte, der mich einige Jahre Therapie gekostet hat?).
Ich schaue mir heute also die Bibelstelle genau an und ich lese, dass im griechischen Original steht:

erkennt den "KAIROS" in eurem Leben und handelt danach.

KAIROS bedeutet: der günstigste Zeitpunkt, an dem eine bestimmte Aufgabe getan werden kann(oder der richtige Moment). 
Das klingt doch ganz anders wie: JETZT ALLES TUN. Es geht vielmehr darum, dass ich erkenne: Was ist die Zeit in meinem Leben und vielleicht gibt es etwas, für das jetzt genau der richtige Moment ist?

Am Wochenende waren wir im Schwarzwald und haben bei meiner Tante ein Paket für Weihnachten in Schuhkarton abgegeben. Sie hat uns in ihre Wohnung geführt und alles war voll mit kleinen Zusatz- Geschenken für die Pakete ("damit jedes Päckchen voll ist und jedes Kind etwas besonderes bekommt", meinte sie strahlend). Auf dem Sofa lagen Berge von kleinen selbsgestrickten Schals und Handschuhen. Sie sagte uns, dass die alten Leute aus dem Dorf, das ganze Jahr dafür stricken. Ich war beeindruckt, von meiner Tante und von diesen alten Menschen. Vieles ist in ihrer Lebensphase nicht mehr möglich, aber sie können stricken und haben viel Zeit. Und diese Zeit kaufen sie aus, sie stricken, nicht nur für ihre Enkel, sondern auch für das Kind in Rumämien, und ich ahne, dass sie ganz begeistert bei der Sache sind.
Bild von Compassion
Gestern saß ich strahlend im Asylantenheim und ich wusste: das ist mein "Kairos". Genau das kann ich gerade gut tun. Das ist ein Geschenk von Gott auf dem "für Christina" steht. Und auch "für Samuel" (er wurde zum Abschied von den Kindern abgeknutscht!)

Was immer gerade eure Lebensphase ist, ich wünsche euch, dass ihr spürt, was gerade gut und möglich ist (es kann gut sein, dass der Besuch in einem Asylantenheim nicht dazu gehört!) . Und vielleicht entdeckt ihr  ein Geschenk, auf dem euer Name steht.

4 Kommentare:

  1. Hallo Christina!
    Freu mich total, dass du es gewagt hast und es dich selbst und Samu bereichert! Hab oft daran gedacht, ob du wohl angerufen hast. Ein sehr schöner, mutmachender Artikel inmitten so vieler schlechter Nachrichten!
    Bei uns im Dorf werden im Januar Flüchtlinge aufgenommen und nun wird ein Team "Willkommenskultur" gegründet. Ich bin gespannt...
    Angela

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  2. Hallo Angela! Das klingt ja gut, mit der "Willkommeskultur". Wirst du mitmachen(trotz allem was du sonst noch zu tun hast)? falls ja - bin ich gespannt wie es bei euch anläuft. Viel Segen dir und liebe Grüße!
    Christina

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  3. Mein größten Respekt, wirklich toll was du da machst. Und das du gleic zwei Fliegen mit einer Klappe schlägst umso besser. Wenn es Samu gefällt und du helfen kannst und dich damit nicht überforderst, wunderbar!

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  4. Hallo Heiko! Danke für dein Kommentar.Ja, ich hoffe, dass es so bleibt und wir uns nicht überfordern (gestern war die doppelte Anzahl der Kinder da!). Aber helfen muss auch gelernt sein und ich hoffe dass sich alles gut einspielt. Liebste Grüße und segen zu dir!

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