Mittwoch, 8. Dezember 2021

Paddelnd durch die Adventszeit

Heute morgen fiel mir wieder eine bestimmte Formulierung in den Schoß, die ich in diesem Jahr gelesen und nach der ich seit einiger Zeit vergeblich gesucht habe (das passiert wenn man zu viele Bücher liest!). Nun habe ich es wiedergefunden - direkt neben diesen einleitenden Worten im Johannesevangelium:

Das Wort wurde Fleisch und Blut und zog in unsere Nachbarschaft. (Johannes1,14, the message). 

Der Theologe Eugene Peterson hat diesen Bericht von Johannes über das Leben von Jesus, so überschrieben: An unhurried gospel.  Was soviel bedeutet wie: ein geruhsames, ein gelassenes, ein gemächliches Evangelium.  Peterson erklärt dazu, dass er die  Berichte von Matthäus, Markus und Lukas wie schnell fließende Gebirgsbäche empfindet, während Johannes so erzählt, als würde er mit einem Kanu über einen ruhigen See paddeln und immer wieder innehalten und die atemberaubende Aussicht genießen. An unhurried Gospel. Mir gefällt dieser Ausdruck so sehr! Und auch dieses Bild, vom Fischer Johannes, der ganz gemächlich, Zug um Zug, seine Paddel ins spiegelglatte Wasser taucht.  Genau so fühlen sich meine Tage gerade an. Ich habe mein Manuskript fertig gestellt, mein WhatsApp-Konto bis Ende des Jahres deinstalliert und mich dazu entschieden die geliebte Tagesschau-Tradition am Abend ausfallen zu lassen (die Kurznachrichten im Radio reichen auch). Die Stromschnellen liegen erstmal gefühlt hinter mir und ich paddle gemütlich durch diese Adventszeit. Und immer wieder lasse ich die Ruder sinken. Ich habe Zeit. Für ein gemütliches Frühstück mit einer Freundin. Für Abendspaziergänge mit dem Kind, bei denen wir die weihnachtlich geschmückten Häuser bewundern- bzw.  benoten (Zehnjährige Jungs machen aus allem einen Wettkampf!). Für die dicken Biographien auf meinem Nachttisch. Für Blogeinträge. Sogar für Weihnachtskarten (hoffe ich!) und für Momente in denen ich einfach ins Kerzenlicht starre und GAR NICHTS tue. Ich weiß - was für ein Luxus! Und ich weiß auch: an den meisten Tagen fühlt sich das Leben eher wie eine wilde Fahrt an, bei der man sich am Bootsrand festklammert und hofft nicht schreiend über Bord zu gehen. (Wie sollte man dabei Weihnachtskarten schreiben! Oder gemächliche Abendspaziergänge machen?!). Und trotzdem: Ich glaube die Adventszeit ist eine Einladung. Sie breitet sich Jahr für Jahr vor uns aus; wie ein ruhiger Bergsee. Sie lädt uns ein den Paddelschlag zu verlangsamen, die Aussicht zu genießen und über dieses geruhsame Evangelium zu staunen. Über einen Gott der still und leise ankommt. Der sich ganz klein macht und über viele Jahre neben uns aufwächst. Wie ein Nachbarskind, mit dem wir uns anfreunden, mit dem wir die Gegend erkunden, das mit uns am Tisch sitzt und Abendbrot isst, mit dem wir schwimmen lernen und paddeln und gemeinsam die Schulbank drücken. Er wird uns vertraut und gleichzeitg ertappen wir uns vielleicht immer mehr dabei wie wir ihn scheu betrachten. Vielleicht weil ihn auch etwas Geheimnisvolles umgibt und er kommt und geht wie er will. Oder weil er ab und zu die erstaunlichsten Dinge macht. Oder weil wir uns ganz langsam immer mehr verliebt haben. In ihn. In seine Art mit uns. Mit dieser Welt. Wie er uns mit hineinnimmt in eine große Geschichte, die Zeit schenkt und sich Zeit lässt und sich über viele Jahre ganz langsam ausbreitet.
Manchmal denke ich, alles müsste schneller voran gehen und die Dinge entwickeln sich viel zu langsam.  ICH bin zu langsam. Und ICH tue zu wenig. Ich mache Spaziergänge und gehe früh ins Bett, während die Welt in Flammen liegt! Wir brauchen Schnellboote - kein Kanus! Lasst uns die Armel hochkrempeln und die Welt retten! Und dann erinnnere ich mich an dieses geruhsame Evangelium, auf das ich vertrauen will. Auf einen Gott der bei seinen Menschen ankommt. Der uns rettet. Immer wieder. Und der dafür viel Zeit mitbringt...
 




 
 
 


 
Ach, und vielleicht möchtet ihr meine längeren Geschichten lesen oder verschenken? Wenn ihr bald bestellt - über chris.f@freenet.de - kommen sie garaniert noch in der Adventszeit an.  Und wer möchte bekommt das Postkartenset gesegnet (12 Karten) für 2 Euro dazu!
(Für meine schweizer Leser: Ein paar "Heimatbücher" kann ich euch auch direkt aus der Schweiz schicken, da fällt dann kein teures Porto aus Deutschland an).
 

3 Kommentare:

  1. Das Wort wurde Fleisch und zog in unsere Nachbarschaft 💛 Was für schöne Worte!! Danke fürs teilen.

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  2. Dagmar aus Baiersbronn13. Dezember 2021 um 19:01

    Hallo liebe Christina!
    Ich war früher eine treue Leserin deines Blogs, bin dann aber irgendwie darüber hinweg gekommen... Jetzt habe ich gerade wieder hier herein geschaut und bis zum Frühsommer runtergescrollt und gelesen :-) Gleich bei diesem letzten Blogeintrag fand ich mich so wieder! Auch ich paddele durch diese Adventszeit zum ersten Mal ganz gemächlich, und nehme mir viel Zeit für die kleinen Dinge. Ein langer Blick aus dem Fenster, bewusst schöne Dinge betrachten, alles langsamer und bewusster angehen, und mal nicht die Welt retten müssen... Aber was ich dir unbedingt sagen möchte: Du hast einfach eine wunderschöne Art zu schreiben, deine Worte schaffen es immer wieder, mich tief zu berühren und mich wieder neu für Gott zu öffnen! Einer deiner vorigen Einträge endet mit dem Satz von Gott: Mein Kind, natürlich bin ich da! Mir kamen die Tränen, weil ich mich gerade weit weg von Gott gefühlt hatte, und ich habe zu Gott gesagt: NATÜRLICH BIST DU DA! Genau in diesem Moment bekam ich ein Antwortzeichen von Ihm! Deine Worte haben mal wieder, wie auch früher schon oft, geholfen, eine Verbindung zu Gott zu bekommen :-) Ich glaube, du weißt gar nicht, was für ein Segen du bist! Und ich liebe deine ehrliche Schreibweise und finde, du bist eine ganz besondere und einfach wunderbare Autorin! So, das musste ich mal loswerden ;-) In Zukunft gucke ich wieder regelmäßig hier herein. Liebe Grüße und sei gesegnet!

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    1. Liebe Dagmar! Vielen Dank für diesen Einblick in dein Leben und wie schön, dass du wieder hier gelandet bist (wo du doch eigentlich drüber hinweg gekommen bist, haha!). Danke für diese so mutmachenden Worte! "Ja, natürlich ist er da!", das musste ich heute auch nochmal hören...
      Ich schick dir herzlichste Segensgrüße ins schöne Baiersbronn! Grüß meine alte Heimat, die ich immer wieder sehr vermisse....

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