Montag, 11. März 2019

40 Tage ohne: Selbstbeschimpfung!

Dieses Jahr habe ich mir für die Fastenzeit vorgenommen, mich nicht so oft niederzumachen. Also dieses: "Oh, ich bin doch so bescheuert!" oder "Wie blöd kann man denn nur sein?","Ich bin so doof!"... Solche Sätze lasse ich leider immer wieder los und beschimpfe mich, wie ich sonst niemand beschimpfen würde (außerhalb meiner Familie). Erschrocken höre ich nun, wie Samuel ab und zu dasselbe über sich sagt. Also nehme ich mir vor: Das muß aufhören! Geht doch auch ganz einfach. Dachte ich. Bis gestern Abend. 
Ich war schon auf dem Weg ins Bett. Da fiel es mir siedendheiss ein: Ich  habe vergessen für Samuel den Füller zu kaufen. Oh nein! Den braucht er heute zur ersten Stunde, wie die strenge Lehrerin MEHRMALS in Elternbriefen betont hat. Ich habe es mir auch in den Kalender geschrieben. Es war letzte Woche mein einzigster Eintrag in unserem Familienkalender! Und ich habe es vergessen. Ich kann es nicht fassen! Wie bescheuert, wie doof wie blöd, kann man denn nur sein?! Nicht mal EINE SACHE kann ich mir für mein Kind merken. Ich sah schon Samu weinend in die Schule laufen (und der erste Schultag nach den Ferien fällt ihm sowieso schon schwer, auch ohne dass seine Mutter es ihm noch schwerer macht!). Ich suchte panisch nach Lösungen: Ihn einfach Zuhause zu lassen um ihm - und uns - dieses Szenario zu ersparen. Oder vielleicht könnte ich das Schreibwarengeschäft um die Ecke aufbrechen? Irgendwann hielt mir Heio triumphierend seinen alten Füller vor die Nase hielt. Ein unförmiges Teil, mit Pflaster verklebt und mit ausgetrockneter Tinte! "Das kriegen wir hin",  meinte er zuversichtlich, während ich die Feder so fest aufsetzte, dass sie prompt abbrach. Auch das wurde wieder notdürftig, vom besten Mann der Welt, repariert. Was mir die Zeit gab mich noch mehr fertig zu machen. Schon lange ging es nicht mehr nur um den Füller. Es ging um mein ganzes Mama-sein (und dass Samuel die blödste Mutter der Welt hat!), es ging um das Leben an sich (dass ich die einfachsten Dinge nicht gebacken bekomme, im Gegensatz zu allen anderen Menschen) und dass es doch lächerlich ist, dass ausgerechnet ICH Bücher schreibe und Lesungen halte! Heio versucht mich zu stoppen. Erinnert mich an mein Fastenaktion, die mir auf einmal unmöglich vorkommt  - hätte ich doch lieber Kaffee und Bücher gefastet, das wäre einfacher. Ha. 
Nur langsam beruhigt sich mein Puls wieder. Irgendwo, ganz hinten in meinem Kopf ist die Erinnerung an eine Passage, die ich in einem Buch von Adrian Plass gelesen habe. Er ist auch gerade dabei sich selbst für alles mögliche fertig zu machen, da meint er Gott sagen zu hören: 
Okay, dann geh in eine Ecke und sag dir selbst, wie verdorben und unnütz du bist, wenn dir das was bringt. Verachte dich, wenn du willst. Geisle dich...aber wage es nie, NIEMALS zu verachten, was ich durch dich tue, denn das ist etwas ganz anderes.
Dieser Satz hat etwas unglaublich tröstliches für mich. Vielleicht weil er mir nicht einredet, dass ich doch manchmal auch ganz toll bin und Sachen auch gut hinbekomme (was ja durchaus auch Teil der Wahrheit ist) sondern weil er mir zeigt, dass die Dinge die ich vermassle und auch die Dinge die ich toll hinbekomme eigentlich ziemlich unabhängig von dem sind, was Jesus durch mich tut. Das ist etwas ganz anderes. Das ist Geheimnis. Geschenk. Gnade.   Mit diesem Gedanken schlafe ich ein. Und mit dem Zettel auf dem Nachttisch, den Heio ziemlich unleserlich, mit eingetrockneter Tinte, geschrieben hat: ⚘Du bist eine gute Mutter.  Danke. (Wie sagte Bonhoeffer: Der Christus im Bruder, ist größer als der Christus in mir. So wahr!!!)
Dann heute morgen beim Frühstück. Müde und mit dem schlimmsten rechnend betrete ich die Kampfzone. Vorsichtig pirsche ich mich heran. Ich erwähne, wie nebenbei, dass Samuel heute ausnahmsweise Heios alten, kranken Füller in die Schule mitnehmen darf. Mittags muß er dann leider einem gesunden, neuen Füller weichen. Das Kind strahlt und verspricht gut auf ihn aufzupassen, während er den verpflasterten Federhalter in Empfang nimmt und vorsichtig in den Ranzen packt. Ich fühle mich ein bisschen schlecht dabei. Aber auch sehr dankbar! Kann das sein? Wo bleibt die erwartete Panik? Die Tränen? Ein kleines Wunder an unserem Frühstückstisch! DANKE GOTT!!! Jetzt sitzt der kleine Sohn in der Schule und übt, mit kratzender Feder, die ersten Schwünge aufs Papier. Zeile für Zeile. Und ich? Ich übe auch weiter. Mir bleiben ja noch über 30 Tage. 

Erste Zeile: Mich weniger beschimpfen.

Zweite Zeile: Nie, NIEMALS verachten was Gott durch mich tut.

Und dann alles nochmal von vorne:-)


Zusammen unterwegs...






8 Kommentare:

  1. Ihr seid eine so herzige Familie

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  2. Oh, Christina. Ich mag dich so sehr und deinen Samu!

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  3. Ach was für ein toller Text! Ich möchte dich gerade so gern ganz fest drücken. Diese Selbstbeschimpfungen, die wir uns manchmal zumuten. Und für was wir uns alles niedermachen. Meistens, weil wir irgendwelche Ansprüche von irgendwem nicht erfüllen, die oft nicht mal unsere eigenen sind und schon gar nicht die, die Jesus an uns hat. Manchmal habe ich das Gefühl, die weltlichen Unzulänglichkeiten, mit denen wir Menschen versuchen, Gottes Wort in die Welt zu tragen, verstärken diese Tendenz, uns selbst so abzuwerten noch. Hach - ich wünsche dir alles Gute für diesen Weg und dass es jeden Tag ein bisschen besser klappt und dass es nachhaltig ist.
    Und du bist eine gute Mutter! Erstens, weil du die einzig passende Mutter für deinen Sohn bist und zweitens, weil du spürst, was mit ihm los ist und weil es dir nicht gleichgültig ist, das macht dich sogar zu einer super guten Mutter.

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    1. Ach DANKE, liebe Daniela für die virtuelle Umarmung! Es ist sooo wahr was du über die Ansprüche schreibst! Und danke für das "Du bist die einzig passende Mutter für deinen Sohn" (wenn er das manchmal auch anders sieht, haha!). Ich drück Dich zurück 💖

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  4. Danke für dein Reinnehmen in euren Alltag, eure Kämpfe und Segen.
    Bei uns ist es diese Woche der Bleistift Stärke 2B ��.

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    1. Oh ja- die richtigen Bleistifte sind ja auch ganz wichtig :-) (ob Samuel da wohl die richtigen hat?) Liebste Grüße zu Dir, liebe Nadine und Segen für Euren Alltag!!!

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