Montag, 14. April 2014

Das Leben so wie es ist (und nicht wie ich es gerne hätte)

Zuerst will zu meinem letzten Beitrag den "Realitäts-Check" nachreichen:
Leider war ich an dem Abend nicht auf dem Platz an unserem Fenster um DA zu sein um dankbar die Sonne untergehen zu sehen an einem Tag meines Lebens. Die Gründe dafür waren folgende:
  1. Der kleine Sohn hat im Bett Theater gemacht und schlief erst ein nachdem die Sonne unterging.
  2. Von unserem Fenster aus kann man die Sonne nicht untergehen sehen (irgendeine Sache mit Osten und Westen, die für alle Menschen Sinn macht, nur ich verstehe es nicht).
  3. Im Wohnzimmer schauten die Männer Champions-League und vor ihnen lag die größte Tüte meiner Lieblingschips.
Ich habe es wirklich versucht - aber nach einem kurzen Moment im Dunkel auf der harten Bank in unserer Küche, und einem halbherziges "Danke für diesen Tag" in mir, siegte die Chipstüte.
Mein Leben ist leider ein wenig störrisch, wenn es darum geht, die wunderbaren Erkenntnisse in die Tat umzusetzen. 

Am Wochenende haben wir dann unsere Freunde in der Schweiz besucht.
Wir haben uns schon lange darauf gefreut aber kurz vorher war ich dann so müde und erschöpft, dass ich  überlegt habe, ob wir wirklich fahren sollen.
Was wenn Samu nachts nicht schläft? Was wenn er wieder so schlecht gelaunt  und anstrengend ist wie in unserem Urlaub? Was wenn wir vor Müdigkeit sterben?
Wir haben uns trotzdem entschieden zu fahren und beim Überqueren der Grenze habe ich schon gespürt wie gut es tut, durch die idyllischen, schweizer Ortschaften zu fahren. 
Hier ist die Welt noch in Ordnung, man lebt mit der Natur, alles geschieht etwas langsamer und bewusster und die Menschen sind auch freundlicher. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, aber alleine die Vorstellung, dass es so sein könnte, tut mir gut.  
Auf jeden Fall war es sehr schön in der Schweiz und wir haben die Zeit mit den Freunden genossen. Trotz aller Befürchtungen hat Samu richtig gut geschlafen (für seine Verhältnisse) und wir sind nicht vor Müdigkeit gestorben - auch wenn es sich phasenweise so angefühlt hat.

Unsere Freunde haben einen schönen Ausflug in einen kleinen Kinderzoo organisiert.
Man kann dort auf Ponys, Kamelen oder Elefanten reiten und mit einem "Rösslezug" fahren und vieles mehr - alles Dinge von denen wir dachten, dass Samu begeistert sein wird. Ich hab mich schon auf sein kindliches Staunen und die schönen Fotos gefreut: der Sohn, reitend auf dem Elefant. Leider war er aber etwas störrisch was meine Vorstellung betraf - er war schlecht gelaunt, wollte auf keinem Tier reiten und hat dann auch noch die besten Attraktionen verschlafen. Also sind wir Erwachsenen geritten -  und das hat auch viel Spaß gemacht!
Ein kleiner Elefant wurde getauft (während Samu geschlafen hat)  und es gab eine "Geburtstagstorte" für seine Familie und Körbe voller leckerer Sachen. Also, was diese Tiere weghauen ist schon erstaunlich.


das konnten sie anschließend, mit uns auf dem Rücken, wieder abtrainieren.


bewundert wurde der "Zug", aber zum Einsteigen hat der Mut nicht gereicht.


Kamele unter sich





Bei der Seehundshow wollte das Tier nicht wirklich durch den Ring springen - der Trainer wäre fast in`s Wasser gefallen. Auch sonst war der Seehund noch sehr ungeübt und hatte nicht wirklich Lust auf die Kunststücke. Er muss noch einiges lernen  um eine tolle Show zu machen. Wir wurden aufgefordert viel zu klatschen um ihn zu motivieren, damit er nicht aufgibt.
Irgendwie hat mich diese Vorführung gerührt -  wer braucht schon eine perfekte Show wenn er einem kleinen Seehund etwas Mut machen kann:-). 

Am Sonntag besuchten wir noch einen Gottesdienst. Er fand in in einer großen Halle statt mit schöner Musik, alles bestens organisiert, ein toller und gutaussehender Prediger, Videoleinwände die alles wunderbar übertragen haben, man konnte Gebet bekommen oder auch einen Kaffee (beides sehr wichtig!) - es war ein fast ein perfekter Gottesdienst. Das hat mich ein wenig deprimiert. Ich dachte an unsere Gottesdienste...an das Chaos, an den Beamer, der schon so lange kaputt ist.
Und dann dachte ich an eine Freundin, die hier mitten unter den Leuten saß und deren Leben sich seit längerer Zeit alles andere als geordnet und  wunderschön anfühlt.  Wie muss sie sich hier fühlen, habe ich mich gefragt und wäre am liebsten auf die Bühne gerannt um etwas umzuschmeissen oder irgendetwas anderes schräges zu tun um ihr zu zeigen: auch das Ungeordnete, auch die Zweifel und Fragen und das Chaos gehören bei Gott dazu. 
Ein wenig mehr "Seehundshow" hätte mir gefallen, ein wenig mehr Applaus für diejenigen, die ihr Bestes geben und trotzdem nicht "hoch genug springen", ein wenig mehr Freude über die kleinen Versuche, auch wenn sie scheitern, weil das Leben eben oft etwas störrisch ist und nicht so will, wie wir das gerne hätten.
Zum Abschluss hat Samu noch ein kleines Mädchen in den Finger gebissen ("ich bin ein Löwe, Mama!") und wir sind leicht beschämt abgezogen.

Der verpasste Sonnenuntergang, die Müdigkeit, der verschlafene Zoobesuch vom Sohn, ein Seehund der so vieles (noch) nicht kann und ein Biss in einem fast perfekten Gottesdienst - ich will lernen, das Leben so zu nehmen wie es ist und nicht wie es meiner Vorstellung nach sein sollte. Und ich bin dankbar für das gemeinsame Lachen, das Spielen und die guten, ehrlichen Gespräche unter Freunden.
Wie hat Brennan Manning es so wunderbar gesagt hat:  
"Wir sind geliebt, so wie wir sind und nicht so wie wir gerne wären."  
Und Gott wartet nicht fingertrommelnd in einer perfekteren Version meines Lebens auf mich, sondern er ist DA in meinem Leben- so wie es gerade ist.
Darüber bin ich sehr froh.

Und ich bin froh, dass ich euch berichten kann, dass die kleine Johanna von der Beatmungsmaschine weg ist und am Wochenende auf eine normale Station verlegt werden konnte. Es ist ein kleines Aufatmen, aber es liegt noch ein sehr langer Weg vor ihr und ihrer Familie. Aber sie lebt -  und das ist an sich schon ein großes Wunder!
Wenn ihr weiter für sie beten möchtet, könnt ihr mir gerne eine kurze mail schreiben und ich halte euch auf dem Laufenden.

7 Kommentare:

  1. Natürlich möchte ich weiter beten!!
    Gesegnete, frohe und entspannte Ostern!
    Susanne

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  2. Hallo Christina, was mir an deinem Blog am besten gefälllt? Dass du das Leben so beschreibst, wie es eben auch ist...chaotisch, übermüdet, eckig, Kinder, die manchmal anders sind, als man sie gerade gern hätte....das macht deinen Blog spannend und so authentisch. Und du machst keine ellenlangen Schreibpausen....und du schreibst für die " Normalos"...und dir ist die perfekte Perfektion suspekt....alles Gründe, warum ich gerne ein wenig mit dir " mitlebe". Ach ja, ich wohne in der Schweiz...Licht und Schatten gibt es hier wie anderswo. Aber es ist überschaubarer, das stimmt. Liebe Grüsse, Heike

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  3. Danke Susanne für`s weiterbeten! Meine Freunde sind dafür sehr dankbar. Wünsche dir auch gesegnete Ostern!

    Und danke Heike für deine ermutigenden Worte! Da bin ich wie der kleine Seehund- mir tut das sehr gut:-). Liebste Grüße zu dir in die Schweiz!!!

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  4. Liebste Christina,
    "Kamele unter sich". Ich hab gebrüllt vor Lachen! Du bist wunderbar :)
    Grüßle
    Veronika

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  5. Liebe Chrissy;)
    du solltest öfter Zopf tragen! Ich finde, su hast wirklich ein schönes Kinn und sieht echt hübsch aus. Da kann das Kamel sich noch was abgucken!
    N

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  6. Oh danke Nicola für das Kompliment! Neben dem Kamel sehe ich wirklich ein wenig zierlich aus:-). LG!

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  7. "Ich bin ein Löwe, Mama!" :-D Endlich komme ich hier mal zum Nachlesen!!

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