Dienstag, 17. Januar 2023

Was ich werden möchte

Manchmal schreibe ich hier ganz begeistert über Dinge über die ich dann ein paar Tage später entmutigt denke: Das bekommst du ja selbst nicht hin! Oder ich frage mich ob ich bestimmte Dinge nur deshalb tue, weil ich gerne ein Mensch wäre, der solche Dinge tut.  Wenn ihr versteht was ich meine. Was aber vielleicht auch in Ordnung ist. Zumindest C.S. Lewis schreibt darüber, dass dieses "tun als ob" weniger unter die Rubrik geheuchelt fällt als vielmehr unter den Versuch sein Verhalten darauf auszurichten, was man einmal gerne werden möchte. Wie Kinder das tun, wenn sie uns Erwachsene imitieren. Also um zum Punkt zu kommen: Nach meinem letzten Blogeintrag lief ich hier über die Felder und dachte:  Toll! Jetzt schreibe ich darüber, dass ich die Namen von Menschen kennenlernen möchte und habe an der Haustüre vorher extra noch ein paar Minuten gewartet, damit ich nicht dem Nachbar mit dem Hund begegne. Und ich habe weiterhin keine Ahnung und im Moment auch kein Interesse rauszufinden wie diese Sträucher hier heissen. Ich war so in Gedanken vesunken, dass ich es fast nicht bemerkt hätte, als plötzlich eine Frau neben mir herging. Auf einem einsamen Feldweg!  Ich wollte sie vorbeilassen, aber stattdessen begannen wir ein Gespräch, das so anregend war, dass sie ihre geplante Route verließ, damit wir noch weiterreden konnten. Beim Verabschieden gab ich mir einen inneren Ruck und fragte sie nach ihrem Namen. Kurzes Erstaunen ihrerseits, dann ein Strahlen und sie sagte ihren Namen. Und ich sagte ihr meinen. Es war ein schönes Zusammentreffen! Nun halte ich auch immer ein wenig Ausschau nach ihr, wenn ich spazieren laufe und freue mich schon darauf sie mit Namen zu begrüßen.
Dazu fällt mir meine Begegnung mit dem christlichen Aktivisten und Autor Shane Claiborne ein. Ich hatte sein Buch "Ich muss verrückt sein so zu leben" gelesen und war hingerissen davon und total begeistert, als ich ihn vor Jahren auf einem großen Festival getroffen habe. Ich sah ihn in einem Pulk von Leuten übers Gelände laufen und wagte es, ihn kurz anzusprechen, um mich für sein Buch zu bedanken. Trotz Lärm und Leuten hörte er mir aufmerksam zu und fragte mich, als ich mich schon verabschieden wollte, nach meinem Namen. Als ich dann am späten Nachmittag unter vielen Leuten in einem Seminar von ihm saß, sprach er mich mit meinem Namen an - ich konnte es kaum fassen! Und war in dem Moment auch ganz schön stolz, weil es so aussah als würde dieser tolle Mensch mich persönlich kennen! Zugegeben: Ich war auch etwas verliebt in ihn. Unsere Beziehung endete aber leider abrupt nach dem Seminar und ich bin mir ziemlich sicher, dass er meinen Namen am nächsten Tag wieder vergessen hat. Aber die kurze Begegung mit ihm zeigte mir etwas von seinem Herz. Shane spricht oft darüber, dass er seine Berufung als Nachfolger Jesu  so versteht, dass er ein "Liebhaber" sein möchte. Diese Bezeichnung gab  er sogar als Berufswunsch in das Abschlussjahrbuch auf seinem College an! Dann zog er mit seinen Freunden ins ärmste Viertel einer amerikanischen Großstadt, um Gott und die Menschen dort zu lieben. Er schreibt darüber:
Wir begrenzten unsere Vision auf: Liebt Gott, liebt die Menschen, folgt Jesus. Wir nannten das Experiment "simple way", der einfache Weg....  Ich glaube was die Welt vor allem braucht sind "Liebhaber". Menschen die bereit sind echte und ehrliche Beziehungen zu bauen und die sich immer für die Gesichter hinter den Geschichten interessieren.

Und das sah so ganz gewöhnlich und alltäglich bei ihnen aus: Bei Hausaufgaben helfen. Blumen neben dem Gehweg pflanzen. Leuten zuhören, sie zum Essen einladen und an müden Tagen darum knoblen wer beim nächsten Läuten die Tür aufmacht. Da sein. Na(c)hbar sein. Der einfache Weg. Der Jesusweg, wie ich finde.
Ich wäre auch gern ein Mensch, der solche Dinge tut. Deshalb übe ich. Erstmal die Namen. Und dann könnte ich zum Beispiel nicht mehr an der Tür warten bis im Treppenhaus "die Luft rein ist" sondern gerade dann (oder sagen wir: wenigstens ab und zu!) rausgehen, wenn ich den Mann mit dem Hund draußen sehe. Oh je. Ob ich das schaffe? Der "simple way" ist manchmal gar nicht so einfach. Besonders für eher introvertierte Menschen. Hilf mir Gott!
Ich möchte das Liebhaben lernen. Von meinen zwei besten Freunden: Shane und Jesus :-). 
 
 
 
(und mein Jahresworts wird nun zum Cliffhänger  - nächstes Mal! Versprochen.)

„And I think that's what our world is desperately in need of - lovers, people who are building deep, genuine relationships with fellow strugglers along the way, and who actually know the faces of the people behind the issues they are concerned about.“

Quelle: https://beruhmte-zitate.de/autoren/shane-claiborne/

4 Kommentare:

  1. Hallo liebe Christina,
    du inspirierst mich gerade soooooo sehr. :-)
    Ich lese gerade ein letztes Buch und feier dich sehr.
    Die Idee seiner Wohnung einen Namen zu geben gefällt mir und
    meinem Mann so gut, dass wir das auch vorhaben.
    Und wie möchten unserer Wohnung den Namen
    Hand are up geben.
    Also nein, nicht verzagen, dass nicht alles war du tuen möchtest
    direkt klapp, oder sofort umgesetzt werden muss.
    Aber es kommt an...es findet seinen Weg zu uns....die wir suchen.
    Vielen, vielen Dank heute lassen wir nur Gott zu.
    So schööööööön.
    Susanne

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  2. Oh vielen Dank für diese tolle Rückmeldung! Nein, wir verzagen nicht, wir bleiben suchen und "heute lassen wir nur Gott zu" - was für ein wunderschöner Satz!!! Herzliche Grüße zurück!

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  3. Großartig, Christina. Ich habe letztes Jahr ein großes Fest gegeben. Mit lauter Freunden, die ich ewig nicht gesehen habe. Ein Fest,weil man wieder feiern konnte, nach Corona und jedenfalls hatten alle auf einmal so viele Kinder. Mel und ich haben am Tag vorher von allen die Namen gelernt und ich habe richtig gemerkt, wie die Eltern sich gefreut haben, weil man wusste wie die Kinder heißen.
    Es hat was man mit Ehren und Respekt zu tun und ist wirklich toll. Ich will das auch mehr machen. Die Namen lernen! Viele liebe Grüße

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    1. Ach liebe Yvonne, DAS ist großartig (und passt so wunderbar zu dir!): ein Fest mit allen die man lange nicht gesehen hat und die Namen der Kinder vorher lernen. Aus Ehre und Respekt. Wie wahr. Und als Mama oder Papa freut man sich sehr, wenn der andere das eigene Kind bewusst wahrnimmt ... Soltle sich Gott nicht auch mindestens so freuen, wenn wir versuchen ein paar mehr Namen seiner geliebten Menschenkinder lernen?
      Schick dir eine dicke Umarmung!!!

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