Mittwoch, 13. Juli 2016

die Tage über die ich lieber nicht schreiben würde

Es geht mir nicht wirklich gut. Und ich frage mich ob ich in so einer Stimmung etwas schreiben soll. Ich will hier nicht meinen Frust ablassen in der Hoffnung, dass ich mich danach ein bisschen besser fühle.(dafür hat man ja schließlich Freunde oder den Ehemann, haha) Aber weil ich mir vorgenommen ehrlich zu sein und auch regelmässig zu schreiben - egal was dabei rauskommt, einfach weil ich üben will - deshalb schreibe ich nun trotzdem. Auch wenn ich anschließend vielleicht alles wieder löschen werde.
Also erzähle ich euch von meinem inneren Chaos: Von vielen, aneinandergereihten Tagen mit Migräneschmerzen. (ich hab aufgehört sie zu zählen) Von zäher Müdigkeit  - auch eine Folge der Schmerztabletten - und depressiven Gedanken. Von einem kranken, anstrengenden Kind und meiner Ungeduld. Manchmal sogar mehr als nur ein bisschen Ungeduld. Ich sehne mich nach Frieden und Ruhe. Nach einem Ort an dem Gott mir neue Kraft schenkt. Ach ja, Gott. An solchen Tagen lese ich dann noch zusätzlich verwirrende Sätze in der Bibel ( hat Gott tatsächlich von seinem Volk verlangt, dass sie den Bruder, Freund und Verwandten töten sollen  als Wiedergutmachung weil sie um`s goldene Kalb getanzt sind? Ich meine was bleibt da in einem übrig an Vertrauen, an Zuversicht? Da sitzt doch ein traumatisiertes Volk in der Wüste. Und wie bringe ich das alles mit dem Jesus zusammen, der so barmherzig und liebevoll mit denen umgeht die eben nicht viel auf die Reihe bekommen?) Und dann schaue ich auf mein Chaos, innerlich und äußerlich, und mir fehlt einfach die Kraft mein Leben anzupacken. Ich sehe wie effektiv und wunderbar andere die Dinge auf die Reihe bekommen (Dinge die ich auch im fitten Zustand nicht schaffen würde!) und ich, mit meinen kleinen Anforderungen und Aufgaben für diesen Tag, komme total in`s Straucheln. Es ist ein drei-Löffel-Tag der sich gewaschen hat.

Ich weiß, morgen kann alles schon wieder um einiges besser sein. Dann lese ich was ich aufgeschrieben habe und ich denke: wie kann man nur so mutlos sein! Und ich will alles weglöschen und einen schönen ermutigenden Beitrag schreiben.
Aber die Frage ist doch: was tue ich an diesen Tagen an denen es mir so geht wie heute? Was können WIR an diesen Tagen tun? (ich glaube ich bin ja nicht die einzige die solche Tage erlebt) Also denke ich jetzt einfach mit euch darüber nach. Eine kleine Liste mit ein paar Dingen die an solchen Tagen helfen Nicht immer. Und nicht immer alles. Aber vielleicht kann ich das eine oder andere heute versuchen.
Das Erste ist wohl das was ich gerade hier tue:

  • Annehmen.   Mir eingestehen, dass es diese Tage gibt. Dass dies auch ein Teil von meinem Leben ist. Das Dunkel. Schmerzen. Das innere Chaos. Das Gefühl der Leere, das Suchen nach irgendetwas was mich satt macht.(meistens an den falschen Stellen) Ja, auch wenn ich Jesus habe und er mich füllt: mein Herz ist löchrig und an manchen Tagen spüre ich das ganz besonders.
  • Barmherzig mit mir sein.  An solchen Tagen erhebt sich oft eine dunkle Stimme in mir die mich entmutigen und noch weiter nach unten ziehen will. Und dann frage ich mich: wie würde ich denn eine gute Freundin behandelt der es schlecht geht? Ich lasse es zu, dass sie ihr Herz ausschüttet (ohne Zensur). Ich versuche sie zu ermutigen.  Vor allem sind die Dinge wichtig die ich bei meiner guten Freundin NICHT tun würde: Ich mache ihr keine zusätzlichen Vorwürfe was für eine schlechte Mutter sie doch ist, dass sie sowieso zu dick, zu alt und hässlich ist und dass ich mich auch frage warum sie eigentlich so wenig auf die Reihe bekommt.  Ich will lernen freundlicher mit mir umzugehen. Ein paar Sachen einfach sein lassen die mir nicht gut tun (langes Surfen im Internet, bei Amazon checken ob mein Buch verkauft wird, mich vergleichen, schnelle Befriedigung suchen die mich noch leerer zurücklässt...). Es sind kleine Dinge die auf Dauer einfach meiner Seele schaden. Und an Tagen wie heute schadet es mir ganz besonders. Und wenn ich es nicht schaffe das eine oder andere heute zu lassen: zurück zum Anfang und barmherzig mit mir sein:-).
  • Mir ein Danke-ABC überlegen. Ich weiß, der eine oder andere wird hier die Augen verdrehen. Das würde ich auch machen wenn`s mir schlecht geht und jemand kommt und sagt: "Überleg doch mal für was du alles dankbar sein kannst!" Aber wenn ich selbst auf den Gedanken komme, finde ich es manchmal tatsächlich hilfreich. Zum Beispiel wenn ich im Bett liege und nicht einschlafen kann. Wegen Schmerzen. Oder Unruhe. Und dann fange ich an zu überlegen. Danke Gott für A wie... hmmm Ananas? Fällt mir immer als erstes ein aber ich mag Ananas nicht so sehr. Außerdem hatte ich schon ewig keine mehr. Also Nochmal A wie Auto. JA. Oder den Arzt. Was für ein Glück dass wir einen Arzt in der Nähe haben.Und wenn ich bei Z wie Zähne angelangt bin bin ich meistens schon ein bisschen entspannter.

das hängt an meinem Schreibtisch. Co-Produktion mit Heio

  • An Mitleidende denken. An dunklen Tagen hilft der Vergleich mit denen nicht, denen es wunderbar geht. Aber mir hilft es an Menschen zu denken die auch leiden. Ich denke zum Beispiel an Tanya Marlow. Eine Mama die mit chronischer Erkrankung kämpft. Für sie ist es ein guter Monat wenn sie einen kleinen Ausflug vor die Tür mit ihrer Familie machen konnte. Oder ich denke an Samuel Koch. Und ich bete für diese Kämpfer. Ich ziehe mich nicht hoch an ihrem Leid und denke erleichtet: Wie gut, dass es mir so schlecht nicht geht. Klar. Ich werde auch ein bisschen dankbar wenn ich höre, dass Samuel so gerne mal wieder seine Nase selbst putzen würde oder einfach die Arme hinterm Kopf verschränken will. Aber es ist vor allem ihr Durchhalten was mir Mut macht.  Auch ihr dranbleiben an Gott. Mit allen Fragen und Zweifeln. Danke Samuel. Danke Tanya und ihr vielen anderen deren Leben so angefüllt ist mit schweren Tagen. Ihr habt keine Ahnung wie viel Mut ihr uns macht.
  • Auf den Waldboden legen. Das meine ich eher symbolisch. Wir haben ja leider keinen Wald in der Nähe. Eine Freundin, die sehr erschöpft und entmutigt war sagte mal zu mir: "Ich würde mich  so gerne einfach nur auf den Waldboden legen." Und ich hab genau verstanden was sie meint. Es geht mir nicht um ein esoterisches "Nimm-die-Klangschale-in-den-Wald-und-lass-die-Natur-ihre-Selbsheilungskräfte-entfalten". Aber ich merke, dass mir manchmal nichts so sehr hilft wie ein kurzer Spaziergang durch den Park. Eine kleine Runde mit dem Rad über die Wiesen. Ohne Ziel. Vielleicht tut es mir so gut weil ich merke: ich bin keine Maschine die funktionieren muß, die immer besser, schneller effizienter arbeiten muß. Ich bin ein Teil der Schöpfung. Ich habe auch meinen Rythmus. Der Boden muß ruhen und sich erholen. Dinge wachsen langsam. Auch durch Widerstände. Alles hat seine Zeit. Daran erinnert mich mein kleines Stück "Waldboden".

  • Etwas ganz kleines für jemand tun.  Auch hier wieder: das schaffe ich nicht immer. Aber an manchen Tagen ist das wie ein Aufzug nach oben aus dem Kellerloch. (Mindestens in`s Hochparterre!) Heute habe ich eine Postkarte für die Tochter einer Freundin geschrieben. Auch wenn ich nicht viel hinbekommen habe - etwas kleines konnte ich tun. Und der Gedanke wie die Karte ankommt und einem kleinen Mädchen Freude macht bringt mich zum Lächeln.

der eine oder andere kann sich vielleicht denken wohin die Karte geht:-)

  •  Mich retten lassen. Vielleicht ist das am schwersten. Mir eingestehen dass ich nicht versuchen muß den Kopf über Wasser zu halten und noch ein paar andere zu retten die auch fast am untergehen sind. Ich bin Teil von den gebrochenen, kaputten Menschen für die Jesus gekommen ist. Ist bin nicht diejenige die es auf der Reihe hat.  Es gibt diese kleine berührende Geschichte von einem Vater der mit seinem kleinen Sohn Boot fahren wollte. Beim Einsteigen kenterte das Boot. Der Vater wartete verzweifelt darauf dass sein Kind wieder auftauchen würde - es war immerhin ziemlich flaches Wasser. Nichts. Er tauchte unter Wasser und fand ihn nicht. Panisch suchte er nochmal und direkt unter dem Boot, in der kleinen Lufblase fand er das Kind. Es hatte sich dort festgehalten. "Warum hast du denn nicht versucht nach oben zu kommen?" fragte der erleichterte Vater."Was hast du da unten gemacht?" Das Kind blickte ihn vertrauensvoll an und sagte: "Ich hab auf dich gewartet. Ich wusste, dass du kommen würdest." Und genau das kann ich an meinen dunklen Tagen tun. So verloren wie ich mich heute fühle: Ich kann einfach da bleiben wo ich mich befinde und warten bis ich gefunden werde. Ich sitze ein wenig auf dem Sofa und sage: "Jesus, hier bin ich. Mir geht`s beschissen. Wenn du mich finden willst - das wäre ein guter Moment." Und wenn nichts passiert dann mache ich weiter im Alltag. Ich weiß: am Ende findet mich mein Retter immer.


 So. Jetzt habe ich doch über die Tage geschrieben über die ich lieber nicht schreiben würde. Und ich lösche den Beitrag auch nicht. Weil diese Tage auch nicht aus meinem Leben gelöscht werden können.  Weil mich diese Tage auch ausmachen.
Vorher kam Heio nach Hause und er fragt mich: "Geht`s dir immer noch schlecht? Hast du immer noch Schmerzen?" Ich nicke. "Ach warum denn?", seufzt der Mann gleichermassen mitfühlend und frustriert. Ich sage düster: "Weil Gott noch großes mit mir vorhat." Wir müssen lachen. Ich meine es natürlich ironisch aber vielleicht ist ein bisschen Wahrheit dabei. Barbara Brown Taylor schreibt: 

Neues Leben beginnt im Dunkel. Ob es eine Saat in der Erde ist, ein Baby im Mutterleib oder Jesus im Grab: es beginnt im Dunkel.

Das finde ich einen faszinierenden Gedanken. Die Dunkelkammer des Lebens in der sich vielleicht etwas entwickelt was im Licht nie möglich wäre. Demut. Mitleiden. Barmherzigkeit.(vielleicht beginnt sogar die Dankbarkeit und die Freude als Saat im Dunkel)
Was wir im Tageslicht aneinander bewundern ist oft im Dunkel entstanden. An den Tagen über die wir lieber nichts schreiben würden (und auf die ich wirklich verzichten könnte!)  
Gott hat tatsächlich großes mit uns vor...

4 Kommentare:

  1. Hey Crissy,

    hach mann. Das tut mir leid zu lesen. Aber diese Tage gibt es und auch wenn ich äußerlich manchmal viel schaffe, gibt es doch immer dei, die MEHR schaffen, erfolgreicher sind usw. So ist es und wird es immer bleiben.
    Es bringt also nix, viele Gedanekn daran zu verschwenden.
    Sei nett zu Dir (aber das hast Du ja bereits geschrieben). Wenn eine Freundin Dir diese Gedanken mitteilen würde, dann würdest Du ihr sicher nicht raten, noch mehr zu powern, sondern Du würdest ihr aufzählen können, was sie schon alles tolles gemacht udn gepackt hat und würdest ihr (imaginär oder in Wirklichkeit) einen Topf Suppe kochen und Dich zu ihr setzen.
    Kennst Du sicehrlich, doch das ist eine tolle Entspannungsmethode (man kommt zur Ruhe, wenn man es täglich praktiziert UND es ist einfach), Progressive Muskelentspannung. Gähn, kennt man alles. Hilft aber!
    Ob es gegen Migräne hilft – das weiß ich nicht, aber geben Stressgedanken und Anspannung.
    LG Nic

    Ps. auch gut: Briefe an Dich (Tagebuchform) schreiben. Aus der Warte einer netten Begleiterin, die Dich wohlwollend sieht. Kann auch der Herr Jesus sein, doer Dein liebster Teddybär;).

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    1. Danke Nicola! Das mit der Muskelentspannung ist ne gute Erinnerung. müsste ich mal wieder machen. Und Suppe essen. Gutes Essen hilft immer:-) Liebste Grüße zu Euch!!!

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  2. Liebe Christina,
    ich bin auch eine, die manchmal nicht alle Löffel in der Schublade hat... Dein Blog hat mich schon oft getröstet und mir Mut gemacht. Danke! Gottes Segen für dich! Ich hoffe, dass du bald wieder aufatmen kannst. Herzliche Grüße Maria

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    1. danke liebe Maria für deine Grüß. Es tut so gut zu wissen dass wir mit unseren Kämpfen und in den schwachen Tagen nicht alleine sind. Ich wünsche Dir viel Kraft und Segen (und Freude die ein paar Zusatzlöffel in unserer Schubladen legt:-)), glg! Christina

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