Dienstag, 13. Dezember 2022

Platz schaffen

Ich weiß. Schon allein diese Überschrift kann ein richtig schlechtes Gewissen machen. Platz schaffen! Gerne. Aber wie? Und wo anfangen?  Beim vollen Keller oder besser in der Garage, in der ich mich täglich schimpfend durch das Unterholz zum Fahrrad vorkämpfe? Auf der Liste mit den vielen Erledigungen vor Weihnachten oder gleich heute morgen am Frühstückstisch, an dem das Kind verzweifelt versucht  letzte Instruktionen zu den Matheregeln zu verstehen? (Noch vier Klassenarbeiten vor den Ferien - wo bleibt da noch Raum für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens?)  Platz schaffen - gerne! Aber an den meisten Tagen weiß ich einfach nicht wie und wo ich damit anfangen soll. Bis heute morgen. Als ich  vor meiner aufgeschlagenen Bibel saß und eben genau diese adventlichen Worte von dem wilden Wegbereiter für Jesus, Johannes dem Täufer, las:

Schafft Raum für das Kommen des Herrn! (Matthäus 3,3)

Und in meine Gedanken, was das denn nun bedeuten könnte, spazierte noch ein andere Wort. Eine Satzfetzen aus einem Gedicht von Giannina Wedde:

Dem Zweifel nicht die heiligen Räume überlassen.
Und plötzlich war es als würden sich diese zwei Worte wie gute Freunde an der Hand nehmen und mir zeigen wo ich mit dem Platz schaffen beginnen könnte: Beim Zweifel. Bei dem düsteren Kollege, der die heiligen Räume einnehmen möchte. Der sich liebend gern in unserem Wohnzimmer breit macht und alles kommentiert was ich tue.  Glaubst du das ist wirklich gut genug? Im Ernst? Dieser kleine Blogeintrag? Diese Lesung? Also wirklich, lohnt sich der Aufwand? Und wieso denkst du, dass du ein Segen bist? Ob Gott tatsächlich eingreift in unsere Welt?  Und braucht er dazu nicht viel beeindruckendere Leute? ... Ach, der Kollege kann wirklich anstrengend sein.  Und leider schenke ich ihm an manchen Tagen viel zu viel Aufmerksamkeit. Anstatt ihn einfach mal vor die Tür zu setzen! Und wenn er schon da ist (bei mir bleibt er leider nie ganz weg), dann bekommt er höchstens den Platz hinterm Fahrrad, wo er mir ab und zu wie ein Mäuschen  über den Weg laufen und mich kurz  erschrecken darf und dann laufen wir wieder in zwei Richtungen davon.

Wenn ich mir das in der Bibel so anschaue, wer Platz für Jesus hatte - und für all das Gute, das er mitbringt - dann denke ich, dass es die Menschen waren, die ihre Zweifel mal beherzt beiseite geschoben und  ihr Vertrauen auf ihn gesetzt haben. Die den Worten von Jesus mehr geglaubt haben als allen anderen. Die ihm ihren heiligsten Raum - ihr Herz! - geöffnet haben.  Was wäre, wenn es genau darum gehen würde? Wenn Platz schaffen einfach das bedeutet: Herz aufmachen. Mal so ganz davon ausgehen, dass das wirklich und wahrhaftig wahr ist, was wir so sagen, was wir glauben: Dass Gott da ist. Dass Er uns lieb hat.  Dass er uns segnet und wir ein Segen sind. Und dass er wirklich so richtig gerne bei uns auftaucht. Nicht mit Vorwürfen im Gepäck. Sondern mit einem Frieden, der so unverwüstlich ist, dass er es am Frühstückstisch mit uns aushält und in der Garage lachend mit uns die Mäuse ins Eck scheucht. Was wäre das, wenn er die heiligen Räume unseres Lebens mit seinen wärmenden Worten ausfüllen könnte und wir sie mit offenem Herzen empfangen würden?  Nicht halbherzig glaubend. Was so unsinnig ist wie halbherzig freuen. Halbherzig lieben. Und halbherzig leben. 

Ach wie gerne möchte ich von ganzem Herzen all das Gute glauben, was mir da aus Betlehem entgegenkommt! 

Dafür will ich Platz schaffen. 

Mal alles Licht reinlassen.

Weil es doch am Himmel längst hell geworden ist.



3 Kommentare:

  1. Wunderschön! Vielen lieben Dank.

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  2. Wenn ich deine Blogeinträge lese, merke ich, wie ich auf einmal tief einatme und die gefühlte Distanz zu mir selbst und zu Gott Seiner Nähe weicht. Danke für Sein Licht, welches durch deine Worte in mein Leben kommt. ❤️

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  3. Und dieses Licht haben wir so nötig...

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