Mittwoch, 16. Februar 2022

Nachts um drei

Heute ist so vieles in meinem Kopf, worüber ich gerne schreiben würde. Zum Beispiel über dieses Gespräch mit einer Freundin, die gerade dabei ist eine weitreichende Entscheidung zu treffen. Tagsüber hat sie den Mut dafür, aber nachts um 3 Uhr wird es schwierig.  In dieser sogenannten Wolfsstunde, in der düstere Gedanken kreisen und der Neugier aufs Leben ein dunklen Umhang aus Furcht umlegen. "Um drei Uhr morgens sind die meisten Probleme unlösbar!", sagt der Psychologe Greg Murray und empfiehlt deshalb, um diese Zeit besser kurz aufzustehen und das Licht anzuschalten, um aus dem Gedankenkarusell abzuspringen. Wie gut, dass wir große Lebensentscheidungen nicht nachts um drei treffen müssen! Wir würden wohl nie so etwas wagen, wie es die Freundin tut, sondern stattdesen ein ungelebtes Leben hinter verschlossener Tür verbringen.
Und dann würde ich gerne etwas über den wunderbaren Freund schreiben, mit dem wir gestern beim Frühstück saßen. Er erzählte von seinen Kämpfen und Krisen - von  Dingen die man nachts um drei fürchtet. Wie er sich an seine Weggefährten aus der Selbshilfegruppe hält und mit ihnen einen Weg durch das Dunkel sucht. Ich finde ja das Konzept der Anonymen Alkoholiker würde sich hervorragend für unsere Gemeinden eignen! Würde es uns nicht gut tun, unsere Veranstaltungen mit dem Bekenntnis zu beginnen, dass wir unser Leben nicht alleine meistern können und dass wir eine Macht brauchen, die größer ist, als wir selbst, um geistige Gesundheit zu erlangen?* Wäre es nicht erleichternd festzustellen, dass wir alle miteinander Genesende sind, auf dem Weg heil zu werden? Und wie schön wäre es wenn wir uns gegenseitig unser Dunkel anvertrauen und anderen eine Zuversicht schenken könnten, die uns oft für das eigene Leben fehlt, und am Ende aller Geschichten noch ganz viel Gnade übrig wäre.
Und da ist noch dieses kleine Erlebnis mit Samuel, von dem ich euch gerne erzählen würde. Wie sein ersehnter Wunsch in Erfüllung ging und ich mit ihm in einer Kneipe saß, mit Pommes und Fanta auf dem wackligen Stehtisch. Und wie ich ihn so nebenbei gefragt habe mit welchem seiner Freunde - oder mit welchem berühmten Bayern-Spieler :-) - er jetzt am liebsten hier sitzen würde. Die Antwort kam prompt und sehr nachdrücklich: "Mit dir, Mama!" Strahlte und vertiefte sich wieder in die Pommesschüssel. Seitdem strahlt dieser kleine Satz in mir. Mit dir! Mit dir bin ich am liebsten hier. Immer wieder kommt er mir in den Sinn. Er ist ein Gebet geworden. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich es zu Gott sage oder ob Er diesen Satz vielleicht sogar zu mir sagt. Ich weiß nur, dass es sich anfühlt, als würde man nachts um drei das Licht anknipsen. 
Über alles das würde ich heute gerne schreiben. Und dann am Ende einfach sagen - so von einem Genesenden zum andern: Gott ist mit dir am liebsten hier! 
 

 
 
 



 
 
*aus den 12 Schritten der Anonymen Alkoholiker

5 Kommentare:

  1. So viele wertvolle Gedanken auf einmal, zum Nicken und Lächeln und Mitbeten. Danke!
    Claudia

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    1. Danke Claudia für diese liebe Rückmeldung. Segengrüße zurück zu dir!

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  2. Liebe Christina
    Gott ist mit dir am liebsten hier!
    Was für ein Satz dachte ich! Und er hat förmlich eine wichtige Bedeutung! Bin mit Corona und Quarantäne alleine in meiner Dachgeschosswohnung,was für mich sehr herausfordernd ist,da ich jeden Tag raus gehe,um Kraft zu tanken.
    Es fühlt sich einsam an hier..und dann
    die Botschaft ,die ich mir von dir zusagen lassen!
    Lieben Dank! Ein Geschenk für mich!

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    1. Oh liebe Doro - ich wünsche dir ganz viel Kraft und einen besonderen Segen für diese gezwungenermassen stillen Tage.
      Ganz herzliche Grüße zu dir, in deine Dachgeschosswohnung (in der Jesus so gern mit dir zusammen ist!)

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  3. Dagmar aus Baiersbronn6. März 2022 um 09:53

    WOW, wie schön ist das denn! Danke für deine Gedanken und Worte, die wieder mal direkt ins Herz treffen und es dort ganz warm werden lassen ❤❤❤ Segen!!!

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