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Mittwoch, 22. Dezember 2021

Fürchtet euch nicht!

Wir sind mitten im weihnachtlichen Endspurt. Samuels Adventskalender zufolge müsste es seit gestern schon Weihnachten sein, aber wir haben zum Glück noch zwei Tage. Heute Nacht lag ich um drei Uhr wach, um mir über das Weihnachtsessen klar zu werden und eine Einkaufsliste aufzustellen. Da Heio glücklicherweise auch nicht schlafen konnte, haben wir gleich den Gottesdienst für Heiligabend besprochen (warum habe ich nur die Verantwortung dafür übernommen?).  Und in der noch verbleibenden Zeit bis zum Morgen bin ich immer wieder aus Albträumen hochgeschreckt in denen ich in einer großen Halle, vor vielen  Menschen - die zu dicht beieinander saßen und keinen Mundschutz trugen! - etwas vorführen sollte und ich hatte keine Ahnung, was es war. Bevor ich nun müde die letzten Erledigungen mache und versuchen werde unser Chaos in der Wohnung wenigstens oberflächlich zu beseitigen, will ich euch noch einen Weihnachtsgruß schicken; mit ganz viel Dankbarkeit im Herzen, für euer treues Mitlesen, auch in diesem Jahr! Dass ihr euch immer wieder die Zeit dafür nehmt hier vorbeizuschauen, das ist ein großes Geschenk für mich! Als kleines Dankeschön schicke ich euch einen Weihnachtstext, den ich im letzten Jahr für den lebendigen Adventskalender hier am Ort geschrieben habe. Ich  musste ihn kaum umändern, damit er in diesem Jahr nun auch wieder passt. Leider. Vielleicht könnt ihr ihn in einem ruhigen Moment lesen - falls es sowas bei euch in diesen Tagen gibt ;-)

 

 

Fürchtet euch nicht.

Stand der Dinge, kurz vor Weihnachten:

  • Besinnliche Abende bei Kerzenlicht.
    Gelang auch in diesem Jahr leider oft nicht.
     
  • gerissener Geduldsfaden mit Mann, Kind undsoweiter: 
    Unzählige Male. Leider.
     
  • Müde Tage: Zu viele davon.
    Geschenke: leider doch wieder welche von Amazon. 

  • Weltlage und Situation im Land:
    weiterhin sehr angespannt. 

  • so viel: Bange machen 
    und: trotzdem weitermachen!
  • So viel: Fahren auf Sicht.

    So wenig: Fürchte dich nicht. 

Jetzt aber! Kurz vor Weihnachten!  Eine andere Geschichte: Dunkles Feld. Hirten bei der Arbeit. Systemrelevant. Zumindest für ihre Schafe. Nachtwache. Zusammen mit allen, die nicht schlafen können. Schwierige politische Lage. Grübeln in Dunkel. Glut die langsam verlöscht. Kälte die unter die Haut kriecht. Brennende Augen. Pflichterfüllung. Weitermachen.

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Hinter den Kulissen: Ein Engelsheer nimmt Aufstellung. Räuspern. Kichern. Vorfreude. Gottes Lächeln: JETZT! Vorhang auf. Warmes Licht. Ganz warm. Unter die Haut, bis ins Herz. Glucksendes Lachen: Wir verkünden euch große Freude!

UNS?

Ehrlich?

Ihr werdet finden.

Ein Kind. In der Krippe.

Ach und, vergessen am Anfang: Fürchtet euch nicht!

SIEHE!

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Und die Hirten: Plötzlich hellwach. Machen sich auf.  Stolpern im Dunkel mit dreckverkrusteten Schuhen. Schafe blöckend hinterher. Wissen nicht wirklich wohin. An die erste Tür geklopft. „Aber das ist doch ein Stall!“ Fragen können wir. Und dann: Dampfender Tieratem. Petroleumduft. Windelgeruch. Und mittendrin:

Ein schlafendes Baby.

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Manchmal, wenn die Angst mich packt, mitten in der Nacht, lege ich mich neben mein schlafendes Kind. Ich höre auf seinen ruhigen Atem. Sehe sein entspanntes Gesicht. Es gibt wenige Dinge, die mich so zur Ruhe bringen und meine Angst besänftigen können wie dieser Anblick. 

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In der Weihnachtskrippe meiner Kindheit knien die Hirten ehrfürchtig neben der Krippe. Es mag so gewesen sein. Wir wissen es nicht genau. In jeder Geschichte gibt es Platz für unsere eigene Vorstellung.
In meiner Vorstellung sehe ich einen Hirten der unsicher an der Tür steht. Sich wie ein Eindringling fühlt. Mit Kindern auch nicht so gut kann. Die Hände schwielig und noch dreckig vom Feuer machen und dann winkt ihn Maria lächelnd zu sich und legt ihm vorsichtig das Neugeborene in den Arm.  Unbeholfen nimmt er es - so zerbrechlich, so unvorstellbar klein! - versucht es im Arm zu wiegen und da steigt ein Lachen in ihm auf, eine so wilde Freude, von der er gar nicht weiß, wo sie herkommt. Und er versucht sich zu fassen und macht "Shhh" zum Kind und meint eigentlich sich selbst und er will dieses Kind nicht mehr hergeben. Bis sein Kumpel sich neben ihm räuspert und sagt: „Darf ich auch mal?“ Ein widerstrebendes: „Aber sei vorsichtig! Und knie dich hin, so kannst du es am besten halten..“und: „Achtung das Köpfchen!“ und dann kniet er sich daneben und lässt das Kind nicht mehr aus den Augen wie ein stolzer Vater, der ahnt: ab jetzt wird alles anders. Das ist ein Neuanfang. Die Wendung der Geschichte.

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Uns wird ein Kind geboren.

Uns, die wir stolpernd am Ende dieses Jahres landen. Die wir zu viele Nächte unruhig waren. Die wir an vielen Tagen müde waren, und änglich und ungeduldig. Wir, mit unseren gerissenen Geduldsfäden und schlecht eingefädelten Gesprächen und zu vielen losen Enden und dem Wunsch manches nochmal aufzutrennen und neu anzufangen.

Shhh, fasse neuen Mut.

schau auf das Kind.

Wendung der Geschichte.

Wendung in unseren Geschichten.

Neues Leben.

Neuanfang. Immer wieder.

Auch für mich.

Auch für dich.

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So wird es Weihnachten.

Mit einem Aufatmen.

Einem Alles-wird-gut in unseren Händen.

So unerwartet in unsere Nächte,

so tröstlich und sanft in unsere Tage gelegt.

So zum Niederknien nah.

Jesus ist da.

Damals wie heute.

Kein Dunkel vertreibt dieses Licht.

Deshalb: Fürchtet euch nicht!

 



Von Herzen wünsche ich euch frohe und gesegnete Weihnachstage und ein zuversichtliches Zugehen aufs neue Jahr! Wie gut, dass Jesus in die Nachbarschaft gezogen ist.....

Donnerstag, 16. Dezember 2021

Was ich dir wünsche

 "Ich hoffe, du hast eine gute Zeit auf deinem Adventsboot!", schrieb mir gestern eine Freundin, die meinen letzten Blogeintrag gelesen hat. Sagen wir mal so: Auch wenn ich immer noch sehr dankbar für diese ruhige Adventszeit bin - es ist  nicht ganz dieses entspannte Dahingleiten geworden, das ich mir vorgestellt hatte. Die Realität ähnelt eher ein bisschen dem was Charlie Mackenzie in seinem wunderbaren Buch so treffend darstellt: 

(aus: der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd)

Es wird immer wieder ganz schön wild gepaddelt unter der Oberfläche. Leider. Die erste Hälfte dieser Woche war angefüllt mit viel Streit und Ungeduld. Und dann: kam die Halbzeitpause! Ich weiß gar nicht, ob ich euch davon schon erzählt habe - von unserer Vorfreude auf den Mittwochabend? Da treffen wir uns, nun schon seit bald zwei Jahren, mit Freunden, die hier am Ort mit uns wohnen. Und weil wir zusammen vier fußballbegeisterte Jungs im Alter zwischen 6 und 11 Jahren haben war der Name schnell gefunden: Halbzeitpause! 
Der Ablauf ist immer derselbe: Zu Beginn zünden wir eine Kerze an und laden Gott in unserer Mitte ein. Einer der Erwachsenen erzählt etwas, was ihn gerade im Blick auf Gott und die Welt bewegt. Einfach und ehrlich. Inklusive das Paddeln unter der Oberfläche. Dann überlegen wir was seit der letzten Pause alles passiert ist. Für jede gute Sache zündet wir ein Teelicht an und danken Gott dafür. Für die schwierigen Dinge die wir mitbringen, legen wir einen kleinen Stein neben die Kerze.  Dann reden wir noch kurz mit Gott darüber, bevor alles Richtung gedeckter Tisch stürmt (also vor allem die jüngeren Jahrgänge). Während die Kinder dann nach dem Essen eine Runde spielen, können wir Erwachsene noch miteinander reden und meistens beten wir noch kurz zusammen, bevor wir uns wieder voneinander verabschieden. "Spätestens bis zur nächsten Halbzeit!", sagen wir, schon wieder voller Vorfreude. 
 

 
In den wilden Coronazeiten wurde mir die kleine gemeinsame Pause unter der Woche zu einer wahren Rettungsinsel. Und dieses abendliche Treffen hat einfach genau die richtige Form für diese Zeit in unserem Leben. Keine Ahnung wie lange wir das noch miteinander machen. Aber mir gefällt die Vorstellung, dass in ein paar Jahren vier Teenagerjungs auf dem Sofa sitzen und ein bisschen peinlich berührt zuhören - ich vermute mal das Drängeln wer zuerst eine Kerze anzünden darf fällt dann eher weg - und nach dem Essen schnell zusammen auf einem Zimmer verschwinden, um dort zu tun was auch immer Teenagerjungs so tun. An unhurried Gospel ... über viele Jahre und viele gemeinsame Abendessen hinweg - das würde mir gefallen.

Gestern, während die Kinder eine Zugstrecke durchs Wohnzimmer gebaut haben, sind  wir nach Gesprächen über Corona, Schule und Ehestreit bei unseren ersten Konzertbesuchen gelandet. Wir haben die alten Schallplatten rausgekramt und sind in Erinnerungen geschwelgt. Whitecross und Charotte Höglund. Arno und Andreas und Ararat (alle frommen Kinder der 80-er Jahre werden sich erinnern!). Wir entdeckten auch dieses Lied, das wir bei Frank und Peter Hübner gehört hatten (kennt die noch irgendjemand?). Laut klangen ihre Stimmen, mit den typischen Keybordklängen dieser Zeit, durch das Wohnzimmer und wir sangen inbrünstig beim Refrain mit:
Hab keine Angst und fürchte dich nicht,
denn die Herrschaft des Bösen zerbricht.
 
An der Liebe, die selbst noch den Tod überlebt.
Ich bin da, darum fürchte dich nicht.
 
Es war wie ein Abschlußsegen, unter dem wir uns voneinander verabschiedeten. Hab keine Angst! Und der Vers hallt heute morgen in mir, wie ein sanftes Echo:

Und wenn du morgen wieder zweifelst,
ob es wahr ist, dass Jesus Christus hier unter uns lebt,
gibt es Menschen, durch die er dir nah ist...

Menschen, durch die er dir nah ist - das brauche ich so sehr! Menschen, die unter die Oberfläche meines Lebens sehen, mit denen ich die guten Momente, aber auch das verzweifelte Paddeln unter der Oberfläche, teilen kann und mit denen ich gemeinsam ansingen kann, gegen alle Zweifel und alles, was mir Angst macht.  Solche Menschen zu haben, ist einer der größten Segen meines Lebens!  Und wenn ich dir was zu Weihnachten wünschen darf, dann ist es genau das: Menschen, durch die er dir nah ist! Vielleicht hast du sie schon gefunden. Oder du suchst noch nach ihnen. Dann gib nicht auf! Man findet sie nicht immer auf Anhieb. Aber es lohnt sich, weiter nach ihnen Ausschau zu halten. Vielleicht findest du sie im neuen Jahr. Kann sein sie verstecken sich ganz in deiner Nähe. Und alles könnte mit der schlichten Frage beginnen: "Sollen wir uns einmal die Woche zusammen zum Abendbrot treffen?" Und die einfach gedeckte Tafel könnte zu dem werden, worüber Frank und Peter Hübner im letzten Vers singen: 

Durch einen Türspalt dringt Licht aus dem Festsaal,
in unsre Zimmer der Diesseitigkeit.... *

Diesen Lichtstrahl in dein Zuhause, das wünsche ich dir.


 
* Liedtext von Andreas Malessa.

Mittwoch, 8. Dezember 2021

Paddelnd durch die Adventszeit

Heute morgen fiel mir wieder eine bestimmte Formulierung in den Schoß, die ich in diesem Jahr gelesen und nach der ich seit einiger Zeit vergeblich gesucht habe (das passiert wenn man zu viele Bücher liest!). Nun habe ich es wiedergefunden - direkt neben diesen einleitenden Worten im Johannesevangelium:

Das Wort wurde Fleisch und Blut und zog in unsere Nachbarschaft. (Johannes1,14, the message). 

Der Theologe Eugene Peterson hat diesen Bericht von Johannes über das Leben von Jesus, so überschrieben: An unhurried gospel.  Was soviel bedeutet wie: ein geruhsames, ein gelassenes, ein gemächliches Evangelium.  Peterson erklärt dazu, dass er die  Berichte von Matthäus, Markus und Lukas wie schnell fließende Gebirgsbäche empfindet, während Johannes so erzählt, als würde er mit einem Kanu über einen ruhigen See paddeln und immer wieder innehalten und die atemberaubende Aussicht genießen. An unhurried Gospel. Mir gefällt dieser Ausdruck so sehr! Und auch dieses Bild, vom Fischer Johannes, der ganz gemächlich, Zug um Zug, seine Paddel ins spiegelglatte Wasser taucht.  Genau so fühlen sich meine Tage gerade an. Ich habe mein Manuskript fertig gestellt, mein WhatsApp-Konto bis Ende des Jahres deinstalliert und mich dazu entschieden die geliebte Tagesschau-Tradition am Abend ausfallen zu lassen (die Kurznachrichten im Radio reichen auch). Die Stromschnellen liegen erstmal gefühlt hinter mir und ich paddle gemütlich durch diese Adventszeit. Und immer wieder lasse ich die Ruder sinken. Ich habe Zeit. Für ein gemütliches Frühstück mit einer Freundin. Für Abendspaziergänge mit dem Kind, bei denen wir die weihnachtlich geschmückten Häuser bewundern- bzw.  benoten (Zehnjährige Jungs machen aus allem einen Wettkampf!). Für die dicken Biographien auf meinem Nachttisch. Für Blogeinträge. Sogar für Weihnachtskarten (hoffe ich!) und für Momente in denen ich einfach ins Kerzenlicht starre und GAR NICHTS tue. Ich weiß - was für ein Luxus! Und ich weiß auch: an den meisten Tagen fühlt sich das Leben eher wie eine wilde Fahrt an, bei der man sich am Bootsrand festklammert und hofft nicht schreiend über Bord zu gehen. (Wie sollte man dabei Weihnachtskarten schreiben! Oder gemächliche Abendspaziergänge machen?!). Und trotzdem: Ich glaube die Adventszeit ist eine Einladung. Sie breitet sich Jahr für Jahr vor uns aus; wie ein ruhiger Bergsee. Sie lädt uns ein den Paddelschlag zu verlangsamen, die Aussicht zu genießen und über dieses geruhsame Evangelium zu staunen. Über einen Gott der still und leise ankommt. Der sich ganz klein macht und über viele Jahre neben uns aufwächst. Wie ein Nachbarskind, mit dem wir uns anfreunden, mit dem wir die Gegend erkunden, das mit uns am Tisch sitzt und Abendbrot isst, mit dem wir schwimmen lernen und paddeln und gemeinsam die Schulbank drücken. Er wird uns vertraut und gleichzeitg ertappen wir uns vielleicht immer mehr dabei wie wir ihn scheu betrachten. Vielleicht weil ihn auch etwas Geheimnisvolles umgibt und er kommt und geht wie er will. Oder weil er ab und zu die erstaunlichsten Dinge macht. Oder weil wir uns ganz langsam immer mehr verliebt haben. In ihn. In seine Art mit uns. Mit dieser Welt. Wie er uns mit hineinnimmt in eine große Geschichte, die Zeit schenkt und sich Zeit lässt und sich über viele Jahre ganz langsam ausbreitet.
Manchmal denke ich, alles müsste schneller voran gehen und die Dinge entwickeln sich viel zu langsam.  ICH bin zu langsam. Und ICH tue zu wenig. Ich mache Spaziergänge und gehe früh ins Bett, während die Welt in Flammen liegt! Wir brauchen Schnellboote - kein Kanus! Lasst uns die Armel hochkrempeln und die Welt retten! Und dann erinnnere ich mich an dieses geruhsame Evangelium, auf das ich vertrauen will. Auf einen Gott der bei seinen Menschen ankommt. Der uns rettet. Immer wieder. Und der dafür viel Zeit mitbringt...
 




 
 
 


 
Ach, und vielleicht möchtet ihr meine längeren Geschichten lesen oder verschenken? Wenn ihr bald bestellt - über chris.f@freenet.de - kommen sie garaniert noch in der Adventszeit an.  Und wer möchte bekommt das Postkartenset gesegnet (12 Karten) für 2 Euro dazu!
(Für meine schweizer Leser: Ein paar "Heimatbücher" kann ich euch auch direkt aus der Schweiz schicken, da fällt dann kein teures Porto aus Deutschland an).
 

Donnerstag, 2. Dezember 2021

Zuversicht!

Heute morgen krabbelt im Dunkel jemand neben mich unter die Bettdecke. Ein leises Schluchzen: "Ich hab Angst, Mama!".  "Wovor denn?", murmle ich müde. Ach, der kleine Sohn hat vor so vielem Angst in diesen Tagen: Dass der Schulbus nicht kommt. Dass der Schulbus ohne ihn abfährt. Dass sein Freund nicht im Bus sitzt. Dass ich nicht rangehe, falls er von der Schule aus anrufen müsste. Dass ich nicht da bin, wenn er wieder kommt. Zum Beispiel. "Die Angst ist eine blöde Kuh!", flüstere ich ihm ins Ohr. "Die schicken wir jetzt mal weg. Und dann nehmen wir uns stattdessen....hmmm, lass mal schauen, wer noch so alles in der Reihe steht: Die dahinten, die uns so anstrahlt! Wie heisst du denn? Zuversicht?! Prima. Dich nehmen wir." Das Kind muss jetzt doch ein bisschen lachen und wir werfen die warme Bettdecke ab und machen uns Frühstück. Und wie er kurz darauf im Dunkel  Richtung Bushaltestelle läuft, kann ich sie fast neben ihm herhüpfen sehen, die Zuversicht. Und damit habe ich euch auch schon mein Wort für 2022 verraten. Ihr ahnt es: 

 


 

Ich weiß, es sind noch ein paar Wochen bis zum neuen Jahr, aber ich durfte ganz spontan diese Woche noch an einem meiner Lieblingsorte vorbeischauen. Und dort, bei einem ausgedehnten Spaziergang durch die Weinberge, ist mit das Wort über den Weg gelaufen, hat mich an der Hand genommen und nicht mehr losgelassen. 



 

Zuversicht. Laut Wortherkunft weit mehr als nur Optimismus. Vielmehr: Ehrfurchtsvolles Aufschauen. Begründete Hoffnung!  Sie begegnete mir wieder beim Abendgebet, in der alten Kirche. In die Stille hinein wurden Worte von Jesus gelesen. Seine Beschreibung von den schweren Tagen, die in den letzten Zeiten der Erde kommen werden. Von großer Angst, bedrohlichen Wellen, von Kriegen und einer Natur die aus dem Gleichgewicht gerät. Ehrlich, ich mag es nicht so sehr wenn Christen mit bedrohlicher Stimme von den "letzten Tagen der Welt" reden. Das hat mir in meiner Kindheit große Angst gemacht. Wenn ich nach Hause kam und meine Eltern nicht da waren dachte ich, dass nun die erste Auferstehung geschehen war und ich, wie befürchtet, zurückgelassen wurde (alle Pietistenkinder wissen wovon ich rede). Sagen wir so: Ich habe genug Endzeitptredigten gehört, dass es bis zur Wiederkunft Jesus reicht! Aber als ich nun in dieser Kirche saß, die nur von flackernden Kerzen erhellt war, und der Wind an der alten Holztür rüttelte, da fühlten sich die Worte nicht wie eine Drohung an, sondern wie eine nüchterne Zustandsbeschreibung unserer Welt. Das hat mich kurz etwas erschreckt. Aber dann - wie eine feste Umarmung - fügt Jesus diese Worte hinzu:

Wenn ihr die ersten Anzeichen davon mitbekommt, dann richtet euch auf und erhebt eure Köpfe. Denn eure Erlösung naht! (Lukas21, 28).

Zuversicht! Das ruft Jesus seinen erschreckten Jüngern entgegen. Zuversicht! Es erinnert mich an etwas, was die Soziologin und Autorin Brene Brown einmal ungefähr so beschrieben hat: Wenn man Schreie aus den Kreissaal hört, dann ist das etwas ganz anderes, wie die Schmerzensschreie von anderen Stationen.  Da weiß man: Jetzt ist das neue Leben auf dem Weg!  Mir scheint unsere Welt liegt in den Wehen. Vielleicht nicht so, dass man alles zusammenpacken und ins Krankenhaus rasen müßte. Aber doch so, dass man einmal die Hand auf den Bauch legen - ein paar mal in den Schmerz atmen - und mit einem Lächeln spüren könnte, dass das neue Leben auf dem Weg ist. 

Zuversicht, ihr Lieben! 

Zuversicht.