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Donnerstag, 30. Januar 2014

a walk in the park

Gestern hat uns die Sonne in den Park gelockt. 
Der Mann liegt krank auf dem Sofa, also habe ich Samu direkt von der KiTa abgeholt und er hat seinen Mittagschlaf im Kinderwagen abgehalten - wie in alten Zeiten:-). Es tat gut die Sonnenstrahlen einzufangen, den Wind die Gedanken durchpusten zu lassen und die Stille zu geniessen. 

Auf mich hat die Natur immer eine sehr beruhigende Wirkung, besonders der Wald. Vielleicht deshalb, weil ich im Schwarzwald aufgewachsen bin. Die Bäume strahlen auf mich so viel Gelassenheit ab, sie stehen fest gewurzelt und überlassen sich einfach den Jahreszeiten - nein, ich habe keinen Baum umarmt, das mache ich dann doch lieber mit Menschen;-). Aber die Natur gibt mir immer ein Gespür dafür, dass unser Leben in etwas größeres eingebettet ist, dass auch wir dem Rhythmus der Zeiten unterworfen sind (auch wenn meine Oma das sicher noch mehr gespürt hat wie wir heute) und dass wir letztendlich nicht so viel im Griff haben wie wir das oft meinen. 
Manchen mag dieser Gedanke beängstigen, mich beruhigt er.

Am Ende wird uns im Leben doch das meiste geschenkt und wir sind einfach Empfangende:
Das Sonnenlicht, die Luft zum Atmen, der fruchtbare Boden der eine Ernte hervorbringt, das Wasser, das unseren Durst stillt....in der Stadt kann man all das vergessen. Alles scheint machbar, und wir fühlen uns so unabhängig. Die Natur lehrt mich die Demut meine Begrenzungen zu akzeptieren und erfüllt mich mit Dankbarkeit.

Dietrich Bonhoeffer hat diesen wunderbaren Satz in einem Brief geschrieben:
Im normalen Leben wird es einem gar nicht bewußt, daß der Mensch unendlich mehr empfängt, als er gibt, und daß Dankbarkeit das Leben erst reich macht.

Deshalb laufe ich ab und zu durch den Park und komme dann mit mit ruhigeren Schritten und erfülltem Herzen wieder in unsere kleine Stadtwohnung zurück.

 
der Killesbergpark, einer meiner Lieblingsorte in Stuttgart
 

goldener Gruß -  wie eine hängengebliebene Postkarte...
und um die nächste Ecke beginnt zaghaft der Frühling
erste Worte beim Aufwachen: und wo ist der Zug?

Festgefrorene Tiere


ähm, die gesunden Äpfel haben wir zuhause vergessen ;-)


die Stadt hat uns wieder

auf dem Tisch eine Erinnerung an die kommende Jahreszeit, dank lieben Freunden!
 

Montag, 27. Januar 2014

ein bisschen Frieden...

Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass Samu während der Anfangszeit in der KiTa ständig krank ist. Mit was ich nicht gerechnet habe ist, dass ICH ständig krank bin. Meinen kleinen Sohn streifen die Viren bisher nur leicht (Gott sei Dank!), um mich dann mit voller Breitseite zu treffen: Samu hat ein wenig Husten - ich bekomme eine Lungenentzündung. Samu hat einmal kurz "Aua im Bauch" und ich hänge zwei Tage über der Kloschüssel.
Dieses Wochenende hat mich bereits zum 2. Mal innnerhalb kürzester Zeit der Magen- Darm-Virus erwischt. Ich war total ausgeschaltet und wir mussten leider einen lang ersehnten Besuch mal wieder verschieben.

Heute morgen saß ich mit Heio am Früstückstisch und trank meinen Fencheltee (Igitt!)
Er blickte mich aufmunternd an: "Und, was hast du heute vor?"
"Überleben", war meine düstere Antwort. 
"Und wie willst du das machen", fragt er geduldig nach. 
"Keine Ahnung", meine ich einsilbig, vor dem nächsten Schluck Fencheltee. "Und was hast du so vor?", versuche ich interessiert zu fragen.  
"Kuchen essen!", antwortet der Mann (diese Woche ist sein Abschied von der Arbeitsstelle im CVJM und heute bringt er seinen Kollegen Kuchen mit). 
Schweigen in der Küche. 
Plötzlich müssen wir Beide lachen. Was für ein Dialog! Das lässt schon tief blicken.

Nachdem ich Samu in die KiTa gebracht habe, sitze ich erschöpft in der Küche.  Meine Mutter ist am Telefon und ich höre ihr zu, während mein Blick magisch von dem Dreck unter unserem Herd angezogen wird. Ich beende das Telefonat und versuche den Berg Wäsche neben mir zu ignorieren. Soll halt alles noch einen Tag liegenbleiben. Lieber will ich hier etwas schreiben. Vielleicht ist es eine Flucht, die Hoffnung etwas sinnvolles zu schaffen oder einfach gerade der einzige Weg um nicht völlig durchzudrehen.

Ich muss heute morgen an etwas denken, was ich vor einiger Zeit bei Shauna Niequist gelesen habe. Es ging dabei um die verschiedenen Lebensphasen. In meinem Tagebuch habe ich diesen Satz von ihr festgehalten:

Es ist nicht so schwer herauszufinden womit du dein Leben gerne füllen willst.
Viel schwieriger ist es herauszufinden was du bereit bist dafür aufzugeben, damit du das tun kannst was dir wichtig sind.

Das hat mich sehr zum Nachdenken gebracht. Ich habe mir damals einige Tage Zeit genommen um mir darüber klar zu werden, was die Herausforderungen meiner derzeitigen Lebensphase sind.  Und ich habe gemerkt, dass ich einiges aufgeben muss und innerlich loslassen, damit ich das festhalten kann, was mein Leben jetzt gerade füllen soll. Und dieses loslassen fällt mir so schwer. Beispiele?

Ich will Zeit und Kraft für Saum und meinen Mann haben. Das ist mir wichig (und noch einiges andere, aber das steht im Moment ganz vorne).
Das heisst dann aber: ich kann nicht mehr ständig bei der Arbeit einspringen, weil ich dann danach oft total kaputt und genervt bin meiner Familie gegenüber. Also muss ich es loslassen, die "tolle Christina" zu sein, die immer für ihre Kollegen da ist wenn sie gebraucht wird.

Und ich kann aus unserem Garten zur Zeit leider keine wunderbar blühenden "Ich- ernte- mal- unser- Mittagessen- Garten" machen, sondern ich versuche ab und zu das Gras zu mähen, damit ich Samu wiederfinde wenn er dort spielt. Heios kleiner Garten ist schon so verwildert, dass er bestimmt schon als Naturpark gilt und sich vielleicht bald wilde Tiere bei uns ansiedeln.

Unsere Wohnung kann ich einigermassen so im Griff halten, dass wir uns darin wohlfühlen, aber sie ist einfach nie wirklich sauber und in welchem Jahr ich den gründlichen Frühjahrsputz schaffe weiß ich noch nicht.

Es macht mir Spaß Leute zu uns einzuladen und sie zu bekochen. Aber das ist gerade leider auch nur in einem sehr kleinen Rahmen möglich (und nur mit Leuten die den Dreck unterm Herd nicht stört:-)).

Ich kann Freunde, die eine schwere Zeit durchmachen nicht so unterstützen wie ich es gerne tun würde. Statt einem Besuch oder langem Telefonat schicke ich oft nur eine kurze SMS, damit sie wissen, dass ich an sie denke.

Das sind jetzt nur ein paar Beispiele die mir spontan einfallen. Da ist noch viel mehr was ich aufgeben und loslassen muss. Loslassen um das fassen zu können, was mir vielleicht nur in dieser Lebensphase geschenkt und anvertraut wird. Und manches von dem was ich jetzt nicht tun kann,  kann ich vielleicht zu einer anderen Zeit in meinem Leben mit offenen Armen begrüßen. Man kann ja auch noch mit 60  für Flüchtlinge Kuchen backen:-).
Ich bin am lernen und fühle mich dabei wie ein Analphabet der sich Tolstois "Krieg und Frieden" vorgenommen hat.  Frieden.  Das ist es was ich brauche. 
Das hebräische Wort für Frieden heisst Schalom  und bedeutet in etwa:
Frieden ist der Zustand, der uns versöhnt und unser Gesicht aufhellt und uns Heil und Ruhe bringt.  
Diesen Frieden wünsche ich uns allen, egal in welcher Lebensphase wir auch sind.
Versöhnt mit dem zu leben was ist und mit dem was gerade nicht sein kann.

So, jetzt gehe ich meinen Sohn geniessen und werde mit ihm zum (gefühlt!) 1000. Mal eine Eisenbahnstrecke bauen.  Lieber einen Berg Wäsche im Keller und Dreck unterm Herd als das zu verpassen:-).

Und wenn ich mit ihm Schiene für Schiene zusammenstecke und nicht mit dem Kopf woanders bin, dann hellt sich mein Gesicht auf und ich ahne etwas von diesem Schalom.
Das ist doch ein guter Anfang um heute zu überleben.
 

Donnerstag, 23. Januar 2014

Versteckspiel

Die Lieblingsbeschäftigung von Samu ist seit einiger Zeit das Versteckspiel. Fast jeden Abend tönt es fröhlich durch unsere Wohnung: "Mama, stecken!!!" Und dann geht es los. Zuerst "stecke" ich, dann er: "7 - 8 - 9 - komme!" (wer hat gesagt, dass man bei Eins anfangen muss wenn man bis 10 zählt?).
Ich stürze mich in eine Ecke um dann von ihm gefunden zu werden. Da so wenig Zeit bleibt, um in mein Versteck zu flüchten,  ist dieser Teil meist schnell erledigt.
"Jetzt ich", ruft er freudig und rennt vor meinen Augen in sein Versteck. Ich zähle langsam und fange an zu suchen. Ich versuche ihn zu ignorieren, weil ich weiß wie sehr er es liebt wenn ich überall nach ihm suche. Es ist gar nicht so einfach dabei nicht über ihn zu stolpern. Hier seht ihr sein derzeitiges Lieblingsversteck:


Vielleicht hat er ja etwas von meiner alten Angst geerbt, beim Verstecken nicht gefunden zu werden?
Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir früher, auf dem Land, mit den Nachbarskindern  Verstecken gespielt haben. Das Gelände war riesig und ich saß nicht selten lange Zeit mit klopfendem Herzen hinter einem Busch, oder in einem alten Schuppen, in der wilden Hoffnung gefunden zu werden. Immer war in mir die leise Angst, dass die Anderen ohne mich nach Hause gehen und niemand mehr nach mir sucht. Ich glaube nicht, dass diese Befürchtung jemals eintraf, aber sie war immer da.

Dann kommt der beste Moment in unserem abendlichen Versteckspiel: Nach längere Suche entdecke ich tatsächlich (erstaunlicherweise!) meinen Sohn.  Er schmeisst sich in meine Arme - oder reiße ich ihn an mich?! - und wir genießen diese Umarmung. Und dann geht das Suchen und Finden wieder von vorne los...

Ich spiele dieses Spiel gerne mit Samu, das Problem ist nur, dass ich auch die Erwachsenenversion davon beherrsche (die Fortgeschrittene Version - mindestens!).
Mit der Zeit habe ich die besten Verstecke gefunden:
Da gibt es ein freundliches Lächeln hinter dem ich meine Erschöpfung verstecken kann und da ist die Geschäftigkeit, hinter der ich meine innere Armut verstecke. Dann kann es mein Redeschwall sein, hinter dem sich meine Unsicherheit verbergen lässt, und ich verberge durch eine Decke aus Süßigkeiten oder Chips für eine sehr kurze Zeit ganz prima vor mir selbst, dass ich mich schlecht fühle. Sogar hinter meinem "Mama-sein" kann ich mich manchmal verstecken um Menschen auszuweichen oder Dinge nicht anzugehen, die wichtig wären.  Mist, ich verrate euch hier meine besten Verstecke!:-)

Aber eigentlich habe ich keine Lust mehr auf diese Spielchen, und deshalb verrate ich immer mehr davon meinem Mann und auch manchen Freunden. Denn mir geht es ja nicht anders wie Samu: Ich will gefunden werden!

Gestern habe ich eine neue Freundin besucht. Ich war ein bisschen aufgeregt weil wir uns vor allem von unsere Blogs kannten und von einem Fotoshooting. Ihr Bericht über unseren Besuch ist ein tolles Beispiel dafür, wie mutig und bereichernd es sein kann, kein Versteckspiel zu machen sondern ehrlich mit den eigenen Unsicherheiten zu sein.

Und für uns alle, die hoffen gefunden zu werden gibt es eine gute Nachricht:
Jemand ist auf der Suche.
Jemand sagt: die Party geht erst los, wenn du dabei bist. 
Jemand kann es kaum abwarten uns in die Arme zu schließen.
Jemand ruft:  " Ich komme!" 
Und er stolpert nicht eher über uns, bis wir bereit sind, von ihm gefunden zu werden!

So lasse ich mich von ihm finden, immer wieder - wahrscheinlich so lange bis er mich an der Hand nimmt und wir zusammen nach Hause gehen.

Gefunden!




Freitag, 17. Januar 2014

we`ll see.

Seit einiger Zeit merke ich, dass ich zunehmend schlechter sehe. Ich habe es lange verdrängt und  einfach Heios Brille für` s Autofahren aufgesetzt (viel besser!!!).
Aber nun beeinflusst es zunehmend meinen Alltag:
Ich winke  wildfremden Leuten von weitem zu, weil ich nicht sicher bin ob es Leute sind die ich kenne oder nicht (und ich winke lieber, weil ich nicht unfreundlich sein will).  
Ich renne zur Straßenbahn bis kurz vor die Anzeigetafel-  vorbei an erstaunten Wartenden- weil ich erst da erkennen kann, dass die Bahn in 10 Minuten kommt. 
Ich kann in der Bäckerei die Preisschilder an den Broten nicht mehr lesen und kann auch auf der Anzeige der Kasse nichts erkennen. Wie eine alte Frau bin ich geneigt der Bäckerin meinen Geldbeutel hinzuhalten und sie zu bitten den entsprechenden Betrag einfach zu nehmen

Wie mir dann eine Freundin erzählt sie hätte geträumt, dass ich erblinde  bin ich endlich in das Brillenfachgeschäft um die Ecke. Hier wurde bestätigt was ich befürchtet hatte: altersbedingt lässt meine Sehstärke langsam nach - das sagt mir so ein junger Brillenträger fröhlich in´s Gesicht. Ich denke entrüstet: so alt bin ich doch noch gar nicht und wie redet denn der mit mir - der könnte ja locker mein Sohn sein! ;-). Nun gut, ich lasse mich überzeugen und bestelle mir Kontaktlinsen. Mir steht keine Brille. Wirklich nicht!!!
Eine Freundin meinte aufmunternd: "Jedem steht eine Brille!", und setzte mir ihre Eigene auf die Nase. "OK, fast jedem steht eine Brille", meinte sie dann und ermutigte mich die Kontaktlinsen auszuprobieren.

Jetzt liegen sie bei uns im Bad. Einmal habe ich es schon geschafft sie mühsam in meine kleinen Augen zu popeln. Und ich muss sagen: die Fernsicht ist überwältigend! Ich kann Blätter an den Bäumen am Ende unseres Gartens sehen(bisher nur grüne Umrissen am Horizont), ich erkenne vom Sofa aus die kleinsten Beschriftungen auf den Buchrücken im Regal, ich laufe wie eine geheilte Blinde durch die Gegend und lese meinem armen Mann alles vor was ich von weitem sehen kann. 

 Nach dem ersten Ausflug mit Kontaktlinsen bin ich begeistert. Aber im Spiegel entdecke ich mit Schrecken eine gealterte Frau, mit vielen Falten um die Augen und um die Lippen(!).  Wer ist das denn??!! Schnell lege ich die Linsen wieder in ihr Wasserbad und genieße für`s erste wieder den gnädigen Weichzeichner, zumindest was mein Spiegelbild angeht. Seitdem schlummern meine Augenöffner friedlich in ihrem Behälter und ich bin noch nicht sicher wie ich weiter verfahren soll.

Heute habe ich mich mit einer Freundin zum Frühstück getroffen. Sie ist zwar ein paar Jahre jünger ist als ich, aber wir sind schon seit langem befreundet. Bei unserem Gespräch fiel mir auf wie sich manches, was wir vor Jahren gedacht und geglaubt haben und wovon wir zutiefst überzeugt waren, verändert hat. 
Manche Ent -täuschungen haben wir erlebt und und da wo wir meinten einen klaren Durchblick zu haben, sind jetzt die Linien verschwommener geworden. Altersbedingte Sehschwäche? Ich meine nicht - vielleicht eher jugendlich überschätzte Sehkraft!

Aber ich bemerke etwas erstaunliches:  wenn auch an manchen Stellen die Linien merklich unklarer werden -  es wächst eine Sehkraft auf andere Dinge.
Während Worte wie "Erfolg", "Berufung", "eigenes Wissen", "richtig oder falsch" verschwommener werden oder aus dem Fokus verschwinden, wird anderes langsam klarer und zentraler.  Wie Landschaften, über denen sich der Nebel lichtet kommen nun andere Worte in`s Blickfeld:  Worte wie "Gnade", "Erlösung"; "Hoffnung", "Vertrauen", "geliebt werden". 
Ich kann es noch nicht wirklich fassen und reibe mir die Augen, bin irgendwo zwischen schwindender Sicht und zunehmender Klarheit.

Nach dem Gespräch heute morgen denke ich mir, dass man vielleicht zweierlei tun kann: entweder frustriert zu versuchen das Unscharfe wieder klar zu stellen, oder aber den Blick dem zuwenden was anfängt ganz langsam ein wenig  heller zu werden.  Diesen Blick wünsche ich mir für die Jahre die kommen: gespannt, leise buchstabierend wie ein Kind, voller Staunen über die neue Welt die sich hier auftut.

In diesem Sinne freue mich auf das älter werden, 
ob mit oder ohne Brille -  wir werden sehen(d). 
Hoffentlich.



Montag, 13. Januar 2014

Der Papst und mein Metzger



Zur Zeit bin ich von zwei Menschen ziemlich beeindruckt: vom Papst und von meinem Metzger.
Auch wenn man es nicht wirklich vermutet: diese zwei Menschen haben etwas gemeinsam.


Fangen wir bei dem offensichtlichen an: bei meiner Begeisterung für Papst Franziskus.
Auch wenn ich nicht katholisch bin - ich freue mich für meine Geschwister in der katholischen Kirche, dass sie diesen Papst bekommen haben. 
Einen Mann, der bei seinem ersten Auftritt als Papst die Menschenmenge demütig um Gebet bittet. Einer der, auf die Frage des Chefredakteurs der Jesuitenzeitschrift,  wer Papst Franziskus denn eigentlich sei, antwortet : "Ich bin ein Sünder." Einer der "Kirche für die Armen" sein will und der das mit seinem Leben unterstreicht. 

Das protzige Papst-Apartment bleibt unbewohnt, fast täglich liest er die Frühmesse für die Müllmännern und Gärtnern des Vatikans, er wäscht die Füsse von Häftlingen, besucht Flüchtlinge und schafft Raum für sie und es gibt sogar das Gerücht, dass er sich nachts manchmal aus dem Vatikan zu den Obdachlosen schleicht. Keine Ahnung ob letzteres stimmt - wohl aber stimmt, dass seine Bodyguards Überstunden machen müssen, weil er sich nicht von den Menschen fernhält, wie es eigentlich für einen Papst angebracht wäre.
Und wenn es um Menschen geht, die die Kirche bisher ausgegrenzt hat, redet er über Barmherzigkeit.  Geschiedene dürfen vielleicht sogar bald am Festmahl in Gottes Reich,  dem Abendmahlstisch, Platz nehmen.

Dieser Papst ist gute Nachricht für die Armen und die Gescheiterten dieser Welt.
Deshalb bin ich von diesem Papst sehr beeindruckt.

Kommen wir zu meinem Metzger:  

Am vergangenen Wochenende haben wir mit unserer Gemeinde das "Essen ohne Kohle" für arme und bedürftige Menschen in unserer Stadt ausgerichtet. Wir machen das seit einigen Jahren und es ist immer eine gute Sache. 
Mein allerliebster Mann kümmert sich meistens um die Essensspenden, oder- wie er es nennt - er geht "schnorren" (wohl in Erinnerung an alte Zeiten:-)).  Sehr widerwillig habe ich ihn dabei dieses Jahr etwas unterstützt. Es fällt mir schwer um eine Spende zu bitten, auch wenn ich weiß, dass es die Leute oft ganz gerne tun und die Reste sonst in den Müll oder, im besten Fall, zum Bauernhof wandern.

Also, bin ich mit Heio in meine kleine Metzgerei gegangen und habe durch meine Anwesenheit den Kontakt hergestellt (Heio ist als Vegetarier hier ein Außerirdischer, ich aber bin eine treue Kundin).  Der Metzgermeister ist ein richtiger Schwabe. Für alle Nichtschwaben: das heisst er ist meistens etwas brummelig, sagt das was er denkt und manchmal kann er auch richtig herzlich sein - wenn er will. 

 Am Tag unserer Spendenanfrage war er brummelig. 
"Was soll ich denn da geben?", fragt er uns. 
"Vielleicht ein paar Würstchen", meint der Vegetarier neben mir mutig.
"Ich überleg`s mir", brummt der Schwabe. 
Wir verlassen den Laden, mir ist das Ganze peinlich. "Der gibt uns bestimmt nichts", sage ich zu Heio und überlege wo ich in Zukunft mein Fleisch einkaufen gehe.
In den nächsten Tagen bekommen wir aber den Bescheid, dass wir am Sonntag vor dem "Essen ohne Kohle" vorbeikommen sollen, er mache uns Leberkäse. 

Die Metzgerei ist berühmt für den guten Leberkäse! Ich bin freudig überrascht. Der Metzger stellt sich also tatsächlich Sonntags in die Küche um uns diese Köstlichkeit frisch zu überreichen.  Beim Abholen drückt er meinem Mann eine riesengroße Box voll mit Leberkäse in den Arm. Ich bin platt. Fur die Armen und Bedürftigen gibt es keine kleinen Reste kurz vor dem Ablaufdatum, keine paar Würstchen wie erhofft - es gibt von unserem Metzger das Beste was er zu bieten hat, und das in großen Mengen.

Und damit ist mein Metzger gute Nachricht für die armen Menschen die zu dem Festmahl am Sonntag gekommen sind.

Der Papst und mein Metzger... beide zeigen mir etwas von Jesus (von dem ich nicht nur sehr beeindruckt bin sondern den ich sehr liebe!!!), der über sich sagt:
"Ich bin gekommen um den Armen gute Botschaft zu bringen..." 

Im Spiegel habe ich folgendes gelesen: "der Vatikanexperte Marko Politi schreibt:
Wie ein Jünger Jesu Christi, läuft dieser Papst durch die Straßen von Rom und der Welt. Das zu tun ist schon an sich eine kleine Revolution."

Ein Hoch auf diese Revolution! Mein Metzger hat sich schon angeschlossen.
Und,  immerhin - ich habe den Kontakt hergestellt! :-)


Das Festmahl kann beginnen!







Freitag, 10. Januar 2014

an deiner Seite.







Wir waren ein paar Tage im Allgäu und hatten die Vorstellung uns ein wenig zu erholen, Schönes zu erleben und Kraft zu tanken für den Alltag.
Leider hat es nicht ganz so gut geklappt. Irgendwie habe ich vergessen, dass wir einen kleinen Sohn haben der sehr nachtaktiv ist – zuhause, und nochmal mehr in einer fremden Umgebung. 
Nach unserer ersten (sehr kurzen!) Urlaubsnacht bin ich deshalb total gerädert und frustriert aufgewacht. Mein müder Blick hat die Schönheit der Berge vor dem Fenster kaum wahrgenommen und die Sonnenstrahlen verursachten Kopfschmerzen. So hatte ich mir unseren Urlaub nicht vorgestellt. Meine Laune war auf dem Tiefpunkt, am liebsten wäre ich gleich wieder nach Hause gefahren (armer Mann, der sich meine Klagen anhören musste!).
Im Frühstücksraum ließ ich mich vor der Kaffeekanne in den Stuhl fallen und beobachtete die langsam eintrudelnden Gäste, die auch in unserer Pension waren. Es schien mir so als wären alle anderen Familien ausgeschlafen und voller Elan, schon in passender Skiausrüstung um schnell auf die Piste zu kommen. Ich suchte nach müden Mütteraugen, nach einer Leidensgenossin, einem verständisvollen Blick über die Tische hinweg. Leider vergebens.

Neulich habe ich mich mit einer Bekannten getroffen, die seit kurzem auch ein Baby hat. Es schlief anfangs richtig gut durch (grummel) und erst seit ein paar Wochen wacht es Nachts öfters mal auf. Wir waren beide müde und ich habe angefangen etwas von meiner Erschöpfung zu erzählen. Sie unterbrach mich aber ziemlich schnell und meinte lachend: „Na ja, wir haben es ja nicht anders gewollt.“ Ich stimmte ihr zu und wir wechselten zu einem anderen Thema, aber innerlich rief ich: „Doch, ich habe es anders gewollt! Ich wollte, dass mein Kind mit fast 3 Jahren nachts schläft! Ich bin dankbar, SOOOO dankbar für meinen Sohn, aber NEIN: so habe ich die Nächte nicht gewollt!“

Mit der Zeit kommen nun auch Schuldgefühle dazu, das blöde Gefühl, dass das Problem „hausgemacht“ ist. Hätten wir nur besser auf die Erziehungsratgeber gehört! Wir haben einiges ausprobiert (habe seitenweise Ratschläge kopiert und versucht umzusetzen) aber es hatte nicht den gewünschten Erfolg. Wahrscheinlich war ich nicht konsequent genug, wir haben zu schnell aufgegeben, wir hätten ihn noch ein paar Nächte schreien lassen sollen...keine Ahnung.
Heio drängt darauf, dass wir noch einmal eine Beratungsstelle aufsuchen. Ich bin zu müde dazu. Mir reicht es ehrlich gesagt mit den guten Vorschlägen.
Alles was ich suche ist jemand, der an meiner Seite ist, dem ich ab und zu mein Leid klagen kann, der mich nicht verurteilt sondern versteht und mir versichert, dass es irgendwann besser werden wird. Auch wenn ich es heute kaum glauben kann: sagt mir einfach, dass ich irgendwann aufwache und nicht mehr so müde sein werde!

Ich glaube das ist etwas, was wir alle brauchen können: jemand der unseren suchenden Blick erwidert und wir spüren, da ist jemand an meiner Seite der mich versteht.
Das gilt für müde Muttis genauso wie für Singles, die seit Jahren mit ihrer Einsamkeit kämpfen. Es gilt für Menschen die unter chronischen Schmerzen leiden, für solche die Probleme haben zu glauben, für homosexuell empfindende, für Alleinerziehende und für Kinderlose die so gerne Kinder hätten. Es gilt für Arbeitslose, für Gestresste, für Reiche und für Arme.

Wir sehnen uns nach jemand, der bereit ist, einfach zuzuhören. Mal kurz die Klappe zu halten. Gute Ratschläge können zur richtigen Zeit absolut hilfreich sein. Aber sie können auch manchmal erschlagen und Schuldgefühle auslösen.  Wir haben als Menschen eine tolle Fähigkeit bekommen mitzufühlen. Es geht nicht darum, dass wir genau dieselbe Situation erlebt haben, aber es gibt immer etwas wo wir mitfühlen können (z.B. muss man kein kleines Kind haben um zu wissen wie sich Erschöpfung anfühlt, obwohl- es hilft sicher ungemein dabei;-)). Ich glaube, das Problem ist, dass wir zwar vieles von uns selbst kennen, aber wir vergessen so schnell.

Vor einigen Jahren war ich in Mexiko auf einem Einsatz. Wir haben in einem armen Viertel in Wellblechhütten gewohnt und versucht die Menschen ein wenig zu unterstützen. Ich habe mir damals vorgenommen, die Armen nicht zu vergessen, dankbar zu sein bei jedem Mal, wenn ich eine warme Dusche habe oder eine Toilette spüle. Ich habe es schnell vergessen.
Ich war lange Jahre Single, sehr lange Jahre!!! So lange, dass ich denke, ich werde das Gefühl nicht vergessen wie es sich anfühlt abends in eine dunkle Wohnung zu kommen, alleine unter Pärchen zu sitzen bei denen sich alles nur um die Kinder dreht....und langsam merke ich, dass ich anfange zu vergessen und die Blicke der Alleinstehenden nicht mehr so gut auffangen kann.
Ich vergesse viel zu schnell und lasse mich von meiner eigenen Lebensrealität völlig einnehmen.

 Aber ich will lernen zuzuhören, nachzufragen: wie fühlt sich dein Leben an? Erzähl es mir bitte, ich versuche mich zu erinnern.... Und ich will nicht mit gutgemeinten Ratschlägen kommen aber vielleicht mit dem, was mich selbst auch tröstet: dass das Leiden vorübergehend ist.
Das Leben ist für die meisten Menschen auf diesem Planeten verdammt schwer (und ich rede hier nicht von meinen kleinen Schlafproblemen). Wir sollten nicht vergessen, dass wir Leidensgenossen sind, mitfühlen können und einander Mut machen können!

Gestern las ich in einem Buch von C.S. Lewis. Er berichtet darin über seine schwere Schulzeit in einem strengen Internat und schreibt dann über seine Schulfreunde:
"Wir kannten einander, hatten viel gemeinsam gelitten und das machte uns zu Kameraden."
 
Ich weiß nicht an was du gerade leidest, aber ich will dir ein bisschen Mut machen als Leidensgefährtin: unsere Not wird vorübergehen, ganz bestimmt.

Und unsere Welt hat auch viel schönes zu bieten, das will ich auch im Blick behalten - hier ein paar Bilder von unseren müden, schönen Tagen im Allgäu:







so lacht Samu wenn er seinen Papa vom Schlitten fallen sieht!:-)

Samstag, 4. Januar 2014

Was mein Leben reicher macht(e) 2013



Auch wenn das neue Jahr schon begonnen hat, wollte ich euch gerne noch einen kleinen Rückblick auf mein Jahr 2013 geben unter der Rubrik: was mein Leben reicher gemacht hat  und bis heute macht,  im vergangenen Jahr.
Die Auswahl fällt schwer, oft waren es kleine, kostbare Momente, die leider in der Erinnerung schon wieder untergegangen sind.
Also, hier eine paar große Brocken vom unübersehbaren Reichtum 2013: 

Meine Lieblingsgemeinde ist nach ziemlicher Krise, Enttäuschungen und Frust endlich wieder ein Ort für mich wo ich gerne hingehe, voller Erwartung und Zuversicht. Das ist ein Wunder für mich und ich bin so froh, dass ich weiterhin mit diesen tollen Menschen unterwegs sein darf.
Wir sind keine "perfekte Gemeinde", aber so etwas gibt es ja auch nicht auf dieser Welt. Ich will auch hier lernen das zu lieben was da ist und nicht das, was meiner Meinung nach da sein sollte.




In diesem Jahr habe ich nicht so viel gelesen, einfach deshalb weil mir zu schnell die Augen zufallen wenn ich abends im Bett liege. Ein paar wenige Bücher haben es aber geschafft mich wachzuhalten.  Und dann gab es dieses Buch dessen Autorin mit so einer Wucht und Kraft die Dinge auf`s Papier bringt, dass es mir fast den Atem genommen hat. Es ist definitiv mein Buch des Jahres!


Ich bin dankbar für unser kleines „Muttitreff“ das mir gezeigt hat, dass es abseits der „Müttermafia“ ( so es sie denn gibt)  tatsächlich Mütter gibt die ganz entspannt und ehrlich zusammen sein können ohne die Kinder zu vergleichen und sich damit zu stressen .
Ok, ab und zu vergleiche ich die Kinder natürlich doch, aber ich versuche es nicht so oft zu tun. Es ist nämlich frustrierend und bringt absolut nichts (weil wir uns ja meist immer "nach oben" vergleichen was andere besser machen und haben). 
Die Kinder haben jedenfalls auch immer viel Spaß dabei -wenn sie sich gerade nicht gegenseitig schlagen,kratzen oder umschmeissen :-)





Auch wenn ich nicht oft im Internet surfe: es gibt Blogs und Menschen die ich dadurch kennengelernt habe, die sind so echt und inspirierend – es hat mir Mut gemacht meine eigenen Gedanken hier zu schreiben.

In diesem Jahr habe ich es leider wieder nicht so gut geschafft mich bei meinen Freunden regelmässig zu melden oder ihnen einfach mal etwas Gutes zu tun. Die Telefonate waren kurz und bei unseren Verabredungen war ich meistens sehr müde.Trotzdem mögen sie mich noch und haben mir die Freundschaft nicht gekündigt. 


 

Der kleine Sohn hat es geschafft in die KiTa zu gehen und ich habe es geschafft ihn ein bisschen loszulassen (und das ist wahrscheinlich das größere Wunder!:-)).
Und ich liebe den Moment beim Abholen: die Türe zu seiner Gruppe geht langsam auf (von der Erzieherin geöffnet) , da höre ich schon eilige Schritte, der kleine Mann rennt strahlend auf mich zu und fällt mir um den Hals. Hach, wie schön.




Ich habe nach über 2 Jahren, am Ende dieses Jahres, meinen Tiefschlaf wiedergefunden (wo hast du nur so lange gesteckt!!!). Wenn er auch noch etwas spärlich ist mit seinen Besuchen, ich bin so froh zu wissen dass es ihn noch gibt!


Und an fast jedem Morgen des vergangenen Jahres ist mein Mann etwas vor mir aufgestanden und hat schon Kaffee gekocht. Auch wenn er manchmal zu schwach ist (der Kaffee), immer ist er mit Liebe gemacht.



Und da sind noch die vielen lustigen Sprüche von Samu, die mich zum lachen bringen.
Neulich, nachdem Heio seine Hippieklamotten im hinteren Eck des Schrankes entdeckt hat und sie auch gleich stolz getragen hat (Mist! Hätte sie doch noch besser verstecken sollen!) schaut Samu ihn an und meint nur:" Papa, zieh das wieder aus!" 
Leider hat Papa nicht auf den Sohn gehört, wie ihr auf dem Bild sehen könnt.



So viel Reichtum passt in ein Jahr. Und ich will im neuen Jahr besonders auf die kleinen, kostbaren Momente achten an denen ich sonst oft zu schnell vorbeieile. 


Wünsche Euch auch ein paar entspannte Stunden und Freude über die ganz kleinen und vielleicht auch großen Dinge, die euer Leben reich machen (ihr dürft es auch gerne hier als Kommentar schreiben wenn ihr Lust habt, würde mich freuen!).