Dienstag, 30. Januar 2024

Von ChatGPT und anderen Abkürzungen

Ich schreibe wieder! Nicht nur hier auf dem Blog sondern seit Anfang des Jahres auch an einem neuen Buch. Ich hab mich total darauf gefreut. Das Thema kitzelt mir schon länger in den Fingerspitzen. Endlich kann ich loslegen und schreiben und schreiben... dachte ich. Aber ich habe vergessen wie schwierig aller Anfang ist. Auch nach vier Büchern ringe ich wieder damit "meine Stimme" zu finden. Ich denke ich sollte dieses Mal lustiger schreiben. Ein bisschen mehr wie Donald Miller in "Blue like Jazz." Oder tiefer und klüger. Wie Esther Maria Magnis. Ich versuche es. Merke schon beim Aufschreiben, dass es mir nicht gelingt. Vielleicht würde es helfen, wenn ich ein Mann und Amerikaner wäre, um wie Donald Miller schreiben zu können. Oder wenn ich den Intellekt und die Lebenswunden von Esther Maria Magnis hätte, um so tief und dicht schreiben zu können. (manchmal bin ich dann doch froh, dass ich nicht so tief schreiben kann). Also nochmal von vorne. Inzwischen sind schon vier Wochen um und die Zeit läuft mir davon. Ich schnauze meinen Mann an und bin genervt mit meinem Kind und überlege schon alles wieder abzusagen. Und endlich, als ich nach einem langen mühevollen Vormittag alle Worte wieder gelöscht habe, platzt der Knoten! Ich finde "meine Stimme" wieder und schreibe überglücklich und selbstvergessen bis mir der Rücken wehtut. Ich weiß wieder: Ich muss nicht lustiger und klüger sein, so wie es ist, ist es gut. Ach, hätte mir das nicht schon vor vier Wochen einfallen können? Das hätte mir und meinen Lieben viel Stress erspart! 
 
Vor einiger Zeit hat der Musiker Nick Cave sich in einem Brief zu ChatGPT geäußert. Zur der Leichtigkeit mit der diese künstliche Intelligenz Texte für dich erstellen kann. Sogar poetische Gedichte. Songtexte. Alles was du willst. Ich habe es zwar noch nicht ausprobiert aber die zwei Wochen vor dem Computer, die hätte ich mir sicher damit sparen können.  Keine verschwendete Zeit. Kein Ringen um Worte.  Es ist das Angebot einer bequemen Abkürzung. Aber so verlockend sie uns auch vorkommt, sie ist in den meisten Fällen so unsinnig wie  einen asphaltierter Weg nach links zu nehmen wenn wir doch wissen, dass wir den matschigen Weg nach rechts einschlagen müssen. Das Leben ist der matschige Weg. Das Ringen, so betont Nick Cave, gehört immer dazu! Das Durchkämpfen durch die Selbstzweifel, die Suche nach dem eigenen Weg - alles das gehört (leider) für mich immer wieder dazu. Und nachdem ich mich schimpfend  die ersten hundert Meter durchs Dickicht gekämpft habe und die durchweichten Socken ausziehe, entdecke ich den schönen kleinen Waldweg auf dem ich mit federnden Schritten laufen kann.
 


 


Vielleicht ist deine Wegstrecke gerade auch ein wenig matschig. Vielleicht steht dir eine verlockende Abkürzung vor Augen, die aber leider nicht zielführend ist. Dann wünsche ich dir, dass du Frieden findest. Mit dem Ringen. Und den Zweifeln. Und den kalten Füßen. Nur weil es sich gerade schwer anfühlt heißt es nicht, dass du auf dem falschen Weg bist. 

In gewisser Weise schreiben wir ja alle an  unseren Geschichten. Mutmachgeschichten, die wir einander an den Lagerplätzen auf dem Weg erzählen können. Ich fand es so wunderschön was Daniela Helfrich dazu geschrieben hat:
 Gefährten
Wahre Geschichten, die einer wirklich durchlebt hat, rutschen mir tiefer ins Herz.
Meine Seele hält plötzlich Händchen mit einem Vertrauten.
Meine Tränen werden von einem Taschentuch aus fremder Hosentasche getrocknet.
Die Neugier fragt keck: "Wenn der das kann, warum solltest du es nicht können?
Unsichere Schritte sehen auf einmal Fußspuren. HIer ist tatsächlich schon mal einer unterwegs gewesen.
Der Mut springt auf, legt sich den Heldenmantel um und lässt die Muskeln spielen.
Satt reibt sich der Glaube den Bauch, als hätte der andere mir einen Proviantkorb für unterwegs gepackt. 
Und die Hoffnung stellt sich ans Ende und schreit durch den Tunnel: "Hier ist tatsächlich Licht!"
 
aus: Von Tagträumern & anderen Gläubigen
 
ChatGPT kann keine wahren und durchlebten Geschichten erzählen. Das können nur wir. Mit unseren eigenen Stimmen. Nachdem wir uns durch den Matsch gekämpft haben. Ohne Abkürzung. Das müssen keine ausgefeilten Geschichten sein. Auch keine großen Abenteuer. Aber wir können einander Mut machen. Gefährten sein. Auf dem Heimweg. 
 


 
Bis zu meiner Manuskriptabgabe im Sommer werde ich meine Blogbeiträge etwas reduzieren und mich hier nur alle zwei -drei Wochen kurz melden. Vielleicht stecke ich auch mal im Matsch und es dauert noch etwas länger.  Aber ich hoffe, dass dabei Mutmachgeschichten entstehen, die ich im nächsten Frühjahr mit euch teilen kann. Gern könnt ihr auch den Blogbeitrag in euer E-Mailfach bekommen, dann wisst ihr immer wann es hier weitergeht. Einfach eine kurze Nachricht an chris.f@freenet.de

Und hier noch eine herzliche Einladung zu einem sonntäglichen  Rastplatz am 17.2. in  Reichelsheim: 
 

 

3 Kommentare:

  1. Liebe Christina,wie kam ich unter Druck,als ich deine ersten Sätze gelesen habe! Was macht sie denn da? Sein wollen wie andere? Oh bitte nein! Und wie gut,dass du weitergegangen bist und wieder bei dir angekommen !
    Ich freu mich jetzt schon auf deine Mutmachgeschichten !
    Kämpfe mich auch oft durch Matschwege und Schlamm und bin dabei letzte Woche auch einen Eisvogel begegnet und hab eine Reihe von Rehen aufgescheucht! Leben im Dickicht !
    Gute Impulse und Formulierungen
    Wünscht dir Doro

    AntwortenLöschen
  2. Ach, da fiel mir die Geschichte wieder ein, die ich mal für den Kranken Boten geschrieben hatte, angeregt von deinem Blog. Und dann noch mal in meinem Blog.
    Der Weg zum Paradies könnte eine einzige große Matschpfütze sein, aber lasse ich mich dadurch vom Paradies abhalten?
    Ab der Sekunde, in der man das denkt, ist der Matsch ziemlich egal, denn man hat das Ziel wieder vor Augen.
    Das wünsch ich dir beim Schreiben - dass du das Ziel nicht aus dem Blick verlierst.

    AntwortenLöschen
  3. Da bin ich jetzt schon gespannt und voller Vorfreude. :)

    AntwortenLöschen