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Mittwoch, 22. April 2020

Herz an der Hand

Heute hat der Tag ruckelig begonnen. Beim Homeschooling habe ich schon nach wenigen Minuten völlig die Nerven verloren, habe Samuel durch Deutschaufgaben und die Entstehung vom Regenbogen gehetzt und nebenher nach einer penetranten Wespe geschlagen, die uns einfach nicht in Ruhe gelassen hat. Als wir uns endlich durch die Arbeitsblätter gearbeitet haben und gegenseitige Entschuldigungen ausgesprochen und angenommen haben wurde es etwas besser.  Ach, es gibt so einges mehr was gerade ruckelt. Die Buchveröffentlichung zum Beispiel. Kurz vor dem Erscheinungstermin wurde entschieden das Projekt erstmal zurückzustellen - die Coronakrise trifft eben auch die Bücherbranche. Nach der ersten großen Enttäuschung bin ich einfach nur traurig und versuche den Gedanken an das fertige Manuskript zu verdrängen. Und während ich Lesungen absage (und keine Ahnung habe wann ich wieder welche zusagen kann) versuche ich der Tatsache ins Auge zu schauen, dass die Grundschüler noch so lange Zuhause bleiben bis sie zur Abiturprüfung zugelassen werden. Eine Freundin sagte mir: "Wenn das so weitergeht werden wir Eltern einen Impfstoff auf den Markt bringen!" Und ich weiß genau was sie meint. Ich fühle mich zurückversetzt in die Zeit in der ein Kleinkind an meiner Klotür gerüttelt hat und ich einfach nicht dazu kam IRGENDETWAS zu erledigen weil ich so erledigt war. Zugegeben, es ist natürlich anders als vor ein paar Jahren: Jetzt weiß das Kind, dass man mit einem Eurostück eine verschlossene Klotür aufbekommt!
Oh mann. Wie schafft ihr Alleinerziehende das alles? Ihr Menschen ohne Garten? Mit Homeoffice und Kindern die man fürs Matheabi vorbereiten muß? Ich bin mir bewusst: Es kann immer schlimmer kommen!
Und an den meisten Tagen bin  ich auch wirklich dankbar. Für den Garten. Für die alte Tischtennisplatte die Heio angeschleppt hat. Für wunderbare Freunde hier am Ort. Für eine tolle Ärztin zu der wir mit dem kranken Kind gehen konnten und für das Penicillin das die Entzündung in seinem Knie nun jeden Tag besser werden lässt. Für unser Gesundheitssystem. Für Politiker die um gute Entscheidungen in dieser Zeit ringen und für Büchereien die nun endlich wieder öffnen (ich habe mich in den letzten Wochen wie auf Entzug gefühlt: ich brauche DRINGEND wieder Stoff zum Lesen!).
Aber so Tage wie heute sind schwierig. Da spüre ich: Die Krise knabbert an der Kraft. Ich habe das Gefühl, dass ich mit jeder Woche ein bisschen müder werde. Zu müde um mit Jesus noch ein bisschen wach zu bleiben. Zu müde um Freunde anzurufen oder auch nur die Sommerklamotten aus dem Keller zu holen. Und immer wenn ich höre wie einer der Virologen im Radio betont, dass wir erst am Anfang der Pandemie sind, dann fühle ich mich wie der Boden in unserem Garten, der jetzt schon völlig augetrocknet ist, aber den heißen Sommer erst noch vor sich hat.
Alles was ich dann tun kann ist in einem stillen Moment - wann immer er überraschend aufaucht - mein  unruhiges  Herz an der Hand zu nehmen, und ihm ein bisschen Mut zuzusprechen. Vielleicht mit den Worten von C.S. Lewis:  Courage, dear heart! Mut, mein Herz! Nur Mut. (danke Anne!)
Oder mit dem was Paulus an die Korinther geschrieben hat:
 
In allem sind wir bedrängt aber nicht erdrückt. Keinen Ausweg sehend aber nicht ohne Ausweg (2.Korinther 4,8).
Für mich liegt etwas tröstliches in diesen Sätzen. Paulus, der heldenhafte Jesusnachfolger  schreibt hier: Es gibt diese Momente, in denen uns die Verzweiflung packt und wir einfach nicht wissen wie wir es weiter schaffen sollen. Und doch: Da ist ein sanfter Widerspruch. Ja, so ist es. Aber so ist es nicht ganz. Ja, das ist wahr. Aber es ist nicht die ganze Wahrheit.  Bedrängt, aber nicht erdrückt. Keinen Ausweg sehend aber niemals ohne Ausweg... Das könnte in diesen Tagen vielleicht so klingen:

Wir sind müde, aber nicht ohne Aussicht auf Schlaf.
Am Ende der Nerven, aber am Ende nie ohne Gnade.

Wir sind sorgenvoll, aber einer sorgt für uns.
Keinen Urlaub sehend, aber nicht ohne Erholungsmomente.
  
Wir sind auf Abstand, aber nicht alleine.
Ohne Gelegenheit zu Gemeindetreffen, aber nie ohne Gelegenheit Jesus zu treffen.
 
Wir tragen Masken und waren uns vielleicht noch nie näher.
Wir fürchten uns, aber wissen um die Liebe, die unsere Furcht vertreibt.

Wir erleben Tage die uns bedrücken
und wir erleben Momente die uns beleben.

Wir sind verletzlich und doch nicht schutzlos,
wir sind ohne Plan, aber niemals ohne Hoffnung.

Deshalb werden wir nicht mutlos
auch wenn wir äußerlich aufgerieben werden, 
so werden wir innerlich doch auch gestärkt.
Diese Tage, die bald hinter uns liegen, sind wie Pfandscheine 
mit denen wir die leeren Versprechungen 
der sichtbaren und vergänglichen Dinge eintauschen, 
in eine ewige, unzerstörbare Hoffnung
die niemand von uns nehmen kann.  

Corona 4, 7 ff


Mut mein Herz, nur Mut!




6 Kommentare:

  1. Komisch- wieso wird so selten über das Buch "Corona" gepredigt, wenn doch da so schöne und ergreifende Verse drinstehen...;-)???
    Danke dafür!

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  2. Oh danke Christina für deine Worte. Genauso geht es mir auch gerade, mit Kleinkind zu hause trotz Garten und eigenem Spielplatz. Auch wir sehnen das Ende der Krise herbei.
    Danke, du beschreibst es sehr schön und dein Corornavers hilt mir weiter.

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  3. Liebe Christina,
    wie schade - ich hätte sehr gern bald dein neues Buch gelesen!
    Danke für deine Ermutigung. Solche Tage gibt es hier auch. Und ich denke auch manchmal an den bevorstehenden Sommer und die trockenen Böden... Manchmal höre ich mir in Dauerschleife "Still" https://www.youtube.com/watch?v=lAdwX8HypJM oder die deutsche Übersetzung an. Dann habe ich das Gefühl, mein Herz kommt ein wenig zur Ruhe.
    Liebe Grüße
    Maria

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  4. Liebe Christina,
    das ist so enttäuschend: Manuskript fertig, Erscheinung erst mal verschoben. Ich kann gut verstehen, dass dich das traurig macht. Ich hatte mich schon auf dein neues Buch gefreut.
    Danke für deinen heutigen Text und die Ermutigung.
    Lieber Gruß
    Evi

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  5. Das Gedicht ist wirklich sehr schön und ermutigend - Danke!
    Liebe Grüße Susanne

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  6. Liebe Christina. Bestimmt kommt alles bald wieder in Schwung und dann werden wir alle dein neues Buch verschlingen.
    Ich bin mir sicher, wir können an dieser Zeit auf jeden Fall was lernen und gestärkt hervorgehen. Ich bin überzeugt, dass uns alles zum besten dienen muss. In liebe, Yvonne

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