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Mittwoch, 31. Mai 2017

Mutig am Beckenrand.

Es ist jedes Jahr dasselbe: Wenn die große Sommerhitze kommt fühle ich mich wie ein Eskimo der in seinem Schneeanzug in der Wüste Gobi abgeworfen wird. Mit dem einzigen Unterschied, dass ich meinen Schneeanzug nicht abwerfen kann. Mein Körper; der an mir dran ist und der ich auch bin. Nicht nur. Aber auch. Leib. Seele. Geist. Und ich bin auch dankbar für diesen Leib, in dem dieses unglaublich komplizierte Zusammenspiel des gesamten Organismus so funktioniert, dass ich im Alltag kaum darüber nachdenken muss. Das ist ein großes Geschenk! (und jeder kranke Mensch wird mir an dieser Stelle wild kopfnickend zustimmen) 
Aber wenn die große Hitze kommt, dann denke ich weniger dankbar an die inneren Abläufe sondern sehe das was vor Augen ist. Und das würde ich manchmal gerne in eine etwas andere und abgespecktere Version umtauschen. Da hilft es auch nicht, dass ich jeden Morgen an großen Werbetafeln eines Fitnessstudios entlang fahre und mich anschließend an "Deutschands schönsten Bikinimädchen" vorbeidrängen muss um auf die Startseite von meinem E-mail Account zu kommen.  Und schon fange ich an mich verzweifelt durch meinen Kleiderschrank zu wühlen und Heio mit wilden Zurufen: "Ich hab nichts anzuziehen!" zu nerven und mich der Illusion hinzugeben, dass ich jetzt ganz schnell irgendein schickes Sommerteil in irgendeinem Laden finden muss das mich glücklich und zufrieden macht. In der Wüste Gobi.
Aber ehrlich gesagt: die Wüste Gobi ist einfach nicht mein Ort. Und ich habe zwei kleine Weggefährten gefunden denen es genauso geht. Ausgestreckt und hechelnd liegen sie im Schatten und warten bis es Abend wird (wir haben sie sogar schon in der Mittagshitze in die Wohnung getragen, weil es da ein bisschen kühler ist)

Flokson hat  die "Toilette" zum kühlen Schlafplatz umfunktioniert

Am liebsten würde ich ganz in den Norden Skandinavienes ziehen. Und bei jedem Wetterbericht schaue ich neidisch nach Hamburg.  Aber ich lebe nunmal im Süden. Und in diesem Körper. Und bevor ich wieder anfange mich ständig fertig zu machen, mich zu vergleichen und mich vor dem Freibad zu drücken (in das der kleine Sohn am liebsten jeden Mittag gehen würde!) will ich mich innerlich für die heiße Jahreszeit wappnen. Manchmal hilft es mir, wenn ich mir die Frau vor Augen halte, die ich gerne sein will (mit Gottes Hilfe!!!!):

Ich möchte gnädig mit mir sein. So wie wir für unsere Häschen sorgen, indem wir sie in die kühle Wohnung holen, oder weite Wege auf uns nehmen um ihnen saftigen Löwenzahn zu besorgen, will ich lernen für mich zu sorgen: Alles ein bisschen langsamer angehen. Siesta, Schattenplätze, Sonnenbrille. Viel Wasser trinken. Und immer mal wieder das erhitzte Gesicht im Spiegel anlächeln und der Frau mit den weichen, flapprigen Oberarmen sagen, dass sie geliebt ist.

Ich will mich zeigen wie ich bin.  Ich will lernen loyal zu meinen Körper zu sein und aufhören abwertende Kommentare über ihn zu machen. Anstatt darauf bedacht zu sein meine Problemzonen zu überdecken, möchte ich ein bisschen mutiger zu der Form stehen in der ich lebe. Und wenn mein zierlicher Sohn mir sagt, dass er seinen Bauch zu dick findet (Mann, woher haben das unsere Kinder, dass sie schon so früh negativ über ihren Körper reden???), dann will ich fröhlich mein T-Sirt nach oben ziehen und ihm zeigen, wie ein Bauch aussehen muss, damit er dieses Wort überhaupt verdient! Und ja: nach 48 Jahren ist in dieser "Wohnung" maches ein bisschen abgenutzt und hat Schrammen, die Fassade bröckelt ein wenig und alles ist ein bisschen voller als beim Einzug - aber so ist das nunmal. Lebensspuren! Ich mag es nicht wenn man in eine Wohnung kommt und sich Leute dafür entschuldigen wie es aussieht und darüber jammern was eigentlich besser sein sollte.(ich mache das auch manchmal und kann es auch bei mir nicht leiden!)  Wie schön wenn jemand die Tür weit aufmacht und auf wacklige Küchenstühle einlädt  und sagt: "Willkommmen! Hier leben wir." Und wenn man sich an schönen Nachbarhaus einfach freuen kann, anstatt neidisch über den Zaun zu schielen. Also, ich will mich nicht vergleichen mit all den jungen Muttis am Beckenrand oder mich innerlich fertig machen wenn ich mich in meinen Badeanzug quetsche, sondern lachend der Frau zustimmt die mir gesagt hat: "Du willst eine Bikinifigur sehen? Dann zieh dir einen Bikini an, steh vor den Spiegel und VOILA: Das ist deine Bikinifigur!" Amen dazu, Freunde.

Ich will mir keine tausend "mach dich schöner" Teile kaufen. Und falls ich mit etwas kaufe (was ich bestimmt tun werde) dann nicht um etwas zu überdecken oder etwas auszugleichen was mir vermeintlich fehlt. Sondern nur aus dem Grund, den Anne Lamott so wunderbar beschreibt: Weil es manchmal schön ist ein bisschen Licht auf sich scheinen zu lassen, wenn man ein wenig blass um die Nase ist.

Und ich will mich an den guten Dingen des Sommer freuen. Die gibt es auch. Das hätte ich fast vergessen! Ich freue mich auf lange Sommerabende, Gespräche auf dem Balkon und auf viele Mahlzeiten unter freiem Himmel. Ich freue mich auf den Geruch von gemähtem Gras, von Sonnencreme und der frischen Tomaten aus dem Garten.  Ich freue mich auf kleine und große Sommerfeste, auf Wassermelonen im Salat und auf die Abkühlung nach dem Gewitterregen.



Und ja: ich freue mich auf jedes kühlende Nass, in das ich mich werfen kann. Und den Weg bis zum Beckenrand will ich immer mutiger gehen. 

Das ist die Frau die ich diesen Sommer gerne sein will. Manchmal ist es gut sich ein Bild vor Augen zu halten - gegen die Flut von Werbebildern und allem was wir "sein sollten". Manchmal ist es wichtig bewusst wegzuschauen und etwas anderes anzuschauen. Das, was wir durch Gottes Gnade sein können: Menschen die frei sind und sich mutig zeigen können wie sie sind, weil sie einem Gott nachfolgen der sie unbändig liebt. 
Gottes gütiger Blick ruht auf uns. Das heisst: wir werden ständig freundlich angeschaut. Vielleicht bringt uns das dazu, dass wir uns selbst (und andere) immer mehr so zu sehen, wie er uns sieht. Und wenn wir in den Spiegel schauen, dann dürfen wir uns sagen: Sieh an, was für ein wunderbares, geliebtes Kind Gottes!!!   

Wer, wenn nicht wir, könnte mutig am Beckenrand entlang spazieren?!

Ich schreibe das alles hier auf weil ich weiß, dass ich eine Erinnerung brauche. So wie letztes Jahr. Und das Jahr davor. Manchmal denke ich, ich komme kein Stück weiter. Jeden Sommeranfang ringe ich mit diesem Thema. Aber vielleicht ist es ein bisschen so wie bei den Jahresringen am Baum: Man kommt immer an der gleichen Stelle vorbei, aber ein wenig ist man auch gewachsen, gereifter, gefestigter in der Liebe die uns mutig und frei macht.

So. Und jetzt gehe ich mit Heio ein Eis essen. Die Bikinifigur pflegen.

22 Kommentare:

  1. Bikinifigur pflegen ist eine extrem gute Idee!!
    Hoch die Eisbecher!

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  2. Wieviele Frauen würden alles darum geben so einrn tollen Mann und so ein tolles Kind zu haben!Lass uns auf unsere Schätze schauen.Und übrigens:Du bist schön.Maria

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    1. Da hast du recht, liebe Maria. Ich bin wirklich beschenkt. Das dumme ist nur, dass die Sache mit dem Körper irgendwie trotzdem immer ein schwieriges Thema für mich ist. Da hat das Verheiratetsein leider nicht so viel geändert. Aber ich wachse in Jahresringen:-).... Segen und liebe Grüße zurück!!! (und danke für das schöne Kompliment!)

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  3. Ich möchte Dir auch gerne zusprechen, dass Du wunderschön bist und schon allein auf den Fotos und in dem, wie Du schreibst (kenne Dich ja nicht persönlich) eine ganz tolle Ausstrahlung hast. Du brauchst Dich in keinster Weise zu verstecken oder zu vergleichen! Vielleicht noch ein paar Tipps zur "Erinnerungshilfe": Mir hat in dem Bereich das Buch von John&Stacy Eldrige "Weißt Du nicht wie schön Du bist?" sehr dabei geholfen zu sehen, was/wer da auch oft im Unsichtbaren dahinter steckt. Dann kann ich auch die Filmdoku "Embrace" wärmstens empfehlen. Lief bei uns im Kino leider nur an einem Abend, doch mit vollem Saal und ganz vielen Frauen, die sich genüßlich demonstrativ ihr Eis gönnten. Für mein zeitweises "Jammern auf hohem Niveau" habe ich mich zudem auch schon geschämt wenn ich hin und wieder mit meiner Freundin in die Sauna gehe. Sie leidet von Geburt an am Marphan- Syndrom und ist etwas übergewichtig. Vor allem aber auch hat sie sämtliche OP-Narben (z.B. Herz und Wirbelsäule) und ist einfach nur glücklich für all das, was ihr trotz des kranken Körpers noch möglich ist. Ja, auch ich lerne immer wieder neu, Gott einfach zu danken, dass er mich genau richtig gemacht hat :)

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    1. Ach, danke Vera! Dein Kommentar freut mich und beschämt mich auch. Drück deine Freundin von mir!!! WIe recht du mir allem hast. Und den Film "Embrace" würde ich mir auch total gerne anschauen (leider habe ich den Tag verpasst an dem er lief!).
      Liebste Grüße zu dir zurück und Segen von Jesus!!!

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    2. Das Video finde ich übrigens auch klasse! Wer hat überhaupt das Wort "Bikinifigur" erfunden? Let´s celebrate life!!!

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  4. Ach ja, immer wieder das Thema zum Sommer. Wieviel Frauen haben es wohl. Also iiiiiich auch...;-)
    Du bist nicht alleine. Und du bist auf einem guten Weg...so liest es sich. :-) Ja, wir wollen versuchen uns so anzunehmen wie wir sind. Grade habe ich das auch in deinem Buch gelesen und es tat mir seeeeehr gut.
    Ach genießen wir was wir haben.
    Gottes Segen....liebe Grüße eine fleißige Mitleserin....;-)

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    1. Vielen Dank für dein Kommentar Lilli! Es tut gut zu wissen, dass wir gemeinsam auf dem Weg sind - mutiger werden und "genießen was wir haben". Amen dazu. Segensgrüße zurück!!!!

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  5. Liebe Christina, was mir sehr geholfen hat, bei den Panik-Gedanken an Sommer /Schwimmbad etc. , den Kleiderschrank durchforsten! Kostet Überwindung, weil auch da die Angst lauert, es passt nichts, ich seh furchtbar aus usw. und es kostet etwas Zeit. Aber es war danach für mich immer befreiend weil ich zufriedener und beruhigt war. Erstens zu wissen was hab ich, was passt, und auch zu wissen, was brauch ich wirklich (und Ordnung im Kleiderschrank ist hinterher auch wieder vorhanden.....). Wünsch dir einen ganz, ganz schönen, zufriedenen Sommer! lg Stefanie

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    1. Liebe Stefanie!
      das ist ein guter Tipp! Vielen Dank. Da will ich die nächsten Tage mal ran. Ganz herzlichste Grüße zurück und dir auch einen wunderbaren und gesegneten Sommer!!!

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  6. Liebe Christina, ein dickes Dankeschön für Deinen ermutigenden Post! Passenderweise war ich heute Morgen im Schwimmbad. Ich liebe es zu schwimmen und doch habe ich mich viele Jahre so schwer getan es zu tun, weil ich mich so für meinen Körper geschämt habe. Inzwischen bin ich zwar schlank, aber die Scham kommt immer wieder zum Vorschein. Ich wünsche Dir und uns allen den dankbaren Blick auf unsere wunderbaren Köper und das was er alles leisten kann und schon geleistet hat. Möge sich niemand von uns mehr durch Scham abhalten lassen seinen Körper in einen Badeanzug zu stecken und die Freuden des Sommers auch im Schwimmbad zu genießen! Gott segne Dich! LG Ulrike

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    1. Liebe Ulrike! Was für mutmachende Worte! DANKE. Ja, ich kenne auch eher "dickere" und "dünnere" Zeiten und komischerweise lässt sich die Scham immer wieder blicken und geht nicht unter (wahrscheinlich kann sie auch schwimmen ;-). Aber die Dankbarkeit und das "Geliebt-sein" sind ausdauernde Begleiter, die uns vom Beckenrand anfeuern. Also, auf die Badetage dieses Sommers - dass wir sie genießen lernen! (und die Scham irgendwann abgeschlagen untergeht) Segen und Grüße zu Dir!!!

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  7. Liebe Christina.Heute im Freibad war ein "Treffen" von Frauen mit normaler Figur...Hab es gleich als mein Lieblingsbad erkoren..oder ist mein Blick anders?Versöhnter mit meiner Figur?
    Gott ist an unserer Seite.
    Maria

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    1. Oh schön! hab auch schon daran gedacht mein Freibad zu wechseln :-)... oder aber Blickwechsel, versöhnter...wir bleiben dran. Danke Maria!

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  8. P.S. Ich habe eben gelesen, dass ich mich mit meinem Katzennamen angemeldet habe, mache ich oft. Und ja, mein Katzenmädchen ist ein wenig pummelig, daher der Name...hihi...das hat sie uns natürlich voraus, bei ihr sieht es gut aus. :-) Grüße Susanne ;-)

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    1. haha, das habe ich nocoh gedacht - ob das wohl wirklich dein Name ist! Klasse. Dann graul die dicke Lilli und sei gegrüßt, liebe Susanne :-)

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  9. danke, Frau Vorausgeherin!
    http://die-beste-juppi.blogspot.de/2017/06/mutig-am-beetrand.html

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    1. ach wie schön. SO toll geschrieben! Ach ja, das kann ich auch brauchen. Auf mutige Wege und Entschdeidungen!!! (trotz Brenneselgefahr und Schneckenattacken). Liebste Grüße zu Dir (und Heio baut immer einen Schnekckenzaun - und geht frühmorgens mit Samu Schnecken "pflücken". Igitt.)

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  10. Ich glaube manchmal, dass die anderen gar nicht so auf uns achten und uns beobachten, wie wir das selbst manchmal denken. Und wenn doch sehen sie eine wunderbare Frau mit ihren süßen kleinen Sohn und ihrem tollen Mann. Dein Text ist so wahr! Und das Video dar Hammer! Danke!

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    1. Ach Danke Yvonne, und da hast du ja so recht: wahrscheinlich denken die anderen auch nur darüber nach, was wir wohl über sie denken :-). Immer sooo schön von dir zu hören! Grüße zu euch nach Berlin!!!

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  11. hat das eigentlich geklappt?
    Bist du mutig im Freibad gewesen? (nicht: auf dem Gelände, sondern: im Wasser?)

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