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Donnerstag, 24. September 2015

Ein Sprungbrett in Gottes Wohlgefallen

So. Nachdem tagelang jemand in meinem Kopf gegen meine Schläfen gehämmert hat, ist heute endlich, endlich Ruhe eingekehrt. Wer auch immer versucht hat sich einen Weg von der mittleren Hirnhälfte zu meinem Auge durchzubohren - er hat aufgegeben. GOTT SEI DANK. 

Was wollte ich nicht alles erledigen, in den letzten zwei Wochen. NICHTS davon habe ich geschafft. Heio hat sich auch noch einen Infekt eingefangen und jeden Morgen haben wir uns angeschaut, wem es heute schlechter geht - der andere hatte Pech und musste Samu in die Kita bringen. 

Gestern blätterte ich mit verquollenen Augen in einem neuen Buch und in einem Gedicht sprangen mit die Zeilen: "MIGRÄNE AUSHALTEN" in die Augen. Na, wenn das mal keine Poesie für mich ist, dachte ich mir und las folgendes:

Wenn es Dir gefiele Herr, auch nur ein Einziges von uns zu verlangen in unserem Leben,
wir wären außer uns vor Freude
und dies eine Mal deinen Willen erfüllt zu haben,
wäre das Ereignis unseres Schicksals.

 Doch weil du täglich, stündlich, minütlich
uns eine solche Ehre erweist,
finden wir das so natürlich, dass wir blasiert sind
und genug davon haben.
....
Wir sind dazu berufen...
Stunde für Stunde in deinem Plan aufzutauchen.
Leute, die du ein bisschen nötig hast,
Leute deren Gebärden dir fehlen würden,
wenn wir uns weigern sie zu tun.
Die Strümpfe stopfen, den Brief schreiben,
das Kind auf den Arm nehmen, den Mann erheitern,
die Tür öffnen, den Hörer abnehmen,
die Migräne aushalten..."
(Madeleine Delbrel)


Und sie schreibt weiter, dass alle diese "Kleinigkeiten" wie Sprungbretter und Brücken sind - aus unseren Widerwillen, hinein in sein Wohlgefallen.
Nun stopfe ich keine Socken und ich erheitere den Mann auch nicht ständig (haha). Vor Schmerzen konnte ich nicht ans Telefon, geschweige denn einen Brief schreiben. Alles was mir blieb war: die Migräne aushalten. 
Und darin bin ich nicht einmal sonderlich gut. Wenn es richtig schlimm ist sage ich zu Heio so Sätze wie:"Gott hat mich vergessen" oder "bring mir bitte eine Pistole"  um danach wieder in düsteres Schweigen zu versinken. Ich denke dann ernsthaft darüber nach, dass Jesus doch besser nicht so viele Leute geheilt und mit seinen Worten so große Erwartungen aufgebaut hätte, sonder vielleicht einfach nur gesagt hätte: "Ihr werdet leiden, ich tue nicht viel, aber ich bin da." Und dann warte ich einfach darauf, dass es besser wird.
Ich bin mir nicht sicher ob Madame Delbrel das gemeint hat mit: Migräne aushalten. 

Ob das reicht als "Sprungbrett in sein Wohlgefallen?

Ob es reicht wenn wir ein wenig widerwillig die Socken stopfen und müde das Kind bespaßen (oder den Mann:-)) oder versuchen einen schwierigen Arbeitstag hinter uns zu bringen? Wenn wir das Leben manchmal einfach nur aushalten und am Ende des Tages an Gottes Liebe festhalten? Gegen alle dunklen Sätze, die sich in uns formen? 
Ich meine, dass Jesus mir jedes Mal, wenn ich durch diese Anfälle durch bin , über den Kopf streicht, mich anlächelt und mir zuflüstert: "Geschafft. Gut gemacht." Was ich genau daran gut gemacht habe weiß ich nicht, aber irgendwie scheint er ein Sprungbrett zu schaffen, über meinen Widerwillen hinein in sein Wohlgefallen.
Das glaube ich ihm einfach.

Heute ist es besser. Heute sind die Schmerzen verschwunden und auch die dunklen Gedanken sind weg. Vielleicht nicht ganz. Immer wenn ich Menschen leiden sehe und ihre verzweifelten Klagen höre, dann reagiert etwas in mir mit - wie eine tiefe Basssaite, die anfängt zu vibrieren, wenn der gleiche Klang angeschlagen wird - und ich kann das Dunkel und die Fragen ein wenig mitfühlen. 

Und dann gibt es auch die hellen Momente in diesen Tagen: 
Ich steige aus der Dusche und Samu steht plötzlich im Bad. Ernst musterte er mich von oben bis unten. Ich werde unter seinem Blick ganz unsicher, versuche schnell in meine Klamotten zu steigen um seine Kinderaugen vor sämtliche Problemzonen zu schützen. Aber er schau ja ganz genau hin. Ich warte auf eine kritische Bemerkung. Plötzlich geht ein Strahlen über sein Gesicht und er sagt: "Meine schöne Prinzessin." Dreht sich um und geht wieder Autos spielen. 
Whow. Mir steigen plötzlich die Tränen in die Augen (gut, heut morgen hat sich das alles ein wenig relativiert: Heio kommt in die Küche gewankt, halb krank und fertig, im Bademantel und Samu sagt zu ihm: Du siehst aus wie eine Prinzessin:-)).
Egal- mir macht es Mut: vielleicht sind wir in Gottes Augen viel schöner als wir zu hoffen wagen. Vielleicht machen wir ihm viel mehr Freude, als wir glauben.
Wir sehen die Problemzonen und er sagt einfach: Mein Kind, du gefällst mir. Du bist wunderschön. 






1 Kommentar:

  1. So schön geschrieben! Angesichts deiner harten Woche bin ich umso dankbarer, dass wir am Freitag gemeinsam feiern konnten. Danke.

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