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Dienstag, 23. Dezember 2014

ein besonderer Gutschein.


Unsere Wochenende haben es in sich. Oft erwarte ich, dass wir als Familie eine schöne Zeit verbringen können und dann bin ich unzufrieden und enttäuscht, wenn es nicht so klappt, wie ich mir das vorstelle. So wie vergangenen Sonntag.

Samu ist mal wieder viel zu früh aufgewacht und wir sitzen müde im Dunkel vor dem Adventskranz, während, gefühlt, ganz Stuttgart noch friedlich schläft. "Ich muss noch ein bisschen was arbeiten", kündigt der Mann an und dieses "bisschen was" zog sich über den ganzen, langen Vormittag. Meine Laune wurde immer schlechter. Ich war enttäuscht und sauer. Der Streit war vorprogrammiert und zog sich über den ganzen Tag.

Abends kam dann Heios Frage: "Beten wir noch zusammen?" Unser Abendgebet ist ihm wichtig (und mir eigentlich auch). Sonntagabend wollte ich es lieber ausfallen lassen. Ich erteile ihm aber großzügig die Erlaubnis, dass er beten darf. Seine Worte waren voll von Dankbarkeit und auch mit der Bitte um Versöhnung. Ich muss ihm widerwillig zustimmen und murmle ein leises "AMEN" unter der Decke. 
Bevor wir einschliefen wollte ich dann doch noch ein bisschen versöhnlich zu sein.  Ich entschuldigte mit halbherzig und fügte seufzend hinzu: "Warum kannst du nicht ein bisschen mehr so sein wie ich?" (Unter uns gesagt: ein schlimmer Gedanke! ;-)).

Ich muß an unsere Hochzeit denken  - auch so ein Tag überfrachtet mit Erwartungen. Während dem Gottesdienst hat uns, unter anderen, meine alte, weise Seelsorgerin gesegnet. Sie ist kurz darauf verstorben und ich bewahre ihre Gedanken wie ein Vermächtnis auf. Die Worte, mit denen sie uns gesegnet hat, habe ich genau aufgeschrieben:

Christina, ich segne deine Nöte und Schwierigkeiten, daß sie zur Herausforderung und zum Leben werden für Heio. Und Heio, ich segne deinen Mangel und Schwierigkeiten, dass sie zur Herausforderung und zum Segen werden für Christina.

Das ist ein ungewöhnlicher Segen. Eigentlich sind es doch vor allem unsere Stärken und Gaben, mit denen wir uns segnen wollen, oder?  Der Gedanke, dass das was mich an Heio nervt und ständig Reibefläche in unserer Beziehung ist, ein Segen für mich sein soll, kommt mir mir nicht sehr oft.

Dietrich Bonhoeffer drückt diesen Segen so aus, dass die Enttäuschung übereinander heilsam ist,  ja wir  sogar dankbar dafür sein können, weil es uns neu bewusst macht, dass wir alle von der Gnade und Vergebung von Jesus leben. 
Das sind krasse Aussagen, nicht wirklich angenehm . Und doch ahne ich, dass dahinter eine große Freiheit für unsere Beziehungen steht.  

Mein Lieblingsprediger Klaus Vollmer hat einmal über seine Gemeinschaft gesagt: "Bei und wird schon vergeben, bevor wir etwas falsch gemacht haben." Wie ein Gutschein, den man jederzeit einlösen kann. 
 In so einer Gemeinschaft würde ich gerne leben!  So eine Gnade würde ich gerne von anderen annehmen, wenn ich etwas falsch mache. 
In meinem letzten Blogbeitrag habe ich mich gefragt, ob ich meinem Herz Gnade schenke. Die andere Frage aber ist:  Bin ich auch bereit, anderen diese Gnade zu schenken, in ihren Schwächen, ihrer Zerrisenheit und Widersprüchlichkeit?

Ich merke oft schon bei den kleinsten Dingen wie "ungnädig" ich oft bin. 
Ich ärgere mich über Heio, der die Schuhe immer erst in der Wohnung auszieht (dass ich das auch oft mache, bemerke ich kaum. Ich bin ja gnädig mit mir!).
Ich bin ungeduldig und genervt, wenn meine Mutter mich nicht richtig versteht (und steif und fest behauptet, dass sie kein Hörgerät benötigt, wir würden alle nur zu leise reden!). 
Wie kann ich mich ärgern über verletzende Bemerkungen und halte es dem anderen innerlich noch vor, während ich Gottes Vergebung für mich gerne annehme!
Und wie enttäuscht kann ich sein, wenn der andere eben so anders ist als ich....

Gnade schenken. Mir selbst UND dem anderen.

Die Weihnachtswoche ist angebrochen. Tage die bei vielen von uns mit Erwartungen vollgepackt sind und bestimmt am Ende auch mit der einen oder anderen Enttäuschung.
Ich bin noch am Geschenke packen und habe doch, mal wieder, vieles nicht geschafft. Keine Weihnachtspost verschickt, nicht mehr geschafft meinen Freunden mit einem Geschenk zu zeigen, dass sie wertvoll für mich sind..

Aber vielleicht kann ich doch noch eine Sache schenken - den Gutschein in letzter Minute! Wenn Erwartungen enttäuscht werden, bei Verletzungen und kleinen Dingen die mich nerven: Gnade schenken. So wie ich auch hoffe, dass sie mit mir gnädig sind!  Zu vergeben, bevor etwas falsch gemacht wird. Ein Gutschein, der nicht verfällt, den man jederzeit einlösen kann.

Mein Herz flüstert mir zu: Christina, das schaffst du doch gar nicht. Mach keine falschen Versprechungen.  Es stimmt, ich habe das nicht in mir. Aber es gibt eine Quelle, von der ich es bekommen kann. Johannes schreibt im Weihnachtsbericht über Jesus:
"Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade um Gnade." 

Das hört sich an als hätten wir ein fettes Gutscheinheft.  Mal sehen, ob ich in den nächsten Tage etwas davon verteilen kann (und ich bin mir sicher, ich kann den einen oder anderen Gutschein für mich selbst gebrauchen!).

In diesem Sinne : frohe Weihnachten euch allen!!!!



Samu, der Hirte

ein tanzender Engel
und ein schwer beschenktes Flüchtlingskind.

1 Kommentar:

  1. Wow, Christina, danke für diesen tollen Input. Ich kenne diese Situationen. Ich finde deine Gedanken sind sehr passend für das anstehende Weihnachtsfest und eine gute Ermutigung für mich!

    Ich wünsche dir und deiner Familie frohe, besinnliche und gesegnete Weihnachten!!!

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