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Montag, 26. Mai 2014

Von Tyrannen und der Freundlichkeit

Der Wutanfall kam ganz plötzlich, kurz bevor wir an der Kasse waren.
Ich hatte den Wochenendeinkauf schon fast erledigt und der kleine Mann saß friedlich im Einkaufswagen, da entdeckte er ein GRÜNES Getränk! 
"HABEN!!!", ruft er verzweifelt und zeigt auf die gezuckerte, ungesunde Flüssignahrung. "Nein!", sage ich bestimmt und bin stolz so eine konsequente Mutter zu sein.
Ich schiebe den Wagen weiter. Aber ich habe die Leidenschaft und das Verlangen eines Dreijährigen unterschätzt. Er schreit, er tobt, er hängt mit dem Körper gefährlich in der Luft.
Ich versuche ruhig zu bleiben, lege meine Einkäufe auf``s Band und den Sohn auf den Boden daneben. 
Die wütenden Schreie und sein "Um-sich-schlagen" versuche ich verzweifelt zu ignorieren. In meinem Kopf rattert es: was tun? Was ist in dieser Situation das Richtige? Irgendwo ein Satz im Hintergrund aus irgendeinem Erziehungsbuch: "Das Kind aus der Situation rausnehmen". Aber ohne zu zahlen kann ich nicht gehen und den vollen Einkaufswagen will ich auch nicht stehen lassen. Also müssen wir da durch. Das Geschrei hält an bis wir im Auto sind. Mit rotem Gesicht drücke ich ihn, eine Spur zu heftig, in seinen Kindersitz.
WIr fahren los und siehe da - der kleine Mensch beruhigt sich augenblicklich. Ich bin fertig. Kindererziehung sah von außen immer so viel einfacher aus:-).

Nach dem letzten Kölner Tatort habe ich mir das Buch von M. Winterhoff: "Warum unsere Kinder Tyrannen werden" in der KiTa-Bücherei ausgeliehen. 
Der Tatort handelte von gefühlskalten Jugendlichen die, einfach so zum Spaß, Menschen in der U-Bahn zusammenschlagen und den Eltern völlig entglitten sind.
Ich denke: Wir müssen dringend etwas tun, damit Samu nicht so wird und das Buch scheint mir das Richtige.
Bei Lesen fällt mir so vieles auf wo ich denke: Oh, genau so ist es! Ich bin ganz seiner Meinung. Und ich merke wie viel ich falsch mache. Wie gut, dass ich gerade noch rechtzeitig dieses Buch gelesen habe. Mein Kind wäre zum Tyrann geworden.

Dann sehe ich ein anderes Buch, das sich gut und interessant anhört, von Gerhard Bergman: "Warum unsere Kinder ein Glück sind". 
Ich entdecke den kleinen Aufkleber auf der Titelseite erst später: Eine Antwort auf das Buch "Warum unsere Kinder Tyrannen werden". Hier lese ich nun fast das genaue Gegenteil von dem was Winterhoff behauptet. Und ich muss Herr Bergmann völlig zustimmen. Ich bin völlig seiner Meinung. Wie gut, dass ich dieses Buch noch gelesen habe. Welchen Schaden hätte ich sonst vielleicht bei Samu angerichtet.


Gestern bin ich völlig fertig aufgewacht. Samstag war ein anstrengender Tag, ich war bei einem Seelsorgeseminar und eigentlich wollte ich nur alleine im Bett liegen und ausruhen. 
Das habe ich meinem Mann so mitgeteilt, woraufhin er meinte: 
"Das ist völlig in Ordnung, bleib hier und ich gehe mit dem Kleinen in den Gottesdienst." Abgemacht.
Kurze Zeit später renne ich hektisch in`s Bad, vor den erstaunten Augen meines Mannes, und mache mich für den Gottesdienst fertig. Ich erkläre ihm ihm, dass es mir nicht gut tun wird hier zu bleiben und ich auf jeden Fall mitkommen werde.
Im Auto ist er dann etwas schweigsam. Auf mein Nachfragen was denn los ist antwortet er:
"Es ist anstrengend, dass du deine Meinung so schnell änderst. Ich weiß nicht was du eigentlich wirklich willst und brauchst." 
Meine hervorragende Antwort darauf war nur: "Heio, ich bin eine Frau! Ich kann meine Meinung sehr oft ändern."

Ich will meine Geschlechtsgenossinnen nicht beleidigen. Vielleicht ist es ja einfach nur mein Problem.
Wenn ich höre wie jemand über die Vorzüge des Landlebens redet, höre ich aufmerksam den Argumenten zu und denke: Ja, er hat recht. Und ich bin überzeugt davon, dass das Land der einzige Ort auf dieser Erde ist, an dem ich glücklich werden kann.
Kommt aber ein Freund vorbei, der die Vorzüge der Stadt preist und meint, dass er niemals auf dem Land leben könnte, dann kann ich ihm aus vollem Herzen zustimmen. Ich weiß es einfach, dass ich auf dem Land auf Dauer völig unglücklich wäre. 
So bin ich. Begeisterungsfähig, schnell zu überzeugen, hin und her gerissen und wankelmütig.

Deshalb ist das Lesen von Erziehungsbüchern vielleicht nicht so gut für mich. Ich schwanke von einem Extrem in`s andere und bin überzeugt, dass ich sowieso alles irgendwie falsch mache.

Aber es gibt ein paar Dinge bei denen schwanke ich nicht hin und her, von denen bin ich eigentlich immer überzeugt:

Liebe ist das Wichtigste.
Man kann nie genug ermutigt werden.
Schokolade ist manchmal eine gute, kurzfristige Lösung.
Deutschland ist eine Turniermannschaft (warum fällt mir das jetzt ein?!)
Die Wahrheit ist meistens ein Zusammenkommen von ganz verschiedenen Erkenntnissen.
Zähneputzen ist wichtig.
Wer sich verrückt machen will, ändert seine Meinung ständig.
Wer dazulernen will, muss bereit sein, seine Meinung zu ändern.
Man darf Fehler machen.
Es ist wichtig um Vergebung zu bitten und Vergebung anzunehmen.
Freundlichkeit ist völlig unterschätzt.
Auch die Freundlichkeit sich selbst gegenüber.

(vielleicht sollten wir doch auf`s Land ziehen...)

3 Kommentare:

  1. Christina, deine Überzeugungen gefallen mir! Vielleicht braucht es gar nicht so viel mehr. Und die Erziehungsratgeber kannst du ganz möglicherweise auch im Regal stehen lassen. Liebe Grüße!!

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  2. Danke Mathilda, das ist ein guter Ratschlag:-).
    Liebste Grüße zu dir!!!

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  3. Bist ne super Mama!
    wir sehen uns in 20 Tagen!
    die niffte :)

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