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Mittwoch, 29. Mai 2024

Freude veröffentlichen

Am Sonntag war ich auf einem Geburtstag von einer Weggefährtin aus unserer Gemeinde. Sie hatte mich im Vorfeld angefragt ob ich Fotos vom Fest und den Gästen machen könnte. Ich hoffe dann immer, dass die Belichtung vor Ort passt und dass die Leute sich auch gerne fotografieren lassen, damit es schöne Erinnerungsfotos gibt. Als ich dann im Nachhinein die Fotos von der Speicherkarte auf dem Computer geladen habe, war ich richtig froh über die Bilder. Was für wunderschöne, kostbare Menschen, dachte ich immer wieder beim Betrachten! Und ich glaube ich weiß auch, warum mir auf diesem Fest die Fotos so gut gelungen sind: Das Geburtstagskind hat mir eine wunderbare Gelegenheit dafür geschenkt!  Sie hat als Programmpunkt kleine Herzen an ihre Gäste verteilt und dazu jeweils ein paar wertschätzende Worte gesagt, warum sie sich über diesen Menschen freut. Ganz öffentlich. Vor allen anderen. Und ich musste nur die Kamera darauf halten und den Moment einfangen, in dem das Gesicht von der Besorgnis (wird sie etwas Gutes an mir finden?) zur Freude überging und die Worte im Herz ankamen.

Passenderweise habe ich heute folgendes gelesen: 

Einige von uns gehen durchs Leben ohne die Erfahrung zu machen, dass jemand wirklich und wahrhaftig Freude an uns hat....Aber ich denke wir sind dazu erschaffen, dass jemand zutiefst beglückt über unser Dasein ist.  (Cole Arthur Riley)

Was für ein schöner Gedanke, dass einfach nur mein pures Dasein jemand so richtig froh machen könnte! Aber es fällt mir ehrlich gesagt auch schwer so einer Freude zu glauben. VIelleicht weil ich mein eigenes Dunkel zu gut kenne und ich mich frage ob der  Andere auch dann noch seine Freude an mir hätte, wenn ich ihm morgens mit schlapprigem Schlafanzug und verquollenen Augen schlecht gelaunt am Frühstückstisch gegenübersitzen und nörgelige Kommentare von mir geben würde?  Was fast alle Eltern mit quengelndem Baby am Tisch fröhlich bejahen würden! JA!!! Wir sind verliebt in dieses Kind, das uns den Schlaf raubt und uns so viel Arbeit macht - aber auch so viel Freude!!! (zugegeben: in der Pubertät sieht das ein wenig anders aus- da muß man manchmal ein bisschen länger suchen, aber aus irgendeiner Ecke kann man doch die Freude ziehen, die mit schiefem Grinsen ein Herz überreichen kann;-)).

Neulich habe ich in einer Predigt den Satz gehört:

Es gibt mich, weil Gott jemand zum Lieben haben wollte.
Was für ein unfassbar schöner Gedanke: Gott hat mich nicht erschaffen damit er einen Diener hat (dafür hat er genügend Engel), sondern weil er jemand wollte, an dem er seine Freude haben kann. Und das nicht  weil mein Verhalten so perfekt wäre, sondern weil seine Liebe so perfekt ist! Deshalb schreibt der Prophet Zefanja:
 Der HERR, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein Held, der rettet; er freut sich über dich in Fröhlichkeit, er schweigt in seiner Liebe, er jauchzt über dich mit Jubel!

Und gerade meine angefressene Seelenlage ist ein wunderbare Landeplatz für diese Liebe Gottes. Das erlebe ich immer wieder. Wenn ich, so wie heute morgen,  müde ankomme und meine, dass Gott bestimmt seufzend denkt : "Oh weh, da kommt sie schon wieder!" und stattdessen werde ich mit einem freudigen: "Da bist du ja!" begrüßt. Gott ist tatsächlich zutiefst beglückt über unser Dasein! Wow. Dass wir so geliebt sind! An jedem unserer Tage!

Und gerade weil das oft so schwer ist, so einer gewaltigen Liebe zu glauben hilft es, wenn wir ab und zu die Stimme eines anderen Menschen dazu hören. Und es kann auch richtig gut tun, wenn das ganz öffentlich - vor vielen anderen - über uns ausgesprochen wird. Als Einladung zum Mitfreuen! Und in dem bestätigenden Nicken der Anderen und an ihrem Strahlen können wir etwas davon entdecken, dass wir wirklich und tatsächlich geliebte Kinder sind, an denen Gott seine Freude hat.

Und umso mehr von dieser Liebe in unserem Herz ankommt, umso schöner werden wir. 

 



Mittwoch, 15. Mai 2024

12 points for Schalom

Ende letzter Woche habe ich auf meinen Beitrag  "I stand with Israel"(Oktober im vergangenen Jahr)  einen Kommentar bekommen.  Beim Beantworten habe ich gemerkt, dass mich das Thema immer noch so beschäftigt - ganz aktuell durch die unsäglichen Ereignisse um den ESC. Deshalb habe ich mich entschieden aus meiner Antwort einen Blogpost zu machen. Auch wenn ich hier am liebsten ermutigende Beiträge schreibe. Heute ist das mal ein schwerer Brocken. Aber es scheint mir wichtig zu sein. Von daher schonmal: Danke fürs Lesen und für das gemeinsame Ringen in all dem.

Hier der Kommentar:

Als Person mit (weit entfernten) jüdischen Wurzeln bin ich ganz klar gegen Antisemitismus, gegen Hass & Hetze, gegen Terror. Ich bin aber nicht nur gegen... Sondern auch für... Für Frieden, für Versöhnung, für ein Miteinander, für ein Nebeneinander und für noch ganz vieles mehr!
Die Geschichte ist komplex. Auf der anderen Seite gibt es auch fünf jährige Mädchen... verwaist, verletzt, am verhungern, voller Angst, auf der Flucht... Hinter einer bestimmten Volkszugehörigkeit, hinter einem bestimmten Glaube steckt immer eine persönliche Geschichte und ein Gesicht. Wie kann ich bei so viel Tragik (auf beiden Seiten!) Partei ergreiffen? 

 

Liebe Leserin! (oder lieber Leser :-)) 

VIelen Dank für deine Anmerkung. Und noch mehr: Von Herzen DANKE für freundliche Worte! - die sind gerade so selten, wenn man in dieser Sache nicht ganz einer Meinung ist. Ja, die Geschichte ist wirklich komplex, da stimme ich dir aus vollem Herzen zu. Vielleicht ist es das erste Eingeständis was wir machen sollten. Die Anerkennung, dass es schwierig ist und, dass es keine einfachen Lösungen gibt.  Ein bisschen wie bei einem langen Familienstreit, der sich über Generationen zieht, bei dem Außenstehenden vieles einfach nicht verstehen können. Meiner Meinung nach sollten wir diese Demut haben, wenn es um den Nahostkonflikt geht.

Von daher will ich auch nicht wie jemand erscheinen, der den klaren Durchblick hat. Was ich sehe ist dasselbe wie du: Auf beiden Seiten leiden die Menschen!  Da ist das Leid der Angehörigen der ermordeten Frauen, Männern und Kindern des Massakers vom  7.Oktober, das Leid der entführten Geiseln, das Leid der Angehörigen der getöteten jungen israelischen Soldaten. Und da ist das Leid auf der anderen Seite des Grenzzauns: Das schreckliche Leiden der palästinensischen Bevölkerung, von Frauen, Männern und Kindern, die von einem Winkel des Gazastreifens in den anderen flüchten muss  - weil eine Terrororganisation sie als Schutzschilder bei den israelischen Angriffen benutzt, hinter der sie sich in ihren unterirdischen Gängen versteckt. Und jedes getötete Kind, das dabei umkommt und in die Kamera gehalten wird, ist ihr dazu dienlich, um den Judenhass weiter zu schüren (gerade auch bei ihrer eigenen Bevölkerung!) und ihr Ziel zu erreichen: Die Zerschlagung des Staates Israels. (nachzulesen in der Charta der Hamas,auf Wikipedia oder auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung). Ja, hinter allem steckt eine Geschichte. Aber dieser Hass auf ein Volk, der Hamaskämpfer dazu bringt Familien in ihren Betten zu erschießen, Kindern die Köpfe abzuschneiden, junge Menschen wie Tiere über ein Festivalgelände zu jagen und Geiseln zu verschleppen und zu misshandeln (was dann schockierenderweise auf den Straßen in Gaza - und auch bei manchen im unserem Land - gefeiert wird und Süßigkeiten an Kinder verteilt werden!)- alles das kann und will ich mir mit keiner noch so schlimmen persönlichen Geschichte erklären.

Und die traurige Frage ist: wie kann es ein Miteinander geben, solange dieser Hass besteht?

Ich glaube auch, dass die Bevölkerung auf beiden Seiten vor allem das will, was du geschrieben hast: Frieden. Und ganz bestimmt macht Israel nicht alles richtig!! (so wie auch Deutschland beispielsweise nicht alles richtig macht! Eigentlich logisch, aber bei Israel muss man das immer dazu sagen. Es gibt Dinge, die laufen wirklich nicht gut. Und die meisten Israelis würden das sofort einräumen!). Und ich bete für die Menschen in Gaza ebenso wie ich für die Menschen in Israel bete.  Aber gerade weil ich sehe, wie der Antisemitismus durch diesen Konflikt wieder aufblüht, in der linken Szene und mit wütenden anti-israelischen Demos an Universitäten und mit einem ungezügelten Hass auf einem Songcontest -  gerade weil ich es erlebe, wie viel Hass in diesen Tagen eine Israelflagge auf unseren Straßen in Deutschland auslöst und weil solche Berichte sich gerade immer mehr häufen -   gerade deshalb komme ich für mich zu dem Entschluss,dass es wichtig ist Partei zu ergreifen. So wie das damals auch wichtig war.

Es hat mich so berührt was die 102 Jährige Holocaust-Überlebende Margot Friedländer beim deutschen Filmpreis sagte:

Als ich vor 14 Jahren hierher zurückgekommen bin, hätte ich es mir nicht  träumen lassen was jetzt in der Öffentlichkeit los ist. So hat es damals auch angefangen. Nie wieder darf so etwas geschehen... In diesem Raum sitzen viele Geschichtenerzähler, ihr habt die Verantwortung die Kraft des Films. Ich bitte euch mich zu unterstützen, dass die Geschichte sich nicht wiederholt. So etwas darf nie, nie wieder geschehen, ich bitte euch seid Menschen!

VIelleicht können wir uns darauf einigen: Wir wollen Menschen sein. Jeglichem Hass entgegentreten. Und die Geschichten so wahr wie es uns möglich ist erzählen. 

Das hier ist mein Versuch. 

Schalom. 

Christina