Seit gestern Abend regnet es - eine Wohltat für die Natur und die feinstaubverschmutzte Luft in Stuttgart! (und ich hoffe mein Kopfschmerz, der mich seit Tagen plagt, wird auch mit "abgewaschen")
Letzte Woche war noch strahlendes Wetter und Heio hat mich überredet mit ihm auf die schwäbische Alb zu fahren. Er wollte einen Golfgutschein einlösen und er meinte ich könnte mal wieder zu meiner Lieblingsbank, "meinen Ort" an den ich jahrelang regelmässig kam um zur Ruhe zu kommen und auf Gott zu hören. Aber das hat schon länger nicht mehr geklappt. Das letzte Mal ist tatsächlich schon zwei Jahre her! (ich habe hier darüber berichtet) Aber jetzt: die Chance! Widerwillig bin ich mitgefahren. Es gibt schließlich so viel zu tun! Eigentlich kann ich mir so einen Ausflug doch gar nicht leisten, dachte ich. Auf der Fahrt drängelten in meinem Kopf sämtliche Wichtigtuer um mir zu sagen, dass das doch gar nicht geht. Dazu kam ein Streitgespräch mit Heio (ich kann so gemein sein, wenn ich innerlich angespannt bin!) und ich wollte am liebsten wieder umkehren.
Nachdem ich Heio am Golfplatz abgeladen hatte fuhr ich zum Breitenstein und schrieb auf dem Parkplatz erstmal eine Entschuldigungs-SMS an den Mann. Dann lief ich zum Albtrauf und - es war wunderschön! Der Ärger und die innere Unruhe fielen von mir ab. Ich atmete die frische Luft, genoß den Ausblick und lief bis zu meiner Bank, die dieses Mal sogar frei war!
Durstig, mühselig, beladen...alles das war ich.
Und dann erlebte ich, was ich nicht immer dort oben erlebe, aber worauf ich jedes Mal hoffe: Ein tiefer Friede. Wie eine innige Umarmung Gottes. Mir liefen die Tränen übers Gesicht und ich konnte nur noch sagen: "Ach, du hast mir so gefehlt!" Und ich hatte den Eindruck genau das hat Gott auch zu mir gesagt.
Ich glaube Gott vermisst uns. Und - auch wenn wir das nicht immer so direkt spüren - wir vermissen Gott. Manchmal auch an den Orten, an denen wir ihn sonst immer gefunden haben. Manchmal sind wir ganz lange Zeit Getriebene, Suchende und Durstige. Und dann taucht er plötzlich wieder auf und schenkt uns ein bisschen von sich. Und wir merken was uns gefehlt hat.
Ich meine es war Augustinus der gesagt hat:
Gott gibt viele Gaben, aber vor allem ist Gott der, der uns Gott gibt.
Aber das erleben wir ja nicht immer. Manchmal ist er verborgen in unserem Sehnen und Suchen nach ihm. Manchmal gehen wir an ihm vorbei, weil wir ihn nicht erkennen. Und dann schenkt er Momente, in denen er uns auffüllt wie ein leeres Gefäß mit Wasser. So einen Moment hatte ich auf meiner Bank.
Ich hab auf das Tal hinutergeschaut, den Dunst und die schlechte Luft in der ich mich sonst so bewege - oft so angetrieben, von Dingen die mir so wichtig scheinen, aber eigentlich nicht so wichtig sind. Ein sauberer Küchenboden zum Beispiel. Oder die Werbung für mein neues Buch. Lass los und lass Gott - das hören Anonyme Alkohoiker ständig. Lass die Dinge los, die du sowieso nicht kontrollieren kannst. Menschen. Situationen. Befürchtungen. In der feinstaubverseuchten Luft Stuttgarts fällt mir das alles oft so schwer. Manchmal hilft es auf einen Berg zu steigen. Oder einfach in eine ruhige Gegend zu gehen. Jesus hat das ja auch immer wieder getan. Sich aus dem ganzen Trubel rausgezogen. (und wenn einer hätte sagen können: "Es gibt so viel wichtiges zu tun!" dann doch er!) Es heisst er zog sich in einsame Gegenden zurück um zu beten.
Dazu schreibt Lauren Winner:
Was macht eine Gegend zu einer einsamen Gegend?
Eine Gegend einsam wie Jesus?
Einsam wie ich?
Vielleicht kann ich meine Einsamkeit zur Einladung an Jesus machen,
dass er sich in mir zurückkzieht um zu beten.
Ein bisschen davon ist vielleicht dort oben auf meiner Bank passiert. Ich fuhr wieder zurück und mein Gebet war: "Jesus, lass diesen Frieden in mir nicht gleich wieder weg sein. Ich brauche dich so sehr." Unsere Gefäße sind so löchrig. Wir können die Begegnungen mit Gott eben nicht konservieren. Aber ich versuche weiter kleine Schlücke im Alltag zu trinken. Lass los und lass Gott. Ich hoffe, dass er sich in meine einsamen Gegenden zurückzieht um in mir zu beten. Dass ich spüre, wenn ich ihn vermisse. Und dass er mir immer wieder mal ein wenig von sich schenkt.
So versuche ich im Tal zu leben. Bis die Sehnsucht mich wieder auf den Berg zieht.
Ich kann es mir einfach nicht leisten, nicht ab und zu dort hinzufahren...